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Vorbericht
Krisen-Kracher in Ingolstadt – unter den Audi-Ringen muss Rot-Weiss Essen die Grundtugenden neu entdecken!
Am 28. April hing der Himmel über der Hafenstraße 97 A voller rot-weisser Geigen. RWE hatte den FC Ingolstadt mit 4:0 aus dem Stadion an der Hafenstraße geschossen und sich in Lauerstellung hinter die Aufstiegsplätze begeben. Wie wir wissen, gelang der große Wurf den Essenern dann nicht. Und wenn es am Samstag zu einem erneuten Aufeinandertreffen mit der Truppe aus Bayern kommen wird, steht das Duell in Ingolstadt unter den Audi-Ringen unter anderen Vorzeichen. Sowohl die Gastgeber als auch die Gäste sind fehlgestartet in die Spielzeit 24/25. Für RWE geht es beim Gastspiel in Bayern darum, sich Stabilität und unbedingt auch Punkte zu holen. Und die Essener fahren mit einem Rucksack voller Sorgen in den Süden. Auch weil man sich diverse Baustellen leider selber geschaffen hat.
Das Personal und die taktischen Optionen
Man darf gespannt sein, wen oder was Trainer Christoph Dabrowski am Samstag auch angesichts von Verletzungssorgen aus dem Hut zaubern wird. Bislang legte RWE ein personelles und taktisches Roulette hin und trat von Spieltag zu Spieltag in anderer Formation und Besetzung auf. Das ist auch eine Folge einer etwas seltsam zu nennenden Transferpolitik. Dem Essener Kader scheint es an der Struktur zu fehlen.
Während man gefühlt die meisten offensiven Außenspieler der Liga hat, ist Rot-Weiss auf der 6 und im Angriff extrem dünn besetzt. Aber fangen wir hinten an. Natürlich ist Jakob Golz im Tor gesetzt. Wer vor ihm auflaufen wird, ist die erste spannende Frage. RWE versuchte es in dieser Spielzeit abwechselnd mit einer Dreier- bzw. Fünferkette und zuletzt wieder mit Viererkette. Die funktionierte gegen Wehen Wiesbaden nicht wirklich. Zwar bekam RWE von den Gästen kaum Druck, aber in schnellen Umschaltsituationen von diesen mühelos drei Treffer eingeschenkt. Die Abstimmung zwischen Kapitän Michael Schultz und Rios Alonso stimmte nicht.
Insbesondere die Personalie Schultz wirft Fragen auf. Der 1,94 Meter Hüne wurde als Leader und Abwehrstabilisator geholt und bekam sogleich die Kapitänsbinde verliehen, was ihn schwerer antastbar macht als andere Spieler. Bislang fällt Schultz den RWE-Anhängern jedoch kaum einmal positiv auf. Auch weil Essen grundsätzlich sehr hoch steht, kann Schultz seine meist schnelleren Gegenspieler kaum stellen und führt selten überhaupt einmal einen Zweikampf. Auch im Spielaufbau glänzt er nicht durch Ideenreichtum. Gemessen an der Essener Spielidee, die geordneten Spielaufbau und offensives Verteidigen vorsieht, erscheint dieser Transfer erstaunlich.
Da Michael Schultz nicht wirklich die gewünschte Sicherheit ausstrahlt, kümmert an seiner Seite auch Rios Alonso, denn Ene braucht bekanntlich einen starken Nebenmann und Führung auf dem Platz. Draußen war zuletzt Tobias Kraulich. Auch er hat noch nicht die Form und Sicherheit, die ihn in der Vorsaison bei Dynamo Dresden auszeichnete. Jedoch ist Kraulich Essens Innenverteidiger mit dem mutigsten Spielaufbau, der auch mal schnell und diagonal von hinten rausspielt, ein Mittel was die quälende Essener Querpassorgie, die es gegen Wiesbaden zu bestaunen gab, positiv aushebeln könnte. Irgendwie wünscht man sich deshalb eine Innenverteidigung mit Kraulich und Alonso, es ist jedoch schwer vorstellbar, dass Dabro in dieser frühen Phase der Saison seinen Kapitän auf die Bank setzen wird. Das erscheint als das erste von diversen Dilemmata.
