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2022/2023 – 3. Liga

VfL Osnabrück – Rot-Weiss Essen (1:0)

Leider gab es gestern erneut keine Punkte für unsere Roten. An der Bremer Brücke vor 15.000 Zuschauern gegen den VfL Osnabrück unterlag unsere Mannschaft mit 0:1. Grandios alleine war der Support von beiden Seiten.
Unsere Fotos und der Spielbericht sind online.

Vorbericht

Den Dreier über die Bremer Brücke auf die Essener Seite bringen

Es hätte eine unbeschwerte Woche nach dem ersten Drittligaerfolg gegen den FC Erzgebirge Aue an der Hafenstraße sein können, wäre da nicht die Aufarbeitung der Geschehnisse der vergangenen beiden Wochen in den Weg gekommen. Während Vereinsverantwortliche und Fans sich mit dem Drumherum beschäftigten, fokussierte sich das Team um Trainer Christoph Dabrowski auf den nächsten Gegner, den VfL Osnabrück, der so etwas wie einen Traditionsgegner darstellt.

Gleich 37 Mal spielten die beiden Vereine gegeneinander und selten waren die Rollen wohl so klar verteilt. Während Rot-Weiss über ein Jahrzehnt brauchte, um in den Profifußball zurückzukehren, gehört der VfL Osnabrück zum Inventar der dritten Liga und geht in seine insgesamt elfte Saison in dieser Klasse.

Den Schwung aus dem Aue-Spiel mitnehmen!

Die rot-weisse Personallage und taktische Optionen

Dieses Mal wird Christoph Dabrowski schwierige Entscheidungen in der Aufstellung treffen müssen, denn nach einem ordentlichen Auftritt und dem Sieg gegen Erzgebirge Aue, gibt es zunächst einmal keinen Streichkandidaten. Im Gegenteil zeigte José-Enrique Rios Alonso eine starke Leistung und krönte diese sogar mit dem Siegtor zum 2:1. Hier wird Felix Herzenbruch wahrscheinlich auch in Osnabrück das Nachsehen haben, denn eine Nichtberücksichtigung Alonsos wäre unverständlich, da dieser bereits in der Regionalliga besonders mit seiner Kopfballstärke brillierte und die bei Standards zuvor anfällige Essener Hintermannschaft stabilisierte.

Schwieriger wird es bei der linken Außenbahn, denn Moritz Römling drängt nach der abgesessenen Gelb-Rot-Sperre wieder in den Kader. Seine Zweikampfstärke brachte ihm schnell den Platz auf der linken defensiven Seite ein. Die Frage ist, ob Dabrowski Isi Young für Römling opfern will, was gegen Osnabrück aufgrund deren Spielweise unklug wäre oder taktisch für Römling umstellen wird, um den jungen Spieler wieder hineinzubringen.

Rios Alonso drängte sich für weitere Einsätze auf.

Ansonsten sollten sich eher weniger Fragen stellen, denn die drei Neuzugänge überzeugten im RWE-Dress und es besteht die berechtigte Hoffnung, dass diese mit jedem Trainingstag immer mehr Bindung zum Rest des Kaders bekommen und die Abstimmung auf dem Spielfeld sich Stück für Stück verbessert. Auch die verbliebenen RWE-Akteure profitierten von den Neuen, Niklas Tarnat lieferte beispielsweise gegen Aue sein bislang bestes Drittligaspiel ab. Es war allein eine Augenweide, wie viele Pässe über 30 Meter präzise die Füße des Mitspielers fanden, sodass eine Umstellung in der Mittelfeldzentrale aktuell nicht anstehen dürfte.

Schwierig wird es auch, insbesondere Oguzhan Kefkir und Ron Berlinski, die sich enorm aufreiben wieder einmal zu sagen, dass sie Reservisten sind, und selbst Luca Wollschläger deutete bereits an, dass er nicht nur für fünfminütige Einsätze nach Essen gekommen ist. Umgekehrt scheint an der Hafenstraße nun der Konkurrenzkampf eingezogen zu sein, den man sich bereits vor der Saison erhofft hat. Außerdem ergeben sich nun Wechselmöglichkeiten, mit denen RWE den Gegner deutlich unter Druck setzen kann.

Ron Berlinski lauert auf seine Chance.

Der Gegner: VfL Osnabrück (Platz 15 / 7 Spiele / 1 Sieg / 3 Unentschieden / 3 Niederlagen / 8:10 Tore)

Während es bei einigen Drittligaclubs enorme Umbrüche gab, fielen die Transfers beim VfL Osnabrück recht moderat aus. Sebastian Klaas ging ins Netz der Paderborner Scoutingabteilung, die schon immer sehr erfolgreich in der ganzen Region räubert. Außerdem brach Ulrich Taffertshofer nach vier Jahren Osnabrück seine Zelte ab und suchte in Aue eine neue Herausforderung. Abschließend kehrte Aaron Opoku nach seiner Ausleihe zurück zum HSV. Dort wurde er nach einem üblen absichtlichen Tritt gegen Fabian Holland vom Platz gestellt und kurz darauf an den 1. FC Kaiserslautern verkauft.

