Vorbericht
RWE will mehr als nur ein Schloss aus Sand! Rot-Weisse Invasion in die Kurpfalz
Rot-Weiss Essen verzückt derzeit seine Anhängerschaft. Drei Spieltage vor Schluss kann der Tabellenvierte mit Fug und Recht vom Aufstiegswunder träumen. Damit der Traum jedoch Realität annehmen kann, braucht das heimstärkste Team der Liga nun dringend einen Dreier in der Fremde. Essen gastiert beim SV Sandhausen. Und wird dabei von wahrscheinlich 2000 Anhängern begleitet. Das liegt nicht am ersten Auftritt in der beschaulichen Kurpfalz überhaupt. Vielmehr haben die geilen Leistungen der Dabrowski-Elf eine Euphoriewelle in der Ruhrmetropole losgetreten. RWE und seine reisefreudigen Anhänger wollen nun mehr ernten als nur anerkennende Schulterklopfer.
Das Personal und die taktischen Optionen
In dieser Kategorie gilt es einmal mehr zu bemerken, dass RWE trotz anhaltendem Verletzungspechs hier vielfältige Optionen hat. Der Hauptgrund dafür, Trainer Christoph Dabrowski hat eine echte Einheit geformt, die zusammenhält wie Pech und Schwefel und in der jeder Spieler, egal aus welcher persönlichen Phase er gerade kommt, auf dem Feld funktioniert. Während Ingolstadts Chefcoach Michael Köllner die 0:4-Klatsche an der Essener Hafenstraße etwas schmallippig mit dem Ausfall zweier wichtiger Leistungsträger relativieren wollte, kennt Christoph Dabrowski solche Lamenti nicht. Obwohl bei RWE mit Obuz und Kapitän Sapina zwei Korsettstangen ausfielen und auch Lucas Brumme schon in der Anfangsphase angeschlagen das Feld verlassen musste, verpasste RWE den bayerischen Audi-Rowdies eine sportliche Abreibung vom Feinsten.
Mit Spielern wie Nils Kaiser, Sascha Voelcke und Sandro Plechaty in der Startelf, die in einer Art und Weise ablieferten, wie es fast schon sensationell erscheint. Wie wird Dabro in Sandhausen aufstellen? Sicher ausfallen werden Marvin Obuz und Andreas Wiegel. Die Hoffnungen auf einen Einsatz von Vinko Sapina und Lucas Brumme erfüllten sich hingegen. Mit der Einsatzbereitschaft beider Leistungsträger hat der Trainer trotz dünnem Kaders schon die Qual der Wahl.
Unzweifelhaft wird Gigant Golz im Tor spielen und Götze und Alonso vor ihm die Innenverteidigung bilden. Auf den Außenbahnen wird es dann wie folgt aussehen. LB14 ist fit, er wird sicherlich als Linksverteidiger starten, Alternative Nummer 1 ist der immer stabiler auftretende Sascha Voelcke, der aber auch offensiver vor Brumme spielen könnte. Auf der rechten Seite wird Nils Kaiser beginnen, er war in den letzten Wochen hier Dabros bevorzugte Option, Konkurrent Wiegel fällt zudem aus. Offensiv davor böte sich erneut Sandro Plechaty an, der gegen Ingolstadt dort startete. Bekanntlich belohnt Dabro gute Leistungen, ein Umstand, der das Leistungsprinzip sehr fördert.
Von daher könnte auch Isi Young zurückkehren in die erste Elf. Der US-Boy war nach seiner Hereinnahme gegen Ingolstadt deutlich formverbessert und verzeichnete gleich zwei Torbeteiligungen. Isi könnte anstelle von Sascha Voelcke auf der linken Bahn spielen, aber theoretisch auch anstelle von Sandro Plechaty auf die andere Seite wechseln. Ebenso umkämpft geht es in der Mittelfeldzentrale zu. Hier sind der immer stärker aufspielende Torben Müsel und Dabros „Raumdeuter“ Cedric Harenbrock im Grunde gesetzt. Doch auch Thomas Eisfeld befindet sich in guter Verfassung. Von Verletzungspech verschont und daher mit guter Physis ausgestattet dreht Eisi immer mehr auf.
