Vorbericht
RWE beschließt nach dem mal wieder sehr emotionalen Erfolg am letzten Sonntag beim BVB 2 das Fußballjahr 2019 bereits am Freitag mit einem Flutlichtheimspiel gegen den VfB Homberg. Gab es in der ersten Jahreshälfte und damit namentlich in der Rückrunde der Saison 2018/19 im Schwerpunkt ernüchternde Ergebnisse, zeigt sich RWE seit Beginn dieser Spielzeit von einer ganz anderen Seite.
Seit Christian Titz und sein Stab ihre Fußballlehrer-Zelte an der Hafenstraße 97 A aufgeschlagen haben, weilen die Essener Rot-Weissen in der Erfolgsspur. Ganz sicher werden sie im Stadion Essen daher lautstark zum Angriff blasen, wenn der Tabellenvorletzte aus der Nachbarstadt Duisburg auftreten wird.
Die Vorzeichen sind eindeutig. Der Aufsteiger aus Homberg hat in 17 Spielen nur 12 Punkte gesammelt. Zuletzt handelte man sich eine bittere 0:2 Heimschlappe im Kellerduell gegen Bergisch-Gladbach ein. Auch die 16 erzielten Treffer reichen nur für den drittschlechtesten Angriff der Liga. Die Hälfte der Tore gehen auf Angreifer Cagatay Kader (5), der beim VFR Aalen bereits Drittligaluft schnuppern konnte, und Marvin Loch (3), der im Mittelfeld beheimatet ist. Satte 33 mal klingelte es im Kasten der Homberger. Jedoch handelten sie sich dabei keine wirklich klare Niederlage ein. RWE hat jedoch ganz andere Bilanzen aufzuweisen. Sowohl Tore als auch Punkte erzielten und sammelten die Essener jeweils mehr als doppelt so viele als die Gäste.
In den letzten 7 Partien ohne Niederlage siegte Rot-Weiss sechsmal. In den letzten Wochen bewiesen die Essener vor allem mentale Stärke. In den Spielen beim WSV, der Gelsenkirchener Zweitvertretung sowie zuletzt dem BVB 2 ließen die Platzverhältnisse nahezu kein geordnetes Fußballspiel zu. Ihrer technischen Stärke und Überlegenheit beraubt, nahm die Truppe von Christian Titz jedoch den Kampf an und brachte 7 Punkte aus diesen Kartoffelackerschlachten mit an die Hafenstraße. Dort schickte man zwischenzeitlich die Aachener Alemannia mit einer spielerischen Machtdemonstration deutlich geschlagen nach Hause, weil das Geläuf in Essen wohl das Beste in der Regionalliga West ist. RWE setzt daher in seiner Favoritenrolle auch auf die Platzverhältnisse im Stadion Essen, auch wenn die Wetterverhältnisse hier derzeit keinen Premiumrasen erlauben, aber Fußball dennoch zulassen werden. Trainer Titz betonte diesen Aspekt auch auf der abschließenden Pressekonferenz und warnte dennoch davor, den VfB Homberg auf die leichte Schulter zu nehmen. Als konterstark und unangenehm bei Standards schätzt der Fußballlehrer den Kontrahenten ein. Gegen RWE fahren die Gegner ohnehin traditionell stärkere Geschütze auf als gegen viele andere Gegner der Liga. Das Match an der Hafenstraße vor einer traumhaften Kulisse ist motivierend wie ein Pokalspiel. Diesen Vergleich bemühte Christian Titz.
Sein Gegenüber, der sympathische Stefan Janßen, machte schon vor der Hinrundenpartie, die RWE nur knapp mit 2:1 für sich entscheiden konnte, aus seinem Herzen keine Mördergrube. Spiele wie gegen RWE seien eben der Grund dafür, dass man aufgestiegen sei. Videobilder von der Essener Saison-Auftaktpartie gegen den BVB 2 im Juli im Stadion Essen zeigen während der finalen Elfmeterszene von Alex Hahn auf der Haupttribüne jedenfalls einen Mann, der Stefan Janßen zumindest sehr ähnlich sieht. Dieser hält den dramatischen Schlusspunkt und die daraus resultierende Ausnahmestimmung per Handyvideo für sich fest. Apropos Stimmung. Essens Vereinschef Marcus Uhlig forderte via Medien zum Jahresausklang alle, die es mit RWE halten und es irgendwie bewerkstelligen könnten, auf, im Stadion Essen dabei zu sein. Auch als Geschenk für Mannschaft und Trainerteam. Eine fünfstellige Kulisse ist wohl selbst ohne Uhligs Aufruf garantiert, so heiß auf Rot-Weiss sind die Fans derzeit in der Ruhrmetropole. Personell fallen drei Spieler auf Essener Seite sicher aus. Kapitän Kehl-Gomez ist Gelb gesperrt. Hier dürfte Routinier Dennis Grote gute Aktien auf einen Startplatz haben. Kevin Grund und Erolind Krasniqi sind ebenfalls nicht so fit, als dass sie spielen könnten. Für Grund könnte Jan Neuwirt zum Einsatz kommen, Krasniqi stand auch zuletzt verletzungsbedingt nicht zur Verfügung.