Unumstritten sind die defensiven Außenbahnen, Lucas Brumme und U21-Nationalspieler Julian Eitschberger werden dort verteidigen und zählten auch gegen Wiesbaden zu den Aktivposten.
Essens nächste Baustelle ist das defensive Mittelfeld. RWE hat nur einen einzigen echten nominellen Sechser. Youngster Jimmy Kaparos zeigt sich gut im Spiel gegen den Ball, doch hat er die Kugel selber am Fuß, verliert er noch zu oft die Übersicht. In der noch jungen Saison war Kaparos schon an drei Gegentoren beteiligt. Von daher setzte Christoph Dabrowski neben dem eigentlich gesetzten Torben Müsel zuletzt auf Thomas Eisfeld. Eisi hat sich im Training einen Muskelfaserriss zugezogen und fällt sicher aus. Torben Müsel musste gegen Wiesbaden mit Wadenbeschwerden zur Halbzeit raus. Sein Einsatz steht nach wie vor in den Sternen. Da ist guter Rat teuer. Die spielend leichte Art und Weise, wie Wehen Wiesbaden mit wenigen Vorstößen wie das heiße Messer durch die Butter im Essener Zentrum kam, stimmt da wenig zuversichtlich. Eine Hoffnung gilt da Tom Moustier, der ist aber am Samstag nach seiner Verletzung nun endlich eine Alternative und steht vor seinem Pflichtspieldebut für RWE.
In der Offensive drückt der rot-weisse Fußballschuh ebenfalls gewaltig. Nur beim Auftritt in Hannover gelangen den Essenern drei Treffer, in den restlichen vier Saisonpartien produzierte der rot-weisse Angriff ein maues Törchen. Die letzten beiden Ligaspiele in Unterhaching und gegen Wiesbaden gingen in Summe mit 0:5 verloren! Und das, obwohl Essen in beiden Partien das Spiel bestimmte, deutlich mehr Ballbesitz aber überhaupt keinen Punch hatte. Ahmet Arslan als zentraler Kreativspieler kämpft sich nur mühsam in die Saison. Arslan darf man zugutehalten, dass er versucht das Spiel schnell zu machen, wenn die Möglichkeit besteht. Aber Ahmo findet ebenso wie seine Mitspieler gegen kompakt verteidigende Gegner bislang die Halbräume zwischen den Ketten nicht, sodass RWE kaum einmal in Überzahl die gefährlichen letzten Meter in Angriff nehmen kann.
Gegen Wiesbaden sahen die Zuschauer eine Art Handballspiel, in dem RWE immer wieder um die Gäste-Box herum kombinierte, aber das gefährliche Anspiel in den Strafraum blieb aus. Nun fällt zumindest in Wiesbaden Kelsey Owusu in Wiesbaden mit Muskelbeschwerden aus, man wolle hier kein Risiko eingehen, so Dabro auf der Pressekonferenz. Dabei hat Essen auf den offensiven Flügeln ein Überangebot an schnellen und dribbelstarken Spielern. Neben Joseph Boyamba und Ramien Safi hat RWE auch noch Robin D`Haese oder Dion Berisha in der Hinterhand. Essen muss es gelingen, das Tempo dieser Akteure gewinnbringend einzusetzen und Räume zu schaffen. Insbesondere weil man hinten noch nicht bombensicher steht und Probleme auf der 6 hat, böte sich ein Paradigmenwechsel und ein tieferes Stehen an. Vielleicht könnte RWE hier weniger auf Ballbesitz als auf Umschaltspiel setzen.
Ganz vorne bricht sich Leonardo Vonic bei seinen Versuchen, das Essener Sturmspiel mit Leben zu füllen aktuell den Finger in der Nase ab. Glücklos ist eine noch positive Umschreibung der letzten Eindrücke von Essens Nummer 9. Ein Treffer wäre ein Brustlöser, womöglich kommt aber auch Manuel Wintzheimer zu seinem Startelfdebut.
