Vorbericht
Durch die Absage des Münsteraner Gastspiels in Rödinghausen steht bereits fest, dass Rot-Weiss Essen als Tabellenführer in die nächste Woche starten wird. Die vielen Absagen durch Coronafälle oder schlechte Platzverhältnisse verzerren die Tabelle der Regionalliga West derzeit, doch für RWE ergibt sich am Sonntag die große Chance, den Vorsprung auf fünf Punkte und damit den Druck auf die Konkurrenz massiv zu erhöhen. Vor dem Gegner sollte man allerdings gewarnt sein!
In bislang 63 Regionalliga-Partien unter Christian Neidhart kassierte RWE nur dreimal mehr als 2 Gegentore – die Fortuna-Reserve war mit dem 3:0 der Vorsaison sowie dem 3:3 der Hinrunde gleich zweimal verantwortlich. Angespornt durch die Rivalität auf den für die Fortuna-Zweitvertretung meist gut gefüllten Rängen, wuchs der Dauergast des Tabellenmittelfelds in den Duellen mit RWE regelmäßig über sich hinaus.
Die Stolpergefahr bestand für Essen dabei jedoch hauptsächlich am Flinger Broich, wo nur 4 der 13 direkten Duelle siegreich gestaltet werden konnten. Daheim liest sich die Bilanz mit 8 Siegen aus 11 direkten Vergleichen (1 Remis, 2 Niederlagen) deutlich freundlicher. Auch in der Vorsaison ging das Spiel an der Hafenstraße mit 2:0 an RWE, damals vor den Augen von 5000 Zuschauern – aufgrund der Corona-Beschränkungen zugleich Saisonrekordkulisse.
Am Sonntag fallen erneut die strengen Zuschauerrestriktionen und ermöglichen bis zu 10.000 Fans das Stadionerlebnis zum Rückspiel gegen einen Gegner, den RWE im Hinspiel durch einen mannschaftlichen Totalausfall in den ersten 20 Minuten überhaupt erst stark gemacht hatte. Tim Köther und Lex-Tyger Lobinger mit einem Doppelpack stellten früh auf 3:0, ehe Simon Engelmann vor der Pause verkürzen konnte. In Halbzeit 2 glichen die eingewechselten Janjic und Krasniqi das Spiel bis eine Viertelstunde vor Schluss aus und RWE hatte genug Chancen, die Partie vollends zu drehen, sodass am Ende trotz der Aufholjagd der bittere Beigeschmack von 2 verschenkten Punkten blieb.
Unter der Woche ist die Fortuna mit einem 3:0 bei der Gladbacher Zweitvertretung gut ins neue Jahr gestartet, Profi-Leihgabe Lobinger erzielte dabei seinen achten Saisontreffer im achten Regionalliga-Einsatz. Aufgrund der parallel angesetzten Zweitliga-Partie der Düsseldorfer in Kiel ist sein Einsatz oder generelle Profiunterstützung am Sonntag allerdings sehr unwahrscheinlich.
Weniger als von der Aufstellung der Gäste wird der mögliche sechste Heimsieg in Serie jedoch in erster Linie von Auf- und Einstellung der Rot-Weissen abhängen. Im Hinspiel wurde Daniel Heber schmerzlich vermisst, der durch seine Rückkehr Trainer Neidhart vor ein vermeintliches Luxusproblem stellte: Rios Alonso und Herzenbruch überzeugten ebenfalls durch sehr gute Leistungen, sodass im Normalfall ein Härtefall auf der Bank gelandet wäre. Neidhart überraschte gegen Wuppertal jedoch zu Beginn mit drei Innenverteidigern, stellte Rios Alonso nach einer halben Stunde in einer Viererkette auf die Rechtsverteidigerposition und orderte Sandro Plechaty eine Reihe weiter nach vorne. Durch die Gelbsperre des Deutsch-Spaniers wird Neidhart am Sonntag vermutlich auf Bastians, Herzenbruch, Heber und Plechaty in einer Viererkette vor Kapitän Daniel Davari vertrauen.
Im Mittelfeld hat der Trainer nach der Verpflichtung von Thomas Eisfeld die Qual der Wahl: Ob der Ex-Bochumer bereits Sonntag sein Startelfdebüt gibt, ist noch fraglich. Tarnat und Dürholtz werden voraussichtlich in der Zentrale beginnen, Isaiah Young ist gesetzt, darüber hinaus hat Neidhart viele Möglichkeiten. Im Sturm wird wohl wie gewohnt Simon Engelmann beginnen, der gegen den WSV mal nicht als Vollstrecker, sondern als Vorlagengeber in Erscheinung trat.
Optimistisch stimmt vor allem die gut besetzte Bank, die viele taktische und personelle Optionen bietet, die Neidhart vor der Winterpause aufgrund der vielen Ausfälle nicht hatte. Nun liegt es an der Mannschaft, im Gegensatz zum Hinspiel von Minute 1 an konzentriert zu Werke zu gehen, um die drei Punkte an der Hafenstraße zu behalten!
