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2020/2021 - Regionalliga West

Rot-Weiss Essen – Wegberg-Beeck (3:2)

Zum letzten Hinrundenspieltag wurde es noch einmal spannend. Mit 3:2 siegte Rot-Weiss Essen gegen den FC Wegberg-Beeck. Nach 20 Spielen stehen sagenhafte 50 Punkte auf dem Konto und man hat die Wintermeisterschaft in der Tasche. Jetzt noch das Jahr komplett versüßen und Mittwoch die Fortuna ärgern.

Vorbericht

Die fast unglaubliche anmutende Punktausbeute von 50 Zählern winkt Regionalliga West-Spitzenreiter Rot-Weiss Essen zum Ausklang der Hinrunde. Voraussetzung dafür ist ein Sieg über Aufsteiger Wegberg-Beeck am kommenden Samstag im Stadion Essen.

Wegen der akuten Corona-Situation und des „harten“ Lockdowns ab Mittwoch steht noch ein Fragezeichen hinter der Austragung. Ebenso darf RWE alles, nur nicht die Gäste unterschätzen. Der Aufsteiger spielt bislang eine gute Saison, hat in Essen nichts zu verlieren und wird Begierde darauf haben, Rot-Weiss als erste Mannschaft in dieser Saison eine Niederlage beizufügen.

Neunzehnmal stand RWE in dieser Spielzeit bislang auf dem Platz, neunzehnmal wurde es dabei nicht besiegt. Wir wiederholen uns, und zwar gerne. So erfolgreich verlief ein Saisonstart seit fast 30 Jahren nicht mehr. In der Saison 1991/92 war es ausgerechnet das auch jetzt anstehende 20. Saisonspiel, in dem Rot-Weiss Essen erstmals geschlagen worden ist. Ein schlechtes Omen? Wer die Mannschaft von Christian Neidhart und im Grunde den gesamten RWE-Staff in diesen dreieinhalb Monaten seit Saisonstart erlebt hat weiß, dass die Roten Dank ihrer eigenen Stärken Spuk und böse Geister vertreiben können. So auch am vergangenen Samstag in Lotte. Die Sportfreunde riefen wahrlich alles ab und der schlechte Tabellenplatz war der Mannschaft von Imke Wübbenhorst zu keiner Phase des Spiels anzumerken. Dennoch nahmen die Essener am Ende fast gewohnheitsmäßig die Punkte mit nach Hause zurück. Das Ergebnis einer großen mannschaftlichen Geschlossenheit und individueller Qualität, die sich zum richtigen Zeitpunkt Ausdruck verlieh.

Für RWE geht es im letzten Spiel der Hinrunde darum, den bislang so positiven Eindruck zu bestätigen. Erneut geistert ein wenig der Name Homberg durch die Köpfe, denn im Vorjahr ging Rot-Weiss mit einer 0:2 Heimschlappe im Gepäck gegen eben diese Homberger in die Winterpause. Das war bitter. Wäre es diesmal ebenso, zumal sich die Essener einen deutlichen Vorsprung auf den Verfolger aus Dortmund erarbeitet haben. Dieser resultiert zwar in der Höhe immer noch auch aus zwei mehr ausgetragenen Partien. Aber nachdem der BVB sein Nachholspiel gegen den Nachbarn RWO am Mittwoch nicht gewinnen konnte und kurz vor Schluss den Ausgleich zum 2:2 durch Tim Stappmann kassiert hat, führt RWE mit 7 Punkten Vorsprung in der Tabelle und wäre somit auch im „virtuellen Vergleich“ bei Gleichstand von Spielen mit mindestens einem Zähler vor der Elf von Enrico Maaßen. Der so wichtige Punktequotient sagt zudem folgendes aus, Rot Weiss Essen (47 Punkte aus 19 Partien) hat den Wert von 2, 473, Borussia Dortmund II (40 Punkte aus 17 Partien) einen Wert von 2,352. Somit wird die Neidhart-Truppe immer mehr für ihre bisherigen Auftritte belohnt. Und will sich natürlich selber am Samstag mit einem weiteren Sieg belohnen.

Der Kontrahent Wegberg Beeck kommt insgesamt ohne große oder größere Namen aus. Ein Kuriosum hat der Wegberger Kader allerdings zu bieten. Gleich 10 Spieler der Gäste haben zuvor in ihrer Karriere für Alemannia Aachen gespielt, entweder in der Jugend oder bei den Senioren. Womit dieses begründet ist, bleibt unklar, aber es ist sicherlich ein Schmankerl zum Thema unnützes Fußballwissen.

