Vorbericht
Mission Dritte Liga
Die enorme mediale Aufmerksamkeit, die Rot-Weiss Essen seit dem Sieg in der zweiten Pokalrunde gegen Fortuna Düsseldorf und spätestens nach dem Erfolg über Bayer Leverkusen begleitete, flacht allmählich ab und es kehrt ein Alltag an der Hafenstraße ein. RWE präsentierte sich als Aushängeschild der Stadt, aber nun heißt es, den Fokus ausschließlich auf das große Ziel zu richten, den Wiedereintritt in den Profifußball.
Nichtsdestotrotz erhitzte der Elfmeterpfiff und das unerklärliche Schweigen des Videoschiedsrichters in den letzten Tagen weiterhin die Gemüter derjenigen, die es mit RWE halten. Aber auch von Experten, denen man gar nicht zugetraut hätte, dass sie sich mit Wohl und Wehe eines Viertligisten auseinandersetzen, kamen kritische Töne. So nahm der bekannte Sportkommentator Marcel Reif sehr deutlich Stellung und empfahl dem Videoreferee einen Jobwechsel.
Die richtige Antwort gab die Mannschaft von RWE. So gab der vermeintliche Übeltäter Dennis Grote nach dem Spiel zu Protokoll, dass der Schiedsrichter ihm gesagt habe, dass er die Situation als Foulspiel bewertet habe, für das er auch eine gelbe Karte vergebe, und dass er diese Ansage hinnehmen muss. Auch Simon Engelmann verzichtete auf eine Schiedsrichterschelte, wie sie Macus Uhlig stellvertretend für seine Mannschaft in der Halbzeitpause vornahm, und sagte: „Wir hatten auch danach noch genug Zeit, das Spiel zu drehen.“
Die Aussagen zeigen uns massiv den Charakter dieser unserer Mannschaft von Rot-Weiss Essen. Selbst in der Hitze der Emotion sucht hier kein Spieler Ausreden oder schiebt unfaire Behandlung vor, sondern die Leistungsträger nehmen sich selbst in die Pflicht. Dies macht Mut für die kommenden Aufgaben, denn man hat mitnichten den Eindruck, dass die Mannschaft resigniert, sondern dass die Motivation für die kommenden Aufgaben steigt.
Dies kommt zur richtigen Zeit, denn der März hält schwierige Aufgaben für Rot-Weiss Essen bereit und mit Fortuna Köln gastiert eine der stärksten Mannschaften der Regionalliga West am Sonntag an der Hafenstraße. Die Fortuna stellt einen bärenstarken Kader und liefert gute Zahlen, die im Moment einen vierten Platz in der schrägen Tabelle bedeuten. Mit 48 Treffern haben die Kölner eine genauso gefährliche Offensive wie RWE, wobei man immer beachten muss, dass die Essener drei Spiele Rückstand haben. Mehr Tore erzielte nur die Offensive um Steffen Tigges in Dortmund. Top-Torschütze in Köln ist ein alter Bekannter in der Regionalliga, nämlich Roman Prokoph mit elf Toren. In der Abwehr drückt der Schuh in Köln, denn mit 28 Gegentreffern liegen sie mit Abstand am Ende der ersten fünf Clubs, die um den Aufstieg kämpfen.
In der Winterpause sind die Kölner das Problem aktiv angegangen. Mit Pascal Itter verpflichteten die Kölner einen Spieler mit Drittliga-Erfahrung genau wie Innenverteidiger Dominik Lanius, der aus dem Kader der Viktoria innerhalb der Stadt wechselte. Allerdings mussten die Fortunen auch einen bitteren Abgang verkraften. Julian Günther-Schmidt machte mit sehr guten Leistungen auf sich Aufmerksam und der 1. FC Saarbrücken erkannte die Qualitäten des Mittelstürmers. Dieser zahlte es in Toren zurück. Günther-Schmidt traf auch in der Dritten Liga vier Mal in acht Spielen. Mit Roman Prokoph hat die Fortuna allerdings weiterhin Qualität im Sturm.
Christian Neidhart muss sich seit dem letzten Freitag erstmals auf den breiten Kader der Rot-Weissen verlassen. Viel spricht dafür, dass die Mehrheit der Spieler, die ihre Sache gegen Kiel über weite Strecken sehr gut gemacht haben, auch am Sonntag das Vertrauen des Trainers bekommen. Felix Herzenbruch wird wohl herausrotieren, um mit Cedric Harenbrock ein weiteres offensives Element auf den Platz zu bringen. Auf der rechten Abwehrseite war Jonas Hildebrandt im positiven Sinne unauffällig, was bedeutet, dass er seine Seite voll im Griff hatte. Er drängt sich damit auch für den Einsatz gegen Köln auf, da Sandro Plechaty weiterhin ausfällt und es sicher mindestens bis April dauert, bevor der Trainer David Sauerland guten Gewissens wieder in einem Ligaspiel aufstellen kann. Ob Steven Lewerenz sein Startelfdebut feiern wird, steht dagegen genauso in den Sternen wie die Auswahl von Iasaiah Young, Joshua Endres oder Oguzhan Kefkir, wobei gerade der Letztgenannte im Pokalspiel sehr auffällig agiert hat.
