Die Achtelfinalspiele bilden den Auftakt der K.O.-Runden bei Weltmeisterschaften und ab diesem Zeitpunkt sind alle Teams in einem Modus, bei dem keine Patzer in Form von Niederlagen mehr verziehen werden. Bei der Weltmeisterschaft 1938 in Frankreich war das Achtelfinale sogar der Turnierauftakt, die WM wurde von vorneherein mit 16 Teams ohne Gruppenspiele begonnen.
Deutschland scheiterte in gleich zwei Partien insgesamt an der Schweiz, ein Wiederholungsspiel war nötig geworden, als das erste Match 1:1 nach Verlängerung geendet hatte. Die Eidgenossen gewannen die Zweitauflage mit 4:2. Erst 44 Jahre später trat an die Stelle des Wiederholungsspiels das Elfmeterschießen, wenn auch nie zwischendurch eine Wiederholungspartie zwischen zwei Teams notwendig geworden war. Dieses Scheitern der deutschen Mannschaft wird heute rückblickend häufig als Vorrundenaus bezeichnet, auch wennes das rein formal nicht gewesen ist.
Die Runde der letzten 16 in ihrer heutigen Form nach der Gruppenphase erlebte ihre Premiere bei der WM 1986 in Mexiko, das hing mit der Erweiterung des Teilnehmerfeldes auf 24 Nationen zusammen. So kamen neben dem Ersten und Zweiten der sechs Gruppen noch die vier besten Gruppendritten weiter. Seit der WM in Frankreich 1998 nehmen 32 Nationen teil und man qualifiziert sich nur noch über Platz eins oder zwei einer Gruppe für den K.O.-Modus.
So oder so beginnt nun die prickelnde Phase und mit jeder Runde kommt man den Goldenen Pokal etwas näher. Besonders prickelte es am 24. Juni 1990 in Mailand, als Deutschland auf seinen Fußballerzfeind die Niederlande traf. Es wurde das beste und spektakulärste Match des gesamten Turniers.
WM 1990 in Italien
24.06. 1990 in Mailand, Estadio Guiseppe Meazza (Zuschauer:74.559), Anstoß 21Uhr (MEZ), Schiedsrichter Juan Carlos Loustao (Argentinien)
Deutschland: Niederlande 2:1(0:0)
Aufstellungen:
Deutschland:
Illgner – Augenthaler – Brehme, Kohler, Berthold, Reuter – Buchwald, Matthäus (C), Littbarski – Klinsmann (79. Riedle), Völler
Trainer: Franz Beckenbauer
Niederlande:
Van Breukelen – R. Koeman – van Aerle (68. Kieft), Wouters, Rijkaard, van Tiggelen – van’t Schip, Gullit (C), Winter, Witschge (79. Gillhaus) – van Basten
Trainer: Leo Beenhakker
Tore:
1:0 Klinsmann (51.), 2:0 Brehme (85.), 2:1 Koeman (Elfmeter, 89.)
Erst Bambule, dann Triumphzug in San Siro! Deutschland schlägt den Erzrivalen Niederlande mit 2:1 und steht im Viertelfinale!
Die deutsch-holländische Fußballfeindschaft ist um ein Kapitel reicher. Deutschland und die Niederlande schenkten sich im Achtelfinale der WM nichts und waren gleichwertige Gegner, doch am Ende jubelte Deutschland. Auch dank eines überragenden Jürgen Klinsmann, der nach dem großen Aufreger der Partie, dem Doppelfeldverweis von Rudi Völler und Frank Rijkaard, zum Matchwinner avancierte. Auf dem Feld gab es erst große Bambule und das Spiel drohte zu eskalieren, dann aber rissen sich beide Teams zusammen. Wir blicken auf einen ganz großen Fußballabend zurück.
Das Personal und die taktische Ausrichtung
Beim Blick auf den Spielberichtsbogen mit den Aufstellungen wurde klar, beide Mannschaften hatten Respekt voreinander und wählten eher defensive Formationen. Bei der deutschen Elf stand Illgner im Tor, davor spielte Klaus Augenthaler Libero hinter einer Viererkette bestehend aus Brehme, Kohle, Berthold und Reuter. Thomas Berthold gab den Sonderbewacher für Ruud Gullit, Jürgen Kohler kümmerte sich im Marco van Basten. Stefan Reuter war klarer als Rechtsverteidiger positioniert als in den Gruppenspielen.