Ein Mittel, wie Essen sich bei den grundsätzlich sehr ambitionierten Ingolstädtern besser aus der Affäre ziehen könnte als in den letzten Ligaspielen, wurde bereits genannt. Gerade auswärts könnte man den Gastgeber mal machen lassen, zunächst selbst kompakt stehen und schauen, welche Räume sich den schnellen RWE-Außen im Konterspiel öffnen. Zudem muss Rot-Weiss unbedingt die Grundtugenden neu entdecken. Zu brav wirkt die Dabrowski-Elf in den Zweikämpfen, zu verschnörkelt ist hingegen das Kombinationsspiel, während man selbst in Schönheit stirbt, macht es der Gegner einfach und effektiv. Essen gelingt es deutlich weniger als anderen Teams in der gegnerischen Box auch einmal ordentlich Verwirrung zu stiften. RWE täte durchaus auch mehr Leidenschaft im eigenen Spiel gut.
Der Gegner: SV Ingolstadt 04 (5 Spiele/ 2 Siege/ 0 Remis/ 3 Niederlagen/ 9:10 Tore/ Differenz -1/ 6 Punkte)
Dank Audi mal wieder fernab eines jeglichen operativen Risikos darf der FCI in die Drittliga-Spielzeit gehen und zählt aufgrund der finanziellen Stärke traditionell zu den Aufstiegsanwärtern. Zwar waren die bisherigen Partien der Bayern, die im Schnitt fast 4 Tore für den Zuschauer bereithielten, unterhaltsam, doch die Punktausbeute ist mit 6 Zählern noch verbesserungswürdig. Bleibt zu hoffen, dass Ingolstadt, dessen Gründungsdatum im Vereinsnamen zu Unrecht Hitzewallung bei Essener Anhängern auslöst, denn es ist tatsächlich das Jahr 2004, nicht gegen RWE damit anfängt.
Dabei hat das Team von Trainerin Sabrina Wittmann, der einzigen Cheftrainerin im deutschen Profifußball, personell durchaus gute Aktien. Zwar verkaufte man Torjäger Jannick Mause für ein sehr hübsches Sümmchen zum 1. FC Kaiserslautern, doch ist der Angriff der Schanzer wahrlich nicht von schlechten Eltern. Mit dem Dänen Sebastian Grönning und Altmeister Pascal Testroet verfügt man über zwei sehr wuchtige Angreifer, zudem sicherte man sich die Dienste des Cottbuser Aufstiegshelden Tim Heike. Der ganze Kader ist durchsetzt von weiteren erfahrenen Spielern wie Marcel Costly oder David Kopacz.
Generell fällt die hohe Körperlichkeit ins Auge. Da wird RWE endlich einmal beherzt dagegenhalten müssen, um sich nicht die Punktebutter vom Brot nehmen zu lassen. Größte Vorsicht ist bei Standards geboten. Umgekehrt könnte RWE mit seinen vielen schnellen Offensivspielern hier vielleicht einmal die notwendigen Räume bekommen, falls man den Ingolstädtern mal ihrerseits das Spiel überlässt. Die wirken unter dem Strich noch ebenso wenig sattelfest wie unsere Rot-Weissen auch. Vielleicht sollte RWE auch ganz uncharmant auftreten. Der eingangs erwähnte 4:0-Erfolg der Essener beim letzten Aufeinandertreffen kostete den damaligen Chefcoach Michael Köllner kurz darauf seinen Job. Zwar gönnt man das seiner sympathischen Nachfolgerin Sabrina Wittmann nicht, aber hier ist nicht der Essener Gentleman, sondern der Ruhrpott-Punktedieb gefragt.
Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Dritten Liga
Die Dritte Liga geht in ihren 6. Spieltag. Am Freitagabend eröffnen die SpVgg Unterhaching (10. Platz/7Punkte) und Erzgebirge Aue (2. Platz/12 Punkte) um 19.00 Uhr den Reigen. Die kantigen Bayern werden gegen den zuletzt gegen Bielefeld gestolperten Holzmichel nachsetzen wollen.
