Das „Trio Infernale“ bleibt bestehen – Torhüter
Die vielleicht beste Nachricht folgt direkt zu Beginn. Nach dem überraschenden Transfer von Kapitän Vinko Sapina nach Dresden bestand bei den Fans die große Sorge, dass der Verein sein komplettes Tafelsilber jetzt vergolden wolle. Denn Stammkeeper Jakob Golz (25) ist nur noch ein Jahr gebunden und bleiben seine Leistungen so stabil wie in der letzten Saison, wird er Essen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit verlassen. Gerüchteweise führte schon jetzt eine Spur in die holländische Eredivisie zum FC Groningen, RWE streckte deshalb angeblich schon die Fühler zum Verler Luca Unbehaun aus. Doch dann sprach Marcus Steegmann ein „Machtwort“, Golz bleibt dem Verein erhalten und alle Gedankenspiele um den Schlussmann wurden vorerst in die Mottenkiste gepackt.
Angesichts der Baustellen im Kader wäre der Verein gut beraten, diese auch weiterhin so zu belassen. Hinter Golz, der mit Sicherheit einer der besten Keeper der Dritten Liga ist, folgt Felix Wienand (22), der seinen Vertrag in der abgelaufenen Saison um ein Jahr verlängert. Wienand wurde im Niederrheinpokal bis auf das Finale eingesetzt und machte seine Sache sehr gut. Im Gedächtnis blieb vor allem die Vertretung von Golz zum Beginn der Rückrunde, wo er unter anderem in Regensburg eine tragende Rolle beim Auswärtssieg hatte. Felix Wienand steigerte sich in seinem zweiten Jahr an der Hafenstraße noch einmal und sorgt dafür, dass kein Anhänger Magenschmerzen bei einem kurzfristigen Ausfall von Jakob Golz haben muss.
Dies liegt möglicherweise an Ole Springer (32), der seine Funktion als „Nummer 3“ voll annimmt und mit seiner Erfahrung die jungen Torhüter unterstützt. Auch in den Videos „Frage der Woche“ wurde Ole Springers wichtige Rolle im Hintergrund immer mal wieder von den Youngstern im Team positiv erwähnt. Die Mannschaft kann sich glücklich schätzen, auf ein solches starkes „Trio Infernale“ bauen zu können.
Lücke erfolgreich geschlossen – Die Innenverteidigung
Für viele Fans war es die größte Frage, ob der beste Feldspieler Felix Götze, der nun in der zweiten Liga beim SC Paderborn sein Glück sucht, überhaupt zu ersetzen sei. Dabei war sein Einsatz im Abwehrzentrum nach der Suspendierung von Felix Bastians eher eine Notlösung. Doch Götze machte vieles durch seine Spielintelligenz und seinen Einsatzwillen wieder wett, was ihm zurecht eine Chance im Unterhaus einbrachte. Sehr zügig präsentierten die Verantwortlichen den erfahrenen Tobias Kraulich (25) von Dynamo Dresden, der wohl nicht unbedingt auf der Liste potentieller Abgänge der Sachsen stand. Allerdings hatte Kraulich mit Oberschenkelproblemen zu kämpfen und stand nur dreizehnmal für die Dresdener auf dem Platz. Er wird zunächst in der Vorbereitung von Dabrowski und seinem Team allmählich aufgebaut und wird möglicherweise erst im Laufe der Hinrunde zu einer echten Option werden.
Dementsprechend war schnell klar, dass ein weiterer Mann für die Innenverteidigung gesucht wird. Gerne hätten die Verantwortlichen Kraulichs Kollegen aus Dresden, Jakob Lewald, verpflichtet, dieser entschied sich aber für den SV Sandhausen. Auch Torge Paetow vom SC Verl war ein heißer Kandidat, doch mit einem Angebot aus der zweiten Liga konnte RWE nicht mithalten. Alle guten Dinge sind bekanntlich drei und so konnten die Bergeborbecker Michael Schultz (31) von Viktoria Köln gewinnen. Schultz hatte in der letzten Saison 28 Einsätze und erzielte immerhin fünf Tore. Seine Leaderqualitäten fielen bereits in der Vorbereitung positiv auf und sind für den neuen Kader Gold wert.