Auch Guido Buchwald war im Mittelfeld auf der 6 angesiedelt. Im Schwerpunkt offensiv agierten somit nur Lothar Matthäus, Pierre Littbarski und die Doppelspitze Völler/Klinsmann. Auch bei Oranje spielte mit Ronald Koeman ein Libero hinter vier Abwehrspielern, im offensiven Bereich war van Basten einzige echte Spitze, Gullit interpretierte die 10 aber extrem offensiv. Nach dem frühen Doppelplatzverweis für den Niederländer Rijkaard und den Deutschen Völler nahmen beide Trainer keine wirklichen Veränderungen vor.
Während für die DFB-Elf nun Jürgen Klinsmann die einzige Spitze bildete, veränderte auch Leo Beenhakker seinen nun um einen Spieler dezimierten Abwehrverbund nicht, schließlich hatte Deutschland auch nur noch einen reinen Stürmer zur Verfügung. Dieser allerdings machte den Niederländern Beine, Jürgen Klinsmann machte sein bislang bestes Spiel für die deutsche Nationalelf. Das kostete Klinsi Kraft, Kaiser Franz brachte nach 79. Spielminuten Karl-Heinz-Riedle für den völlig ausgepumpten Stürmer von Inter Mailand. Vom zweiten möglichen Wechsel machte Deutschland nicht mehr Gebrauch. Insgesamt konnte Deutschland den Platzverweis systemisch besser verarbeiten als der Kontrahent.
Die Pluspunkte
Die deutsche Mannschaft gewann den Nervenkrieg von San Siro und war in den entscheidenden Momenten hellwach und effizient. Vor allem nach dem maximal unglücklichen Feldverweis für Rudi Völler riss sich Deutschland zusammen. Klinsmann beschäftigte die vier verbliebenen niederländischen Abwehrspezialisten im Alleingang. Hatte im ersten Abschnitt eigentlich nur Guido Buchwald eine sehr gute Gelegenheit für Deutschland, so änderte sich das im zweiten Spielabschnitt drastisch.
Eben jener Buchwald vernaschte kurz nach dem Seitenwechsel den zurück geeilten aber defensiv schwachen Aaron Winter mit zwei Übersteigern am linken Flügel, seine Hereingabe nutzte Jürgen Klinsmann zum 1:0. Klinsi war bereits kurz davor, mittels des Propeller-Jubels abzuheben aus dem Estadio Guiseppe Meazza, doch zum Glück blieb er vorerst noch auf dem Rasen, wo er Oranjes Abwehrrecken weiterhin das Fürchten lehrte. So knallte Klinsmann nach 77 Zeigerumdrehungen den Ball aus vollem Lauf an den rechten Pfosten, Vorentscheidung vertagt. Arbeitstag für Klinsi beendet, nun kam Riedle.
Pierre Littbarski, von Riedle wunderbar in Szene gesetzt, knallt dann van Breukelen mit voller Wucht den Ball vor den Körper und nicht ins Tor. Vielleicht wollte Litti den ungeliebten Keeper eher abschießen als das Tor machen. Nur kurze Zeit später war die Entscheidung zugunsten der deutschen Elf dann doch gefallen. Buchwald hatte auf dem linken Flügel zu Brehme zurück gepasst und der Linksverteidiger zog seitlich von der Box einfach mal mit Rechts aufs lange Eck. Der ekstatische Schrei von TV-Reporter Heribert Fassbender „Zieh drauf!“ gab dem Ball wahrscheinlich von oben aus der Sprecherkabine noch weiteren Schwung. Der so unartige Herr van Breukelen konnte jedenfalls nur auf den Knien robbend den Einschlag des Balles im langen Eck verfolgen. Der Jubel der deutschen Elf kannte keine Grenzen und die gesamte Anspannung und die aufgestaute Emotion entlud sich bildhaft, als Thomas Berthold ekstatisch in Richtung der holländischen Fanblöcke jubelte.
Nachdem den Niederländern der Anschlusstreffer per Elfer gelungen war, geriet die deutsche Elf nicht mehr in Gefahr, sondern spielte abgeklärt den Sieg über die Zeit. Eher hätten Riedle und dann noch Matthäus per Freistoß das 3:1 machen können, als dass Oranje eine Möglichkeit auf den Ausgleich bekam.