Im Tor stand zuletzt der erst 18 Jahre alte Eric Wille. Wille folgte Denis Jansen. Der Belgier, der zuvor die eigentliche Nummer 1 Stefan Zabel wegen dessen Innenbandriss abgelöst hatte, handelte sich bei der Partie in Münster eine Rote Karte ein. Jansen ist offenbar noch immer gesperrt. Für die Bank bliebe dann noch Jacomo Patza, den man sich rein vom Namen her von Essener Seite auch gut in der Startaufstellung der Wegberger am Samstag vorstellen könnte.

Bislang steht Wegberg relativ gut dar, und zwar recht deutlich über dem Strich. Aus 18 Partien holte man 21 Zähler, das sind immerhin 5 Punkte mehr als z.B. der sicherlich vor Saisonstart höher eingeschätzte Wuppertaler SV zu bieten hat. Insbesondere gegen die Spitzenteams der Liga sah der Aufsteiger ganz gut aus. Gegen den BVB II unterlag man knapp mit 2:3, gegen Düsseldorf II, Fortuna Köln und Preußen Münster gelangen Punktgewinne. Somit kommt wieder einmal keine Laufkundschaft nach Essen. Ob die Gäste ihr Heil in einer sehr kompakten Defensive suchen werden oder wie zuletzt die Sportfreunde Lotte mehr Mut nach vorne entwickeln werden, wird sich zeigen. Bislang gelang es dem Neidhart-Team, vermeintlich „schwächeren“ Gegnern mit dem notwendigen Respekt und taktischem Plan zu begegnen. In der Partie geht es auch darum, das Pokalspiel gegen Fortuna Düsseldorfs erste Mannschaft am 23.12 aus den Köpfen zu verdrängen und dort bis zum Abpfiff am Samstag Wegberg Beeck präsent zu haben. Und natürlich die eigenen Stärken erneut abzurufen. Dann wird auch am vierte Adventswochenende für RWE eine Kerze der Freude leuchten.

NUR DER RWE!

Sven Meyering

Spielbericht

Die Zahl 50 ist aus mehreren Gründen die Zahl der Saison. Einerseits beschreibt sie die Punktausbeute, die RWE sich selbst unter den Weihnachstbaum gelegt hat und alle Vereinsarchivare sind sich einig, dass diese Zahl die beste Halbserie der Vereinsgeschichte beschreibt. Andererseits sind 50% vor der Saison als Maß ausgelobt worden, die gespielt sein muss, um in die Wertung einzugehen.

War man vor Saisonbeginn noch skeptisch, ob die Pandemie-Situation 210 Spiele zulassen würde, so muss man heute sagen, dass die Vereine und der Verband gut gearbeitet haben und dafür gesorgt haben, dass von 210 bereits 203 Spiele gespielt wurden, falls die Nachholspiele am Dienstag stattfinden, werden es sogar 205 sein. Elf Vereine – darunter auch RWE – haben alle 20 Hinrundenspiele absolviert, am Dienstag können mit dem SV Rödinghausen und Fortuna Düsseldorf II noch zwei weitere Vereine dazu kommen.

Es war nach den zahlreichen englischen Wochen im November und Dezember zu erkennen, dass es Ermüdungserscheinungen bei Rot-Weiss Essen gab. Nichtsdestotrotz wollten Fans und Mannschaft unbedingt den Meilenstein von 50 Punkten erreichen, der auch dafür sorgte, dass, egal wie die verbleibenden beiden Nachholspiele von Dortmund II ausgehen werden, RWE Wintermeister wird. Christian Neidhart stellte dementsprechend nur auf einer Position um. Oguzhan Kefkir musste zunächst auf der Bank platznehmen und überraschend kam kein Außenbahnspieler, sondern Jan-Lucas Dorow für ihn in die Startelf.

Immer wieder thematisierten auch Spieler und Trainer bei RWE das Abschlussspiel 2019, bei dem die ebenfalls erfolgreich gestartete Mannschaft gegen den VfB Homberg 0:2 an der Hafenstraße verlor. Das sollte dieses Mal anders werden und nach nur drei Minuten zappelte der Ball das erste Mal im Netz, im falschen allerdings. Dabei war die Situation überhaupt nicht gefährlich. Daniel Heber und Alexander Hahn spielten sich den Ball zu, um eine optimale Anspielgelegenheit für einen Angriff zu bekommen. Schon in der 3. Minute spielte Daniel Heber den Ball zu leichtfertig weiter, sodass Alexander Hahn ihn nicht bekommen konnte. Manuel Kabambi reagierte blitzschnell und stahl den Ball kurz vor dem Essener Strafraum. Wenige Schritte nach vorne und ein kaltschnäuziger Abschluss sorgten für das frühe 0:1.