Bei den Neuzugängen konnten die VfLer Leandro Putaro vom SC Verl loseisen und bezahlte sogar eine Ablöse für Nachwuchshoffnung Noel Niemann an Arminia Bielefeld. Der bekannteste Name stammt allerdings vom VfL Bochum, denn der mittlerweile 35-jährige Robert Tesche kommt mit der Erfahrung von 136 Erstliga- und 107 Zweitligaspielen an die Bremer Brücke und konnte sich immerhin schon einmal als Torschütze bei seinem neuen Arbeitgeber eintragen. Kurze Zeit gab es im Essener Fanlager die Hoffnung, dass Rot-Weiss Tesche verpflichten könnte, da ihn Ex-Teamkollege Thomas Eisfeld spaßeshalber per Social Media von den Vorzügen Essens überzeugen wollte.

Das Prunkstück der Osnabrücker ist die Offensivabteilung. Hier wirbelt vor allen Dingen Ba-Muaka Simakala durch die Abwehrreihen, dass es eine wahre Freude ist, so lange es nicht gegen unseren RWE geht. Simakala ist Toptorschütze des VfL sowie Topscorer, da er einen weiteren Treffer vorbereitete. Aber auch Felix Higl und Marc Heider haben bereits getroffen und insbesondere Heider macht es jeder Abwehr schwer, ihn zu verteidigen. Auffällig ist, dass der VfL aus der Distanz unheimlich gefährlich ist, da mehrere Spieler in der Lage sind präzise und hart auf das Tor zu schießen. Sven Köhler schoss dabei gleich zwei Tore von außerhalb des Strafraums unter anderem das Traumtor beim Eröffnungsspiel gegen den MSV Duisburg. Aber auch die genannten Stürmer sind immer wieder aus der Distanz torgefährlich.

Isi Young soll die Veilchen beschäftigen.

Die Lila-Weißen haben aber nicht nur dieselbe Bilanz wie Rot-Weiss Essen, sondern sie haben auch ähnliche Probleme, denn die Abwehr präsentierte sich in beinahe allen Spielen alles andere als sattelfest. Insbesondere Torwartveteran Philipp Kühne und zum Teil zu wenig Konsequenz in den Abschlüssen haben es die Osnabrücker zu verdanken, dass nicht noch deutlich mehr als zehn Gegentore zustande kamen. Gerade im Spiel gegen den SV Wehen Wiesbaden hätte der SVWW den VfL mit einer deftigen Packung nach Hause schicken müssen und schickte stattdessen sogar noch einen Punkt nach Niedersachsen.

In den bisherigen Spielen wurde deutlich, dass die Verteidigung immer dann Probleme bekommt, wenn die Gegner schnell kombinieren. Hier besteht eine Chance für die Flügelzange von Lawrence Ennali und Isaiah Young, die Osnabrücker stetig unter Druck zu setzen. Dass es dann möglich ist, ein Spiel trotz der guten VfL-Offensive zu gewinnen, zeigte der VfB Oldenburg am vergangenen Spieltag. Denn die Norddeutschen schossen trotz dreier Gegentreffer satte vier Tore und gingen als Sieger vom Platz.

Darüber hinaus mussten die Veilchen einen weiteren Rückschlag nach dem vierten Spieltag hinnehmen. Daniel Scherning bekam ein Angebot von Arminia Bielefeld und Osnabrück gab den Trainer frei. Trotz der Niederlagen gegen Ingolstadt und Bayreuth ist dies nicht gerade eine gute Ausgangssituation. Die Verantwortlichen wurden indes fündig und präsentierten in der vergangenen Woche Tobias Schweinsteiger als neuen Übungsleiter. Dieser sagte, dass er die mangelhafte Verteidigung als Hauptproblem ausgemacht habe und will daran arbeiten, weswegen es in der Verteidigung durchaus vor dem Spiel gegen Essen Umstellungen geben kann.

Lawrence Ennali wird Lösungen gegen den VfL finden.

Fazit

Es wird ein heißer Tanz an der Bremer Brücke, denn diese Liga kennt kein Erbarmen. Die individuelle Klasse der Osnabrücker ist hoch und RWE wird nur Zählbares mitnehmen, wenn sie den Kampf annehmen. Die Zuschauer werden die Mannschaft einmal mehr zahlreich begleiten und der Freitagabend bietet es förmlich an, dass unsere Leser unsere Jawattdenn-Tipps im Ligaguide für Osnabrück beherzigen, um ein Rundumerlebnis zu haben.

