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2022/2023 – 3. Liga

Erzgebirge Aue – Rot-Weiss Essen (2:1)

Diese Niederlage ärgert. Auf der einen Seite ist über die unsäglichen Entscheidungen des Unparteiischen zu sprechen, auf der anderen Seite zeigte RWE nicht nur wegen des sehenswerten Treffers von Thomas Eisfeld die wohl beste Halbzeit in der Dritten Liga. Der Spielbericht und einige Fotos sind online.

Vorbericht

Erobern wir das Erzgebirge – Schwieriges Auswärtsspiel in Aue

Auch wenn das Spiel am kommenden Samstag aus dem Nirvana der Drittligatabelle zu kommen scheint, so ist das Duell vom FC Erzgebirge Aue und Rot-Weiss Essen eines zweier Teams, die bislang ordentlich in der Rückrunde punkten. Ging Aue noch auf einem Abstiegsplatz in die vorgezogene Winterpause, so stabilisierte sich das Team unter „Neu“-Coach Pavel Dotchev und ist aktuell nur zwei Zähler hinter RWE auf dem 14. Platz. Aber auch RWE wusste bereits im Hinspiel, dem durchaus namhaften Kader etwas entgegenzusetzen und konnte einen eminent wichtigen ersten Drittligasieg feiern. Die Karten sind allerdings völlig neu gemischt, wenn der RWE-Tross von ungefähr 800 Anhängern nach Sachsen reist. Für die Kulturbegeisterten unter den RWE-Fans sind hier die wichtigsten Infos.

Zugabe, Zugabe: Rios-Alonso traf im Hinspiel!

Das Personal

Auch wenn es wieder einmal einen Dämpfer gab, entspannt sich die Lage bei Rot-Weiss Essen zusehends. Meiko Sponsel, Luca Wollschläger, Lawrence Ennali und Niklas Tarnat fielen zuletzt aufgrund eines grippalen Infekts aus und stehen Christoph Dabrowski nun wieder zur Verfügung. Dies lässt Raum für Umstellungen im Kader, wobei dem 2:0-Heimerfolg über die SpVgg. Bayreuth nicht zwingend Veränderungen folgen müssen.

Einen Rückschlag erlitt indes Simon Engelmann, der erneut aufgrund einer Mandelentzündung passen muss. Viele Hoffnungen haben auf der Rückkehr des Reglers gelegen, umso größer ist die Enttäuschung, dass es nicht klappt. Besonders an Simon Engelmann alles Gute! Nun wäre die Frage, wer die Position des Stürmers übernimmt. Der Versuch, mit Isaiah Young in der Spitze zu beginnen und die anschließende Rotation war nicht wirklich erfolgreich, sodass viel dafür spricht, dass Ron Berlinski wieder in Startelf zurückkehrt.

In der Mittelfeldzentrale wird es immer schwieriger, eine Entscheidung zu fällen. Felix Götze wird wahrscheinlich nicht einmal als Einwechselspieler mitfahren. Dahinter kämpfen mehrere Spieler um die begehrten Plätze. Björn Rother befindet sich momentan in seiner stärksten Form, seit er bei RWE spielt. Nicht nur aufgrund seiner Tore, sondern auch seine kompromisslose Zweikampfführung lassen momentan nicht an ihm vorbeigehen. Ähnlich verhält es sich auch mit Thomas Eisfeld, um dessen Qualitäten aber auch jeder weiß. Nun zeigte aber auch Cedric Harenbrock bei seinem Einsatz gute Ansätze. Niklas Tarnat ist ohnehin der Dauerläufer im Essener Team und Torben Müsel findet immer besser in die Mannschaft hinein. Abschließend wird Clemens Fandrich ebenfalls hochmotiviert gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber sein, sodass Christoph Dabrowski nicht zu beneiden ist, hier Entscheidungen treffen zu müssen.

Über die Außenbahnen drängt sich Oguzhan Kefkir auf, da dieser gegen Bayreuth eine weitere Vorlage sammeln konnte. Lawrence Ennali ist ohnehin immer eine Option und nun kommt noch ein Spieler hinzu, den viele bereits abgeschrieben haben. Sandro Plechaty zeigte in seinem Einsatz in der Offensive, dass er durchaus in der Lage ist, in der Dritten Liga mitzuhalten, sodass hier eine weitere Option für den Trainer entstanden ist.

Lediglich in der Abwehr sind glücklicherweise alle Spieler fit und zeigten auch gegen Bayreuth eine richtig gute Leistung. Die geordnete Defensive sollte auch in Aue der Schlüssel dazu sein, Zählbares mit ins Ruhrgebiet zu bringen.

