Vorbericht
Nach der Kür folgt die Pflicht! RWE zwischen Stadioneuphorie und Wegberg-Beeck
Am Montag ließ Rot-Weiss Essen die Katze aus dem Sack und legte die Kür vor. Der offizielle Stadionname des aktuellen Stadion Essen wird ab dem 01.02.2022 wieder Stadion an der Hafenstraße lauten. Die Hintergründe hatten wir bereits in einem diesbezüglichen Kommentar veröffentlicht. Nachdem man bei RWE verständlicherweise im Vorfeld der Bekanntgabe nervös war, wie die Reaktionen denn ausfallen würden, hellten sich die Mienen von Marcus Uhlig und Co bereits am Montagabend entspannt auf, denn die Essener ernteten ein überwiegend sehr positives Echo. Nicht nur in Essen selber, sondern bundesweit erzeugte dieses Aufmerksamkeit und sogleich meldeten sich weitere Vereine und Fanvertretungen an der Hafenstraße, um sich genauer nach dem Konzept zu erkundigen, u.a. auch Eintracht Braunschweig. Doch nun darf auf keinen Fall das Sportliche aus den Augen verloren werden, was Christian Neidhart und seine Mannschaft auch kaum tun werden. Der Fokus gilt nun der Auswärtsaufgabe beim FC Wegberg-Beeck. Für die Rot-Weissen auf dem Papier eine Pflichtaufgabe, die aber mit absoluter Seriosität angegangen werden muss.
Das Personal und die taktischen Optionen
RWE kann weiterhin nicht aus dem Vollen schöpfen. Die Namen der Langzeitausfälle sind allen bekannt. Im Vergleich zur Partie gegen Lotte haben die Essener aber Erolind Krasniqi wieder an Bord. Ero fehlte wegen eines Einsatzes für die U21 des Kosovo. Im prestigeträchtigen Spiel gegen Albanien traf der Essener beim 2:1 Sieg zum zwischenzeitlichen Ausgleich. Die rot-weisse Nummer 17, die derzeit auch Lobeshymnen ihres Trainers erhält, dürfte somit mit breiter Brust an die Hafenstraße 97 A zurückkehren und ist eine Startelfoption.
Essens erste Elf dürfte im Vergleich zum 3:1 Erfolg gegen die Sportfreunde Lotte ansonsten kaum verändert werden. Im Grunde ist die einzige Frage, wie Christian Neidhart mit der zusätzlichen Option durch Erolind Krasniqi umgehen wird. Rückt der Rückkehrer in die erste Elf, dann wird wahrscheinlich die zuletzt praktizierte Doppelspitze mit Janjic und Engelmann aufgelöst und einer der Beiden einem offensiven Mittelfeldspieler weichen. Simon Engelmann schnürte gegen die Tante einen Doppelpack und hat sehr gute Startchancen. Ebenso möglich, dass Krasniqi oder alternativ Cedric Harenbrock von der Bank kommen und die Doppelspitze Bestand hat. Neben dem unumstrittenen Dennis Grote wird Luca Dürholtz spielen. Dürholtz war in den letzten Partien in bestechender Form, und nach seiner Auswechslung gegen Lotte verlor das RWE-Spiel erkennbar an Struktur. Die Abwehr und die Torhüterposition werden sicherlich nicht angetastet werden.
Auf Essen wartet eines der typischen Spiele aus der Topfavoritenrolle heraus, in der die Fallhöhe besonders hoch ist. Auswärts bei herbstlichem Schmuddelwetter auf Plätzen, die nicht die Qualität des Premiumrasens der Hafenstraße haben, fühlten sich die Essener nicht immer pudelwohl. Coach Neidhart verweist somit auch darauf, dass der Gegner, derzeit auf einem Abstiegsplatz, ernst genommen werden müsse. Das gehört sich erstens natürlich auch so und ist zweitens eigentlich selbstverständlich. Für RWE gilt es einmal mehr, seine Qualität auf den Platz zu bringen, dann hat es jeder Gegner in der Liga schwer. Schaltet Essen aber zu schnell einen Gang zurück, ist RWE nicht unantastbar.
