Vorbericht
Neuer Anlauf im Jahr 2024 – Viktoria Köln reist an die Hafenstraße
Nach der unnötigen Niederlage im Erzgebirge will die Mannschaft von Trainer Dabrowski schnell wieder dorthin, wo das vergangene Jahr endete – in der Erfolgsspur. Dazu muss allerdings die Viktoria aus Köln geschlagen werden, also ein Gegner, gegen den es in den vergangenen Jahren wenig Siege zu feiern gab. Doch auch das Spiel in Aue gibt trotz der Niederlage wenig Anlass zur Sorge, den Anschluss nach oben zu verlieren.
Allerdings bedarf es diesmal mehr als nur 20 bis 25 Minuten starken Fußball plus einem soliden bis guten Auftritt in der restlichen Partie. An der Hafenstraße mit dem euphorisierten Publikum wird noch einmal ein Pfund in die Waagschale gelegt, zudem erinnert sich jeder noch an die letztjährige 1:4-Pleite gegen die Mannschaft von der „falschen“ Rheinseite. Das Team wird hochmotiviert in das Spiel gehen, um die drei Punkte zu Hause halten zu können.
Das Personal
Aus dem Lazarett gibt es zunächst gute Nachrichten. Celebi, Plechaty und Rüth fallen weiterhin als Langzeitverletzte aus, dafür kehren Berlinski und Voelcke nach überstandenen Blessuren in den Kader zurück. Zudem hat Felix Götze seine Gelbsperre abgesessen. Damit wird er seinen Platz in der Innenverteidigung wieder einnehmen und Kourouma sehr wahrscheinlich aus der Startelf rutschen. Auf dem linken Flügel ist Brumme einmal mehr unersetzlich und erhielt seine dritte Berufung in der „Elf des Tages“ des KICKER. Sein Gegenüber, Eric Voufack, zeigte eine nicht ganz so starke Leistung, wird aber wohl einmal mehr den Vorzug vor Andreas Wiegel erhalten, wenn die Worte „durch die Blume“ des Cheftrainers aus der letzten Pressekonferenz vor dem Spiel richtig gedeutet werden. Auch Sapina wird nach seinem schwächeren Auftritt in Aue wieder in der Startelf stehen, in der Zentrale dürfen Harenbrock und Müsel das Angriffsspiel der Essener dirigieren. Die offensiven Flügel werden von Obuz und Young beackert, gerade Letzterer empfahl sich durch eine gute Vorstellung im Erzgebirge. Dies trifft auch für Vonic zu, auch wenn er sein Potential bei weitem noch nicht ausgeschöpft hat.
Der Gegner: Viktoria Köln (Platz 13/ 26 Punkte/ 6 Sieg/ 8 Unentschieden/ 6 Niederlagen/ 31:32 Tore / Differenz -1)
Einige „Weisheiten“ halten sich über mehrere Spielzeiten. Die Viktoria aus Köln ist bekannt dafür, einen starken Saisonstart hinzulegen, um spätestens in der Rückrunde Federn zu lassen. In dieser Saison kam der Einbruch früher, wobei viele Experten die Kölner deutlich besser gesehen haben. Nach dem Sieg am 13. Spieltag gegen 1860 München (2:1) gelang nur noch ein weiterer Erfolg am vorletzten Saisonspiel vor der Winterpause zu Hause gegen Schlusslicht Freiburg (2:0). Auch in dem einzigen Vorbereitungsspiel im Duell gegen Regionalliga West Spitzenreiter Bocholt gab es eine 1:4-Leerstunde.
Die dreißig geschossenen Tore sind für die Liga ein durchaus guter Wert. Hier muss vor allem Luca Marseiler hervorgehoben werden. Der Offensivmann hat bereits neun Tore erzielt und zählt zu den besten Spielern auf seiner Position. Das weckt natürlich Begehrlichkeiten, sein Verbleib über den Sommer hinaus ist ausgeschlossen, da er bereits bei Vereinen aus höheren Ligen ganz oben auf dem Zettel steht. Stürmer Andre Becker folgt auf den internen Rang zwei mit fünf Treffern.