Man darf sich fast sicher sein, dass Kapitän Vinko Sapina nur in die Anfangsformation zurückkehren wird, wenn er vollkommen fit und wettkampffähig ist. Ansonsten dürfte es selbst für den Kapitän erst einmal nur auf die Bank gehen. Stellte sich die Truppe vor kurzer Zeit noch quasi selbst auf, so ist der Konkurrenzkampf derzeit voll entfacht. Gut so!
In diesem Konkurrenzkampf hat sich Leo Vonic als Spitze wieder etabliert. Der junge Kroate, dessen Bewegungsabläufe manchmal etwas an Thomas Müller erinnern, ist Essens reinster Stürmer und der Mann für die gefährlichen Momente. Auch wenn er gegen Ingolstadt gute Gelegenheiten ungenutzt ließ, sprach es für sein Selbstvertrauen, wie Leo sich des Elfers annahm und diesen sicher verwandelte. Auch in Sachen des von RWE klar bevorzugten Kombinationsfußballs hat Vonic die Nase gegenüber den Konkurrenten Moussa Doumbouya und Ron Berlinski klar vorn. Der Beleg dafür, Vonic hat mit 7 Torvorbereitungen sogar 2 mehr auf dem Konto als Cedric Harenbrock. Die Leo in Nürnberg nachgesagte Eigensinnigkeit legt er in Essen jedenfalls nicht an den Tag.
Wie tritt Essen taktisch in Sandhausen auf? Das Spiel muss gewonnen werden, um dicken Druck auf Preußen Münster auszuüben, das erst Sonntag nachziehen kann. Von daher dürfte Essen sein gewohntes Ballbesitzspiel im 4-2-3-1 aufziehen wollen. Allerdings zeigt sich Gegner Sandhausen (siehe Portrait) sehr erfolgreich gegen Mannschaften, die das Spiel gestalten wollen, deutlich weniger erfolgreich jedoch, wenn das teure Starensemble das Match selber machen muss.
Der Gegner kann gut reagieren, jedoch schlechter agieren. So zogen die Sandhäuser beim 2:1 Hinspielerfolg einer fußballerisch besseren Essener Mannschaft aus einer abwartenden Haltung heraus humorlos den Zahn. Womöglich kommt RWE deswegen mit einer anderen Variante um die Ecke und läuft hinten mit einer Dreierkette auf, bei der Mustafa Kourouma sich Götze und Alonso zugesellt, weswegen ein Mann im Mittelfeld weichen müsste. Auf Außen hätte man dann Schienenspieler, es gäbe weniger Präsenz auf den Flügeln und das provoziert mehr Ballbesitz für den Gegner, dem Essen dann übers Umschaltspiel begegnen könnte. Schaun mer mal.
Der Gegner: SV Sandhausen (Tabellenplatz 9/ 35 Spiele/ 14 Siege/ 10 Remis/ 11 Niederlagen/ 53:52 Tore/ Differenz + 1/52 Punkte)
Der SV Sandhausen war als finanzielles Schwergewicht in die Saison gestartet und der Absteiger aus der zweiten Liga wurde von allen Experten und solchen, die sich dafür halten, hoch gewettet. Dafür wurde ein erlesener und teurer Kader zusammengestellt. Namen wie der Ex-Fortune Rouwen Hennings, Alexander Mühling von Holstein Kiel, Yassin Ben Balla von Darmstadt 98 oder David Otto vom FC St. Pauli waren nur die illustresten Namen innerhalb eines teuren Starensembles. Was sollte da schiefgehen, bei dieser finanziellen und sportlichen Potenz in Sachen direkter Wiederaufstieg?