Die Vorfreude steigt, denn wir wissen, dass mit Rot-Weiss zu rechnen ist, und auch der VfL darf sich nicht viele Unsicherheiten erlauben. Es warten noch weitere richtig harte Spiele in den nächsten Wochen, sodass möglichst drei Punkte den Puls ein wenig niedriger werden lassen sollten.

Hendrik Stürznickel

Spielbericht

Unnötige Niederlage in Osnabrück

In einem umkämpften, aber ereignisarmen Spiel reichte Osnabrück eine echte Torchance, um das Spiel als Sieger zu verlassen. RWE fiel nach vorne wenig bis nichts ein, um den Gegner vor ernste Probleme zu stellen.

RWE startete mit der Elf der Vorwoche.

Christoph Dabrowski vertraute personell genau der Elf, die vor einer Woche den ersten Saisonsieg einfahren konnte: Vor Jakob Golz standen mit Heber, Rios Alonso und Bastians die drei Innenverteidiger, die durch die Außenverteidiger Young und Wiegel zur Fünferkette ergänzt wurden. Die Mittelfeldzentrale bildeten Tarnat, Götze und Fandrich, wobei Fandrich den offensiveren Part übernahm und Anbindung zur Doppelspitze bestehend aus Engelmann und Ennali herstellen sollte. Was gegen die bolzenden Erzgebirger in der Vorwoche noch gut funktionierte, ging in Halbzeit 1 gegen auf Ballbesitz fokussierte, geduldig kombinierende Osnabrücker gründlich schief: RWE überließ den Gastgebern große Teile des Feldes, um im Mittelfeldpressing Zugriff zu finden und mit langen Bällen zu kontern, hatte jedoch auch in den engen Räumen keine gute Zuordnung und wurde häufig tief hinten reingedrängt.

Götze und Fandrich konnten an ihre guten Leistungen aus der Vorwoche nicht anknüpfen und bei eigenen Balleroberungen flog der Ball oftmals lang, hoch und weit auf den 1,72 Meter großen Lawrence Ennali, der fast keinen dieser für ihn undankbaren Bälle festmachen konnte. Aus genau einer solchen Situation heraus resultierte auch das 1:0 der Osnabrücker in der 35. Minute: Den langen Ball in Richtung Ennali fingen die Osnabrücker ab, spielten auf rechts heraus, die Flanke konnte Rios Alonso zunächst wegköpfen, verlor jedoch beim Nachsetzen das zweite Duell um den Ball – in der Mitte hatte Ba-Muaka Simakala zu viel Platz und konnte den Ball über die Linie drücken. Die einzige echte Torchance für RWE lag da schon über 20 Minuten zurück, als Rios Alonso nach einem Tarnat-Freistoß im Strafraum zum Kopfball kam, aber das Gehäuse weit verfehlte.

Felix Götze spielte nicht so auffällig wie in der Vorwoche.

Zur Pause stellte Dabrowksi auf ein 4-2-3-1 um: Young rückte auf dem linken Flügel nach vorne und Bastians ging hinter ihm auf die Linksverteidiger-Position, Ennali besetzte den offensiven Flügel rechts vor Wiegel, der nur zehn Minuten nach der Pause verletzungsbedingt für Oguzhan Kefkir weichen musste. Isi Young, der in Halbzeit 1 durch die tiefe Positionierung in der Fünferkette seiner Stärken beraubt war, konnte in der neuen Formation endlich dafür sorgen, dass Osnabrück defensiv beschäftigt wurde. Durch die Breite im Spiel aufgrund der Besetzung der offensiven Außenbahnen verlor nun Osnabrück mehr und mehr den Zugriff und RWE hatte endlich Spielanteile, die Zuordnung funktionierte auch defensiv besser, doch die Rot-Weissen taten sich weiterhin schwer damit, gefährliche Situationen zu erarbeiten.

Nach 70 Minuten folgte die nächste Umstellung inklusive Doppelwechsel: Wollschläger und Berlinski kamen für Fandrich und Ennali und RWE agierte nun im 4-3-3. Berlinski kam über rechts, Wollschläger besetzte die Mitte und Engelmann agierte leicht nach links versetzt, Isi Young wechselte in die Mitte hinter den Dreiersturm. Die Devise lautete nun: Lange Bälle schlagen und selbst lange Bälle verteidigen, denn Osnabrück war spätestens jetzt nur noch darauf bedacht, das Ergebnis über die Zeit zu bringen und nahm dafür wo es nur ging Zeit von der Uhr. Zehn Minuten vor Ende der regulären Spielzeit wurde dann auch die Viererkette hinten aufgelöst, Römling kam für Rios Alonso und Niklas Tarnat wich Cedric Harenbrock.