RWE winkt bei einem Sieg sicher Platz 2. Denn das Spitzenduell zwischen Verl und Oberhausen fiel bereits den erneut schlechten Platzverhältnissen an der Poststraße zum Opfer. Die Verler müssten daher tatenlos zusehen, wie die Essener mit einem Erfolg in der Tabelle an ihnen vorbeiziehen könnten. Allerdings haben die Roten dann ein Spiel mehr ausgetragen als die Ostwestfalen, die wiederum zwischenzeitlich mit zwei Spielen und 11 Punkten Vorsprung vor den Essenern lagen. Das zeigt eindrucksvoll, welche Kapriolen der Spielplan der Regio West schlägt und dass RWE seit Wochen stark punktet. Der Gruß von ganz oben von der Tabellenspitze wird jedoch nicht gelingen können. Nachdem der SV Rödinghausen kürzlich die Tabellenführung von den Verlern zurückerobert hat, wird den Wiehengebirglern die weihnachtliche Spitzenposition nicht streitig zu machen sein. Drei Punkte liegt der SVR derzeit vor RWE, hat aber auch ein Spiel mehr auf dem Konto. Das Torverhältnis ist aber um satte 15 Treffer besser als das der Ruhrgebietler. Selbst bei einer Niederlage bei der zeitgleich stattfindenden Partie bei Fortuna Köln wird das Häcker-Küchen-Werksteam von Rot-Weiss kaum zu verdrängen sein. Doch dafür sind die Spiele nach der Winterpause da.
In diesem Sinne ein schönes Fußballfest am Freitagabend und
NUR DER RWE!
Sven Meyering
Spielbericht
Mit diesem aufbauenden Gesang verabschiedeten die Anhänger ihre Mannschaft nach insgesamt sehr enttäuschenden letzten 90 Minuten aus dem Pflichtspieljahr 2019. Das war das Positivste des Abends. Eine fast sensationelle 0:2 Schlappe gegen das Kellerkind aus Homberg verdarb allen, die es mit RWE hielten, mächtig die Laune. Es gibt solche Spiele im Fußball, doch glaubte man diese an der Hafenstraße hinter sich gelassen zu haben. Pustekuchen.
Christian Titz schickte sein Team im Vergleich zur Vorwoche auf drei Positionen verändert ins Rennen. Fast folgerichtig ersetzte Dennis Grote den Gelb gesperrten Marco Kehl-Gomez in der Zentrale und als Kapitän sowie Jan Neuwirt den verletzten Kevin Grund auf der linken Abwehrseite. Zudem durfte Humba-Spezialist Hedon Selishta für Marcel Platzek stürmen. Die erste Enttäuschung des Abends war die Kulisse. Vor gut 8.000 Besuchern, mehr ließen das Wetter und die zahlreichen Weihnachtsfeiern offenbar nicht zu, übernahmen die Gastgeber wenig überraschend sofort das Kommando. Zwei Gelegenheiten verzeichnete RWE in der Anfangsviertelstunde, zunächst setzte sich Kefkir auf Rechts gut durch, seinen Rückpass nahm Dorow direkt, doch da war zu wenig Druck dahinter, um Gutkowski im Homberger Tor vor Probleme zu stellen. Daher versuchte es Kefkir wenig später selber und sein Geschoss aus etwa 20 Metern strich nur knapp am langen Pfosten vorbei. Den nächsten Torversuch hatten allerdings die Gäste, und was für einen.