Niemand macht Heber lautstark Vorwürfe, allerdings ist an der Stelle folgendes festzuhalten. Ja, Heber hat schon aufgrund einer Nachlässigkeit den Aachener Gegentreffer eingeleitet. Das große Aber besteht in der Saisonleistung des Essener Abwehrspielers. Heber gehörte in zwanzig Spielen zu den qualitativ besten Spielern der letzten zehn Jahren. Ligaweit leckt sich jeder Verein alle zehn Finger nach solch einem Abwehrspieler. Wer so viele Tore verhindert, dem wird auch mal ein Bock verziehen. Nach dieser Aktion konnte man Heber wieder so erleben, wie wir ihn seit Jahren kennen. Er sorgte mit dafür, dass RWE in diesem zerfahrenen Spiel nicht mehr als zwei Gegentreffer bekam.

Nun spielten sich bei den RWE-Fans gleich zwei Filme im Kopf ab. Einerseits wissen wir, dass RWE mindestens ein Tor in jedem Spiel macht, und sich auch durch Rückstände nicht aus der Ruhe bringen lässt. Andererseits war Wegberg giftig, presste früh und dann spukte immer noch der Hombergnackenschlag in den Köpfen herum. Am Ende muss uns allen klar werden. Es ist nicht 2019 und es ist nicht die Jahre davor, sondern hier steht eine selbstbewusste und starke Mannschaft auf dem Platz. In der elften Minute zeigte RWE das erste Lebenszeichen. Nach einem starken Pass in die Mitte ca. fünf Meter vor dem Tor kam Isaiah Young an den Ball. Dieser konnte sich die Ecke aussuchen und drosch das Leder mit viel Kraft in Richtung Mond. Das hätte der Ausgleich sein müssen.

Mehr als zehn Minuten später setzte sich Isaiah Young auf der rechten Seite durch und legte ab auf Cedric Harenbrock. Der legte den Ball perfekt auf den Kopf von Marco Kehl-Gomez, der den schwierig zu verarbeitenden Ball perfekt gegen die Laufrichtung des Torwarts in die lange Ecke befördern sollte. Denis Jansen streckte in einem Reflex ein Bein aus, der Ball machte eine Bogenlampe, aber #Engelmannregelt. Der RWE-Stürmer stand genau richtig und nickte den Ball zu seinem 17. Saisontreffer.

Keine fünf Minuten später setzte Engelmann sein Torkonto auf 18 hoch. Nach einem verunglückten Rückpass der Wegberger Verteidigung spielte Engelmann Torwart Jansen aus und dieser räumte Engelmann relativ stumpf ab. Da konnte es nur Elfmeter geben, den Engelmann sicher verwandelte. Innerhalb von fünf Minuten war das Spiel gedreht und RWE konnte entspannter seine Angriffe ausspielen. Immer wieder erspielte sich RWE sehr gute Torchancen, aber weder Engelmann (30.) noch Young (35. und 44.) bekamen den Ball nicht im gegnerischen Tor unter. Die mangelhafte Chancenauswertung kam in den vergangenen Spielen gar nicht mehr zum Vorschein. Nun war sie da und es war sehr ärgerlich, dass RWE nicht mindestens mit 4:1 in Führung lag, denn Young vergab durchaus gute Möglichkeiten. Auch hier ist wichtig zu betonen, dass Isaiah Young kein schlechtes Spiel zeigte. Er wirbelte die Wegberger Abwehr durch seine Schnelligkeit durch. Er trifft momentan vor dem Tor leider zu häufig falsche Entscheidungen. Aber Young ist – wie der Name sagt – noch jung und wenn er es hinbekommt, bessere Entscheidungen zu fällen, wird er zur Waffe werden.

Zur Halbzeit stand es deswegen „nur“ 2:1, aber das Soll war damit erst einmal erfüllt. Wichtig war es, dass der Sieg nicht mehr in Gefahr geriet. Das wird auch Christian Neidhart seinen Schützlingen mit auf den Weg gegeben haben. Die zweite Hälfte begann allerdings wie die erste mit einem frühen Tor für Wegberg-Beeck. Und wieder resultierte das Tor aus einer völlig ungefährlichen Situation. Daniel Davari bekam den Ball und hatte viel Zeit, um eine Anspielstation zu suchen. Er spielte den Ball mittig aus dem Strafraum, was für Panik sorgte, da dort weit und breit kein Spieler im weißen Trikot stand. Die Wegberger schalteten wieder blitzschnell, und der Ball erreichte Shpend Hasani im Essener Strafraum. Bei der Annahme rauschte Alexander Hahn heran und holte Hasani rüde von den Beinen. Es kann sein – das Fernsehbild löste es nicht hinreichend auf – dass Hahn erst den Ball gespielt hat. Allerdings darf man sich nicht über Elfmeter beschweren, wenn man so aggressiv in den Gegenspieler hineingrätscht. Der Gefoulte schoss selbst und legte den Ball beinahe arrogant langsam in den Kasten. Es stand wieder 2:2.