Dominik Gsell
Spielbericht
Mentalität und Siegeswille – Herzes Schädel, Isis Turbo und Eisfelds Eiseskälte bescheren Sieg über Düsseldorf II!
Am Ende hüpfte das rot-weisse Herz! In einer dramatisch zu nennenden Partie mit Anlaufschwierigkeiten schlug RWE Fortuna Düsseldorfs U23 mit 4:1. Felix Bastians, Felix Herzenbruch, Isi Young und Thomas Eisfeld trafen für Essen, Mansfeld zum zwischenzeitlichen Ausgleich für die Fortunen.
Das Personal
RWE startete mit einer Veränderung im Vergleich zum Wuppertal-Match. Erolind Krasniqi rückte in das Team, in dem Rios Alonso Gelb gesperrt fehlte. Rot-Weiss spielte somit wieder die Viererkette, Isi Young agierte auf dem rechten Flügel und nicht wieder als zweite Spitze. Zur Pause veränderte Christian Neidhart das System und brachte Zlatko Janjic als hängende Spitze für den in Hälfte eins etwas unglücklich agierenden Krasniqi. Janjic sollte wohl dazu beitragen, vorne mehr Bälle festzumachen. Zwischendurch wich der agile Cedric Harenbrock nach knapp einer Stunde Oguzhan Kefkir, der fast lupenrein den linken Flügel besetzte.
Nach 70 Minuten war Essen gezwungen, sein System erneut zu modifizieren und zurück zur Stoßspitze zu gehen. Schuld daran war eine Gelb-Rote Karte für Luca Dürholtz 5 Minuten zuvor. Für den nun in der Luft hängenden Simon Engelmann kam Thomas Eisfeld zu seinem RWE-Pflichtspiel-Debüt in der Mittelfeldzentrale. Dieser Tausch sollte sich extrem auf das Spiel auswirken. Eisfeld zeigte sich nicht nur ausgesprochen ballsicher, sondern gab RWE in einer schwierigen Phase unmittelbar nach dem Doppelnackenschlag durch den Düsseldorfer Ausgleich und der Dürholtz-Hinausstellung viel Stabilität zurück. Darüber hinaus schlug er einen präzisen Eckstoß genau auf den Kopf von Felix Herzenbruch, der zum frenetisch bejubelten 2:1 einnickte.
Zuguterletzt glänzte Eisfeld sofort auch als Torschütze und sprühte mit dem 4:1 die Sahne auf die rot-weissen Siegeserdbeeren. Beim noch knappen Stand von 2:1 kam zudem Yannick Langesberg für den Gelb markierten Sandro Plechaty als Rechtsverteidiger in die Partie und machte seine Sache gut und die Seite dicht. Insgesamt fand Christian Neidhart auf die vielen wechselnden Spielsituationen die richtigen Antworten.
Die Pluspunkte
RWE zeigte eine ungeheure Moral und eine starke Mentalität. Im Stile einer Spitzenmannschaft gelangen den Essenern in Unterzahl 3 Treffer! In Hälfte eins zeigten sich die Rot-Weissen zunächst effizient und nutzten die im Grunde erste klare Torchance zum 1:0 durch Felix Bastians. In der unmittelbar vorangegangenen Spielsituation war Simon Engelmann zunächst von Cedric Harenbrock stark freigespielt worden, seinen Abschluss aus spitzem Winkel parierte Fortunen Keeper Franz Langhoff noch mit einer Fußabwehr, RWE blieb am Drücker, den folgenden Chipball von Luca Dürholtz konnte Bastians dann zur Führung verwerten und erfreute sich dabei großer Freiheiten. Bis zur Pause war RWE dann klar Herr im eigenen Haus und eine Doppelchance für Bastians und im Anschluss Engelmann klärten die Düsseldorfer auf der Torlinie.
Vor allem wie RWE nach dem Ausgleich zum 1:1 dann auch noch den Platzverweis für Luca Dürholtz wegsteckte und wie Phönix aus der Asche zurück ins Spiel kam, zeigt, aus welchem Holz die Essener Mannschaft geschnitzt ist. Rot-Weiss nahm nicht nur den Kampf auf dem schweren Geläuf an, sondern behielt den Kopf oben. RWE zeigte insgesamt eine ausgewogene Mischung aus enormer mannschaftlicher Geschlossenheit und individueller Klasse. Dass unser Team für diese Liga überragende Einzelkönner auf dem Platz hat, wurde in der spielentscheidenden Phase mehr als deutlich.
Neuzugang Thomas Eisfeld ist wohl der Spieler, der Essens in dieser Saison nicht immer überragenden Standards den notwendigen Kick geben kann. Den Eckstoß zum 2:1 servierte „Eisi“ formvollendet auf den mittlerweile torhungrigen Schädel von Felix Herzenbruch, Düsseldorfs Schlussmann Langhoff hingegen war unter dem mit viel Effet geschlagenen Ball hergetaucht.
