Vorbericht
Ganz viel Tradition im Ludwigspark – RWE hofft in Saarbrücken auf Punkte
Im Moment erleben wir bei Rot-Weiss Essen Festwochen. Nach einem extrem stimmungsvollen Wiedersehen mit dem VfL Osnabrück wartet das Auswärtsspiel beim 1. FC Saarbrücken, der sportlich wie auch vom Umfeld eine große Hausnummer der Dritten Liga darstellt. Als RWE-Anhänger will man sich zuweilen kneifen, dass wir solch tolle Spiele innerhalb nur einer Woche erleben dürfen. Es bleibt eine geile Liga.
Damit es auch in der kommenden Saison so bleibt, hat Rot-Weiss noch eine ganze Menge Arbeit vor sich. Insbesondere im traditionsreichen Ludwigspark fällt das Entführen von drei Punkten sehr schwer, allerdings hat das Hinspiel bereits gezeigt, dass es in dieser Liga jederzeit möglich ist, einen vermeintlich überlegenen Gegner zu schlagen.
Das Personal
Die Personaldecke von Christoph Dabrowski entspannt sich weiter. Meiko Sponsel, Luca Wollschläger und Aurel Loubongo sind wieder fit, sodass lediglich Michel Niemeyer und Simon Engelmann fehlen, insbesondere die Qualitäten Engelmanns werden jedoch ganz heiß ersehnt. Ob Felix Bastians, der leicht angeschlagen ist, mitspielen kann, wird sich wohl kurzfristig entscheiden, da er aber bislang nicht als Ausfall aufgeführt wird, gehen wir erst einmal vom Einsatz unseres Kapitäns aus.
Wenn man die Leistung des vergangenen Spiels betrachtet, dann besteht nicht viel Notwendigkeit für einen Wechsel. Allerdings kommt Felix Götze immer näher an die 100% seiner Fitness und ist damit selbstverständlich ein automatischer Startelfkandidat. Dies ist auch deswegen spannend, weil man ihn gerne über mehrere Spiele in Kombination mit Thomas Eisfeld sehen möchte, um zu sehen, wie die beiden Mittelfeldstrategen harmonieren.
Darüber hinaus meldete sich Lawrence Ennali mit dem wichtigen Treffer gegen den VfL Osnabrück zurück und untermauerte damit, dass er ebenfalls noch nicht aufgegeben hat, in die Startelf zu gelangen. Also ist Dabrowski glücklicherweise einmal mehr gezwungen, schwierige Entscheidungen zu fällen.
Der Gegner: 1. FC Saarbrücken (Tabellenplatz 7/ 45 Punkte/ 13 Siege/ 6 Remis/ 8 Niederlagen/ 45:31 Tore/ Differenz + 14)
Das Hinspiel gegen Saarbrücken wird vielen RWE-Fans im Kopf geblieben sein. Essen gewann ein Heimspiel gegen einen schon damals übermächtig scheinenden Gegner, der mit einer Serie von acht Spielen ohne Niederlage an die Hafenstraße kam. Rot-Weiss reichte damals eine sehenswerte Einzelaktion von Felix Götze zum 1:0 Erfolg.
Die Form der Saarländer im Vorfeld des RWE-Gastspiels ist allenfalls wechselhaft zu nennen, allerdings stabilisierten sich die Saarbrücker und feierten zuletzt zwei achtbare Erfolge gegen den direkten Konkurrenten SV Wehen Wiesbaden und gegen die SpVgg. Bayreuth. In diesen beiden Spielen schoss Saarbrücken sieben Treffer und musste keinen eigenen hinnehmen. RWE wird also auf Spieler mit sehr breiter Brust treffen.
Die Saarbrücker Offensive hat sowieso einige edle Spezialisten in ihren Reihen. Drittligaveteran Adriano Grimaldi ist wohl einer der stärksten Edeljoker der Liga, den Saarbrücken häufig sehr erfolgreich ins Spiel bringt. Grimaldi hat bereits sechs Treffer erzielt, allesamt nach einer Einwechslung. Bester Torschütze ist immer noch Sebastian Jacob, der allerdings aufgrund eines Kreuzbandriss nicht einsatzfähig ist. Es gibt allerdings genug Spieler, die den Verlust auffangen. Zuletzt schenkte Trainer Rüdiger Ziehl dem jungen Stürmer Marvin Cuni das Vertrauen, der es mit starken Leistungen zurückzahlte. RWE sollte sich vor Schüssen aus der Ferne vorsehen, denn Saarbrücken hat einige technisch starke Spieler, z.B. Ex-RWE-Spieler Kasim Rabihic in seinen Reihen, die präzise schießen können.
Prunkstück ist jedoch der Defensivverbund um Kapitän Manuel Zeitz, der mit 31 Gegentreffer der viertbeste der Liga ist. Bjarne Thoelke und Bone Uaferro runden die Verteidigung ab. Wermutstropfen für Schwarz-Blau ist jedoch der Ausfall von Linksverteidiger Marcel Gaus, der sich immer wieder gefährlich in den Spielaufbau einschaltet, da er sich für ein brutales Foul im Spiel gegen die SpVgg. Bayreuth die rote Karte zugezogen hat.
