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2022/2023 – 3. Liga

TSV 1860 München – Rot-Weiss Essen (1:1)

Was ein traumhafter Abschluss eines ereignisreichen Fußballjahrs. RWE zeigte richtig Mentalität und Felix Bastians erzwang nach einem Freistoß von Niklas Tarnat das 1:1 gegen 1860 München in der Nachspielzeit. Viel Spaß mit unserer Spielanalyse.

Keiner wird es wagen, unsern RWE zu schlagen! Auch die Löwen nicht! Essen spielt 1:1 an der Grünwalder Straße bei 60 München!

Um ein Haar wären Rot-Weiss Essen und sein Anhang mit dem Gefühl vom Auswärtsspiel mit der längsten An- und Abreise der Saison nach Hause gefahren, das letzte Pflichtspiel im Kalenderjahr 2022 unnötig verloren zu haben. Doch dann bewies Essens derzeitiger Mentalitätsspieler Felix Bastians noch rechtzeitig, dass RWE schwer zu schlagen ist. Mit Beginn der Nachspielzeit profitierte Bastians von einem tollen Tarnat-Freistoß und nickte das Leder in den Löwenkasten. Die Gastgeber, die eine Viertelstunde vor Schluss durch einen vermeidbaren Elfmeter in Führung gegangen waren, schauten dumm aus der Wäsche, RWE feierte und versetzte seine proppenvolle Gästekurve in Ekstase.

Das Personal

Christoph Dabrowski schickte mit einer Ausnahme dieselbe Startformation ins Rennen wie beim Match unter der letzten Woche gegen den SV Meppen. Oguzhan Kefkir begann anstelle von Lawrence Ennali auf dem linken offensiven Flügel. Somit agierte vor Jakob Golz eine Viererkette, von links nach rechts spielten Felix Bastians, Enrique Rios Alonso, Daniel Heber und Meiko Sponsel. Björn Rother und Niklas Tarnat agierten zentral eher defensiv, Felix Götze davor, auf den Außen startete neben Oguzhan Kefkir Isi Young, ganz vorne stürmte Ron Berlinski.

RWE machte von vier der fünf möglichen Auswechslungen Gebrauch. Dabro ließ sich satte 74 Minuten Zeit, bis er wechseln sollte. Ennali kam für den wieder einmal Gelb verwarnten Felix Götze in die Partie, RWE wollte Ennalis Schnelligkeit gegen zum Öffnen gezwungene Löwen nutzen, denn es stand noch 0:0. Kaum war Ennali auf dem Feld, da kam 1860 per Foulelfmeter zur Führung. So modifizierte Essen sein Team weiter, nach 80 Zeigerumdrehungen kamen Fandrich und Holzweiler für Rother und Kefkir, positionsgetreu, aber ein Ticken offensiver. Die letzte Karte war ein weiterer schneller Außen, denn 60 zeigte sich durchaus bei langen Bällen verwundbar. Sascha Voelcke ersetzte Young eine Minute vor Ende der regulären Spielzeit. RWE holte sich nun gefährliche Standards, einer davon war der Schlüssel zum Ausgleich.

Die Pluspunkte

RWE zeigte eine insgesamt sehr reife Leistung an der Grünwälder Straße, das Prunkstück war dabei ausdrücklich die Defensive. Ganze zwei richtig heraus gespielte Torchancen gönnte Rot-Weiss dem Aufstiegskandidaten 1860, beide Male vergaben die Gastgeber relativ kläglich. Nach dem unglücklichen Umstand verlor Essen nicht die Nerven und verteidigte zunächst kompakt weiter, um nicht die Vorentscheidung hinnehmen zu müssen. Bezeichnend, wie Essens zurück geeilter Neuner Ron Berlinski an der eigenen Eckfahne mit aller Macht einen Flankenball seines Gegenspielers unterbinden konnte.

Der Ausgleich fiel dann alles andere als aus dem Nichts, vielmehr drückte RWE in den Schlussminuten und ließ sich nicht die Punktbutter vom Brot nehmen. Zunächst schickte Niklas Tarnat, der immer stärker wird und Essens bester Spieler an diesem Abend war, Lawrence Ennali mit einem brillanten Pass hinter die Kette in Szene, doch Ennali konnte sich nicht ganz entscheiden, ob er aus spitzem Winkel abziehen oder den besser postierten Berlinski in der Mitte bedienen sollte, heraus kam eine Mixtur aus Schuss und Pass, die Hiller im Tor entschärfen konnte. Bereits in Halbzeit 1 hatte Tarnat eine starke Duftmarke gesetzt, als er einen direkten Freistoß aus weit über 20 Metern an den Pfosten des Löwen-Tores gesetzt hatte, Hiller wäre wohl zu spät gekommen. Eigentlich brandgefährlich war eine weitere Freistoßsituation zentral vor der 1860-Box, doch Kevin Holzweiler setzte den Schuss viel zu hoch an. Alle guten Dinge sind drei.