Am Samstag gibt es neben der Essener noch 5 weitere Partien. Um 14 Uhr erwarten die Buwe aus Mannheim (20./ 2) den ebenfalls strauchelnden Zweitligaabsteiger aus Osnabrück (15./5). Flotten Fußball verspricht die Partie Energie Cottbus (11./6) gegen den VFB Stuttgart II (7./8). Beide Aufsteiger zeigten bislang mutige Auftritte.
Eine Art Spitzenspiel vor aber sicherlich mager besetzten Rängen ist das Match zwischen RWE-Bezwinger Wehen-Wiesbaden (3./11) und dem SV Sandhausen (5./10), der eine lautlose Gästekurve hinter sich wissen wird.
Große Brisanz birgt das Ostderby zwischen Dynamo Dresden (1./12), das zurecht von der Tabellenspitze grüßt, und dem von sicherlich zahlreichen Ostsee-Rabauken nach Sachsen begleiteten Rostockern (18./3). Hansa Rostock ist bislang eine einzige Enttäuschung, Ex-RWE-Spieler Cedric Harenbrock fehlt derzeit mit Adduktorenproblemen, wird im Hauruckstil seines Trainers Bernd Hollerbach aber ohnehin nur als Ballflugbeobachter eingesetzt.
Um 16:30 Uhr beschließen Arminia Bielefeld (4./11) und 1860 München (19./3) den Drittliga-Samstag. Die Stimmungslage der beiden Klubs ist gänzlich unterschiedlich. Die Bielefelder stellen ihre Kadergüte unter Beweis, der Ex-Klub von RWE-Boss Marc-Nicolai Pfeifer konnte seine vor Saisonbeginn eingeheimsten Vorschusslorbeeren noch in keiner Weise rechtfertigen.
Am Sonntag erfreuen die Couch-Potatos drei zeitlich gestaffelte Partien. Nach dem Sonntagsbraten wartet ab 13:30 das Spiel zwischen Hannover 96 II (16./4) und dem 1. FC Saarbrücken (9./7). Während die Zweitvertretung von der Leine nur drinbleiben möchte und sich in die Saison hinein kämpft, konnten die Saarländer ihre Favoritenrolle noch nicht untermauern. Zum Kaffeekränzchen ab 16:30 Uhr warten zwei vor Saison Totgesagte aufeinander. Viktoria Köln (6./9) und der SC Verl (13./6) füllen ihre Underdogrollen aber einmal wieder gut aus. Zum Bier am Abend empfängt der BVB II (14./5) den Aufsteiger aus Aachen (8./7), der durchaus reif wirkt.
Für unsere Rot-Weissen geht es am Samstag ab 14 Uhr im Audi-Sportpark um viel. Nicht nur um 3 Punkte, sondern auch darum den bislang von allen Fans gewährten Kredit nicht zu verspielen. Nach dem Verlust der halben Stammelf ist der Ruckelstart nicht gänzlich unerwartet gewesen. Dennoch geht es für RWE in dieser Situation darum, Ergebnisse zu erzielen und keine gute B-Note für schönes, aber effektloses Kicken. Und das gerne auch mit einem ganz, ganz dreckigen Sieg!
NUR DER RWE!
Sven Meyering
Spielbericht
Essen lässt 2 Punkte liegen, RWE verliert 2:2 in Ingolstadt!
Fußball-Drittligist Rot-Weiss Essen zeigte beim FC Ingolstadt eine gute und über weite Strecken dominante Partie. Doch eine zweimalige Führung durch Treffer von Torben Müsel (15.) und Ahmet Arslan (60.) glichen die Gastgeber durch Lorenz (39.) und Besuschkow (78.) jeweils aus. Für den selbst ernannten Aufstiegsfavoriten Ingolstadt war es ein glücklicher Punkt, RWE konnte sich leider für einen couragierten Auswärts-Auftritt nicht mit einem Dreier belohnen.
