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2020/2021 - Regionalliga West

Sportfreunde Lotte – Rot-Weiss Essen (0:2)

Auch die Sportfreunde Lotte können den rot-weissen Express nicht aufhalten. Mit 2:0 siegten die Jungs von Christian Neidhart am Lotter Kreuz. Daniel Heber und Cedric Harenbrock erzielten die entscheidenen Treffer.

Vorbericht

Fußball-Regionalligist Rot-Weiss Essen löste die Nachholspielaufgabe gegen den SV Straelen am Mittwoch letztlich mühelos. Nach Toren von Doppelpacker Simon Engelmann, der Saisontorpremiere von Kevin Grund und dem dritten Saisontreffer von Oguzhan Kefkir schickte RWE die chancenlosen Gäste mit 1:4 geschlagen nach Hause. Schon zur Pause befand sich Rot-Weiss nahezu uneinholbar auf der Siegerstraße. Der Ehrentreffer für den SVS gelang Adil Lachheb nach 78. Minuten, was nur Ergebniskosmetik darstellte. Am Samstag will RWE bei Tante Lotte natürlich nachlegen und seine beeindruckenden Serien ausbauen.

Die da wären, dass die Neidhart-Elf nun auch im 18. Saisonspiel unbesiegt geblieben ist. Daran konnten die zunächst stabil und kompakt auftretenden Straelener rein gar nichts ändern und waren das achte Team in Folge, das an Essens legendärer Hafenstraße den Kürzeren ziehen musste. Die nächste Serie.
Das hat zur Folge, dass Rot-Weiss Essen mit 6 Punkten Vorsprung die Tabelle der Regionalliga West anführt. Verfolger Borussia Dortmund hat nun drei Spiele weniger ausgetragen und könnte RWE natürlich die Spitzenposition weiterhin streitig machen. Am Mittwochabend waren die Borussen aber zunächst einmal froh, dass das Spiel gegen Rot-Weiß Oberhausen nach gut 10 Minuten Spielzeit wegen des dichten Nebels zunächst unter- und nach einer halbstündigen Wartezeit schließlich ganz abgebrochen werden musste. In den nur wenigen Minuten war bereits einiges passiert. Nach zwei Minuten gingen die Gäste per Foulelfmeter in Führung, kurz darauf hieß es erneut Strafstoß für RWO, doch Sven Kreyer scheiterte diesmal. Eine ereignisreiche Anfangsphase, in der Oberhausen durch körperliche Robustheit und gutes Umschalten zeigte, dass der BVB enorme Probleme kriegen kann, wenn es auf dem Platz zur Sache geht und der Gegner die Schwächen der Schwarz-Gelben im defensivem Umschaltspiel offenlegt. Daher dürfte die Maaßen-Elf nicht unfroh gewesen sein, dass die Partie nachgeholt werden muss und bei 0:0 wieder starten wird. Das sehen die Regularien so vor. Die Frage sei allerdings erlaubt, warum es dem BVB II von Seiten des Verbandes gestattet wird, seine Spiele auf einem Trainingsgelände auszutragen. Ob die Witterungsverhältnisse im urbaneren Stadion Rote Erde ebenso den Spielabbruch bedingt hätten oder nicht, ist zwar hypothetisch, aber man kann sich nicht wirklich vorstellen, dass ein RWE-Punktspiel auf dem Willy-Lippens-Platz und nicht im Stadion Essen grünes Licht erhalten würde.
Dort erledigten die Essener derweil einmal mehr eine Pflichtaufgabe. Christian Neidhart schickte seine Mannschaft unverändert gegenüber dem Erfolg gegen den 1. FC Köln II auf den Platz, also auch mit den von ihm zuletzt leicht kritisierten Außenspielern Isaiah Young und Oguzhan Kefkir. RWE war von Beginn an dominant, kombinierte meistens gefällig, im letzten Drittel fehlte jedoch zunächst stets der letzte Pass und Keeper Robin Udegbe musste ebenso wenig eingreifen wie Daniel Davari, dem seine Vorderleute wie gewohnt den gegnerischen Sturm vom Hals hielten. Gut eine halbe Stunde machten die Gäste es gut. Dann jedoch rappelte es im Minuten und Sekundentakt in Udegbes Kasten. Wenn aus dem Spiel nicht so viel geht, sind Standards ein probates Mittel. Die 34. Minute war exakt angebrochen, als Goalgetter Simon Engelmann den Ball per Kopf in die Maschen wuchtete. Engels 15. Saisontreffer, jedoch erst der zweite per Kopf. Hatte Essens Elfer bei Fortuna Köln nur einfach die Engelslocken in eine Flanke von Plechaty gehalten, so beförderte er das Leder nun brachialer mit der Stirn in den Kasten, Daniel Heber hatte den Eckstoß von Kevin Grund perfekt verlängert. Solche Situationen sind für jede Mannschaft schwer zu verteidigen.

