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2020/2021 - Regionalliga West

1. FC Köln II – Rot-Weiss Essen 2:1

Gebrauchter Tag. Gegen die U21 des 1. FC Köln setzte es zum unglücklichsten Zeitpunkt eine vermeidbare 1:2-Niederlage. Gleichzeitig gewann die Zweite des BVB mit 3:1 beim SV Straelen und eroberte sich die Tabellenspitze wieder zurück. Damit rückt der Aufstiegstraum wieder etwas weiter in die Ferne.

Vorbericht

Stauder statt Domkölsch die Zweite! Und auch Straelen soll über Stauder strahlen!

Am kommenden Sonntag ab 14 Uhr kämpfen unsere Rot-Weissen um eminent wichtige Zähler gegen die Reserve des 1. FC Köln. Einmal mehr gilt die Devise, dass die eigenen Hausaufgaben erledigt werden müssen, um den großen Aufstiegstraum weiterleben zu dürfen. Von der Papierform her ist der Auftritt bei den kleinen Geißböcken der schwerste der noch drei ausstehenden RWE-Auftritte in der Liga. Die Truppe von Trainer Mark Zimmermann ist Tabellenfünfter und der Kader eine Mischung aus erfahrenen alten Hasen und hungrigen Talenten. Eine genauere Beleuchtung des FZÄH-Kaders bietet da unser Vorbericht von der Hinspielbegegnung. Auch das Vorspielmotto kann im Grunde dasselbe bleiben. Erneut hoffen RWE und sein Anhang, dass am Ende statt Domkölsch Stauder als Siegerbier verzerrt werden darf. Letzteres sogar in doppelter Hinsicht. Denn sollten die Jungs des SV Straelen unserem großen Konkurrenten vom Borsigplatz einen oder gleich 3 Punkte rauben, darf auch dort auf Jawattdenn.de-Kosten das erlesene Revierbier genossen werden.

In Köln stimmt die Mischung von Erfahrung und Talent!

Ob das Ansporn genug ist für den tabellarisch völlig konsolidierten SVS? Wir gehen zunächst einmal davon aus, dass die Mannschaft von Trainer Benedict Weeks auch so alles reinwerfen wird. Aber sich einen Erfolg sicherlich auch gerne verstaudern lassen möchte. Dass die Straelener ein sehr unangenehmer Gegner sein können, haben wir am vergangenen Mittwoch im Halbfinale des Niederrhein-Pokals von der Hafenstraße 97 A selber im Stream erleben dürfen. Dazu (leider) später mehr. Der BVB 2 wird aber als Abwehrmaßnahme sicherlich auch sonntäglich in Straelen seine gewohnte Männerschrei-Therapie an der Seitenauslinie praktizieren.  Für alle Anwesenden aber auch für die Anwohner bleibt dann die Hoffnung, dass wirklich wieder alle genesen sind, denn die Aerosole werden weit fliegen aus den Mäulern der Maaßmännchen.

Auch wenn am Sonntag Essener Blicke auch nach Straelen gehen werden, peilt die Mannschaft von Christian Neidhart in allererster Linie die magische Zahl sieben an. Denn der siebte Ligasieg in Serie wäre der Ausbau des eigenen Saisonrekords. Das möchte Rot-Weiss am Sonntag im Südstadion schaffen. Der Austragungsort ist ungewöhnlich, denn er ist die Heimat des Lokalrivalen Fortuna Köln. Notwendig wird das, weil im Franz-Kremer-Stadion, wo der FZÄH mit seiner U21 eigentlich beheimatet ist, ein neuer Rasen verlegt wird. Auf dem Hybrid-Rasen, der dort eigentlich vorläge, wäre RWE sicherlich gerne angetreten, denn der fördert Essens bevorzugtes Ballbesitzspiel. Das wird man aber erstens auch im Südstadion spielen wollen und zweitens kommen auch die jungen Geißböcke über das Spielerische. Der Gegner ist derzeit von größeren Formschwankungen betroffen. Einmal ins Rollen gekommen können die Kölner jedoch richtig guten Fußball spielen und dem Gegner ordentlich Tore einschenken. Mit 63 erzielten Treffern stehen die Gastgeber auch im Ranking der torhungrigsten Truppen der Regionalliga West auf Platz 5. Allerdings kassierten sie dabei auch 52 Gegentreffer, die mit Abstand höchste Summe aller Spitzenmannschaften, was insgesamt nur Platz 12 bei den Defensivreihen ausmacht.

Oguzhan Kefkir, Dennis Grote und Marco Kehl-Gomez trafen im Hinspiel.