Das Personal
RWE begann mit einer Viererkette vor Keeper Jakob Golz. In der Zentrale spielte Rios Alonso, der leider wieder Wackler hatte, neben Kapitän Michael Schultz. Lucas Brumme verteidigte Links und Julian Eitschberger Rechts. Jimmy Kaparos gab die 6, Torben Müsel den Taktgeber des RWE-Spiels und Ahmet Arslan spielte eine aktive 10. Offensiv ackerten Ramien Safi auf dem linken und Joseph Boyamba auf dem rechten Flügel. Im Sturmzentrum feierte Manuel Wintzheimer sein Startelfdebut. Wintzheimer war an beiden RWE-Treffern aktiv beteiligt. Kurios, Dabro wechselte viermal, das allerdings auf einen Streich. Nach 74 Zeigerumdrehungen, Rot-Weiss führte 2:1, kamen Tobias Kraulich, Nils Kaiser, Dion Berisha und Leo Vonic ins Spiel. Dafür wichen Jimmy Kaparos, Joseph Boyamba, Ramien Safi und Manuel Wintzheimer. Essen wollte die Kompaktheit stärken und agierte von nun an mit Dreierkette. Leider ließ man sich dennoch die Führung nehmen.
Die Pluspunkte
RWE zeigte eine Reaktion nach der bitteren 0:3 Schlappe gegen Wiesbaden. Die Dabrowski-Elf nahm gegen tief stehende und zunächst völlig zahnlose Gastgeber das Heft in die Hand und ging nach einer schönen Kombination über Müsel, Arslan und Wintzheimer in Führung, den ersten Abschluss von Wintzheimer parierte Keeper Funk, Müsel hatte keine Mühe den Abpraller zu verwandeln. Ein toller Schuss von Lucas Brumme traf kurz darauf nur den Pfosten, Essen führte völlig verdient. Gegen den Ball stand man kompakter und erlaubte Ingolstadt wenig.
Nachdem man sich dennoch die Führung hatte nehmen lassen, kam RWE dennoch konzentriert aus der Kabine und ging erneut verdient in Führung. Ahmet Arslan verwandelte nach einer Stunde einen Strafstoß nach einem Vergehen an Manuel Wintzheimer vollkommen sicher. Danach hätte man den Sack zumachen müssen, doch selbst der zweite Ausgleich aus dem Nichts nahm RWE nicht die Moral. Auch in der Schlussphase und Nachspielzeit blieb Essen am Drücker und hätte den Sieg spätestens nach einer dicken Chance von Arslan kurz vor Ende der regulären Spielzeit verdient gehabt. Generell war Arslan ein echter Aktivposten, der immer besser ins Spiel kommt.
Heute gab es in Sachen Auftritt, Leidenschaft und Performance absolut nichts auszusetzen. Essen war die klar bessere Mannschaft mit der deutlich besseren Spielanlage und ist potenziell zu gut, um unten zu stehen. Aber dass man dann so ein Ding auf diese Weise nicht gewinnt, ist das Problem. Denn dann kommen wir zu den Knackpunkten.
Die Knackpunkte
Der FC Ingolstadt dürfte selber nicht wissen, warum er dieses Spiel nicht verloren hat. Die Antworten auf diese Frage liegen allerdings in einer guten Effizienz der Gastgeber und mangelndem Essener Killerinstinkt. In der ersten Halbzeit verurteilte RWE den selbst ernannten Aufstiegskandidaten aus der Audi-Schmiede fast zur Bedeutungslosigkeit. Mit einer Ausnahme. Gut 5 Minuten vor dem Pausenpfiff bekam Innenverteidiger Malone keinen Druck von den Essenern, doch sein Diagonalball aus dem linken Halbfeld war eine gefühlte Ewigkeit unterwegs. Rios Alonso und Lucas Brumme hatten daher wohl zu viel Zeit zu überlegen und verließen sich aufeinander. Da war Ingolstadts anderer Innenverteidiger Simon Lorenz der Nutznießer und nickte ungehindert zum 1:1 ein.