Nach 16. Minuten marschierte Dertwinkel ziemlich unbedrängt durch die Essener Hälfte und feuerte die Kugel vom Schützen aus gesehen links oben ins Essener Toreck. Golz flog schön, war aber machtlos. Eine ganz kalte Dusche. Na gut, sagten sich die Essener Anhänger, wir haben in dieser Saison schon ganz andere Dinger umgebogen. So war es dann Hedon Selishta, der nach einem Kefkir Freistoß Gutkowski per Kopf zu einer ansehnlichen Parade zwang. Doch es war wie so oft auch später an diesem Abend. Die Essener beschäftigten den Homberger Schlussmann einfach zu wenig und wenn doch, dann waren die Abschlüsse nicht präzise genug und animierten höchstens zu Schauparaden und Volleyballeinlagen des Torwarts, was nicht despektierlich gemeint sein soll. Jedenfalls wurde Gutkowski zu keiner einzigen wirklichen Glanzparade gezwungen und flog meistens nur gut gelaunt durch seinen Torraum. Auf der anderen Seite gelang es Jakob Golz nicht, sich auszuzeichnen. Nach einem langen Freistoß gab es ein Durcheinander im Essener Strafraum, Golz flog vorbei und auch drei rote Abwehrspieler dahinter konnten den Ball nicht klären, der dann schön Dennis Wibbe serviert wurde. Aus wenigen Metern feierte Wibbe ebenso wie Dertwinkel seine Torpremiere in dieser Saison und drei Minuten vor der Halbzeit fing sich RWE somit den zweiten Treffer. Mit diesem ernüchternden Resultat gingen die Essener in die Kabine.
Alle erwarteten nun einen Sturmlauf der Rot-Weissen, doch es gab fast nur ein laues Lüftchen. Gefühlt 90% Ballbesitz führten nur zu einem handballartigen Spiel rund um den Gästestrafraum. Daran konnten auch Marcel Platzek als zweite Spitze und ebenso wenig Hamdi Dahmani etwas ändern. Ihnen waren Grote, eine Ohrfeige für den Routinier, und Dorow gewichen. Die Gäste verteidigten mit Mann und Maus, tiefer konnte man eigentlich nicht mehr stehen, und verzeichneten kaum eine Mittellinienüberquerung. Häufig geht so viel Passivität nicht gut, doch dieser Abend war ein gebrauchter für RWE. Der Anschlusstreffer als Weckruf gelang nicht. Hatten in Düsseldorf und in Lotte noch die Gegner wichtige RWE-Treffer erzielt, so traf Hombergs Koenders nur den Pfosten des eigenen Tores. Als kurz darauf Gutkowski nach einer Ecke unmotiviert sein Tor verließ, ohne eine Chance zu besitzen, den Ball zu erreichen, dämmerte es den RWE-Anhängern so langsam, dass es nichts mehr werden würde mit der Wende. Denn der Derbyheld von Dortmund Alex Hahn setzte den Kopfball nur auf die Latte des verlassenen VFB-Tores. Titz brachte noch Bichler für Neuwirt und Adetula für Selishta, doch die Joker änderten nichts am Gesamtbild. Traurig aber wahr, die Homberger waren das wohl fußballerisch limitierteste Team, das sich diese Saison an der Hafenstraße vorstellte, doch sie gewannen verdient. Denn sie nutzten ihre Chancen zu 100% und verteidigten danach mit Leidenschaft.
Für RWE steht somit unter dem Strich ein bitterer Ausklang einer im Grunde großartigen zweiten Jahreshälfte. Im Titelrennen hätte dieser Freitagabend eigentlich ein rot-weisses Fest werden können. Ein fest eingeplanter Sieg hätte Platz 2 gebracht und Druck auf die Konkurrenz ausgeübt. Die vielen Konjunktive verraten es, es kam ganz anders. Nun liegt der Druck auf RWE selbst. In Ostwestfalen und am Kanal lachte man sich diebisch ins Fäustchen. Es war bereits die dritte Heimniederlage für die Essener, denen fünf Heimsiege gegenüberstehen. Eine durchaus mäßige Bilanz gemessen an den Ambitionen. Auswärts lief es bislang besser. Vielleicht ist man in Essen daher froh, dass die diesmal kurze Winterpause in der letzten Januarwoche bereits endet und es dann zunächst nach Köln geht. Dann folgen Heimspiele gegen Rödinghausen und Oberhausen. Das Programm hat es somit in sich. Zuhause darf man nicht weiter schwächeln, auswärts sollte man seinen Turn beibehalten. Das sind die Jawattdenn.de Weihnachtswünsche an Christian Titz und sein Team. Dieses hat uns dennoch viel Freude bereitet. Daher halten wir auch 2020 alle zusammen, RWE!
NUR DER RWE!
Sven Meyering