Die Knackpunkte
In der ersten Spielhälfte waren die Niederländer das bessere Team und insbesondere Aaron Winter hatte zwei große Gelegenheiten, seine Farben in Front zu bringen. Thomas Berthold hatte zudem einen schweren Stand gegen den holländischen Kapitän Ruud Gullit. Als die DFB-Elf in Hälfte Zwei in Führung lag, schlief sie in einer Situation gewaltig. Andy Brehme war Jan Wouters im Rücken entwischt. Wouters ist zum Glück kein gelernter Stürmer, er vergab die XXL-Chance zum Ausgleich und schoss haarscharf am langen Pfosten vorbei. In diesen Situationen hätte sich die Waage auch auf die andere Seite neigen können.
Die Aufreger
Die Stimmung war im Vorfeld der Partie extrem aufgeheizt und auf dem Rasen setzte sich das nahtlos fort. Bei Hans van Breukelen und Frank Rijkaard hätte man besser zuvor einen Drogentest gemacht. Normal war ihr Verhalten nicht zu nennen. Nach 20 Spielminuten kam es beinahe zu einer Eskalation. Frank Rijkaard ließ Rudi Völler rüde über die Klinge springen und sah die gelbe Karte. Als Völler aufstand und Richtung Strafraum lief, verpasste Rijkaard ihm eine Speicheldusche mitten in die Torjägerlocken. Das entging Schiedsrichter Loustao und er zeigte dem erbost protestierenden Völler ebenfalls Gelb.
Die erste dicke Fehlentscheidung. Brehme brachte den Freistoß in die Box, Völler kam mit dem Kopf heran und setzte nach. Van Breukelen holte sich die Kugel im Sprung und versuchte sichtlich, den deutschen Stürmer mit dem ausgefahrenen rechten Bein einen mitzugeben. Völler wich dem Tritt aus und ging zu Boden. Danach sah sich Deutschlands Nummer Neun einer Schimpfkanonade von Hänschen Klein in Hollands Kiste ausgesetzt, wohl weil er es unhöflich fand, dass Völler sich nicht einfach hatte von ihm treten lassen. Diese Untat Völlers sanktionierte der herbei geeilte Rijkaard dann mit einem tadelnden Ohrenzupfer.
Nun schritt Loustao zur Tat. Kaum zu glauben aber wahr, der Argentinier verwies Rijkaard aber auch Völler des Feldes, obwohl der Deutsche bespuckt und tätlich angegriffen worden war, ohne seinerseits etwas Regelwidriges getan zu haben. Auf den Rängen gingen die Emotionen ebenfalls hoch, laut und vernehmbar explodierte ein Böller. Während Völler fassungslos auf dem Rasen stand, erwies ihm Frank Rijkaard eine letzte Aufmerksamkeit und bespuckte dessen bislang noch nicht behelligte andere Seite. Ein derartiges Kabinett an Unsportlichkeiten sah man selten. Auch auf niederländischer Seite sollte man sich für Rijkaard und auch van Breukelen in Grund und Boden schämen.
Ein weiteres Ärgernis gab es noch. Lothar Matthäus holte sich Gelb ab, weil er nach einem schnell ausgeführten Freistoß von Augenthaler den Abseitspfiff überhört haben wollte und weiterspielte. Der deutsche Kapitän gab an, im Hexenkessel den Pfiff nicht gehört haben zu können. Das hatte etwas für sich, denn auch van Breukelen spielte weiter und versuchte vehement, Matthäus am Torabschluss zu hindern. Ärgerlich, nun ist der Schlüsselspieler der deutschen Mannschaft überflüssigerweise vorbelastet.
Fazit
Ein großer und wichtiger Sieg für das Team von Franz Beckenbauer. Die zunächst auferlegte Defensivtaktik hätte aber auch nach hinten losgehen können, das Drama Lama um Frank Rijkaard und Rudi Völler mischte dann die taktischen Karten neu und unter dem Strich gewann Deutschland verdient, auch wenn die Niederlande ihre beste Turnierleistung zeigte und sich gegenüber der Vorrunde extrem steigerte.