Trotz zahlreicher Offensivpower wollte das erlösende Tor nicht fallen.

Essens technisch versierte Nummer 8 brachte es in den verbliebenen zehn Minuten + vier Minuten Nachspielzeit voller Langholz auf eine einzige Ballberührung, als er am eigenen Strafraum einen Ball mit der Brust ablegte. Auch Berlinski wirkte rechts im Dreiersturm unglücklich, da seine Paradedisziplin eher darin liegt, im Zentrum Gegner anzulaufen und schnell den Abschluss zu suchen. Nominell stand die gesamte, verfügbare Offensive auf dem Platz – eine Idee, wie außer durch einen per Kopf abgelegten, langen Ball eine Torchance entstehen sollte, suchte man jedoch vergeblich und so gab es zwar einen Abseitstreffer durch Felix Bastians in der Schlussminute, anschließend schleppten die Osnabrücker den Ball jedoch erfolgreich zur Eckfahne und ließen die Zeit ohne weitere Gefahr runterlaufen.

Die bedingungslose Unterstützung inklusive Applaus und ohne Pfiffe nach dem Spielende hatte sich die aufopferungsvoll kämpfende Essener Mannschaft zweifelsohne verdient – die vierte Niederlage im achten Spiel bei nur einem Sieg wirft aber auch viele Fragen auf. Nach den elf Gegentoren aus den ersten drei Spielen sorgte die Umstellung auf Fünferkette für die gewünschte defensive Stabilität. Statt der in der Vorbereitung und zu Saisonbeginn anvisierten Ballgewinne durch hohes Pressing unmittelbar am gegnerischen Strafraum mit der Möglichkeit, schnell zum Abschluss zu kommen, erobert RWE durch die Positionierung in der eigenen Hälfte und das Mittelfeldpressing die Bälle nun deutlich tiefer. Gegen die in Halbzeit 1 weit aufgerückten Osnabrücker ergaben sich Räume, die jedoch so gut wie nie bespielt wurden. Der schlecht in die Saison gestartete Gegner, der in der Vorwoche noch vier Gegentore in Oldenburg kassierte, wurde kaum gefordert. Die Beispiele Ennali und Young in Halbzeit 1 oder der eingewechselten Berlinski und Harenbrock zeigen, dass es nicht unbedingt an den Spielern liegt, wenn sie nicht so eingesetzt werden, dass ihre Stärken zur Geltung kommen können. Auch der fehlende Zugriff im Mittelfeldzentrum war schon in der Vorbereitung und zu Saisonbeginn (bei offensiverer Ausrichtung) Thema: Nachdem die Kritik zunächst Björn Rother traf, der auch sich selbst attestierte, nicht in Bestform agiert zu haben, lief das Spiel gestern eine Halbzeit lang auch an Fandrich und Götze vorbei.

Es wartet wieder viel Arbeit auf Christoph Dabrowski.

Viele Umstellungen Dabrowskis im Verlauf der Spiele greifen, so auch die Anpassung zur Halbzeitpause in Osnabrück. Bei Standards zeigt sich RWE mittlerweile verbessert und kann nicht zuletzt durch die Neuzugänge und die Wiederentdeckung Rios Alonsos auch körperlich in der Liga mithalten. Die meisten Spiele in Liga 3 sind eher chancenarm und vor allem eng, sodass es in den bisherigen Spielen einige Möglichkeiten gab, das Pendel in die andere Richtung ausschlagen zu lassen: In Duisburg und Bayreuth hatte RWE kurz vor Schluss den Führungstreffer auf dem Fuß, gegen Ingolstadt sah es lange nach 3 Punkten aus und in Dortmund verhinderte ein unnützer Torwartfehler mindestens einen Punkt – umgekehrt fehlten Aue vor einer Woche nur wenige Zentimeter zum Ausgleich. Unterm Strich stehen bis jetzt 6 Punkte aus 8 Spielen und spielerisch wirkte der Auftritt in Osnabrück wie ein Rückschritt. Nun folgen fünf Spiele gegen Gegner aus der oberen Tabellenhälfte, wo der Fokus auf defensiver Stabilität liegen muss, RWE zugleich jedoch auch einen klaren Plan benötigt, wie nach Balleroberung eigene Torchancen kreiert werden können. Bis zur Partie gegen Saarbrücken gibt es etwas mehr Vorbereitungszeit als normal, denn für RWE wird es das erste Montagsspiel in der dritten Liga – mit Flutlicht und vor vollem Haus ist eine Überraschung möglich!

Nur der RWE!

Dominik Gsell

Fotos by M.R.