Clemens Fandrich wird gegen seinen alten Arbeitgeber motiviert sein.

Der Gegner: FC Erzgebirge Aue (Tabellenplatz 14 / 30 Punkte / 8 Siege / 6 Unentschieden / 11 Niederlagen / 29:34 Tore / Differenz -5)

Der Spielplan meinte es alles andere als gut für die Sachsen, denn in den ersten sechs Spielen der Rückrunde trafen sie auf alle Teams auf den Plätzen 2 bis 7. Das gleiche steht Rot-Weiss Essen übrigens nach dem Spiel in Aue bevor. Trotz der hohen Qualität der Gegner konnte Aue insgesamt 10 Punkte auf das eigene Konto bringen. Das ist aller Ehren wert, denn Aue kämpft sich aktuell aus der Abstiegszone heraus, wo sie lange Zeit tief drin steckten.

Überraschend ist es indes nicht, dass der FCE diese Spiele gewinnen kann, so haben die Auer sehr namhafte Spieler in ihren Reihen. Der Zweitligaabsteiger wollte ursprünglich das Projekt Wiederaufstieg einläuten und ist nun dabei, sich ins Mittelfeld der Tabelle zu kämpfen.

Auffällig ist, dass es schwierig ist, gegen Aue Tore zu schießen. Die Gegner müssen schon schnell und gut kombinieren, um die Verteidiger in Bedrängnis zu bringen und es war zuletzt nur dem VfL Osnabrück vergönnt mehr als einen Treffer zu erzielen. Die Abwehrreihe Tim Danhof, Erik Majetschak, Korbinian Burger und Linus Rosenlöcher konnten im Verbund mit Veteran Martin Männel im Tor viele knappe Spiele siegreich gestalten. Durch seine fünfte gelbe Karte muss allerdings Linus Rosenlöcher im Duell gegen RWE aussetzen.

Ebenfalls aussetzen muss Antonio Jonjic, der Mittelstürmer, der nach dem Trainerwechsel unter Pavel Dotchev förmlich aufgeblüht ist. Dieser ließ sich zu einer unnötigen Frustaktion hinreißen und wurde zu Recht mit der roten Karte beim Sieg gegen Saarbrücken vom Platz gestellt und ist ebenfalls gesperrt.

Aber auch ohne Jonjic steht sehr viel Qualität und Erfahrung in der Auer Offensive. Allen voran Dimitrij Nazarov geht mit den Erzgebirglern seit beinahe sieben Jahren durch alle Höhen und Tiefen und ist auch mit 32 einer der Schlüsselspieler der Lila-Weißen. Aber auch die Außen Marvin Stefaniak und Omar Sijaric setzen in ihren Offensivläufen die gegnerische Abwehr unter Druck. RWE muss hier mannschaftlich geschlossen verteidigen, um im Erzgebirge-Stadion zu bestehen.

Besondere Vorsicht ist bei Fernschüssen angezeigt. Nicht nur in Essen ist man hier auf den Geschmack gekommen. Immer wieder trafen Auer Spieler zuletzt aus der zweiten Reihe, sodass die Verteidiger den Schussweg konsequent blocken sollten.

Die Abwehr steht mit Kapitän Felix Bastians.

Fazit und über den Tellerrand geschaut

Man kann nur immer wieder wiederholen, dass der Erfolg gegen Bayreuth extrem wichtig war. Durch die Punkterfolge der Vereine auf den hinteren Plätzen wäre es sonst wieder sehr eng geworden. So grüßt RWE weiter mit acht Zählern Vorsprung auf die teuflische Abstiegszone. Auf den ersten Blick wirken die Duelle eindeutig. Oldenburg, Meppen, Bayreuth und Dortmund sind auf dem Papier Außenseiter gegen Osnabrück, Elversberg, Mannheim und Dresden. Allerdings steigen die vermeintlichen Überraschungen zum Saisonende an, sodass dies lediglich eine Sicherheit vorgaukelt. Der Hallesche FC spielt bereits am Freitag in Verl und der FSV Zwickau am Samstag in Köln. Hier kommt es in der Tat auf die Tagesform der jeweiligen Heimmannschaften an, ob hier Punkte gegen den Abstieg gesammelt werden können.