Weniger gut kommt die Defensive davon. Trotz eines über die Liga hinaus bekannten Torhüters Ben Voll kann die Verteidigung nicht immer überzeugen. Den Ausfall des Spiels gegen Saarbrücken nutzte die Viktoria noch einmal, um auf dem Transfermarkt zuzuschlagen. Linksverteidiger Sidny Lopes Cabral kommt von Regionalligist RW Erfurt, auch der Angriff wurde durch die Verpflichtung von Tobias Anselm vom Linzer ASK aus Österreich nachgebessert. Der ohnehin dünne Kader musste aber zuvor den Abgang von Valdrin Mustafa nach Regensburg verschmerzen.
Einen Gegner wie die Viktoria muss kaum noch jemand vorgestellt werden, die Mannschaft ist neben Verl eine Konstante der letzten rot-weissen Jahre in Liga 3 und 4 gewesen. Es erwartet uns eine unabhängig vom Tabellenplatz sehr spielstarke Mannschaft, die häufig durch ein hohes Pressing auf Fehler der Gegner wartet. Olaf Janßen wird seine Jungs wieder heiß auf RWE und uns das Leben so unangenehm wie möglich machen. Allerdings hat die Mannschaft von der Hafenstraße genug eigene Stärken, um diesmal als Sieger vom Platz zu gehen. Damit dies auch gelingt, müssen nur die richtigen Schlüsse aus der Niederlage gegen Aue gezogen werden.
Drei Lehren aus Aue
1. Es ist immer noch alles gut!
Gerade die ersten zwanzig Minuten zählten mit zu dem Besten, was diese Mannschaft in der aktuellen Saison zu bieten hatte. Die Auer Verteidigung wurde von Müsel, Harenbrock, Vonic und Young derart schwindelig gespielt, dass sich fast ein Debakel angekündigt hätte. Auch wenn Isy nicht alles gelang, zeigte sich der US-Amerikaner nicht nur im Spiel nach vorne, sondern auch in der Rückwärtsbewegung deutlich verbessert. Seine Spielfreude, die ihm auch manchmal im Weg steht, könnte bei einer zu hoffenden Konstanz die Mannschaft durch seine hohe individuelle Qualität noch einmal ein weiteres Stück nach vorne bringen. Vonic fehlt noch der allerletzte Zug zum Tor, ist aber technisch der beste Stürmer im Kader und ein fehlendes Puzzle im Kombinationsspiel im letzten Drittel. Nachdem die Auer in der Mitte der ersten Halbzeit die Partie besser in den Griff kam, blieb aber Essen die gefälligere Mannschaft und weiter mutig im Angriffsspiel. Das Ergebnis hätte auch jederzeit zugunsten des Auswärtsteams wieder ausschlagen können. Leider war dies nicht der Fall, was vor allem an den nächsten beiden Punkten lag.
2. Die Achillesferse ist die defensive (rechte) Außenbahn!
Trotz der geringeren spielerischen Mittel gelang es Aue, die Essener in der zweiten Hälfte der ersten Halbzeit gnadenlos unter Druck zu setzen. Das einfache Mittel waren Flanken von den Außenbahnen, die nahezu problemlos vom Heimteam überlaufen werden konnten, um z. B. die Offensive mit Bär oder Stefaniak vor dem Tor in Szene zu setzen. Auch wenn aus diesen Chancen keine Tore folgten, was in dem teilweise dilettantischen Umgang der Auer mit diesen Möglichkeiten begründet war, machte dies dennoch etwas mit den jungen Abwehrspielern Kourouma und Rios Alonso.