Doch es kam anders in der Kurpfalz. Schon nach 12 Spieltagen war Schluss für Trainer Danny Galm, auf dem Trainerstuhl hatte man ganz anders als auf dem Feld nicht auf Erfahrung gesetzt. Galm hatte zuvor als U19- Coach beim FC Bayern gearbeitet, das unruhige Umfeld des traditionsreichen SVS war dann auf Anhieb etwas zu viel. Spaß beiseite, trotz im Grunde idyllischer Ruhe und Arbeitsbedingungen sprangen nur 16 Punkte aus zwölf Spielen heraus für Galm und sein Team (Schnitt 1,33). Jetzt war klar, dass Champions League-Erfahrung hermusste und ab Spieltag 13 versuchte sich Jens Keller, insbesondere für Gelsenkirchener Fußballfreunde ein Relikt aus vergangenen und erfolgreicheren Tagen, bei den Sandhäusern.
Das gelang zunächst ganz gut, u.a. verpasste die Keller-Elf unserer Mannschaft eine ärgerliche Heimniederlage (1:2) und zeigte sich dabei zynisch spaßbefreit im Stile einer Spitzenmannschaft. Aufgrund der Verletzung von Rouwen Hennings griff man auch auf dem Transfermarkt noch einmal zu. Von Rapid Wien holte man mit dem Österreicher Patrick Greil einen Spieler aus der ersten Liga des Alpenlandes. Der offensive Mittelfeldakteur erzielte 7 Treffer in 14 Partien und ist damit Sandhausens bester Schütze.
Doch längst nicht alles klappte so gut wie die Verpflichtung von Greil. Irgendwie brachte Sandhausen die gesamte Saison über nicht konstant seine PS auf den Platz. Vor allem eine klare Spielidee und die Fähigkeit, ein Match gegen einen tief stehenden Gegner zu gestalten, vermisst man beim Zweitligaabsteiger. So hat Sandhausen in den direkten Duellen mit den Spitzenteams aus Ulm, Regensburg, Münster, Essen und Dresden von 30 möglichen Zählern immerhin 16 geholt, der Schnitt liegt bei soliden 1,6 Zählern. Mäßige 1,44 Punkte im Schnitt kamen in den Partien gegen Teams ab Platz 6 abwärts zustande.
Was das für Essens potenzielle taktische Ausrichtung bedeutet, hat das vorherige Kapitel bereits beleuchtet. Insgesamt gab es ein stetiges Auf-und Ab beim Zweitligaabsteiger, dennoch schien am 32. Spieltag alles im Lot, da gelang dem SVS gegen den BVB 2 ein Last-Minute-Sieg der Moral. Danach sah man sich als Tabellenfünfter mit 3 Zählern Rückstand auf Platz 3 dick drin im Aufstiegsrennen. Was folgte waren drei Niederlagen in Serie, ein deftiges 1:4 in Saarbrücken – allein in Hälfte zwei ließ man sich alle 4 Tore einschenken – ein 1:2 gegen Arminia Bielefeld, das in Sandhausen eines der ganz wenigen Erfolgserlebnisse der letzten Wochen hatte, und als Sahne auf den Erdbeeren ein 1:3 in Duisburg. Auch unter Jens Keller holte der SVS somit nur 1,56 Zähler im Schnitt, schlichtweg zu wenig um vor allem die Hypothek aus dem schlechten Saisonstart zu tilgen.