Wir sehen an der Konstellation allerdings, dass das Spiel in Aue keinesfalls ein Bonusspiel ist, das man nicht zwingend gewinnen braucht. Das Gegenteil ist der Fall, denn gerade im Vorfeld dieser schwierigen Gegner sind Kratzen und Beißen Grundtugenden, die jeder einzelne Spieler zu 100% einbringen muss. Hierbei könnte der Vorteil sein, dass Erzgebirge Aue sich im Heimspiel nicht hinten hereinstellen wird, sodass die Qualitäten im rot-weissen Umschaltspiel wieder eingebracht werden können. Trotz kalten Wetters können dann auch herzerwärmende Tore und Punkte mit ins Ruhrgebiet gebracht werden.

Hendrik Stürznickel

Spielbericht

Niederlage des Gerechtigkeitsempfindens

Am Ende haderten die RWE-Fans. Auf der einen Seite sorgte Schiedsrichter Tom Bauer für eine klare Richtung, die dieses Spiel nehmen sollte, auf der anderen Seite passten die Qualität des Essener Spiels und das daraus resultierende Ergebnis so gar nicht zusammen. Diese Niederlage beim FC Erzgebirge Aue war vermeidbar.

Das Personal

Christoph Dabrowski schenkte erwartungsgemäß einem Großteil des Kaders das Vertrauen, das in der Vorwoche die SpVgg. Bayreuth überzeugend besiegte. Während der Wechsel von Oguzhan Kefkir für Kevin Holzweiler nachvollziehbar war, überraschte jedoch die Herausnahme des Mittelfeldregisseurs Thomas Eisfeld. Diesen ersetzte der Coach durch Clemens Fandrich, bei dem man an alter Wirkungsstätte davon ausgehen konnte, dass er ein paar Prozent Extramotivation beim ehemaligen Arbeitgeber mitbrachte.

Clemens Fandrich spielt nicht wirklich schlecht, er setzt aber zu selten die Impulse, die man von einem Spieler seiner Klasse erwartet. Ganz anders Thomas Eisfeld, der zur Halbzeit kam und direkt das Spiel strukturierte und die zentrale Figur für den massiven Leistungsanstieg in der zweiten Hälfte war.

10.000 Essener – schalalalala!

Der Spielverlauf

Die Geschichte der ersten Halbzeit ist daher schnell erzählt: Nach 20 relativ ereignisarmen Minuten setzt Clemens Fandrich im eigenen Strafraum zu einer Grätsche an, um den Ball zu klären. Als er den kreuzenden Dimitrij Nazarov bemerkt, zieht er zwar zurück, doch der Aserbaidschaner befindet sich bereits im Landeanflug und segelt gekonnt vor Fandrich zu Boden. Das Elfmeter-Geschenk verwandelt der sterbende Schwan dann auch gleich selbst zum 1:0. Nach einer halben Stunde springt Rios Alonso in einen Auer Distanzschuss und fälscht diesen kurz hinter der Sechzehnmeterlinie mit dem Oberarm ab – erneut gibt es Strafstoß. Eine harte Entscheidung, die nach Regelwerk jedoch zumindest vertretbar ist und erneut von Nazarov dankend angenommen wird. Kurz vor der Pause dribbelt auf der anderen Seite Isaiah Young vom Tor weg durch den Auer Strafraum und wird von einem ungeschickt einsteigenden Veilchen-Verteidiger am Fuß getroffen. Für einen Schiedsrichter, der sich seiner bis dato sehr einseitigen Regelauslegung bewusst geworden ist, ein Geschenk des Himmels, um jetzt auf der anderen Seite auf den Punkt zu zeigen und aufkommende Diskussionen im Keim zu ersticken. Stattdessen signalisiert er Weiterspielen und zückt in der Folge noch gelbe Karten für Young, Rother und Sportchef Nowak, die in keinem Verhältnis zu seiner bisherigen Linie stehen.

Nach der nun folgenden zweiten Hälfte muss man allerdings festhalten, dass es trotz der Fehlentscheidungen mindestens zu einem Unentschieden hätte reichen müssen, denn RWE krönte seine wohl beste Halbzeit der Saison lediglich mit einem wunderbar herausgespielten Anschlusstreffer von der Strafraumkante durch Thomas Eisfeld, der wieder mal unterstrich, dass er fit und verletzungsfrei aus der dritten Spielklasse absolut herausragt. Er war zur Pause für Clemens Fandrich eingewechselt worden und auch der unauffällige Cedric Harenbrock musste Ron Berlinski weichen. Schon vor Eisfelds Treffer hatten Berlinski mit einer Direktabnahme und Kefkir mit einem geblockten Schuss aus kurzer Distanz den Anschluss auf dem Fuß. Andreas Wiegel traf gar ins Tor, wurde jedoch nach einem vorausgegangen Schubser zurückgepfiffen. Nach 70 Minuten hätte Berlinski die rot-weisse Stürmerflaute beenden können, scheiterte jedoch aus wenigen Metern an Martin Männel – zehn Minuten vor Ende traf der ebenfalls eingewechselte Lawrence Ennali dann nur die Latte und vergab in der Nachspielzeit noch eine Riesenchance auf das 2:2.