Musti hat eine große Zukunft vor sich, wenn er weiter auf diesem Niveau spielt, aber er kann die brenzlichen Situationen nicht so deuten und dann beheben, wie es ein Felix Götze kann. Dies wurde deutlich am Gegentor, wo Musti plötzlich auf die Außenbahn auswich, um die Mitte zu öffnen und frei zum Torschuss kam. Allerdings hatte hier die komplette Abwehr nach eigenem Eckball geschlafen hatte. Die Chancen müssen eigentlich im Vorfeld verhindert werden. Hier liegt die Verantwortung vor allem bei Eric Voufack, der zweifelsohne seine Qualitäten im Offensivspiel hat, defensiv aber noch einiges schuldig bleibt. Der junge Rechtsverteidiger muss sich hier deutlich steigern, andernfalls gehen Dabrowski die Argumente aus, den erfahrenen Andreas Wiegel auf der Bank zu lassen.
3. Leistungsschwankungen von Stammspielern kann der Kader schlecht kompensieren!
Das entscheidende Tor fällt dennoch nicht über die Außenbahn, sondern über die defensive Zentrale. Hier zeigte Kapitän Sapina nicht seine beste Leistung, die sich aber über die Länge des Spiels noch weiter verschlechterte. Es ist völlig normal, dass auch die Topspieler im Kader immer auch Topleistungen erbringen. Gerade Sapina mit seinem physischen Spiel lässt über neunzig Minuten einige Körner.
Allerdings wäre mit Björn Rother eine defensive Alternative auf der Bank gewesen. Dieser spielt anscheinend keine Rolle mehr, weder bei der Journalie noch bei den RWE-Fans, die ihm zurecht schlechte Leistungen attestierten. Trotzdem hatte er es schon einmal geschafft, sich aus einem Tief in der letzten Saison zuziehen und sich deutlich zu steigern. Trainer Dabrowski wollte aber unbedingt einen Sieg aus dem Erzgebirge nehmen und wechselte den frischen Eisfeld ein, der mit Sicherheit auch noch das Essener Spiel beleben wird, sollte er denn fit bleiben. Am Ende sind wir alle schlauer, vielleicht wäre die Sicherung des Punktes mit Björn Rother als neue Kraft die bessere Alternative gewesen. Auch ein Obuz, der die Gabe hat, urplötzlich aus dem Nichts aufzutauchen und das Spiel zu entscheiden, blieb diesmal blass. Zu ihm gibt es aber nicht wirklich eine andere Option, vor allem, wenn mit Voelcke ein weiterer Außenbahnspieler zu Hause bleiben musste. Da es aber wohl bei der Linie des Vereins bleibt, kein Geld für Neuzugängen auszugeben, müssen die Verantwortlichen wohl oder übel damit umgehen und möglicherweise punktuell kreative Lösungen finden.
Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Dritten Liga
Neben dem Auftritt unseres RWE ist am Dienstagabend auch Aufstiegsfavorit Dresden in Mannheim gefordert. Beide Mannschaften wollen sich nach den unglücklichen Niederlagen am Wochenende rehabilitieren und im Abstiegs- bzw. Aufstiegskampf wieder Boden gut machen. Im Verfolgerduell um Platz drei treffen Verl und Saarbrücken aufeinander, der FCS kommt nach der Absage des Spiels in Köln zu seinem ersten Auftritt im neuen Jahr. Zwei spannende Duelle um den Klassenerhalt finden in Lübeck (gegen 1860 München) und in Duisburg (gegen den Halleschen FC) statt. Die beiden Heimteams dürfen sich keine Niederlage erlauben, vor allem für den MSV könnte sich dann in einer nahezu hoffnungslosen Lage befinden. An dieser Stelle gute Besserung an Sebastian Mai, der Kapitän hat sich zu allem Überfluss neben der hohen Niederlage in München das Kreuzband gerissen. Bei aller Rivalität ist dies ein herber Nackenschlag für die Meidericher, der selbstverständlich nicht zu gönnen ist.