Das fördert den Frust. Sportdirektor Matthias Imhoff war schon vor einigen Wochen einmal in der Kabine vorstellig geworden um den Akteuren die Leviten zu lesen und machte mit einigen wenig schmeichelhaften Aussagen auch medial auf sich aufmerksam. Das gefiel Coach Jens Keller damals nicht unbedingt, doch nach der 1:3 Schlappe beim MSV Duisburg am vergangenen Wochenende war es auch mit Kellers Zurückhaltung gegenüber seiner Mannschaft zumindest partiell vorbei. Als eine Unverschämtheit titulierte der Coach den Auftritt der ersten halben Stunde beim Tabellenachtzehnten. Auch Innenverteidiger Tim Knipping, ebenfalls kein sportliches Leichtgewicht im Sandhäuser Kader, fand nach dem Debakel von Duisburg klare Worte und appellierte auch an die Ehre der Mannschaft, dem Verein etwas schuldig zu sein.
Dicke Luft also in der beschaulichen Kurpfalz. Die Situation ist vergleichbar mit der von Essens letztem Gegner Ingolstadt. Die finanzielle Investition war und ist hoch, der sportliche Ertrag gemessen daran eher gering. Macht das die Situation für RWE einfacher? Eher nicht. Gemäß der Metapher, dass angeschlagene Boxer gefährlich sind, muss Essen auf der Hut sein. Die zahlreichen RWE-Anhänger auf den Rängen werden die Motivation der Gastgeber, zumindest Zuhause respektabel aufzutreten, eher steigern. Aber Dabros Mannschaft hat nicht nur wegen des unnötig verlorenen Hinspiels mit Sandhausen und Jens Keller eine Rechnung offen. Auch mithilfe der zuletzt immer an den Tag gelegten Leidenschaft und Hingabe für das große Ziel sind Essens Aktien im Hartwaldstadion gut.
Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Dritten Liga
Die Luft über Essen vibriert und nicht nur die. Am Samstag wird sich eine beeindruckend zu nennende rot-weisse Karawane auf den Weg nach Baden-Württemberg machen. Offiziell hat RWE alle 1.900 Tickets für das Gastspiel in der Pfalz absetzen können. An dieser Stelle gilt den Gastgebern auch ausdrücklicher Dank, denn nachdem das zunächst zur Verfügung gestellte Gästekontingent von 1.300 Karten spätestens nach der Demontage Ingolstadts sämtlich vergriffen waren, legte man auf Initiative von Damian Jamro 600 Karten für Essener nach. Eine gute Geste an die Gäste! Zudem sollen sich einige RWE-Fans auch Karten in den Heimblöcken gesichert haben. Hoffentlich bleibt hierbei alles ruhig. Aktuell hat an in Sandhausen jedoch gerade einmal so viele Karten abgesetzt wie Essen zur Verfügung standen.
Was ist sonst so los in Liga 3? Am Freitagabend eröffnen der bereits abgestiegene VfB Lübeck und der vom Abstieg massiv bedrohte MSV Duisburg den Spieltag. Nach der Demission von Boris Schommers glimmt an der Wedau ein Hoffnungsfunken. Mit einem Sieg beim VfB könnte der MSV bis auf zwei Punkte an den Halleschen FC auf Platz 17 heranrücken. Am rettenden Ufer steht noch Waldhof Mannheim. Der Waldhof wäre im Falle eines Duisburger Sieges auch nur noch 3 Zähler vor dem MSV.
Diese beiden härtesten auch noch von Abstiegsangst getriebenen Konkurrenten greifen erst am Sonntag ins Ligageschehen ein. Halle spielt dann gegen Unterhaching, während Waldhof Mannheim in Ingolstadt gastiert und wahrscheinlich nicht begeistert ist von der gerade erfolgten Entlassung des Ingolstädter Trainers Michael Köllner. Den kostete final die Klatsche an der Hafenstraße den Job. Ingolstadt sorgt nun für ein Novum und stellte mit Sabrina Wittmann (32) die erste Cheftrainerin im deutschen Profifußball vor. Wittmann trainierte bislang die U19 der Ingolstädter. Vor einiger Zeit wurde ihre Bewerbung für den DFB-Trainerlehrgang nicht berücksichtigt. Der Grund, sie habe die Zulassungsbedingungen noch nicht erfüllt.