Die flotte Spielweise des FZÄH bei einer nennenswerten defensiven Anfälligkeit war auch beim Hinspiel an Essens Hafenstraße zu bestaunen. Dort spielten die Kölner zunächst nicht nur gut mit, sondern waren streckenweise gefälliger als die Essener, fingen sich aber vor der Pause einen vorentscheidenden Doppelschlag. Rot-Weiss hat mit bislang 82 Saisontreffern den zweitbesten Sturm der Liga, der diese Schwächen sicherlich erneut ausnutzen möchte. Und in der Defensive steht Essen ohnehin meist sicher wie die Bank von England. Auch nach 37 Ligaspielen stehen nur 24 gegnerische Treffer zu Buche. Als die Saison im Vorjahr nach 24 RWE-Partien abgebrochen worden war, waren es übrigens 25 Gegentore. So stehen die RWE-Aktien auf einen weiteren Erfolg gut. Die aktuell 6 Siege in Serie sind übrigens bereits eine Marke, die zuletzt nur in der Rückrunde der Aufstiegssaison 2003/04 besser gewesen ist. Damals holte Essen unter Jürgen Gelsdorf im Saisonschlussspurt sogar 10 Siege. Danach gelangen den einzig wahren Roten egal in welcher Liga und Spielzeit maximal 5 Dreier am Stück. Die größte Siegesserie in der Liga seit 17 Jahren hat tabellarische Spuren hinterlassen. RWE kletterte wieder auf den Platz ganz oben, der als einziger zum Aufstieg berechtigt. Auch wenn man bei Borussia Dortmund 2 Gelassenheit suggerieren möchte, so sind die Schwarz-Gelben allem menschlichen Ermessen nach jedoch beunruhigt. Verlief das Kalenderjahr 2021 für die Borussia bislang sportlich recht rund, so könnte sich nun ein umgekehrter Effekt einstellen, den RWE aus eigener Anschauung kennt.

Der Verlust der Tabellenführung kann durchaus ein psychologischer Wirkungstreffer gewesen sein. RWE verlor diese am 31.01 dieses Jahres an den BVB 2. Danach hatten die Essener eine Zwangspause von fast 4 Wochen, weil die Plätze unbespielbar waren oder der Gegner positive Coronafälle hatte. RWE kam danach aus dem Tritt. Während man zuvor in 22 Ligapartien ungeschlagen geblieben war, gingen von den nächsten drei Spielen gleich deren zwei verloren. Nun wiederum musste oder wollte Bavaria Borsigplatz vier Wochen pausieren. Ob das regeltechnisch mit ganz rechten Dingen zugegangen ist, wird derzeit hinter den Kulissen noch erörtert. Denn die Regel besagt, dass eine Mannschaft in der Liga antreten muss, solange sie 15 gesunde Spieler zur Verfügung hat. Genau deswegen war RWE trotz einiger Coronafälle grundsätzlich immer angetreten, denn der Essener Kader ist groß genug. Bei der 0:3 Klatsche in Düsseldorf fehlten mit Amara Condé und Oguzhan Kefkir deswegen alles andere als sportliche Fliegengewichte.

Belastungssteuerung ist bei dem engen Terminplan wichtig.

Passend zur Corona-Situation hatte der zuvor größere Dortmunder Kader aber auf einmal nur noch 22 Akteure zur Verfügung. Nun spielt eine Rolle, wann genau der Kader des ehemaligen Tabellenführers auf diese 22 Spieler reduziert worden ist, vor oder nach den Coronafällen? Da der BVB offiziell 9 Akteure in Quarantäne hatte, hätte er nach Adam Riese bei einer Kadergröße von 24 Spielern antreten müssen. Wäre dieses erst danach passiert, läge der Verdacht sehr nahe, dass eine Zwangspause bewusst herbeigeführt worden ist, um den Saisonendspurt mit dem vermeintlich besten Kader inklusive der Profis Tigges, Knauff und Passlack spielen zu können. Von daher ist es auch nicht korrekt, dass Dortmunds Sportlicher Leiter Ingo Preuß melodramatisch Krokodilstränen heulte und beklagte, dass niemand nach dem Gesundheitszustand der Spieler frage. Den erkrankten Akteuren nur das Beste zu wünschen ist eine Frage des Anstands und der Sportlichkeit. Für Transparenz in oben genannten Sachfragen zu sorgen allerdings ebenfalls. Zudem sollte ein Verein, der für sein Punktspiel in Münster mit Knauff und Tigges gleich zwei Spieler mal eben von einem CL-Spiel aus Budapest quasi direkt für die Zweite  einfliegen ließ, nicht so tun, als ginge es ihm um Safety First. Der Fan ist nicht so dumm und naiv, wie Sie glauben, Herr Preuß und weiß gezielte Ablenkungsmanöver zu erkennen.