In einer Woche trifft Deutschland wiederum im Mailänder Guiseppe Meazza-Stadion auf die Tschechoslowakei, die Costa Ricas WM Träume hart zerstörte und 4:1 gegen das bisherige Überraschungsteam siegte. Brasilien ist bereits aus dem Turnier ausgeschieden und unterlag am Nachmittag Titelverteidiger Argentinien mit 0:1. Deutschland aber ist spätestens jetzt gemeinsam mit Gastgeber Italien der Top-Favorit.
Blick zurück aus der Gegenwart – so lief für Deutschland die K.O.-Runde der WM 1990 in Italien – Anekdoten um das Spiel gegen die Niederlande
Wie die Vorrunde und Vorgeschichte der Weltmeisterschaft 1990 in Italien gelaufen war, hatten wir schon im Retro-Special über das Spiel gegen Jugoslawien berichtet. Während die deutsche Mannschaft ihre Gruppe souverän gewann, schwächelte der amtierende Europameister Niederlande erheblich. Am Ende gab es in der Vorrundengruppe F für Oranje keinen einzigen Sieg. Gegen England, Irland und Ägypten spielte man jeweils Remis. So war man am Ende der Gruppenphase punkt-und torgleich mit Irland. England hatte die Gruppe gewonnen, Ägypten stand als Letzter fest. Das Los bestimmte die Niederlande als Gruppendritten.
Mit Österreich und Schottland gab es zwei schwächere Drittplatzierte, so war Oranje knapp weiter. Und sollte gegen den Ersten der Gruppe D antreten, das war Deutschland. Die extreme Fußballrivalität zwischen beiden Nationen hatte mit dem WM-Endspiel 1974 begonnen, wurde beim Halbfinale der Europameisterschaft 1988 neu belebt und sollte beim Achtelfinale der WM 1990 ihren vorläufigen Höhepunkt erleben. Bis zum heutigen Tag hadern die Holländer über das verlorene Endspiel gegen Deutschland bei der WM 1974. Sie sehen sich immer noch als das klar bessere Team an, das unglücklich verloren hatte. Das ist eine nicht unerhebliche Legendenbildung, wie ein späterer Beitrag dieser Serie thematisieren möchte.
Bei der Euro 1988 in Deutschland nahm Oranje aber süße Rache. Der spätere Titelträger besiegte die deutsche Mannschaft im Halbfinale von Hamburg mit 2:1. Bei den Feierlichkeiten vergaßen die Niederländer anschließend zuweilen ihre gute Erziehung, allen voran Ronald Koeman. Koeman tauschte nach dem Spiel mit dem arglosen Olaf Thon sein Trikot und wischte sich mit dem Dress der DFB-Elf medienwirksam den Allerwertesten ab. Diese unschöne Geste war keine einmalige Entgleisung.
Diese niederländische Spielergeneration war fußballerisch über jeden Verdacht erhaben und gewann nicht von ungefähr den einzigen Titel, den das Land bis heute bei großen Turnieren erringen konnte. Ging es gegen Deutschland, dann hakte bei Teilen dieser Mannschaft jedoch im Oberstübchen etwas aus.
Neben Ronald Koeman waren da seine Abwehrkollegen van Aerle und van Tiggelen und ganz besonders Schlussmann Hans van Breukelen und Frank Rijkaard zu nennen, die an diesem Abend von Mailand eine ganz spezielle Rolle spielen sollten, wie der Spielbericht zeigt. Van Breukelen gab später in Interviews auch mit deutschen Medien zu, dass es ihm und seiner Mannschaft nicht nur um das Sportliche ging, sondern man mit dem Erzrivalen Deutschland habe abrechnen wollen, auch Vergleiche aus dem zweiten Weltkrieg wurden gezogen.
Auch die DFB-Elf sann vor dem Achtelfinale in Mailand auf Rache für Hamburg 1988. Das war der explosive Cocktail, der vor Anpfiff der Partie gemixt worden war. Bei den Nationalhymnen der beiden Nationen pfiffen die rivalisierenden Fanlager sich lautstark gegenseitig aus. Nicht nur im Estadio Guiseppe Meazza, sondern auch in der Heimat der beiden beteiligten Länder brannte an diesem Abend spürbar die Luft. Ebenfalls an den Mikros in San Siro. ARD-Reporter Heribert Zimmermann und Co-Kommentator Kalle Rummenigge begleiteten die Partie leidenschaftlich und fast wie ein Fan in der Kurve. So wollte Faßbender den argentinischen Schiedsrichter Loustao nach einer seiner zahlreichen fragwürdigen Entscheidungen lauthals in die Pampas zurückschicken.