Allerdings galt für Marc Unterberger aus Unterhaching das auch, er wurde jedoch zugelassen. Eine Causa, die dem DFB einige unangenehme Fragen einbrachte. Und eine Causa die zeigt, dass es für Frauen schwer ist, sich in der Männerdomäne Fußball durchzusetzen. Die wilden Audi-Rowdies, allen voran Jannick The Rat Mause, zu zähmen ist dabei eine gute Bewährungsprobe für Sabrina Wittmann. Im Abstiegskampf unter Zugzwang stehen auch immer noch Arminia Bielefeld, das in Aue antreten muss, und Essens kommender Heimgegner 1860 München, das den BVB 2 zu Gast hat.
Kommen wir zur Konkurrenz im Aufstiegskampf. Die schlechtesten Karten hat hier Dynamo Dresden mit mittlerweile 5 Zählern Rückstand auf Rang 3. Für Ex-Coach Markus Anfang ist die miserable Rückrunde wohl vor allem die Schuld der Schiedsrichter. Das wird den Gast aus Verl wenig interessieren, denn der Dorfklub liebt die zu erwartende große Kulisse. Der SSV Ulm 1846 kann am Samstag den SV Elversberg machen und als Aufsteiger durchmarschieren in Liga zwei. Dazu ist ein Dreier gegen Viktoria Köln nötig. Da stehen die Aktien der Spatzen wohl ziemlich gut.
Auf dem Papier gilt das wohl auch für den Zweiten Jahn Regensburg, der zum sicher abgestiegenen Letzten nach Freiburg muss. Ein Sieg ist absolute Pflicht für die Enochs-Elf, die ansonsten den zur Winterpause sicher geglaubten Aufstieg im Dresden-Style noch gefährden könnte. Dennoch kann die Zweitvertretung des SCF grundsätzlich unangenehm werden und dem Jahn noch mehr Druck bereiten.
Der Vorsprung auf Preußen Münster auf Rang 3 beträgt nur noch einen Zähler. Während sämtliche andere genannten Konkurrenten vor Anpfiff des RWE-Spiels vorlegen können, muss Preußen am Sonntag nachziehen. Münster empfängt den 1. FC Saarbrücken. Redeten die Saarländer vor der Nachholpartie gegen RWE noch von 5 Endspielen, mit denen sie aus eigener Kraft auf Platz 3 hätten landen können, geht es nach nur einem Zähler aus den ersten beiden und somit versägten Endspielen nur noch um die goldene Ananas. Es bleibt aus Essener Sicht zu hoffen, dass die Truppe von Rüdiger Ziehl sich ordentlich aus der Affäre ziehen wird. Rot-Weiss jedenfalls könnte den Druck auf Münster mit einem Dreier in Sandhausen signifikant erhöhen.
Die Essener Aufstiegsträume sollen in Sandhausen kein Schloss aus Sand sein, sondern mit dreifachem Punktebeton aushärten. In diesem Sinne
NUR DER RWE!
Sven Meyering
Spielbericht
Herber Dämpfer im Aufstiegs-Schneckenrennen! RWE kann beim 0:2 in Sandhausen die Ausrutscher der Konkurrenz nicht nutzen
Sind Essens Aufstiegsträume ausgeträumt? Vor dem Anpfiff im Hartwald-Stadion von Sandhausen war die Stimmung unter den über 2000 mitgereisten RWE-Fans prächtig. Dynamo Dresden und Jahn Regensburg hatten derbe gepatzt! Die Chance für Essen, Dresden zu enteilen und dem Jahn ganz dicht auf den Punktepelz zu rücken. Die Zweite Liga war gerade mehr als nur eine Vision. Doch dann zog Essen nach und verlor ebenfalls seine Partie. Der SV Sandhausen hatte am Ende mit 2:0 die Nase vorne, weil sie im Angriff effizienter waren und RWE die Durchschlagskraft fehlte. Bemerkenswert, die Stimmung der Anhänger kippte danach nicht. Die Essener wurden gefeiert, als wäre das Resultat umgekehrt gewesen. Noch ist nicht alles verloren. Das spüren auch die Fans sehr deutlich, welche der Mannschaft trotz der Schlappe lautstark Rückhalt gaben.