Am Mittwoch reist Derbysieger Münster zu den heimstarken Ingolstädter, die eine bittere Niederlage in Halle wiedergutmachen wollen. Der Derbyverlierer aus Bielefeld muss zu Hause gegen starke Ulmer bestehen und sich die Wunden lecken. Den Platz an der Sonne will Regensburg beim BVB II behalten, die sich im Schnarchduell in Freiburg einen Punkt sichern konnten. Unser letzter Gegner aus Aue muss eine schwere Auswärtshürde in Sandhausen nehmen. Der SVS sieht nach dem glücklichen Sieg in Dresden seine Hoffnungen auf den Aufstieg wieder gestärkt. Zu unguter Letzt reist das abgeschlagene Schlusslicht aus Freiburg zu den Hachingern und muss hoffen, keine Tracht Prügel von der bayrischen Offensivpower zu bekommen.
Auch wenn sie derzeit im dunklen Januar nicht zu sehen ist, scheint weiterhin die Sonne rund um die Hafenstraße. Damit sie es aber weiter tut, müssen die Heimspiele erfolgreich bestritten werden, denn so viele hat der RWE in diesem Jahr nicht mehr. Jeder weitere Sieg bestärkt die Verantwortlichen, den beschrittenen Weg weiterzugehen, jede weitere Niederlage gibt Wasser auf die Mühlen der etwas weniger gewordenen Kritiker, Trainer Dabrowski und der Mannschaft einen zufälligen Positivlauf unterstellen zu wollen. Auch wenn die Niederlage in Aue keine grundsätzlichen Zweifel hervorgerufen hat, sollten sich die Mannschaft wieder mit Punkte belohnen. Die Unterstützung dafür wird sie allemal erhalten.
In diesem Sinne: NUR DER RWE!
Pascal Druschke
Spielbericht
Nicht die Sonne, aber die Siegesgöttin lacht über dem Stadion an der Hafenstraße! Rot-Weiss Essen schlägt Viktoria Köln mit 3:1!
RWE hat beeindruckend auf die enttäuschende Niederlage im Erzgebirge reagiert und einen alten Angstgegner im strömenden Regen in die Schranken verwiesen. Nach Treffern von Kapitän Vinko Sapina per Foulelfmeter (50.) und kurz darauf Leo Vonic (55.) schien Essen die Kölner Viktoria bereits Schachmatt gesetzt zu haben. Doch ein Leichtsinnsfehler von Eric Voufack brachte die Gäste unnötig wieder in die Partie (58.). Zu Beginn der Nachspielzeit sorgte Thomas Eisfeld, der einen Konter der Extraklasse über Marvin Obuz und Ron Berlinski brillant zum 3:1 abschloss, für die Entscheidung. Jedoch ausdrücklich nicht für die Erlösung, denn RWE spielte eine bärenstarke zweite Hälfte, verteidigte den Vorsprung bis zum Schlusspfiff offensiv und setzte die Gäste nach Wiederanpfiff fast fortwährend unter Druck. Nach einer noch ausgeglichenen ersten Halbzeit war Rot-Weiss am Ende der verdiente Sieger.
Das Personal
Nach seiner Gelbsperre kehrte Felix Götze an die Seite von Rios Alonso zurück in die rot-weisse Innenverteidigung und stellte dort erneut seinen hohen Wert für das Essener Spiel unter Beweis. Musti Kourouma musste weichen. Ansonsten spielte RWE mit der Startformation von Aue, Jakob Golz im Tor, Lucas Brumme und Eric Voufack auf den defensiven Außenbahnen komplettierten die Essener Abwehr. Kapitän Vinko Sapina, Torben Müsel und Cedric Harenbrock besetzten die Mittelfeld-Zentrale, Marvin Obuz und Isi Young rahmten in der Offensive Stoßstürmer Leo Vonic ein.