Ein Paradebeispiel lieferte das Match gegen Lotte. Die einzig wahren Roten spielten ihren Gegner im Grunde eine gute Stunde lang an die Wand, das 0:3 aus Sicht der Gäste war eher schmeichelhaft. Dann gab es einen gewissen Bruch im RWE-Spiel und nach dem Anschlusstreffer der Lotter witterten diese Morgenluft. Zwar geriet der Sieg nicht mehr wirklich in Gefahr, doch nach den gut 20 Schlussminuten gab es ein Grummeln im rot-weissen Magen. Auch Christian Neidhart war da eindeutig und verlangte von seiner Mannschaft, zukünftig 90 Minuten auf dem Gaspedal zu bleiben, auch wenn RWE nach den vielen Ausfällen sicherlich auch nicht mehr so immense Qualität von der Bank ins Spiel bringen kann. Die vorhandene Qualität sollte dennoch reichen, um in Wegberg nicht nur den notwendigen Kampf anzunehmen, sondern auch die spielerische Dominanz siegführend einzusetzen. Die letzte Partie im Waldstadion von Wegberg gewann RWE nach Toren von Heber und Engelmann mit 2:0. Es war der letzte Spieltag und der Sieg erhielt den bitteren Beigeschmack, dass es unter dem Strich im Fernduell um den Aufstieg nicht gereicht hatte. Mit einem erneuten Erfolg könnten die Rot-Weissen wiederum mit 3 Punkten, aber ohne Missstimmung zurück ins Revier fahren.
Der Gegner FC Wegberg-Beek (17. Platz/16 Spiele/ 12 Punkte/2 Siege/ 6 Remis/8 Niederlagen/14:26 Tore)
Die Gastgeber sind in der Partie gegen RWE der klare Underdog und rangieren auf Platz 17, einem Abstiegsrang, immerhin vier Zähler trennen sie aktuell vom rettenden Ufer. In den letzten 5 Partien gab es nur eine Niederlage, da zeitgleich aber auch nur ein Sieg dabei heraussprang, stagniert die tabellarische Entwicklung der Wegberger, die in dem bislang vierfachen Torschützen Jonathan Benteke ihren treffsichersten Spieler haben. Benteke traf übrigens auch bei zwei Versuchen zweimal vom Elfmeterpunkt, eine Qualität, die bei RWE im Moment vermisst wird. Benteke ist allerdings verletzt und wird gegen Essen wahrscheinlich nicht auflaufen, eine klare Schwächung der Wegberger Offensive.
Die Torausbeute von 14 Treffern in 16 Partien zeigt ohnehin, dass Rot-Weiss nicht bei einer Offensivmaschine gastieren wird. Trainer Mark Zeh ist gebürtiger Essener und war in seiner Heimatstadt auch fußballerisch erfolgreich aktiv. Allerdings bei den Schwarz-Weißen am Uhlenkrug, sodass er gegen RWE natürlich besonders heiß sein wird und das auf seine Mannschaft übertragen möchte. Zeh betont, wenig überraschend, dass man die Anfangsphase mit kompakter Defensive überstehen, aber auch offensive Nadelstiche setzen möchte. Das heißt übersetzt, die Gastgeber werden ihr Heil in der Defensive suchen und auf gefährliche Umschaltmomente setzen. Eben diese bekam die RWE-Deckung in den letzten Partien gut in den Griff. Rios Alonso und Felix Herzenbruch gewinnen nicht nur das Gros ihrer direkten Zweikämpfe, sondern haben sich mittlerweile auch immer besser aufeinander eingestellt. Wenn bei den Essenern etwas anbrennt, dann eher über die Außenpositionen, wo RWE gewohnheitsmäßig sehr hoch steht. Die Essener werden das Spiel in der gegnerischen Hälfte gestalten müssen, wobei sie meist eine veritable Zahl an Chancen generieren. Wegberg hat aber durchaus Qualitäten als Spielverderber, so gesehen beim 0:0 in Oberhausen und auch beim letzten Heimspiel gegen das sehr formstarke Rödinghausen, als man kurz vor Schluss den Treffer zum 1:1 Endstand markierte.
Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Liga
Bei allem Respekt, den Christian Neidhart dem kommenden Gegner zurecht entgegenbringt, kann es für Rot-Weiss Essen nur die Devise geben, den vierten Sieg in Folge einzufahren und damit die Tabellenführung ein weiteres Mal definitiv zu verteidigen. RWE kann vorlegen. Alle Konkurrenten spielen erst einen Tag später. Somit kann Rot-Weiss Druck aufbauen. Der aktuelle Tabellenzweite Preußen Münster wird diesen bei seinem Auftritt in Velbert gegen das Schlusslicht KFC Uerdingen nur sehr bedingt spüren. Nach vier Siegen in Folge wäre das Reißen dieser Serie fast eine Sensation. Hier macht allein die mögliche Fallhöhe den Adlerträgern Druck, mehr realistisch gesehen nicht.
Der Wuppertaler SV, nach klaren und überzeugenden Siegen die Mannschaft der Stunde, gastiert bei Mönchengladbach II, einer Mannschaft, die den Bergischen eigentlich nicht das Fürchten lehren kann. Ebenso wenig kann das im Grunde Alemannia Aachen dem Tabellenvierten Fortuna Köln. In diesem Mittelrheinderby werden sich die Printen für das desaströse 0:5 in Wuppertal aber rehabilitieren wollen. Es wäre uns nicht ganz Unrecht, wenn dieses gelänge. Die Kölner Fortuna ist virtuell Essens derzeit größter Verfolger. Sollte RWE jedoch in Wegberg siegen, wären es 8 Punkte Differenz für die Rheinstädter auf den Liga-Primus, bei dann aber zwei Partien in der Hinterhand.
RWO hat diese 8 Zähler Rückstand bereits eingefahren und das bei gleicher Spieleanzahl. Somit kann es für die Terranova-Elf gegen Gelsenkirchens Zweite einzig und allein um den Sieg gehen, um die Punkte-Hypothek nicht zu groß werden zu lassen. Wie immer geht es für RWE aber in allererster Linie darum, sein eigenes Ding zu machen, geradeaus zu gehen und nicht nach links und rechts zu schauen.
NUR DER RWE!
Sven Meyering
Spielebericht
Enttäuschendes Remis bei Wegberg-Beeck! Statt vorzulegen, spürt Essen den Atem der Konkurrenz
Das war zu wenig. Trotz größter Feldüberlegenheit konnte Rot-Weiss Essen nicht den fest eingeplanten Dreier aus Wegberg-Beeck mitnehmen. Essen geriet dabei sogar in Rückstand, Isi Young rettete zumindest das Remis.
Das Personal
Christian Neidhart vertraute zu Spielbeginn derselben Mannschaft, die auch gegen die Sportfreunde Lotte begonnen hatte. So bildeten Simon Engelmann und Zlatko Janjic erneut eine Doppelspitze und Felix Herzenbruch konnte in der Innenverteidigung auflaufen. Nach einem Zweikampf im Training, bei dem Essens Nummer 3 einen Schlag auf das Sprunggelenk erlitten hatte, war Herze zuvor etwas fraglich gewesen. Erolind Krasniqi saß nach seinem erfolgreichen U21-Einsatz für den Kosovo gegen Albanien zunächst auf der Bank. Nach knapp einer Stunde kam Tarnat für Luca Dürholtz. In der Tat kam Essens Nummer 7, zuletzt gut drauf, mit dem huckeligen Geläuf und den aggressiven Gastgebern schlecht klar. Ganz kurz darauf ersetzte Krasniqi Harenbrock. Bei diesen zwei RWE-Wechseln blieb es. Auch das zeigt, dass RWE aktuell wenig von der Bank hereinwerfen kann.