José Enrique Rios Alonso (23) ist bekanntlich geblieben, allerdings haben Betrachter das Gefühl, dass er sich trotz einer guten Saison als „erster“ Mann in der Innenverteidigung nicht sonderlich wohl fühlt. Dies lässt sich leider auch statistisch belegen, denn mit Felix Götze an seiner Seite kassierte RWE deutlich weniger Gegentreffer. Mit den zwei neuen Innenverteidiger kann Dabrowski taktisch flexibler agieren, eine Dreierkette wurde bereits in den Testspielen erprobt. Sollte Kraulich schnell fit werden und Eigengewächs Mustafa Kourouma (21) den endgültigen Durchbruch schaffen, wird diese Position im Zusammenspiel mit Jakob Golz das Prunkstück des neuen Kaders werden. Allerdings bleibt noch zu erwähnen, dass Aaron Manu (24) kaum noch eine Chance im Kader hat. Bei einem passenden Angebot darf er gehen, welches aber kaum kommen dürfte.
Altbewährtes mit blinden Flecken – Außenbahn defensiv
Auf den defensiven Außenbahnen werden die Zuschauer weitestgehend auf bekannte Gesichter treffen. Auf der linken Abwehrseite hat sich Lucas Brumme (24) als echter Glücksgriff erwiesen. Durch Verletzungen gebeutelt und aussortiert vom SV Wehen musste Brumme erst als Testspieler lange die Verantwortlichen von seiner Fitness und seinen Qualitäten überzeugen. Er zahlte es mit starken Flankenläufen und defensiver Stabilität zurück, obwohl er eigentlich auf den offensiven Flügeln zu Hause ist. Zuletzt strahlte er sogar Torgefahr aus und schoss RWE zum Derbysieg gegen den MSV.
Das Glück von Brumme hätte auch Ekin Celebi (24) gut gebrauchen können. Mit viel Vorschusslorbeeren vom 96-Nachwuchs aus Hannover gekommen, wurde Celebi in der Hinrunde von einer Leistenverletzung mit daraus folgender OP lahmgelegt, vor Beginn der Rückrunde zog er sich eine schwere Verletzung an der Schulter zu. Mehr Pech geht kaum noch. Doch Dabrowski und sein Team setzen weiter auf ihn, wobei eine solch lange Auszeit häufig das Ende einer Profikarriere bedeutet. Hoffen wir für ihn, kein zweiter Fall „Michel Niemeyer“ zu werden, der jüngst von RW Oberhausen aussortiert wurde.
Eine starke Option wäre Sascha Voelcke gewesen, der in den letzten Spielen förmlich aufblühte und sein ganzes Können zeigen durfte. Doch die Perspektive eines Konkurrenzkampfes mit Brumme und das möglicherweise nicht passende Angebot überzeugte ihn nicht und ließ ihn zu Waldhof Mannheim wechseln. Sicherlich ist er für diese gute Adresse zu beglückwünschen und es bleibt zu hoffen, dass er dort sein sportliches Glück findet. Mögen die Bierbecher in Mannheim diesmal an ihm vorbeifliegen!
Auch auf der rechten Abwehrseite beginnen wir mit einer positiven Überraschung der letzten Saison. Eigengewächs Nils Kaiser (22) durfte sich schon einen neuen Verein suchen, spielte aber dann eine tolle Vorbereitung und schaffte es in den Kader, um gleich darauf verletzt auszufallen. In der Rückrunde bekam er dann seine Chance im Mittelfeld und versetzte die Hafenstraße mit seinem Hammer zum 3:3-Ausgleich gegen Freiburg 2 in Ekstase. Doch Trainer Dabrowski brauchte ihn nach den Verletzungen der Stammkräfte auf der rechten Abwehseite. Auch diese Aufgabe erledigte Kaiser mit Bravour, so dass er einen neuen Vertrag erhielt, den er im Gegensatz zu Voelcke zum Glück annahm.