Der Bann war gebrochen. Sieben Minuten später die Vorentscheidung gefallen. Zunächst kombinierte sich RWE gut nach vorne, dann bediente Kefkir Kevin Grund per Doppelpass, Essens Dauerbrenner marschierte entlang der gegnerischen Box, bekam keinen Druck der Abwehr und schlenzte die Kugel mit seinem nicht ganz so starken rechten Fuß genau in den Winkel. Udegbe flog schön, aber vergeblich. Grund ist bereits Essens dreizehnter Torschütze in dieser Spielzeit, ein Beleg dafür, dass Engelmann sehr wichtig, aber nicht allein torgefährlich ist. Der Jubel, zu dem auch Keeper Davari hinzueilte, war kaum verebbt, da setzte er erneut an. Exakt 17 Sekunden nach Wiederanstoß hieß es bereits 3:0 für RWE. Straelen verlor gegen gut pressende Essener fast direkt den Ball, Harenbrock zog vor dem Strafraum ab und Udegbe ließ die Kugel vor die Füße von Kefkir nach vorne prallen, der richtig stand und einfach mal engelmannte. Mit dieser klaren Führung ging es in die Kabinen.

Zu Beginn der zweiten Hälfte arbeitete Essen an weiteren Toren. Nach 51. Minuten köpfte Kapitän Kehl-Gomez gefährlich aufs aber auch über das Tor. Die Essener forderten Eckstoß, Schiedsrichter Christian Scheper befragte Robin Udegbe, ob er die Kugel noch berührt habe. Straelens Schlussmann war ehrlich, Ecke RWE. Die brachte nichts ein, aber da erinnerte sich vielleicht mancher an einen gewissen Oliver Held, der mal für einen Gelsenkirchener Stadtteilverein als Feldspieler Torwart spielte und in einer Partie gegen den 1. FC Köln den Ball per Hand von der Linie holte. Befragt vom Unparteiischen bestritt Held diese Aktion und hielt sich das phantomschmerzende Gesicht, mit dem er den Ball berührt haben wollte. Ein solcher Spieler passt zu einem solchen Verein.

Ein eiskalter Torjäger wie Simon Engelmann wiederum passt sehr gut zu Rot-Weiss Essen. Das bewies er nach 63. Spielminuten, als Engel von Isaiah Young auf den Weg geschickt dem Tor zustrebte und zum 16. Saisontreffer einnetzte. Bemerkenswert an diesem 4:0 war, dass Chefpsychologe Neidhart mit seiner zarten Kritik an Essens Außenbahnen einen offenbar mächtigen Motivationskick erzeugt hatte. Energisch hatte sich Young zuvor des Balles bemächtigt und auch seinem eigenen Kapitän Marco-Kehl-Gomez das Nachsehen erteilt. Der Pass auf Engelmann war bestens in die Tiefe gespielt. So war auch am vierten Essener Treffer des Abends einer der zuvor Kritisierten beteiligt. Zwei Tore erzielten Außenbahnspieler selbst, zwei bereiteten sie mit vor.

Nun begann die Zeit der Wechsel. Zwischen der 65. und 73. Minute nutzte Christian Neidhart sein Kontingent voll aus. Kehl-Gomez, Kefkir, Grote und Engelmann wichen, Condé, Dorow, Neuwirt und Platzek kamen. Die Message war, Kräfte schonen, denn schon Samstag geht es weiter. Gänzlich rund lief es danach nicht mehr, das Torverhältnis wurde nicht mehr positiv ausgebaut, vielmehr fing sich RWE nach einem nicht gut verteidigten Standard wie eingangs erwähnt noch ein Gegentor. So warten die Essener nun vier Spiele in Serie auf ein Zu-Null-Spiel, das sie nun am Samstag in Lotte anstreben werden.