Auch das 2:2 war alles andere als zwingend. Max Besuschkow bekam knapp 20 Meter vor der Essener Box keinen Druck. RWE rückte nicht energisch genug raus aus dem Zentrum und Besuschkow schlenzte die Kugel in den Knick. Auch Jakob Golz schien dabei etwas auf dem falschen Fuß erwischt. War die Desorientierung in der Zentrale dem einige Minuten zuvor erfolgten Vierfachwechsel geschuldet? Der reine Sechser Kaparos war raus und vielleicht war der Raum deshalb nicht so klar besetzt, wie es hätte sein müssen. Die Diskussion wäre müßig, hätte Leo Vonic nicht kurz zuvor die Entscheidung liegen lassen. Doch leider gibt es im Fußball keinen Konjunktiv. Gegen öffnende Audistädter hatte Dion Berisha die Kugel erobert und schickte Vonic mustergültig auf die Reise. Leo strebte frei dem Tor zu, doch mit seinem schwach zu nennenden Abschluss scheiterte er an Torsteher Funk. Kurz vor dem Ende spielte Vonic dann aber Arslan gut frei, doch auch Ahmo glückte das dritte rot-weisse Tor nicht. Während Ingolstadt aus zwei Abschlüssen zwei zu verhindernde Tore erzielte, ließ RWE dicke Dinger liegen.
Die Aufreger
Zwei Szenen erregten die Gemüter. Es waren gerade 8 Minuten gespielt, als den RWE-Fans der Atem stockte. Nach einem Zweikampf geriet ein Kaparos Rückpass zu kurz, Jakob Golz „neuerte“ weit vor seinem Tor gegen David Kopacz und klärte halsbrecherisch. Schiedsfrau Fabienne Michel hatte mit der fairen Partie wenig Probleme, stand aber nach einer Stunde Spielzeit im Mittelpunkt. Nach einer Essener Ecke war der Ball auf der anderen Seite im Begriff aus der Box herauszulaufen, Manuel Wintzheimer setzte beherzt gegen Ingolstadts Düring nach, der zu einem nicht gerade cleveren Tackling ansetzte. Ob er dabei nur den Ball, nur das Standbein von Wintzheimer oder beides zugleich getroffen hatte, konnte keine Kameraeinstellung klären. Jedenfalls nahm Wintzheimer die Einladung an und nahm das Foul. Der Elfmeterpfiff kam sofort. Eine klare Fehlentscheidung war es allein aufgrund der Dummheit Dürings jedenfalls nicht.
Fazit und Blick über den Tellerrand: Die Lage in der Dritten Liga
RWE verschenkte zwei Punkte. Am Ende belohnte sich die Dabrowski-Elf nicht mit einem Dreier für einen couragierten Auftritt. Dennoch war ein klarer Aufwärtstrend erkennbar. Aber aufgrund der anderen Ergebnisse krebst Essen weiterhin auf einem Abstiegsplatz herum und fällt gar auf Rang 18 des Tableaus. Hauptverantwortlich dafür die Münchener Löwen, die kurz vor dem Ende der Partie auf der Bielefelder Alm den Höhenflug der Arminia mit einem 60-Meter-Tor stoppten und 1:0 siegten.
Am Freitag trennten sich Unterhaching und Aue ebenfalls 2:2, am Samstag gab es auch im Ostderby zwischen Dresden und Rostock ein Remis, und zwar ein 1:1. Das kostete Dynamo die Tabellenführung, diese hat nun der ach so spannende SV Sandhausen nach einem freilich anerkennenswertem 3:1 Sieg in Wiesbaden inne, der nach einem 0:1-Rückstand in der Schlussphase errungen wurde. Energie Cottbus kommt immer besser an in der Liga, gegen den Mitaufsteiger Stuttgart II gab es einen klaren 4:0 Erfolg, Ex-RWE-Stürmer Maximilian Pronichev traf doppelt. Ein Befreiungsschlag gelang Waldhof Mannheim. Die zuvor sieglosen Buwe rangen Osnabrück 3:2 nieder. Rückkehrer Bernhard Trares gelang somit die Interpretation des gut kehrenden neuen Besens als Nachfolger Marco Antwerpens.
In der englischen Woche geht es für RWE am Mittwoch im Stadion an der Hafenstraße weiter gegen den BVB II, der am Sonntag noch gegen Alemannia Aachen ran muss. Zeigt Essen eine ebenso gute Spielführung wie in Ingolstadt und ist dann aber auch konsequenter als dort, wird der erste Heimsieg der Saison gelingen.
NUR DER RWE!
Sven Meyering