Es war das vorweggenommene Finale und in Fußball-Deutschland durfte man die WM in Italien nach dem Sieg der deutschen Mannschaft in diesem Prestigeduell bereits als Erfolg verbuchen. Als Deutschland zwei Wochen später tatsächlich Weltmeister war, kursierte von diesem Tag an ein sarkastischer Scherz über den Nachbarn. Es wurde gefragt, warum die holländischen Kinder alle so große Ohren hätten. Die Antwort, weil ihre Väter sie an den Ohren hochziehen würden und mit der Aussage „Schau mal, da drüben wohnt der Weltmeister“ in Richtung der deutschen Grenze zeigten.
Für die Niederlande galt nun das, was für Deutschland zwei Jahre zuvor gegolten hatte. Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Dabei war die Leistung der niederländischen Mannschaft im Achtelfinale 1990 stark und neben der englischen Mannschaft, die im Halbfinale wartete, sollte kein anderes Team dem späteren Weltmeister Deutschland so viel abverlangt haben. In den Fußball-Chroniken wird oft übersehen, dass die Niederlande 1990 fast stärker spielten als im Finale 1974 und in Mailand unglücklicher verloren als in München. Letztlich verloren sie aber beide dieser Spiele, und zwar verdient.
Nach der Fußball-Schlacht gegen die Oranjes sah der Spielplan eine ganze Woche Pause für die DFB-Elf vor, bevor sie das letzte Mal bei diesem Turnier in ihrem Wohnzimmer in Mailand auflaufen sollte. Die deutschen Spieler bekamen vom Kaiser einen Kurzurlaub während der WM gegönnt. Dieser bekam den Spielern aber nur mäßig gut, denn das Viertelfinale gegen Tschechien erbrachte zwar den nächsten Sieg, aber die Leistung der deutschen Mannschaft beim 1:0 Erfolg ließ vor allem in Hälfte Zwei zu wünschen übrig. Lothar Matthäus hatte die DFB-Elf in Hälfte eins in Führung gebracht. Klinsmann war gefoult worden, der Kapitän verwandelte den fälligen Elfer.
Beckenbauer zeigte sich im Vorfeld der Partie siegessicher und gewohnt verbal angriffslustig. So konterte der Kaiser die Ankündigung des tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Havel, der zum Viertelfinale nach Mailand und später auch zum Endspiel kommen wolle damit, dass Havel im Finale seine tschechische Mannschaft sicher nicht sehen werden.
Damit hatte er trotz allem auch Recht. Zwischen Deutschland und dem Finale in Rom stand nun noch der alte Erzrivale England. Das Halbfinale fand in Turin statt. Nach 90 Minuten stand es nach Treffern von Andy Brehme und Gary Lineker 1:1, die Verlängerung brachte zwei paritätisch verteilte Pfostenschüsse. So musste das Elfmeterschießen her, alle deutschen Schützen (Brehme, Matthäus, Riedle und Thon) blieben eiskalt, bei England scheiterten sowohl Stuart Pearce als auch Chris Waddle, der den Ball final in den Nachthimmel von Turin jagte.
An diesem Abend wurde ein legendärer Fußball-Spruch geboren. Englands enttäuschte Sturmkanone Gary Lineker resümierte in einer Mischung aus Sarkasmus aber auch Anerkennung, dass Fußball ein einfaches Spiel sei, bei dem 22 Männer einem Ball hinterherliefen und am Ende immer Deutschland gewinne. Das war zumindest im Sommer 1990 so. Beckenbauers Elf durfte zum Finale nach Rom reisen, um dort Revanche an Argentinien und Diego Maradona für das verlorene Finale 1986 in Mexiko City zu nehmen. Es sollte für die DFB-Elf das dritte WM-Finale in Folge sein, ein bis heute nur von Brasilien erreichter Bestwert. Das ist ein anderer Teil unserer Geschichte.
Sven Meyering