Die Sportfreunde stecken mit nur 13 Zählern mitten im Abstiegskampf, mitverantwortlich dafür die schwächste Defensive der Liga, die schon 39 Gegentore zugelassen hat und damit fast viermal so viele wie der Gast aus Essen. Da sind die Rollen natürlich eindeutig verteilt. Dennoch warnt Jawattdenn.de an dieser Stelle genauso wie Christian Neidhart es tun wird vor Überheblichkeit. Immerhin besiegten die Sportfreunde auf heimischen Geläuf schon die Mannschaften von Mönchengladbach II, Fortuna Köln und Alemannia Aachen. Von daher sollten die Essener nicht vorher respektlos über Lotte lachen, sondern lieber nach einem wiederum konzentrierten Auftritt zufrieden über einen Sieg lächeln. Am Autobahnkreuz werden wieder fußballerische Kardinaltugenden gefordert sein, es ist kein Premiumgeläuf zu erwarten, das technisch hochklassigen Fußball zulassen wird. Dass RWE darauf adäquat reagieren kann, zeigte es beim ungefährdeten Sieg beim VFB Homberg.

Aber die ganze Liga erwartet den Sturz des Favoriten, dessen Fallhöhe mit jeder Partie größer wird. Die Schlagzeilen werden natürlich entsprechend ausfallen, wenn es ausgerechnet das Team von Essens ehemaligem „Bürgermeister“ Timo Brauer sein würde, dass den einzig wahren Roten als erstes ein richtiges Bein stellen könnte. Und sollte der einzigen Trainerin der Liga, der 32 Jahre alten Imke Wübbenhorst, etwas gelingen, an dem sich bislang 17 ihrer männlichen Kollegen die Zähne ausgebissen haben? Christian Neidhart ist zwar ein Gentleman, wird aber sicherlich sehr deutlich etwas dagegen haben, dass sich Tante Lotte gegen RWE den Punktesparstrumpf auffüllen könnte.
Die RWE-Fans dürfen sich auf eine Ü
bertragung per Stream aus dem Sportpark am Lotter Kreuz freuen. Und hoffentlich auch währenddessen und danach Freude haben. Darauf setzt die gesamte Essener Fangemeinde am dritten Adventswochenende.

NUR DER RWE!
Sven Meyering

Spielbericht

Es ist das mittlerweile bekannte Bild. RWE feiert einen Dreier und hat eine Serie von 12 Jahren durchbrochen, in denen die Essener in Lotte nichts Zählbares mitnehmen konnten. Diese enorme Kontinuität ist die Sensation. Nach 19 Spielen hat RWE satte 47 Punkte gesammelt, das ist eine Mannschaftsleistung, die wohl kaum ein Anhänger sich erträumt hat. Gleichzeitig gilt es trotz dem Dortmunder Stolperer in Homberg die Konzentration nicht zu verlieren.

Christian Neidhart präsentiert sich so kurz vor Weihnachten nicht als Fan von Überraschungen und schickte so zum dritten Mal dieselbe Aufstellung am Autobahnkreuz ins Rennen. Auch wenn alles nach Kontinuität aussah, erkennt man allerdings an vielen Stellschrauben, dass der Trainer stark an den Schwächen der Mannschaft gearbeitet hat, aber dazu später.

Wer geglaubt hat, dass sich die Sportfreunde – wie so viele andere Teams – hinten verschanzen würden, um RWE den Punkt abzuluchsen, sah sich schon in den ersten Minuten getäuscht. Die Sportfreunde setzten die Hintermannschaft von Rot-Weiss bereits am eigenen Strafraum unter Druck und schaltete beim Ballgewinn blitzschnell um. Man muss es ganz deutlich sagen. Die Qualität, mit der die Sportfreunde Lotte über die 90 Minuten auftraten spiegelte den Tabellenplatz nicht im Geringsten wider. Sollte es kein leistungsmäßiger Ausreißer gegen die Rot-Weissen gewesen sein, sollte Lotte sich noch locker von den Abstiegsrängen absetzen können.