Chefcoach Christoph Dabrowski zog alle fünf Wechseloptionen. Nach 67. Minute kam Andreas Wiegel für Eric Voufack, der sich insbesondere beim 1:2 als wackelig gezeigt hatte. Wiegel verlieh Essens rechter Abwehrseite neben Dynamik auch Stabilität. Nach 80 Zeigerumdrehungen nahm der Trainer einen Dreifachwechsel vor. U19-Spieler Ahmed Etri wurde für seinen couragierten Auftritt im Testspiel gegen den 1. FC Köln belohnt und feierte sein Profidebut. Etri kam für Isi Young, der ein starkes Spiel gezeigt hatte. Zudem kamen mit Ron Berlinski für Leo Vonic und Thomas Eisfeld für Cedric Harenbrock die Väter des Treffers zum 3:1 aufs Feld. RWE konnte mit diesen Wechseln qualitativ hochwertig nachlegen und wurde in der finalen Phase auch noch einmal frischer. Eher taktischer Natur um Zeit von der Uhr zu nehmen war die Hereinnahme von Björn Rother für Torben Müsel nach 88 Minuten.
Die Pluspunkte
RWE spielte eine begeisternde zweite Halbzeit und eine der stärksten der bisherigen Saison. War die Partie in Hälfte eins noch ausgeglichen, RWE suchte in Persona von Vinko Sapina und Lucas Brumme aber lobenswerter Weise auch zweimal den Abschluss aus der Distanz, so kam Rot-Weiss mit großem Elan aus der Pause und stellte die Gäste sogleich vor für sie unlösbare Probleme. Anders als in Aue, als Essen die Partie ebenfalls begonnen hatte wie die Feuerwehr, dann aber nachließ, gelangen in den ersten 10 Minuten gleich zwei vorentscheidende Treffer.
Nachdem RWE von Beginn an das Heft in der Hand hatte, dauerte es nur 5 Minuten bis zum 1:0. Torben Müsel spritzte in einen gewollten Befreiungsschlag von Handle in der Kölner Box, der dann Müsel und nicht den Ball abräumte. Schiedsrichter Patrick Schwengers zögerte keine Sekunde und wies auf den ominösen Punkt. Nun wurde es zur Chefsache, Elfmeter sind bekanntlich nicht die Essener Paradedisziplin. Kapitän Vinko Sapina hatte man seine Entschlossenheit im Abschluss auch schon vor der Pause angemerkt, als er ungewohnter Weise auch mal aus der zweiten Reihe draufgehalten hatte. Der spielentscheidende Fehler in Aue hatte an Sapina genagt. Auf Wiedergutmachungskurs knallte er die Kugel unhaltbar für Keeper Voll ins rechte obere Eck des Kölner Kastens. Das war pure Demonstration von Selbstvertrauen.
Nur 5 Minuten später schloss Essen den ersten von zwei Bilderbuchkontern ab. Nach einer Balleroberung kurz hinter der Mittellinie gab es viel Platz für Rot-Weiss, nur muss diesen dann auch so gut nutzen, wie Essen es dann tat. Ein starker öffnender Pass von Torben Müsel fand den genau richtigen Laufweg von Isi Young, der energisch bis in die Box zog und das Leder über den herauseilenden Ben Voll lupfte, dieser kriegte zwar noch die Hand an den Ball, aber Leo Vonic stand da, wo ein Mittelstürmer stehen muss, und zwar an der richtigen Stelle. Zwar war das Einnicken nicht mehr allzu schwer, aber Leo hatte sich auch entscheidend vom Gegenspieler lösen können. In Aue war Vonic noch umgekehrt Vorlagengeber für Young.
Zwar war Isis Lupfer wohl eher ein eigener Abschluss, aber Essens Nummer 30 machte an diesem Abend generell sehr viel richtig. In der Offensive war er ein stetiger Unruheherd, nach hinten arbeitete er wie ein Berserker gegen Gegner und Ball. Es bleibt zu hoffen, dass auch Youngs notorische Kritiker in den Essener Reihen eine solche Leistung auch einmal anerkennen können. Neben Young überragten Torben Müsel, Vinko Sapina und Felix Götze auf RWE-Seite. Mit Götze wird noch einmal in einer besonderen Qualität hinten herausgespielt, auch weiß FG 24 abgelaufene Bälle mittels schneller Drehung sofort wieder in den Aufbau zu bringen, anstatt Keeper Golz hinten rum einzubinden.