Punktetechnisch ist der Kampf zwischen den beiden Erzkontrahenten an der Tabellenspitze schon länger eine Achterbahnfahrt. Das ist eine Folge davon, dass selten Synchronität im Spielplan herrschte und häufig eine Mannschaft mehr Spiele ausgetragen hatte als die andere. Das stetige Auf und Ab muss nicht noch einmal im Detail benannt werden. Jedoch verweisen wir auf die jüngste Entwicklung. Noch am 18. April hatte der BVB 2 satte 9 Punkte Vorsprung auf RWE, bei einem Spiel mehr. Nun, gut vier Wochen später, sind daraus 2 Zähler Vorsprung für die Roten geworden. Natürlich bei zwei mehr ausgetragenen Partien. Dennoch dürfte es die Schwarz-Gelben sehr genervt haben, tatenlos zusehen zu müssen, dass RWE sich nicht eine vorentscheidende weitere Blöße gegeben hat, sondern immer drangeblieben ist und zuletzt sogar vorbeiziehen konnte. Zwischenzeitlich hat man sich am Borsigplatz aber womöglich doch erhofft, dass die alten Essener Westrivalen aus Wuppertal und Aachen RWE mal ein Schnippchen schlagen könnten. Es blieb bei dieser Hoffnung. Die Folge davon, der Druck ist da! Und RWE auch! Daher gilt es am Sonntag in der Domstadt unbedingt, weiterhin in der rot-weissen Erfolgsspur zu fahren. Alle potenziellen BVB-Wackler nutzen nichts, wenn Essen nicht liefern sollte. Von daher zitieren wir gerne die von Alemannia Aachens Trainer Kristoffer Andersen aufgeworfene Maschinen-Metapher, mit der Belgier das Essener Spiel im Vorfeld der Begegnung mit seinen Kaiserstädtern umschrieben hatte. Unbeirrbar wie eine Maschine müssen unsere Rot-Weissen jetzt das Tempo beibehalten und am Ende die Endstation Aufstieg anlaufen.

Essens Taktgeber muss sich bis Sonntag regenerieren.

Dass diese Maschine aber letztlich menschlich ist, mussten wir beim Halbfinale des Niederrhein-Pokals erleben. Titelverteidiger RWE schied gegen den SV Straelen nach Verlängerung und Elfmeterschießen aus. Unter dem Strich verdient. Kampf-und laufstark zeigten sich die Gäste. RWE war zwar meistens im Ballbesitz, doch Straelen agierte quasi mit zwei Fünferketten in der eigenen Hälfte, wo sie für die Essener fast alles zustellten und zuliefen. Zudem strahlte das Umschaltspiel durchaus Gefahr aus und RWE bekam nicht den gewünschten Zugriff. Zum Halbzeitpfiff musste man bilanzieren, dass unsere Roten wohl noch nie in dieser Saison so wenig Torchancen hatten, im Grunde gar keine. Vor allem der nach Oberhausen abwandernde Jan-Lucas Dorow, der zusammen mit Steven Lewerenz für Isaiah Young und Oguzhan Kefkir eine Chance von Beginn an erhalten hatte, wirkte wie ein völliger Fremdkörper. So war für die beiden Neuen in der Startelf nach gut einer Stunde Schluss und Neidhart brachte mit Young und Kefkir seine gewohnte Flügelzange. Schon kurz darauf durfte gejubelt werden. Eine Kopfballrücklage von Amara Condé verwertete Simon Engelmann ebenfalls per Kopf zur Essener 1:0 Führung.

Nun wollte RWE das Match in der nächsten halben Stunde über die Zeit schaukeln und ging dabei zu sehr in den Energiesparmodus. In der Nachspielzeit fingen sich die Essener den Ausgleich durch Ferry de Regt. Extrem unnötig und extrem ärgerlich. Nicht nur, weil RWE sich im gleich vierten Pflichtspiel in Folge ein spätes Gegentor gefangen hat. Denn nun ging es in kraftraubende Zusatzminuten. Straelen gelang sogar früh die 2:1 Führung, die Kefkir in der zweiten Hälfte der Extra-Time egalisieren konnte. In den Restminuten der Partie wollten die Essener das Drama vom Elferpunkt unbedingt vermeiden und bedrängten das Tor der Gäste, doch in der gegnerischen Box war immer mindestens ein Straelener Bein zwischen RWE, dem Ball und der Erlösung. Bei der nun folgenden Lotterie vom Punkt zogen die Roten gleich zwei schlechte Lose in Form von Fehlschüssen. Gleich den ersten Versuch der Essener setzte Oguzhan Kefkir am linken Pfosten vorbei. Den letzten rot-weissen Schuss beförderte Marco Kehl-Gomez an die Querlatte. Da Straelen sich keine Blöße gegeben hatte, benötigten beide Teams somit nur jeweils vier Versuche bis zur Entscheidung. Doppelt bitter für RWE, Straelens Schlussmann Robin Udegbe war bei jedem der vier Essener Strafstöße in der falschen Ecke, sodass Kefkir und Kehl-Gomez auch weniger risikoreich hätten schießen können. Unverdient war Straelens Sieg nicht. Mit großer Leidenschaft und Moral schafften sie das, was RWE in dieser Saison auch schon mehrfach gelungen war, nämlich eine dicke Pokalsensation. Das bedeutet, dass die nächste DFB-Pokalhauptrunde ohne den diesjährigen Viertelfinalisten aus Essen über die Bühne gehen wird. Von großen Pokalfesten und dicken Zusatzeinnahmen in der Saison 2021/22 kann sich Rot-Weiss Essen somit bereits jetzt verabschieden. Wichtiger erscheint die Frage, was diese Schlappe für den Ligaendspurt bedeutet.