Nachdem sich insbesondere Dennis Grote und Sandro Plechaty nach einer Viertelstunde an die aggressive Gangart der Sportfreunde gewöhnt und darauf eine Antwort gefunden hatten, baute RWE sukzessive immer mehr Druck auf. Ein erstes Lebenszeichen setzte dann Oguzhan Kefkir (16.), der aus über 20 Metern eine Lücke sah und ein ordentliches Pfund hinter den Ball brachte. Torwart Jhonny Peitzmeier war wahrscheinlich froh, dass der Ball über die Latte ging, denn es sah nicht so aus, als wäre er da noch drangekommen, auch wenn Kefkir vehement einen Eckball forderte.

Vier Minuten später durfte in Essener Wohnzimmern wieder gejubelt werden. Ausgangspunkt war ein Einwurf von Kefkir und eine sich daran anschließende Flanke von ihm, die von der Lotter Abwehr nicht konsequent geklärt wurde. Halbrechts vor dem Strafraum kam Dennis Grote an den Ball und schickte Simon Engelmann an die Grundlinie. Der Knipser zeigte, dass er auch als Vorbereiter auftreten kann und setzte eine Flanke auf den Kopf von Daniel Heber, der nur noch seinen zweiten Saisontreffer einnicken brauchte. Nach der Führung erhöhte Lotte das Tempo zwar, aber die RWE-Hintermannschaft behielt meistens die Oberhand. Allerdings merkt man an seltenen Unkonzentriertheiten, dass die Viererkette auf dem Zahnfleisch geht. Ali Hahn, Daniel Heber und Sandro Plechaty sehnen wahrscheinlich wie kein anderer im Team die kurze Winterpause herbei.

Danach gab es, wie in den letzten beiden Spielen auch, noch was fürs Auge. Wieder ging Daniel Heber in die Lotter Hälfte verlor aber beim Doppelpass mit Isaiah Young den Ball. Beim Kampf um den Ball prallte dieser auf Marco Kehl-Gomez, der den Ball sofort ans linke Strafraumeck weiterschob. Dort stand Cedric Harenbrock und hielt einfach drauf. Ein Schuss wie ein Strahl flog direkt in den Winkel. Da gab es für Peitzmeier aber mal gar nichts zu halten und der einstige Pechvogel Harenbrock markierte seinen mittlerweile vierten Saisontreffer.

Natürlich war RWE maximal effizient, denn die beiden besten Chancen saßen auch gleich. Andererseits waren es auch wirklich die beiden besten Chancen des Spiels, sodass sich Lotte auch nicht beschweren konnte. Insgesamt beherrschte RWE trotz der starken Leistung der Sportfreunde das Spiel.

In der zweiten Halbzeit konzentrierte sich RWE vor allen Dingen darauf, das Spiel zu verwalten. Die beste Chance hatte dieses Mal Lotte. Doch Daniel Davari parierte den strammen Schuss von Leon Demaj. Es ging in erster Linie um Belastungssteuerung. Christian Neidhart nahm frühzeitig Leistungsträger (Harenbrock, Engelmann, Grote, Young) vom Platz, um diese für die nächste Aufgabe zu schonen. Es sollte aber auch nicht mehr viel anbrennen und so feierten die Rot-Weissen ihren 14. Saisonsieg. Gleichzeitig macht sich niemand davon frei, mit einem Auge auf die Verfolger zu schielen. Der BVB II kam nicht über ein 0:0 in Duisburg-Homberg hinaus, die beiden Kölner Vereine spielten jeweils Unentschieden und Düsseldorf II verlor sogar in Rödinghausen. Der Abstand zu den drittplatzierten Düsseldorfern beträgt bereits 16 Punkte.
Das könnte zur Entspannung beitragen, wenn nicht der BVB den Rot-Weissen weiterhin im Nacken sitzen würde. Auch wenn der Punktequotient mittlerweile hauchdünn auf der Seite der Essener ist, kann der BVB, wenn er alle Nachholspiele gewinnt, mit einem Vorsprung von einem Punkt an RWE vorbeiziehen. Deswegen muss die Mannschaft auch beim letzten Heimspiel gegen Wegberg-Beeck das machen, was sie zuletzt mit der Zuverlässigkeit eines Schweizer Uhrwerks gemacht hat: Gewinnen. Christian Neidhart schafft es immer wieder, die Mannschaft nicht abheben zu lassen und die Gegner zu unterschätzen. Gelingt dies in der kommenden Woche ebenfalls und kann RWE seine Qualitäten erneut ausspielen, würde die Hafenstraße mit 50 Zählern in die Winterpause gehen. Was ein Brett!

Fotos by M.R.

Fotos by M.E.

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