Beide Teams kommen aus einer englischen Woche und beide Teams haben diese bislang nicht gerade erfolgreich gespielt. Fortuna Köln bekam am vergangenen Samstag einen späten Nackenschlag. Die Sportfreunde Lotte, die sich im Abstiegskampf befinden, machten in der 90. Minute das 2:2 und entführten somit einen nicht eingeplanten Punkt aus dem Südstadion. Am vergangenen Mittwoch gewann der ebenfalls abstiegsgefährdete Wuppertaler SV sein Heimspiel gegen die Fortuna gar mit 2:0, sodass auch die Kölner am Wochenende wieder in die Erfolgsspur finden wollen.
Hier gilt es auf die Tugenden der Serie von 22 Spielen ohne Niederlage zu setzen. Der Abwehrverband der Essener ließ in wenigen Spielen viele Chancen zu, die drei Gegentreffer gegen Düsseldorf stellen den Ligahöchstwert in einem Spiel gegen Rot-Weiss Essen dar. Gegen Köln sollte die Abwehr zu alter Stärke zurückfinden, denn dann wird es für jeden Gegner an der Hafenstraße schwierig. Im Hinspiel hätte RWE bereits in der ersten Halbzeit alles klar machen müssen, einen solcher Wucher an hochkarätigen Chancen hat es in wenigen Spielen gegeben. So aber ging RWE mit einer 1:0 Führung durch einen Kopfball von Simon Engelmann in die Pause und die Kölner drehten auf und sorgten durch den strammen Schuss von Nico Brandenburger für den Ausgleich. Am Ende war die Punkteteilung im Südstadion aufgrund der starken zweiten Hälfte der Kölner verdient.
Dies sollte am kommenden Sonntag verhindert werden, um den BVB weiter unter Druck zu setzen, der viele der schwierigen Spiele erst im April spielen muss. Egal ob Engelmann regelt, Lewerenz wirbelt, Kefkir abzieht oder Harenbrock zaubert, es sollten endlich wieder Tore fallen, denn RWE ist mittlerweile – das Pokalspiel mitgezählt – über 180 Minuten ohne eigenen Torerfolg. Mit einem Sieg wird die Brust wieder breiter und der Frust über das Ausscheiden gegen Kiel wird vergessen. Am Ende kann die Mannschaft im nächsten Jahr wieder um das Endspiel in Berlin kämpfen, die Krönung der diesjährigen Saison ist aber auch in diesem Jahr noch möglich und greifbar. Also setzt alles auf Sieg, wir glauben an euch!
Hendrik Stürznickel
Spielbericht
Gegen Kölle die Kurve bekommen! RWE gibt passende Antwort an Zweifler!
Rot-Weiss Essen hat das erste Meisterschaftsspiel im so bezeichneten Hammermonat März gewonnen, und zwar in überzeugender Manier. Der Tabellenvierte Fortuna Köln war am Ende chancenlos und wurde mit einem 0:2 zurück in die Südstadt geschickt. RWE gab damit die richtige Antwort auf die vielen zweifelnden Stimmen am sportlichen Erfolg der Essener, die zuletzt auch vermehrt im eigenen Umfeld laut geworden waren.
Nach zwei Pflichtspielpleiten in Folge ließen die Essener im Spitzenspiel an der Hafenstraße von Beginn an kaum einen Zweifel darüber aufkommen, dass die Truppe von Christian Neidhart die passende Mentalität besitzt, um Rückschläge zu verarbeiten. Auch Fortuna Kölns Trainer Alexander Ende hatte im Vorfeld des Spiels die Psychokarte gezogen und sah RWE in einer für den Kopf sehr spannenden Phase. In den folgenden insgesamt 92 Minuten war jedoch seine Mannschaft im Schwerpunkt nur mit dem Verteidigen und der Verschleppung des Spieltempos beschäftigt, was eine knappe Stunde für ein torloses Remis reichte, um dann in einen letztlich souveränen RWE-Erfolg zu münden.
Christian Neidhart hatte sein Team umgestellt. Steven Lewerenz machte sein Debüt in der Startelf und verdrängte Isi Young, überraschend gab hinter Lewerenz Kapitän Marco Kehl-Gomez den Part des Rechtsverteidigers. KG gab sich auf dieser Position als der gewohnt zweikampfstarke aggressive Leader und rechtfertigte Neidharts Maßnahme. Ein Wermutstropfen war jedoch der insgesamt vierte gelbe Karton für den Schweizer, der damit ebenso wie Daniel Heber von einer Sperre bedroht ist. Die dritte und letzte Umstellung bildete die Hereinnhame von Felix Backszat in die Zentrale, wo er den frei gewordenen Platz von KG besetzen sollte. Backa war nach seiner Einwechslung im Pokal gegen Kiel bereits positiv durch Präsenz in den Zweikämpfen aufgefallen und sollte diesen Eindruck auch gegen die Kölner Südtstädter klar bestätigen.