Die reguläre Spielzeit war gerade abgelaufen und die Nachspielzeit angebrochen, da holte der quirlige Ennali den nächsten Freistoß heraus. Niklas Tarnat, derzeit zuständig für Premiumstandards, streichelte das Leder förmlich in genau der richtigen Höhe und Präzision in die Box der Löwen. Die Abwehr der Gastgeber stand nahezu paralysiert auf der Strafraumlinie und bekam die notwendige Rückwärtsbewegung komplett nicht hin, Felix Bastians hingegen nahm den Schwung aus der Vorwärtsbewegung mit und befand sich ganz frei im tödlichen Raum. FB 4 nickte die Kugel am verzweifelt herauseilenden Hiller vorbei ins linke untere Eck. Der Rest war Riesenjubel.

Schon in Oldenburg hatte Tarnat für Bastians zum Tor serviert, nun aber aus deutlich zentralerer Position. Bastians wiederum hätte kurz nach der Pause eine Kefkir-Flanke zur Essener Führung verwandeln können, doch strich sein Kopfball da noch knapp vorbei. Unter dem Strich hatte RWE in einem chancenarmen Spiel sogar die besseren Gelegenheiten als die Gastgeber und kam spät, aber verdient und mit toller Moral zum Punktgewinn. Natürlich sind auch einmal mehr die RWE-Fans zu nennen, die trotz der Terminierung auf einen Montagabend die Gästekurve komplett füllten, mit 1.500 Leuten in München aufliefen und dort nicht nur an der Grünwalder Straße deutlich wahrgenommen wurden.

Die Knackpunkte

Während die Defensive sehr gut stand, blieb die Offensive recht mau. Dabei hatte Essen stellenweise viel Grün vor sich, wenn der Spielaufbau kontrolliert bis in die gegnerische Hälfte geklappt hatte. Doch nahezu immer mangelte es am letzten Pass, ansonsten hätte Rot-Weiss die ein oder andere große Möglichkeit erspielen können. Das Gegentor durch den Elfmeter fiel unter die Marke vermeidbar. Einen langen Ball verteidigte Essen inkonsequent, Dabro bemängelte später, dass man die Kugel überhaupt tippen lassen habe. Rother agierte dann unglücklich, nahm den Ball in der eigenen Box per Kopf mit und machte ihn erst so gefährlich, wohl auch, weil er den lauernden Lex übersah. Dieser sah die Chance und spritze zum Ball, Rother traf ihn dann eindeutig am linken Bein, clever gemacht vom 60er. Jakob Golz reagierte wie schon beim Elfer in Oldenburg übrigens glänzend, aber der Schuss von Vrenezi fiel leider in die Kategorie perfekt. Ansonsten machte Essen kaum echte Fehler.

Der Aufreger

Schiedsrichter Patrick Alt zeigte eine gute Spielleitung, der Elfmeterpfiff für 1860 war in Ordnung, daraufhin war er allerdings zum Glück für RWE in den anderen Zweikämpfen nach dem Einsteigen gegen Lawrence Ennali nicht mehr so großzügig und entschied auf Freistoß für Essen, der zum Ausgleich führte. Korrekt. Jedoch ließ er solche Duelle lange Zeit laufen, wovon die 60er in Hälfte eins mehrfach profitierten, denn trotz teilweise rustikaler Zweikämpfe sahen die Löwen kein Gelb, später jedoch Felix Götze und Niklas Tarnat auf Essener Seite für vergleichbare Fouls. Felix Herzenbruch erhielt als Auswechselspieler Gelb, weil der den Elferpfiff zu ungestüm und auf das Feld gerannt monierte. Somit auch das vertretbar. Insgesamt war Alt unterwegs wie RWE, d.h. er machte wenig Fehler und blieb unspektakulär. Gut bei einem Referee.

Fazit und Blick über den Tellerrand – Die Lage in der Liga

Rot-Weiss Essen zeigte ein gutes Auswärtsspiel in München, das sicherlich nichts für Fußball-Feinschmecker war, aber erneut den Fortschritt der Mannschaft unterstrich. RWE feierte mit dem späten Punktgewinn auch die Festigung eines gesicherten Mittelfeldplatzes. Zuletzt hat Rot-Weiss am 02. Oktober in Wiesbaden den Platz als Verlierer verlassen, das Spiel bei 1860 verlängerte die Essener Serie, siebenmal hat man nicht mehr verloren. Das Team, das nach den ersten Spielen die rote Laterne innehatte und vorschnell von einigen Kommentatoren für nicht ligatauglich erklärt worden war, steht nun 6 Punkte vor dem ersten Abstiegsplatz. Den belegt der FSV Zwickau, doch auch Oldenburg und Halle haben nur 16 Punkte und sind nur aufgrund des etwas besseren Torverhältnisses nicht unter dem Strich.

Ein weiterer Pluspunkt für RWE, dass sich die Teams hier auch noch ballen. Auf die weiteren Abstiegsränge hat Essen sogar 8 (Aue) bzw. jeweils 9 Punkte (Meppen und Bayreuth) Vorsprung. Nach der Winterpause, die wegen eines nicht der Rede wert seienden Kommerzevents besonders lang ausfallen wird, startet Essen Mitte Januar sofort mit direkten Duellen gegen Halle und darauf in Verl. Diese könnten bereits richtungsweisend sein für das große Ziel, möglichst schnell den Ligaverbleib sicherstellen zu können. Bis dahin wünscht Jawattdenn.de allen schon einmal eine schöne Advents-und Weihnachtszeit!

NUR DER RWE!

Sven Meyering