Björn Rother ist momentan in bestechender Form.

Die Aufreger

Gerne bemühen Fußballspieler und -funktionäre die so genannte „ausgleichende Gerechtigkeit“ im Fußballuniversum. Die etwas verlegenen, aber durchaus ehrlichen Interviews der Auer Verantwortlichen zur Halbzeit und nach Schlusspfiff ließen keinen Zweifel daran, dass Rot-Weiss Essen zum wiederholten Male allen Grund hatte, sich massiv benachteiligt zu fühlen – da Aue jedoch in der Vorwoche im Derby mit Dynamo Dresden selbst benachteiligt wurde, nahm man die Fehlentscheidungen auf Seiten der Sachsen nun dankend mit und verwies auf eben jene Logik des sich aufwiegenden Glücks und Pechs mit den Herren in schwarz.

Dem RWE-Fan erscheint diese Logik wie blanker Hohn, denn wenn es um Elfmeter und Platzverweise geht, schlägt das Pendel der Schiedsrichter in der laufenden Saison so häufig in die falsche Richtung aus, dass man spätestens bei der frechen Nicht-Leistung von Tom Bauer am Samstag fragen muss, ob es sich dabei noch um ein Versehen handeln kann.

In den letzten Wochen und Monaten legte die pfeifende Zunft immer sehr großen Wert darauf, ihre wie auch immer geartete Autorität auf dem Feld zu wahren. Selbst wenn Spieler nur durch Minimalvergehen auffielen, z.B. kurz mit der Faust auf den Boden zu schlagen oder den Ball aus Protest über einen Pfiff wenige Meter wegzurollen, wurde der gelbe Karton gezückt. Der Respekt vor dem Referee habe gefehlt, hieß es dann. Wie aber sieht es umgekehrt mit dem Respekt aus, den Spieler auch vom Schiedsrichter verdienen? Herr Tom Bauer pfiff nicht nur skandalträchtig schlecht, schier unerträglich war seine penetrante dreiste Arroganz, mit der er seine Fehlentscheidungsorgie mimisch untermalte und den Essener Akteuren maliziös grinsend die Karten und unberechtigten Elfmeter präsentierte.

Das Umfeld

Wir sprechen selten über das Drumherum, wenn nichts Außergewöhnliches vorgefallen ist. Dieses Mal soll aber ein Lob an den Heimverein ausgehen, der das Spiel so organisiert hat, wie man es sich in vielen Stadien wünschen würde. Während manche Fans durchaus mit Sorge auf die Auswärtspartien in Ostdeutschland geblickt haben, präsentierte sich Aue gastfreundlich und offen.

Dass es eisig kalt im Erzgebirge war und die Stadt mit dem Zug nur sehr schwierig anzufahren ist, kann man dem Verein nicht anlasten. Dafür sorgte Aue dafür, dass die weit angereisten Essener beste Parkmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe zum Stadion bekamen, das Ganze noch kostenfrei zur Verfügung gestellt. Alle Gespräche mit den Heimfans waren freundlich, der Ordnungsdienst und die Polizei waren entspannt. Nach dem Spiel wurde die Straße so abgesperrt, dass wir Gäste ohne jede Verzögerung in Richtung Autobahn kamen. Besser geht es nicht. Danke an das Team des FC Erzgebirge!

Fazit

Bei aller Kritik am Schiedsrichter, es wäre bei konsequenter Ausnutzung der Torchancen mehr drin gewesen und angesichts der anstehenden Gegner wären ein oder gar drei Punkte Gold wert gewesen. Am Ende stand RWE aber mit leeren Händen da. Trotz allem Ärger hat die Mannschaft in der zweiten Hälfte gezeigt, zu was sie eigentlich im Stande sein kann und das ließ einem beinahe den Mund offenstehen. Die Hoffnung bleibt, dass vielleicht das Staunen über die eigene Qualität in Selbstbewusstsein umgewandelt werden kann.

Dominik Gsell, Sven Meyering & Hendrik Stürznickel

Fotos by Breilmannswiese