Neben starken individuellen Leistungen überragte RWE zudem einmal mehr als Team. Absolut beeindruckend war, wie die Essener den unnötigen Anschlusstreffer zum 1:2 aus den Kleidern schüttelten, beinahe permanent den Vorwärtsgang einlegten und die Gäste bei deren weniger werdenden Ballbesitzphasen mit Pressing attackierten. Das nennt man offensives Verteidigen. Das spielerisch eigentlich starke Köln konnte kaum einmal in Ruhe aufbauen und Druck erzeugen. Wenn die Gäste vorne waren, mussten sie sich vor dem Essener Umschaltspiel hüten.
Thomas Eisfelds Streich zum 3:1 war ein zu Ende gespielter Konter der Güteklasse A. Obuz spielte einen gut getimten direkten Ball auf Ron Berlinski, der dann einen noch besser getimten direkten Ball auf Thomas Eisfeld, Eisi spritzte heran und legte das Leder genau von der Strafraumlinie direkt ins lange Eck. Obuz, Berlinski und Eisfeld benötigten zusammen exakt drei Ballkontakte für dieses Kunstwerk. One-Touch-Football in Vollendung! Torschütze Eisfeld ließ bei seinem energischen Sprint über den halben Platz in den freien Raum die Kölner Restverteidigung einfach hinter sich. Ein Tor stellvertretend für den zweiten Spielabschnitt. Wille, Dynamik, Können!
Die Knackpunkte
Zu Beginn der Partie waren die Rot-Weissen noch nicht wirklich wach und auf dem Platz. Nach wenigen Minuten war ein hoher Flankenball in die Essener Box eine gefühlte Ewigkeit in der Luft und fast schon schneebedeckt, als er dann dem völlig freien Viktorianer Becker auf Höhe des Elferpunktes auf den Schlappen fiel. Irgendwie fühlte sich kein Essener wirklich zuständig, Golz brach das Herauslaufen zum Glück noch rechtzeitig ab, irritierte dabei aber womöglich etwas seine Vorderleute. Zum Glück war Becker von so viel Freiheit überrascht und traf nur die breite Brust von Jakob Golz. Bis zum Pausentee konnten die Kölner immer wieder gefährliche Nadelstiche setzen, aber kein Kapital daraus schlagen. RWE verzeichnete dabei auch einige Unforced-Errors im Aufbau. Es sind Situationen, in den sich die Spiel-Waage anders hätte neigen können.
Der Kölner Treffer zum 1:2 war ein weiterer unnötiger Fehler. Essen wurde dabei seine überwiegend gut funktionierende, aber manchmal dogmatische Spielweise zum Verhängnis, die Bälle hinten immer kontrolliert herausspielen zu wollen. Eric Voufack wollte zu Jakob Golz zurück passen, fand aber nur einen lauernden Kölner, der den Ball querlegte auf Bogicevic, der frei vor der Kiste nur noch einnetzen musste. Das war Marke vollkommen überflüssig. Zwar machte Voufack federführend den Fehler, zu seiner Entlastung darf aber auch gesagt werden, dass er den Rücken nicht frei hatte. An diesem Abend war es aufgrund der nachfolgenden Leistung der Rot-Weissen kein bitterer Bock. Aber generell wünscht man sich in solchen Gefahrenlagen mehr Klarheit mit dem Ball und manchmal hilft auch ein Schlag auf die Tribüne. Solange man dort kein Stauderbier umbolzt.