Das Personal
Christoph Dabrowski schickte dieselbe Formation aufs Feld, die auch gegen Ingolstadt begonnen und überzeugt hatte. Vor Jakob Golz im Tor bildeten Felix Götze und Rios Alonso die Innenverteidigung, auf der rechten Seite verteidigte Nils Kaiser, ihm vorgelagert war Sandro Plechaty, auf der linken Seite startete Lucas Brumme, offensiv davor Sascha Voelcke. Für Kapitän Vinko Sapina blieb zunächst nur die Bank, somit startete Thomas Eisfeld und mit ihm Torben Müsel und Cedric Harenbrock im Mittelfeld. Die einzige Stoßspitze bildete Leonardo Vonic.
Im Laufe der Partie war RWE zu mehreren personellen Wechseln und Systemwechseln gezwungen. Kaum waren die Mannschaften wieder auf dem Feld, da fasste sich Sandro Plechaty an den hinteren rechten Oberschenkel und musste durch Isi Young ersetzt werden (48.). Das Verletzungspech ging weiter, nach einer Stunde, noch waren keine Tore gefallen, erhielt Lucas Brumme in einem Zweikampf einen rustikalen Pferdekuss verpasst und wand sich vor Schmerzen am Boden.
Nun musste einiges umgestellt werden. In Ermangelung eines noch fitten echten Flügelspielers kam Ron Berlinski für Lucas Brumme aufs Feld und tauschte mit Isi Young die Seiten. Sascha Voelcke rückte somit eine Position nach hinten. Zudem ersetzte Dabro zeitgleich Thomas Eisfeld positionsgetreu durch Vinko Sapina (60.). Die nachfolgende Findungsphase der Rot-Weissen nutzte Sandhausen nach einer Balleroberung um schnell und schnörkellos nach vorne zu spielen, die präzise Hereingabe vom linken Flügel fand David Otto und dessen zugegeben schöne Direktabnahme den Weg in die Essener Maschen (61.). RWE musste sich nun weiter nach vorne schieben, Sascha Voelcke machte als letzter Mann einen verhängnisvollen Fehler, Maciejewski entkam mit der Kugel und stellte auf 2:0 (70.).
Nach diesem erlittenen Doppelschlag versuchte Essen noch einmal alles. Kourouma kam für Nils Kaiser und Moussa Doumbouya für Leo Vonic. RWE stellte auf hinten Dreierkette um und kam mit zwei Schienenspielern über Außen, vorne gab es nun eine Doppelspitze bestehend aus Doumbouya und abwechselnd Berlinski und Young. Wirkung zeigte das nicht mehr. Die Uhr lief herunter.
Die Pluspunkte
Es gab nicht viel sehr Überzeugendes, was RWE an diesem Samstagnachmittag auf das Feld brachte. Torchancen waren in einer intensiven aber zähen Partie Mangelware, das galt jedoch für beide Seiten, Essens Abwehr stand lange Zeit gut. Immerhin gab es dann fast mit dem Pausenpfiff die Doppelchance für Rot-Weiss. Voelcke war links in der Box freigespielt worden und zog energisch davon, aus leicht spitzem Winkel entschied er sich für den Torabschluss, doch Keeper Daniel Klein war zur Stelle. Im Zentrum war Harenbrock eingelaufen, ein Rückpass wäre wahrscheinlich die bessere Variante gewesen. Doch auch so wurde die Kugel noch einmal gefährlich, den hohen Abpraller nahm Plechaty am langen Pfosten direkt, doch der Ball landete nur Außen am Aluminium.