Zuletzt verlor Saarbrücken häufig gegen starke Teams, die es schafften, die Abwehr auszukombinieren. Immer wieder geht auch etwas über Standards. Hier sollten Ecken, Freistöße und Einwürfe präzise in den Strafraum gebracht werden. Außerdem lohnt es sich aus der zweiten Reihe abzuschließen. Hier gelang es zuletzt dem FC Ingolstadt und Erzgebirge Aue den starken Torwart Daniel Batz zu bezwingen.
Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage der Dritten Liga
Aktuell kann man sich über die Endergebnisse der Dritten Liga als RWE-Fan nicht ärgern. Durch den Erfolg von Fuat Kilics Oldenburger über den BVB II konnte RWE das Punktepolster zur Abstiegszone sogar auf neun Zähler ausbauen. Dieser Abstand ist angesichts der extrem dichten Abstände innerhalb der letzten vier Plätze und dem schweren Programm von Rot-Weiss Essen allerdings nicht ganz so nervenschonend, wie man meinen sollte.
Der Tabellenletzte SV Meppen gastiert bereits am Freitagabend bei Viktoria Köln. Ob „Power“-Ernst Middendorp in der Domstadt seinen ersten Sieg feiern kann, steht also schon vor dem Samstag fest. Zeitgleich mit RWE spielt die SpVgg. Bayreuth gegen den VfL Oldenburg. Ein weiterer Kracher im Abstiegskampf steigt am Sonntag zwischen Dortmund und Zwickau. Lediglich der Hallesche FC muss zum Tabellenführer nach Elversberg fahren und hat es damit gegen eins der Top-Teams zu tun.
Es werden sich mit der Mannschaft beeindruckende 1.700 Essener Fans auf den Weg machen, um das Team lautstark zu unterstützen. Für ein verlängertes Wochenende bei milden Temperaturen bietet unser Ligaguide gute Anstöße für die kulturbegeisterten Ruhrgebietler. Mit den Fans im Rücken, einer stabilen Defensive und dem neu entfachten Spielwitz der Essener sollte etwas drin sein in Saarbrücken. Gehen wir es an!
Hendrik Stürznickel
Spielbericht
Trotz diverser taktischer und personeller Umstellungen kann RWE zum siebten Mal in Folge auf fremdem Platz nicht gewinnen und geht in Saarbrücken mit 0:3 baden.
Das Personal
Christoph Dabrowski nahm im Vergleich zum sehr guten Auftritt gegen den VfL Osnabrück zwei Veränderungen vor: Für Torben Müsel und Ron Berlinski rückten Felix Götze und Lawrence Ennali in die Startelf. Bei der taktischen Anordnung rieben sich viele RWE-Fans verwundert die Augen: In einem 3-4-3 ging Felix Götze in die Dreierkette zwischen Herzenbruch und Rios Alonso, Wiegel rechts und Kefkir links bearbeiteten ihre angestammte Seite als Schienenspieler und ergänzten situativ die Abwehr, Rother und Eisfeld bildeten die Mittelfeldzentrale und vorne wirbelten in einem Dreiersturm Ennali und Young um den Mittelstürmer Felix Bastians herum.
Nach einer halben Stunde war das Experiment mit Götze in der Abwehr beendet und er rückte ins Mittelfeld vor, während Kefkir und Wiegel wieder mit den Innenverteidigern die gewohnte Viererkette bildeten. RWE ordnete sich nun in einem 4-3-3 an. Kurz nach dieser Umstellung musste Björn Rother verletzt weichen und wurde durch Niklas Tarnat ersetzt. Zur Pause betrat Ron Berlinski für Young das Spielfeld und übernahm dessen Rolle als rechter Flügelstürmer. Als das Spiel nach dem dritten Gegentreffer bereits entschieden war, ersetzten Müsel und Holzweiler noch Ennali und Eisfeld (73.) – zehn Minuten vor Ende verließ zudem der glücklose Felix Götze den Platz und machte Platz für Clemens Fandrich.
Die Pluspunkte
Die Ideen Christoph Dabrowskis waren durchaus nachvollziehbar: Er nahm die nach vorne zuletzt enttäuschenden Müsel und Berlinski raus und versuchte, diverse Offensivtrümpfe gemeinsam auf den Platz zu bringen: Die Flanken Kefkirs, die Durchbrüche auf dem Flügel der schnellen Young und Ennali, die Lufthoheit Bastians‘ und – durch die offensivere Ausrichtung – mehr Abnehmer für die präzisen Pässe Thomas Eisfelds. Saarbrücken überließ RWE das Feld und verlagerte sich auf Konter – ob dies dem frühen Treffer geschuldet oder die Grundausrichtung war, lässt sich angesichts eines Tors nach weniger als 100 Sekunden natürlich nicht beurteilen.