Die Aufreger
Referee Patrick Schwengers leitete die Partie zweier fairer Teams besonnen und unaufgeregt. Der Elfmeterpfiff zum 1:0 für Essen war berechtigt, auch wenn Müsel das Foul sicherlich auch wollte. Bezeichnend jedenfalls, dass Verursacher und Unglücksrabe Simon Handle sich nicht in die Reihe der protestierenden Kölner Spieler einreihte, sondern nur zerknirscht wirkte. Im Nachspiel zum Elfmeter suchte Torschütze Sapina sofort den jubelnden Kontakt mit der „Alten West“. Auffällig dabei, dass er kurz, sehr kurz auch eine Geste mit dem Finger zum Mund machte, eine Geste die dafürsteht, Kritiker zum Schweigen zu bringen, Sapina besann sich zum Glück aber, das nicht wirklich durchzuziehen. Nach Aue hatte er, bislang immer auf der Sonnenseite der Berichterstattung, Gegenwind gespürt. Nun gab der Kapitän mit einer starken Leistung und einem sicher verwandelten Strafstoß die passende Antwort. So und nicht anders soll es sein.
Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Dritten Liga
RWE zeigte einmal mehr, dass der gute Tabellenplatz, aktuell ist es der Vierte, kein Zufallsprodukt ist. Souverän und unbeirrt zog die Mannschaft von Christoph Dabrowski ihr Ding durch, auch auf dem schweren Geläuf an der Hafenstraße. Die spielerische und auch mentale Entwicklung der Essener kann man sehr gut am Vergleich mit dem Hinspiel festmachen. Im Spätsommer 2023 stibitzte Rot-Weiss beim Gastspiel in Schäl Sick der Viktoria zwei Zähler. Ein überragender Jakob Golz hielt das 0:0 fest, RWE war mehr mit dem Verteidigen als mit dem Fußballspielen beschäftigt und bot eine Doppelsechs auf, generell eher ein Zeichen des Reagierens als des Agierens. Am gestrigen Abend in Essen war Viktoria Köln nicht schlecht, aber RWE schlichtweg deutlich besser. Es hat spielerisch Hand und Fuß, was Dabros Mannschaft tut.
So bleibt RWE aussichtsreich in der Spitzengruppe und kann sich vor dem sonntäglichen heißen Derby bei Preußen Münster heute Abend zurücklehnen und schauen, was der punktgleiche Tabellendritte aus Ulm bei seinem Gastspiel in Bielefeld erreicht. Die Kniat-Elf bleibt eine der großen Enttäuschungen der bisherigen Saison und hat nach dem 1:2 in Münster etwas gutzumachen. Eben jene Münsteraner sind nach Ingolstadt gereist, einen Punktgewinn der Hildmann-Elf würden die Essener nicht ganz uneigennützig begrüßen.
Nachdem Dynamo Dresden mit einem 2:0 Erfolg bei den wieder in die Misserfolgsspur zurückgekehrten Mannheimern die Tabellenführung gestern Abend erst einmal übernommen hat, möchte Jahn Regensburg diese beim BVB II zurückerobern. Aus Essener Tabellen-Sicht nicht uninteressant ist auch die Partie des SV Sandhausen gegen Erzgebirge Aue.
Die Partie Unterhaching gegen Freiburg II ist ein sportlich ebensolcher Kracher wie der Name der Partie suggeriert. Ansonsten war das parallel zum Match an der Hafenstraße ausgetragene 0:0 zwischen Verl und Saarbrücken ein begrüßenswertes Resultat. 1860 München kann im Tabellenkeller mit dem 1:1 beim VFB Lübeck besser leben als die Gastgeber. Die in Duisburg ausgerufene Mission Zweitligaaufstieg 2025 kam beim gestrigen 2:3 gegen den Halleschen FC noch weiter ins Stocken. Bei 8 Punkten Rückstand auf das rettende Ufer scheint es so, als müsste sich der MSV perspektivisch eher mit dem Wieder-Aufstieg aus einer anderen Liga beschäftigen.
Es ist ein schönes Privileg, dass RWE sich mit diesen Tabellenregionen aktuell nicht beschäftigen muss und ganz woanders hinschauen darf. Freuen wir uns also auf das nächste Wochenende und auf das Wiedersehen mit guten alten Freunden aus Münster.
NUR DER RWE!
Sven Meyering