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Uwe Koschinat übernimmt das Traineramt an der Hafenstraße

RWE reist mit einem neuen Cheftrainer zum Auswärtsspiel nach Osnabrück. Nach der Absage von Favorit Markus Kauczinski am Montag wurde heute Uwe Koschinat als Nachfolger von Christoph Dabrowski auf einer Pressekonferenz offiziell vorgestellt. Eine kurze Zusammenfassung gibt’s bei uns.

Eine Pressekonferenz zur Vorstellung eines neuen Übungsleiters hatte es an der Hafenstraße lange nicht gegeben: Zweieinhalb Jahre lang hielt sich Christoph Dabrowski in einer denkwürdigen Amtszeit auf dem rot-weissen Trainerstuhl, der jahrzehntelang als Schleudersitz galt. Noch vor anderthalb Jahren hätte eine Ablösung Dabrowskis durch Uwe Koschinat wohl zu Jubelstürmen an der Hafenstraße geführt – doch während Dabro sich den Respekt vieler Kritiker erarbeitete und eine starke zweite Saison ablieferte, folgten für Koschinat auf seine Saarbrücken-Entlassung zwei wenig erfolgreiche Intermezzos in Bielefeld und Osnabrück – Zweitliga-Abstiege inklusive. Da vor der Bekanntgabe durchsickerte, dass Wunschkandidat Markus Kauczinski RWE eine Absage erteilt hatte und auch Anfragen an André Pawlak und Tobias Schweinsteiger dankend abgelehnt wurden, steht Koschinat nun mit der Bürde, nicht die Wunschlösung zu sein und einen beliebten Vorgänger zu beerben, vor der enorm schweren Aufgabe, den Sturz Rot-Weiss Essens in die Regionalliga zu vermeiden.

Koschinat hat beste Erinnerungen an RWE und die Hafenstraße: Von sieben Spielen gegen seinen neuen Arbeitgeber verlor er nur ein einziges und konnte fünfmal als Sieger den Platz verlassen. Beim letzten Spiel im alten Georg-Melches-Stadion 2012 entführte die von ihm trainierte Fortuna aus Köln einen Punkt. Schmerzhaft in Erinnerung blieben die Auswärtssiege seiner Fortuna 2013 (0:1) und 2014 (0:4), die jeweils zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Saison die rot-weissen Aufstiegshoffnungen zunichte machten – RWE wurde dabei jeweils von Koschinats physisch überlegenen und gegen den Ball hervorragend organisierten Teams niedergemacht, ohne dass diese spielerische Glanzpunkte setzten. Er ist der Gegenentwurf zum ruhigen Dabrowski, der mit möglichst viel Ballbesitz alle Situationen spielerisch lösen lassen möchte.

Ein Knackpunkt der bisherigen Saison sind die vielen Gegentore, die aus einfachen Ballverlusten in der eigenen Hälfte resultieren – für die riskante Spielidee der Vorsaison fehlen RWE nach dem Abgang mehrerer Leistungsträger in dieser Saison die passenden Spieler sowie das nötige Selbstvertrauen, auch nach Misserfolgen mit voller Überzeugung an der Idee festzuhalten. In dieser Hinsicht ist die Wahl Koschinats nachvollziehbar, der auf der Pressekonferenz betonte, wie wichtig ihm die gute Organisation seiner Mannschaften sei sowie die Vorzüge eines 1:0-Erfolgs gegenüber einem 5:4-Spektakel hervorhob, da ein Spiel ohne Gegentor der Beleg eines gut umgesetzten Plans sei. Es bleibt zu hoffen, dass seine defensivere Spielidee mit weniger Ballbesitz von der Mannschaft besser umgesetzt werden kann und verunsicherten Akteuren neue Sicherheit in den Abläufen gibt. 

Ein schlechtes Wort über Christoph Dabrowskis Arbeit wird man bei ihm vergeblich suchen: Mit seinen respektvollen und reflektierten Aussagen zu seinem Vorgänger und zu seinen Trainerkollegen allgemein, über die er weder intern noch extern ein schlechtes Wort verlieren würde, hinterließ er einen sympathischen Eindruck. Eine kritische Nachfrage gab es zum großen Potenzial, das er im aktuellen Kader sieht, denn hier weicht seine Aussage doch sehr von der Einschätzung des rot-weissen Umfelds ab, das die Probleme mehrheitlich bei der Kaderzusammenstellung und nicht auf der Trainerbank gesehen hatte. Eventuell schafft es der neue Coach allerdings, Potenziale zu heben, die bislang sonst niemand sieht. Seinen Ruf als Motivator und „Vulkan“ konnte er sich bei seinen vorherigen Stationen jedenfalls erarbeiten, wenngleich er sich ungern auf diese Zuschreibung reduzieren lässt.

Trotz der schwierigen Umstände der bevorstehenden sowie der etwas holprigen Pressekonferenz hinterließ der kritisch beäugte neue Mann an der Seitenlinie einen guten ersten Eindruck. Holprig war die Pressekonferenz vor allem aufgrund der leeren Phrasen, mit denen seine neuen Vorgesetzten den „Uwe“ vorstellten – es sollte jedenfalls nicht unbedingt als Qualitätsmerkmal hervorgehoben werden, dass der neue Trainer bereit war, sofort anzufangen. Schon gar nicht, wenn bereits durch die Presse gesickert war, dass andere Kandidaten auf ein Engagement dankend verzichteten.

Eine Zusammenfassung der Statements von Pfeifer, Flüthmann und Steegmann hätte wahrscheinlich genug heiße Luft produziert, um den Presseraum zu beheizen, doch Pfeifer schaffte es dadurch immerhin elegant, dem auf Krawall gebürsteten Reviersport-Schreiberling Wozniak zum Abschluss den Wind aus den Segeln zu nehmen. Dieser hatte bereits das Sportdirektoren-Duo mit Kommentaren aus den (a)sozialen Medien konfrontiert, in denen der Rausschmiss der beiden gefordert wurde und ließ es sich auch nicht nehmen, Marc-Nicolai Pfeifer nach der Entlassung einer Angestellten der Geschäftsstelle zu befragen, die er selbst kürzlich erst in einem Artikel thematisiert hatte. Dass er die Mitarbeiterin in seinem ursprünglichen Artikel mit vollem Namen nannte und die Kündigung mit, laut seiner Quelle, Vertrauens- bzw. Loyalitätsverletzung in Verbindung brachte und dadurch einer einfachen Angestellten ohne Bezug zum Fußballgeschäft nun erhebliche Probleme bei der Jobsuche beschert, stellt nach der glorreichen „Vonne Hafenstraße“-Episode zum Pokalspiel einen weiteren journalistischen Tiefpunkt im Niveau-Limbo der Funke Medien Gruppe dar und Pfeifer tat gut daran, das Thema ausweichend aber bestimmt wegzumoderieren.

Für den neuen Trainer waren derlei Peinlichkeiten nur von Vorteil, denn umso leichter war es für ihn, mit klaren Antworten für einen guten Eindruck zu sorgen, dem er hoffentlich am Sonntag drei Punkte zum Einstand folgen lassen kann. Wir wünschen Uwe Koschinat dabei sowie bei der gesamten anstehenden Mission Klassenerhalt viel Erfolg!

Nur der RWE!