Das hätte es sein können, das goldene Tor. Nachdem es nach einer Stunde immer noch torlos stand, hofften alle Essener auf die eine vielleicht entscheidende Aktion, doch die gab es dann auf der Gegenseite, auch weil RWE nach gleich zwei erzwungenen Wechseln nicht mehr optimal sortiert wirkte. Das 0:2 durfte man angesichts fehlender Torchancen für die Gäste als Vorentscheidung zur Kenntnis nehmen. Einmal mehr avancierte Jakob Golz zum besten Rot-Weissen und verhinderte mehrfach das mögliche 0:3.
Der Support der Essener Anhänger blieb jedoch auch in dieser Phase durchweg positiv und nach Schlusspfiff hatte es einen Gänsehautfaktor, als die Ränge die Mannschaft mit „Wir sind stolz auf unser Team – Rot-Weiss Essen“ feierten und Mut machten für die beiden letzten Spiele der Saison! So und nicht anders muss es sein! Und in solchen Momenten ist man auch stolz Teil der Community von Rot-Weiss Essen zu sein.
Die Knackpunkte
Irgendwie brachte RWE von Beginn an nicht die Energie auf das Feld, die noch eine Woche zuvor den FC Ingolstadt überrollt hatte. Sandhausen war motiviert. Im Vorbericht war es angeklungen, dass die Kurpfälzer in Partien gegen starke Teams gerne mal einen raushauen. Die Gastgeber wirkten giftiger und entfachten mehr Druck. Letztlich erzwangen sie auch das Matchglück. Das Tor zum 1:0 war vorbildhaft. Nils Kaiser wurde auf dem Weg nach vorne entschlossen vom Ball getrennt, dann spielte es Sandhausen wie RWE oft in den letzten Wochen, über den Flügel und mit harter und präziser Hereingabe, RWE besetzte die Box nicht optimal, niemand fühlte sich für Torschütze Otto zuständig.
Der zweite Treffer fand Sascha Voelcke in der Verlosung. Als Essen aufgerückt war, hatte Voelcke bei einem hohen weiten Ball der Gastgeber keinen optimalen ersten Kontakt, der Ball sprang zu weit weg, als der Essener dann Gegenspieler Maciejewski wahrnahm, geriet Voelcke zudem noch ins Straucheln. Das nutzte der Sandhäuser, um mit der Kugel wegzuziehen und zu verwandeln. So waren beide Gegentreffer vermeidbar. Jedoch auch eine Folge davon, dass Lucas Brummes Verletzung notgedrungen viel auf dem Feld bei Rot-Weiss durcheinanderwirbelte. Christoph Dabrowski wirkte jedenfalls sehr erregt, als der Blondschopfe das Feld verlassen musste und gestikulierte wild in Richtung seines Teams, sich rasch neu zu sortieren. Dabro hatte wohl eine Vorahnung.
Schlichtweg ohne Durchschlagskraft blieb Essens Offensive. Eine Doppelchance kurz vor dem Halbzeitpfiff war zu wenig. Auffällig war, dass Sandhausen vorne viel anlief, aber nach dem Überspielen der ersten Pressingreihe immer wieder Lücken in der letzten Kette der Gastgeber zu sehen waren, in die Essener Spieler auch hineingingen. RWE konnte jedoch daraus kein Kapital schlagen, da der Ball entweder zu langsam oder zu überhastet und unpräzise nach vorne gespielt wurde. So versäumten es die Essener, einen echten Stresstest bei den Sandhäusern durchzuführen.