RWE war nun wieder gefordert, allerdings schwächte sich Wegberg kurz darauf selbst. Bei einem hohen Ball reagierte Jan-Lucas Dorow am schnellsten und wäre zu einer sehr guten Torchance gekommen, frei vor dem Tor von Jansen, wenn nicht Abwehrspieler Nils Hüne Dorow noch zu Fall gebracht hätte, bevor ihm dieser entwischte. Hüne war der letzte Mann und vereitelte durch sein Foul eine glasklare Torchance. Das ist die Definition einer roten Karte, die Schiedsrichter Martin Tietze auch sofort gab. Insgesamt war Schiri Tietze nicht immer auf Augenhöhe und man hatte das Gefühl, dass er dem nickligen Spiel nicht gewachsen war. Am Ende lag er aber bei den wichtigsten Entscheidungen richtig.

Gegen 10 Wegberger verstärkte RWE seine Angriffsbemühungen. Dennis Grote holte sich den Ball aus dem Mittelfeld (58.) und spielte die gesamte Abwehr aus. Aus dem Strafraum legte er den Ball in den Rücken der Abwehr auf Cedric Harenbrock und der schoss unerbittlich flach in die linke Torecke. Das war die 3:2-Führung. Harenbrock krönte damit seine Leistung gegen Wegberg, denn fast jeder gefährliche Angriff lief über ihn. Einmal mehr zeigte sich die Mittelfeldzentrale bockstark und kaum zu verteidigen.

Was dann folgte, war das große RWE-Scheibenschießen. Während die Tormusik ein viertes Mal abgespielt wurde, stand Engelmann laut Schiedsgericht sehr knapp im Abseits. (61.) Anschließend vergaben Dorow (66.), Kehl-Gomez (79.), Kefkir (86.) und Endres (93.) vergaben zum Teil ganz hochkarätige Chancen. Dadurch wurde es immer wieder spannend, weil Wegberg-Beeck zum Spielende hin immer wieder gute Möglichkeiten durch Standards hatten. Bei allem Lob, was sich die Mannschaft verdient hat, darf dieses Spiel nicht mehr so spannend werden, wie es am Ende war. Nach 94 Minuten pfiff Tietze aber die Hinrunde für Rot-Weiss Essen ab und die Spieler freuten sich erleichtert, dass auch dieser Dreier an der Hafenstraße blieb.

Es war kein glamouröser Erfolg, dieser 3:2-Sieg, mit einem Sonntagsschuss wie es Wiedenbrück im ersten Spiel vorgemacht hatte, hätte der FC auch aus Essen einen Punkt in Unterzahl mitbringen können und die Stimmung unterm Weihnachtsbaum wäre verhagelt gewesen. Allerdings sind wäre, könnte, hätte hier Fehl am Platz, denn RWE hat in 20 Spielen 50 (!) Punkte geholt. Das ist ein sagenhafter Schnitt von 2,5 Punkten pro Spiel. Dabei haben sie im Schnitt 2,3 Tore geschossen und stellen zusammen mit Alemannia Aachen, die vier Spiele weniger absolviert haben, die beste Abwehr der Liga. Allein Simon Engelmann hat allein mehr Tore geschossen als Alemannia Aachen, die Sportfreunde Lotte oder der Bonner SC.

Jetzt kommt die Zeit zum Durchschnaufen. Große Feiern verbieten sich. Es warten noch zwanzig schwierige Aufgaben auf Rot-Weiss Essen. Die Gegner haben den Lauf der Essener wahrgenommen und jeder ist hochmotiviert, als erstes den Jungs von der Hafenstraße ein Bein zu stellen. Im Gegensatz zur ebenfalls starken Hinrunde im Jahr 2014, als RWE zum letzten Mal Wintermeister war, hat man das Gefühl, dass die Qualität im RWE-Kader sehr viel höher ist und es die Mannschaft schafft, ihre Stärken auch im Jahr 2021 auszuspielen.

Besonders verdient haben sich Mannschaft und Trainer nun auch das Bonusspiel gegen Fortuna Düsseldorf am kommenden Mittwoch. DFB-Pokal, 2. Runde, ein traditionsreiches Duell. Die Hafenstraße wäre wohl schon um 17:30 Uhr brechend voll gewesen. Leider wird das Stadion leer bleiben, aber für Rot-Weiss Essen ist es nichtsdestotrotz ein großes Vergnügen, sich mit der starken Mannschaft aus Düsseldorf zu messen. Am Spiel gegen Bielefeld konnte man sehen, wie schwierig es an der Hafenstraße auch für höherklassige Mannschaften ist. Wenn Düsseldorf RWE nur ein wenig unterschätzen, wird diese Mannschaft zur Stelle sein. So oder so, viel Spaß dabei!

Videos

Die Video Highlights vom offiziellen RWE-YouTube Account

Fotos by M.R.

Fotos by M.E.