RWE kombinierte bisweilen gefällig und kam durch Kefkir, der nach zehn Minuten den Ball nicht im leeren Tor unterbrachte, Ennali, dessen Schuss kurz nach Wiederanpfiff in letzter Sekunde geblockt wurde und Torben Müsel, der eine Viertelstunde vor Ende aus bester Lage den Ball vertändelte, zu drei riesigen Gelegenheiten aus dem Spiel heraus.
Die Knackpunkte
Die vielen Umstellungen gingen zu Lasten der sonst so sicheren Defensive: Sowohl beim Eckball vor dem 1:0 als auch bei der Riesengelegenheit für Marvin Cuni nach 20 Minuten wussten die Rot-Weissen offenbar selbst nicht, wem sie zugeordnet waren. Die Tore zum 2:0 und 3:0 fielen jeweils durch Distanzschüsse, wobei Torschütze Gnaase jeweils viel Zeit und Platz hatte – hier wurde vor allem deutlich, was RWE an Björn Rother hat, der mit seiner Omnipräsenz als Abräumer vor der Abwehr derartige Situationen oft genug unterbindet. Die Saarbrücker kamen mit gefühlt nur 20% Ballbesitz zu einigen Großchancen, sodass nicht nur das Endergebnis schmerzlich an den allzu naiven Saisonbeginn erinnerte, als RWE das Heft in die Hand nehmen wollte und stattdessen hinten die Bälle aus dem Netz holte.
Zudem wird nicht nur an der Dauerrotation im Sturmzentrum deutlich, wo der Schuh drückt: Wie schon in Aue vergab RWE beste Einschussgelegenheiten kläglich. Mit viel Aufwand erzielen die Rot-Weissen derzeit zu wenig Ertrag und hoffen kollektiv auf eine Rückkehr Simon Engelmanns. Während Luca Wollschläger zu keinem Zeitpunkt seine Drittligatauglichkeit unter Beweis stellen konnte und offenbar gar keine Alternative mehr darstellt, ist Ron Berlinski als Spielertyp einfach kein klassischer Verwerter im Strafraum. Gefährlich wird er, wenn RWE selbst nicht viel Ballbesitz hat und er die gegnerische Abwehr anlaufen und Bälle in vorderster Linie erobern kann oder in Kontersituationen kommt.
Allerdings muss insgesamt die Frage erlaubt sein, warum das Problem im Sturmzentrum dazu führt, dass mehrere Spieler in Rollen eingesetzt werden, in denen ihre Stärken nicht zum Zug kommen und das rot-weisse Prunkstück – die Abwehr – durcheinandergewirbelt wird. Neun Punkte Vorsprung auf den Abstiegsplatz klangen vor dem Spieltag durchaus beruhigend, jedoch wird ein Blick auf die anderen Plätze zeigen, dass RWE mit seinem schweren Programm in den Folgewochen Gefahr läuft, wieder unten reinzurutschen. Experimente sollten bis zur Saisonvorbereitung nach erfolgtem Klassenerhalt warten können.
Der Aufreger
Unmittelbar nach dem Führungstreffer der Saarbrücker durch Marvin Cuni deuteten mehrere Rot-Weisse auf ihre Arme und blickten zum Schiedsrichter, der nach dem Pressschlag im Strafraum jedoch kein Handspiel erkannt hatte. Auch die TV-Bilder gaben keinen Aufschluss. Ein von Felix Bastians moniertes Foulspiel an Felix Herzenbruch vor dem Eckball war ebenfalls nicht auszumachen.
Fazit und über den Tellerrand geschaut – Die Lage in der Liga
Der SV Meppen mit „Power-„Ernst Middendorp an der Seitenlinie ist nach dem überraschenden Remis in Elversberg mit nun zwei Niederlagen in Folge auf dem Boden der Tatsachen angekommen und taumelt nach dem 1:3 bei Viktoria Köln der Regionalliga entgegen. In Oldenburg brachte Neu-Trainer Fuat Kilic hingegen das Glück zurück, denn zum zweiten mal in Folge konnten die Norddeutschen mit einem späten Siegtreffer (2:1 in Bayreuth) ein Sechs-Punkte-Spiel für sich entscheiden. Bayreuth rutscht nach 0 Punkten aus der englischen Woche zurück auf einen Abstiegsplatz. Halle (in Elversberg) sowie Dortmund II und Zwickau (gegeneinander) treten am Sonntag an und bei ungünstigen Ergebnissen kann der rot-weisse Vorsprung auf sechs Punkte zusammenschmelzen.
Am nächsten Wochenende gilt es daher, die tolle Heimserie weiter auszubauen – einfach wird es nicht, denn am kommenden Samstag (14:00 Uhr) ist mit dem SV Wehen Wiesbaden der aktuelle Tabellendritte an der Hafenstraße zu Gast. Wenn RWE jedoch daheim wieder an die tolle Leistung gegen Osnabrück anknüpfen kann, ist auch diesmal alles drin.
NUR DER RWE!
Dominik Gsell