Die Geschichte der ersten Hälfte ist schnell erzählt, RWE war fast permanent am Drücker, stoppte Kölner Angriffsbemühungen fast stets bereits an der Mittellinie, hatte aber selber keine ganz klaren Torchancen. Am ehesten war noch ein Abschluss des durchaus agilen Lewerenz von halbrechts als gute Gelegenheit zu bezeichnen. Doch die Kugel strich über den Kasten der Gäste. Auf der Gegenseite hätte die Fortuna das Spiel beinahe auf den Kopf gestellt, als eine scharfe und flache Hereingabe auf den kurzen Essener Pfosten nach einem Eckstoß für Verwirrung sorgte, aber letztlich von RWE geklärt werden konnte. So ging es torlos in die Pause. Die Kölner Passivität überraschte durchaus ein wenig, hatten die Gäste doch vor ihrer 0:2 Niederlage in Wuppertal eine Serie von 13 unbesiegten Partien hingelegt, ließen jedoch in Essen keine breite Brust erkennen.
So kam es zwangsläufig in Hälfte 2 zu kaum Veränderungen bei den Kräfteverhältnissen auf dem Feld, mit dem Unterschied, dass RWE nun auch traf. Als Kehl-Gomez nach feiner Vorarbeit von Kefkir eine Megachance aus kurzer Entfernung fahrlässig liegen gelassen hatte, stellte sich beinahe schon ein Deja-Vu zur Partie in Düsseldorf ein, als das Tor für RWE wie vernagelt erschien. Doch dann regelte Engelmann als Vorbereiter und Kefkir als Vollstrecker. Engel behauptete gegen gleich zwei Kölner Verteidiger geschickt ein hohes Zuspiel von Kehl-Gomez und legte per Kopf zum relativ freien Ötzi herüber, der dann das Leder im langen Eck versenkte. Erleichterter Jubel.
Bei RWE kam nun Young für Lewerenz, der 63. Minute lang vernünftig agiert hatte. Youngs Schnelligkeit und Dynamik von der Bank sind zudem auch nicht gerade angenehm für einen Gegner, der nun aktiver werden musste. Köln reagierte auf den Rückstand und hatte fortan bei eigenen Torabstößen auf einmal nicht mehr so viel Zeit wie bisher. Der lange Löhden, eigentlich Abwehrchef spielte zudem analog zu seinem Engagement in Oberhausen beim Rückstand fast postwendend auf einmal Mittelstürmer. Diese Maßnahme wirkt mit Verlaub etwas hilflos, wenn eine Truppe nicht den geringsten Druck aufbauen kann. Löhden joggte ergebnislos zwischen den Essener Abwehrspielern hin und her, die alles im Griff hatten.
Nur die Knappheit des Resultates ließ Spannung aufkommen, die RWE gut 10 Minuten vor dem Ende beseitigte. Von der 78. bis zu 82. Minute erspielten sich die weiterhin klar dominierenden Gastgeber eine Serie von 6 Standards in Folge. Nachdem 5 Eckbälle keinen Erfolg gebracht hatten, war es dann ein Freistoß von Kevin Grund, der gefährlich in den Kölner Strafraum segelte, wo Felix Backszat dann genau einlief und einnickte. Das 2:0 war der verdiente Lohn für eine coole und abgeklärte Leistung des Tabellenzweiten aus Essen, der sich durch den späten Sieg der Dortmunder Zweitvertretung am Vortag nicht verunsichern ließ. Überhaupt hatte man vor dem Anpfiff den Eindruck, dass dem RWE-Umfeld etwas die Düse zu gehen schien. Moderator Christian Ruthenbeck sprach im Interview mit Marcus Uhlig zumindest implizit die Gefahr an, dass die Essener nach dem Monat März mit vielen Spielen gegen stark einzuschätzende Gegner Schwierigkeiten kriegen könnten. Uhlig verneinte dies ganz klar und das RWE-Team strafte seinen Vorstandsvorsitzenden nicht Lügen. Auch Christian Neidhart wirkte im Interview nach dem Spiel erleichtert und bescheinigte seiner Mannschaft, reifen Männerfußball gespielt zu haben. Vollkommen richtig! Der Glaube an die letztendliche Stärke der Mannschaft wurde nicht enttäuscht. RWE darf und wird selbstbewusst zum nächsten Westkracher nach Münster fahren.
NUR DER RWE!
Sven Meyering