Simon Engelmann hat am Mittwoch wieder getroffen.

Da kommen leider einige Negativfaktoren zusammen. Dortmunds Trainer Enrico Maaßen weilte im Stadion Essen auf der Tribüne. Ihm wird insgesamt wohl gefallen haben, was er gesehen hat. Zum einen der Kräfteverschleiß beider Teams. Christian Neidhart wollte mit seiner Mannschaft unbedingt wieder ins Finale des Niederrheinpokals. Daher schickte er im Schwerpunkt erneut seine Stammelf auf den Platz. Wer Essens Leader Dennis Grote nach den 120 kräftezerrenden Minuten förmlich vom Platz humpeln sah, dem schwante für den sonntäglichen Auftritt in Köln nichts Gutes. Auch Capitano Marco Kehl-Gomez schien auf dem Zahnfleisch zu gehen, ebenso wie Kevin Grund. Hier sei durchaus die Frage erlaubt, ob ein wenig Rotation nicht angesagt gewesen wäre? Jonas Hildebrandt und vor allem Jan Neuwirt kann man im Grunde ohne Risiko immer bringen, beide hätten die Flexibilität aufgebracht, auf den Positionen der genannten Stammakteure einzuspringen. Rekonvaleszent Sandro Plechaty fehlt offenbar noch die Wettkampfhärte, doch im Laufe der Verlängerung wäre sicher auch er eine Option gewesen. Wie viele Körner hat RWE gelassen und reicht die Zeit bis Sonntag, um die Müdigkeit aus den Beinen zu schütteln? Das fragen wir uns natürlich auch bezüglich des SV Straelen, der immens viel investieren musste und nun ausgerechnet Schützenhilfe gegen den BVB 2 leisten soll. Zusätzlich verlor der SVS noch zwei Akteure durch Verletzungen, die wahrscheinlich nicht so schnell wieder fit werden dürften. Was bewirkt die Niederlage, eingeleitet durch ein sehr spätes Gegentor, in den Köpfen der Essener? Das Spiel wurde nicht abgeschenkt, sondern überflüssigerweise verloren, das ist nicht unbedingt ein Faktor, um das Selbstbewusstsein zu stärken. Davon hat RWE im Normalfall genug. Jetzt im Ligaendspurt wird es aber ganz besonders darauf ankommen, dass Kopf und Beine den Essenern gehorchen.

Das kommende Wochenende wird zeigen, wie alle diese Dinge wirklich zu bewerten sind. Wird der BVB 2 über müde und siegestrunkene Straelener herfallen und diese deutlich vom Platz schießen? Gewönne Essen dann nicht zeitgleich in Köln, wäre das die Vorentscheidung im Titelkampf zugunsten der Schwarz-Gelben. In diesem Fall könnten die Dortmunder sich leisten, in den Restpartien mindestens doppelt zu patzen, ohne dass RWE noch einmal herankäme. Vielleicht trinken sie dann zusammen mit den Gegnern unser Jawattdenn-Prämienbier. Eine unschöne Vorstellung. Dennoch stehen wir natürlich in jedem Fall zu unserem Wort und beschenken die Gegner von Bavaria Borsigplatz im Erfolgsfall mit den versprochenen edlen Tropfen aus Essens größter Brauerei. Wir stehen zu dieser Aktion, so oder so. Sollte der Fußballgott ein Essener Aufstiegsmärchen ermöglichen natürlich umso lieber. Von daher sagen wir, Niederrheinpokal ist Niederrheinpokal und Regionalliga ist Regionalliga. Wer kämpft kann verlieren, wer aufgibt hat schon verloren.

NUR DER RWE!

Sven Meyering

Fotos by M.R.

Fotos by M.E.