Die Pluspunkte
Der 1:1 Ausgleich von Isi Young war nach über einer Stunde das erste wirklich Erfreuliche aus RWE-Sicht. Der Treffer war schön anzuschauen und zugleich der Brustlöser für die Gäste. Endlich wurde Wegberg danach mit mehr Verve an und in die Box gedrängt. Da der erlösende zweite Treffer aber nicht fallen wollte, bleibt diese Kategorie heute sehr spärlich besetzt.
Die Knackpunkte
Wir hatten es vor dem Spiel angesprochen, es wird ein Spiel bei herbstlichem Schmudddelwetter auf suboptimalem Rasen, nicht die Essener Lieblingsbedingungen. Und auf diese Bedingungen reagierte man nicht gerade adäquat. RWE machte sich das Leben selber schwer. Nach einem konzentriert zu nennenden Beginn legte man sich das 0:1 nach knapp 20 Minuten quasi selber ins Nest. Zwar war der Distanzkracher von Weggen objektiv gesehen schön anzuschauen, jedoch hätte der Wegberger, der frei vor der Box abziehen konnte, niemals an den Ball kommen dürfen. RWE spielte es hinten unter Druck viel zu lässig, bis der Ball beim Torschützen landete. Vollkommen unnötig.
So spielte Essen den Gastgebern perfekt in die Karten, die mit bissiger Zweikampfführung auch bis kurz vor der Pause kaum Essener Chancen zuließen. Überhaupt waren die Wegberger bei ihren wenigen Vorstößen meistens sehr gefährlich. Schon kurz nach der Pause konnte RWE von Glück sagen, dass der Gastgeber einen schnell vorgetragenen Konter nicht zum 0:2 aus Essener Sicht verwertete. RWE versuchte es zu oft durch die komplett zugestellte Mitte. Und wenn aus dem Spiel heraus wenig geht, dann könnten immerhin Standards helfen. Eine ganze Reihe davon, seien es Eck- oder Freistöße spielten die Essener aber viel zu kurz und unpräzise.
Zusätzlich schwächte sich der Gastgeber selbst, indem sich Muja Arifi innerhalb von fünf Minuten zwei gelbe Karten einhandelte und folgerichtig vom Platz gehen musste. Zwanzig Minuten waren zu diesem Zeitpunkt noch zu spielen und es keimte Hoffnung auf, dass Rot-Weiss den dezimierten Gegner nun müde laufen würde, um das erlösende zweite Tor zu erzwingen. Doch auch dieser Vorteil blieb ungenutzt und die zehn verbliebenen Wegberger erkämpften sich das Unentschieden.
Der Aufreger
Das RWE-Spiel war eigentlich Aufreger genug. Vielleicht wollte deshalb ein Fan noch näher am Spielfeldrand sein und stürzte nach 60 Minuten über den Zaun in den Innenraum. Zum Glück war offenbar nicht mehr passiert, denn begleitet von den Ordnern konnte er auf den eigenen zwei Beinen von dannen schleichen. Nach 73 Minuten haderte RWE, allen voran Felix Herzenbruch, mit Schiedsrichter Leonidas Exuzidis. Der Unparteiische stand Herze auf dem Weg zum Ball unabsichtlich aber effektiv im Weg, weswegen Wegberg zu einer Großchance kam. Wahrscheinlich war Exuzidis selbst erleichtert, dass Davari den Abschluss zur Ecke klären konnte. Als ein Wegberger Abwehrspieler ganz kurz vor dem Ende einen Abschluss von Engelmann, der den Ball bereits am Torhüter vorbeigespitzelt hatte, kurz vor dem Überqueren der Torlinie klären konnte, war der Pulsschlag der RWE-Fans erneut erhöht, aber leider nicht von Dauer.
Fazit
Ein enttäuschender Freitagabend für den Tabellenführer der Regionalliga West, der eigentlich vorlegen wollte. So freut sich die Konkurrenz, die den Essenern morgen mächtig auf den Pelz rücken kann. RWE wird zwar definitiv Tabellenführer bleiben, jedoch ist das Wochenende schon einmal schlecht gestartet. Nächsten Samstag gegen Rödinghausen wird Essen ein ganz anderes Gesicht zeigen müssen. Bis dahin wie immer
NUR DER RWE!
Sven Meyering