Die Aufreger
Das Match war arm an echten Höhepunkten und ebenso an Aufregern. Schiedsrichter Schwengers hatte wenig Probleme. Christoph Dabrowski deutete auf der Pressekonferenz an, dass Nils Kaiser bei seinem Ballverlust vor dem 0:1 gefoult worden sei. Der Zweikampf wurde sicherlich rustikal geführt, es schien vertretbar die Szene laufen zu lassen. In Hälfte eins gab es eine extrem knappe Abseitsentscheidung nach Pass von Eisfeld auf Voelcke, hier trennten Essen nur Zentimeter von der Großchance zur Führung. Das rustikale Einsteigen von Zander gegen Lucas Brumme, bei dem LB 14 einen schmerzhaften Pferdekuss kassierte und das Feld ebenso wie schon gegen Ingolstadt verlassen musste, schadete Essen sehr, war jedoch auch nicht härter zu bestrafen als es mit Gelb dann geschah.
Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Dritten Liga
Gerade aufgrund der Steilvorlagen der Konkurrenz, Dresden unterlag dem SC Verl mit 0:1 und Jahn Regensburg bei Absteiger Freiburg II mit 1:3, war die Essener Niederlage sehr bitter. Es scheint, als sei der Aufstiegskampf zum Schneckenrennen geworden. Doch zwei Mannschaften zündeten den Turbo und setzten sich ab. So profitierte am Ende Preußen Münster am stärksten, das am Sonntag gegen demotiviert auftretende Saarbrücker mit 4:1 die Oberhand behielt. Die Münsteraner sind nun Zweiter und haben zumindest die Relegation sicher. Die 6 Zähler Vorsprung bei einem gleichzeitig deutlich besseren Torverhältnis gegenüber unseren Rot-Weissen, die noch immer Vierter sind, sind nicht aufzuholen. Generell nicht mehr einzuholen ist der SSV Ulm. Der Aufsteiger marschiert durch in Liga Zwei und schlug Viktoria Köln mit 2:0. Herzliche Glückwünsche gehen an die 1846er.
Im Tabellenkeller bleibt es spannend. Aber nur noch im Kampf um Platz 16. Der MSV Duisburg zieht in den Breitensport ein. Trotz 3:1 Führung unterlagen die Zebras beim VFB Lübeck noch spektakulär mit 3:5. Der Abstieg des Meidericher SV besiegelte der Punktgewinn von Waldhof Mannheim in Ingolstadt. So hat nur noch der Hallesche FC auf Rang 17 eine Chance, dem Abstieg zu entkommen. Eine Riesenmöglichkeit ließen die Hallenser jedoch ungenutzt. Nachdem Arminia Bielefeld ein 0:1 in Aue hinlegte, hätte man eine Woche vor dem direkten Duell auf der Alm der Kniat-Elf auf den Leib rücken können. Doch gegen Unterhaching gab es ein 0:1. Die Sachsen-Anhaltiner müssen nun in der Schüco-Arena gewinnen. Wer das Susi-Sorglos-Auftreten der Arminen und insbesondere von Chefcoach Kniat erlebt, hält das jedoch nicht für ausgeschlossen. Theoretisch zittern muss auch noch 1860 München. Die 1:2 Heimniederlage gegen den BVB II bedeutet, dass die 60er am kommenden Freitag an der Hafenstraße einen Punkt benötigen, um aller Sorgen ledig zu sein.
Das jedoch will unsere Mannschaft im ausverkauften Stadion an der Hafenstraße verhindern. Mit einem Heimsieg gegen die Löwen kann RWE vorlegen und sich bis auf einen Zähler an Jahn Regensburg auf Rang 3 heranschieben. Dass der Essener Anhang an ein Aufstiegsfinale am letzten Spieltag in Lübeck glaubt, zeigt das in Rekordzeit ausverkaufte Gäste-Kartenkontingent für den Auftritt in Schleswig-Holstein. Der Server des Online-Ticketshops stand mehrfach kurz vor dem Zusammenbruch. Also, wir glauben weiter an uns und unsere Mannschaft! Don’t stop believin‘!
NUR DER RWE!
Sven Meyering