Zuvor hatte sich Eric Voufack (22) nach langem Konkurrenzkampf mit Andreas Wiegel auf dieser Position festgespielt. Dabei legte der junge Spieler, der von Lok Leipzig gekommen war, ein katastrophales Debüt in Unterhaching hin. Allerdings schwächelte auch Stammkraft Wiegel und blieb zeitgleich nicht von Verletzungen verschont, so dass er eine zweite Chance bekam. Mit ihm rückte die rechte Seite weiter nach vorne, was vor allem Trainer Dabrowski gefiel. Allerdings waren seine Auftritte nicht frei von Kritik. Defensiv erwies sich Voufack sogar häufig als Schwachstelle, was sich auch langsam bei den Gegnern herumsprach, welche dann bevorzugt die rechte Seite bearbeiten. Nach schwachen Auftritten bei den Münchner Löwen und zu Hause gegen Viktoria Köln wünschten sich viele Andreas Wiegel zurück, aber Dabrowski hielt an Voufack eisern fest.
Seltsamerweise änderte er seine Meinung, nachdem er Kaiser dort einsetzte und Voufack trotz auskurierter Verletzung bis zum letzten Saisonspiel in Lübeck auf der Bank blieb, dann allerdings eine ordentliche Leistung zeigte. Zu seiner Ehrenrettung muss allerdings gesagt werden, dass Voufack ein sehr junger Spieler ist, der seine Entwicklung noch nicht abgeschlossen hat und sich defensiv noch steigern kann. Bei aktueller Lage wird Kaiser womöglich auch noch auf anderen Positionen gebraucht, was die aktuellen Einsätze in der Vorbereitung auch leider zeigen.
Mit viel Unverständnis wurde von einigen Fans die Situation von Routinier Andreas Wiegel (32) verfolgt. Kurz vor Ende der Saison wurde ihm mitgeteilt, dass er in der aktuellen Saison trotz gültigem Vertrag in den Planungen des Vereins keine Rolle mehr spielt und einen neuen Klub suchen kann. Hinzu kommt aber, dass er im Gegensatz zu Manu und Doumbouya, die das gleiche Schicksal teilen, vom Trainingsbetrieb ausgeschlossen wurde. Dabei ist kein mannschafts- bzw. vereinsschädigendes Verhalten wie bei Dennis Grote, Daniel Davari oder Felix Bastians bekannt.
In der Saison nach dem Aufstieg wurden Felix Götze und er zusammen mit Clemens Fandrich auf der letzten Rille geholt und besonders dieses Duo hatte einen gehörigen Anteil am Klassenerhalt. Der Verein war daraufhin bereit, sich auf einen Zwei-Jahresvertrag zu einigen und verwehrt Wiegel nun einen verdienten Abschied und die Möglichkeit, sich fit einem anderen Verein anzubieten. In Zeiten, wo sich zurecht über sich aus dem Vertrag streikende Spieler beschwert wird, muss auch die andere Seite betrachtet werden, bei der sich Vereine z. B. mit einem Poker über Abfindungen und Strafversetzung in die U23 die Spieler zu einer Vertragsauflösung bringen wollen. Einen Gruß geht an dieser Stelle auch an den FC Magdeburg!
Sportlich hat Wiegel wenig Argumente, vor allem, wenn Dabrowski auf eine Dreierkette umstellen lässt und die Außenbahnen dadurch offensiver werden. Dennoch einen Herzlichen Dank an Andy Wiegel für Deinen Einsatz in Rot und Weiss!
Ein weiteres Dankeschön geht an Sandro Plechaty, der leider in den letzten drei Jahren immer wieder von Verletzungen ausgebremst wurde. Am Ende der Saison zeigte er noch einmal seine Fähigkeiten, allerdings reichte dies nicht mehr zu einem neuen Vertrag. Wir hoffen an dieser Stelle, dass Sandro, der sich mit sehr emotionalen Worten verabschiedete, bald einen neuen Verein finden wird!
Außerdem stehen für den Kader noch die Eigengewächse Gianluca Swajkowski (19) und Berkant Gedikli (19) zur Verfügung.Beide erhalten während der Vorbereitung ordentlich Einsatzzeiten und gerade von Swajkowski versprechen sich die Verantwortlichen eine Menge. Es bleibt abzuwarten, inwieweit diese jungen Spieler auf sich aufmerksam machen können.
Pascal Druschke
In Kürze lest ihr den II. Teil der Jawattdenn.de-Saisonprognose.