Auch das 4:1 zeigte Eisfelds Klasse. Von Janjic in Szene gesetzt zog Essens Nummer 32 in die Box ein und verwandelte abgeklärt ins lange Eck. Eisfeld eiskalt. Zwischendurch verzauberte Isi Young die Hafenstraße mit dem vorentscheidendem 3:1. Noch in der eigenen Hälfte kurz hinter dem eigenen Strafraum war der US-Boy aufgebrochen, umkurvte den ersten Gegenspieler und schüttelte den nächsten ab wie eine lästige Fliege. In der Box angekommen gab es die Option, Janjic in Szene zu setzen, doch Isi Young schlug einen weiteren temporeichen Haken und knallte Langhoff die Kugel ins kurze Eck. Die pure Ekstase und Erlösung nach einem Lauf über wohl 70 Meter.
Der Star aber blieb die Mannschaft, die sich über die gesamte Spielzeit hinweg gegenseitig unterstützte und alles raushaute, was ging. Zudem wurde die Erkenntnis, dass der Abgang von Dennis Grote den Essenern keinerlei Schaden zufügen kann, am gestrigen Tag zur Gewissheit verfestigt. Niklas Tarnat lief und ackerte auf der 6 fast für Zwei und nahm den Fortunen so manchen Spielraum. Und wie schon gegen den WSV wurde deutlich, dass es nun zum Teil wesentlich flotter nach vorne und ins offensive Umschaltspiel geht.
Die Knackpunkte
Bei den zunächst widrigen Wetterverhältnissen mit starkem Wind und klatschnassen Rasen war klar, dass RWE seine spielerische Klasse nicht so deutlich auf den Rasen bringen kann wie üblich. Das wurde spätestens deutlich, als ein bei normalen Platzverhältnissen tödlicher Schnittstellenpass von Dürholtz auf Krasniqi einfach in einer Pfütze liegenblieb. Christian Neidhart sprach später davon, auf lange Bälle zu setzen und auch auf die zweiten Bälle gehen zu wollen. Das benötigte eine gute halbe Stunde Anlaufzeit. RWE spielte zunächst gegen den Wind und kam nicht in Fahrt, teilweise blieben die langen Schläge Daniel Davaris förmlich hoch in der Luft stehen. Die Fortunen kombinierten zunächst etwas flüssiger, strahlten dabei aber wenig Torgefahr aus.
Die Führung durch Felix Bastians war dann der Essener Brustlöser. Der Ausgleich zum 1:1 wäre vermeidbar gewesen, vor allem weil Sandro Plechaty unnötig foulte und den Freistoß im Vorfeld ermöglichte. Essens Rechtsverteidiger sah zudem Gelb. Die Fünfte, er fehlt somit beim Gastspiel in Homberg. Es hatte den Anschein, dass die Fortunen die Chance auf einen weiteren Platzverweis für Essen witterten, denn sie griffen bevorzugt über ihren linken Flügel über Plechatys Seite an, während der rigorose Felix Bastians seine Seite gegenüber dicht machte. Insgesamt hatte RWE sich an diesem Sonntagnachmittag wenig vorzuwerfen. Auch der Platz zeigte sich in Hälfte Zwei, als der Regen sich zurückgezogen hatte, erholt.
Der Aufreger
Der Feldverweis für Luca Dürholtz durch den suboptimal agierenden Schiedsrichter Niklas Dardenne war eine krasse Fehlentscheidung. Die erste gelbe Karte für Essens Siebener, der in Hälfte eins ein taktisches Foul gezogen hatte, war korrekt. Die zweite Verwarnung jedoch ein Witz, denn Dürholtz spielte eindeutig den Ball und Dardenne hatte aus kurzer Entfernung freie Sicht darauf. Die Essener Aktien standen zu diesem Zeitpunkt nicht gut, denn es stand Remis und nun musste RWE nach dieser Dardenne-Panne in Unterzahl ran. Der Schiedsrichterassistent vor der Haupttribüne leistete sich zudem zwei krasse Patzer bei Abseitsentscheidungen, die RWE zwei große Torgelegenheiten raubten. Letztlich war es aber nur die Ouvertüre zu einer atemberaubenden Schlussphase.
Fazit und Blick über den Tellerrand: Die Lage in der Liga
Als in Essen die Mitte der zweiten Hälfte angebrochen war, frohlockte wohl nicht nur der Gast aus Düsseldorf, sondern auch die Aufstiegskonkurrenz. Beim Stande von 1:1 spielte Essen mit 10 gegen Elf und manchmal 12 Leute (siehe Aufreger). Da sollte es doch was werden mit den lange ersehnten Punktverlusten für RWE. Pustekuchen! Mit der Mentalität eines Champions wischte Rot-Weiss die Widrigkeiten vom Tisch und feierte einen hochemotionalen Erfolg, nach dem selbst die kritischsten RWE-Anhänger glücklich strahlten. Essen hat nun 5 Zähler Vorsprung vor Preußen Münster und gar 7 Zähler auf den Wuppertaler SV. Beide Konkurrenten haben eben so viele Spiele ausgetragen wie unsere Mannschaft und mussten an diesem Wochenende passen, ihre Partien in Rödinghausen bzw. gegen den Bonner SC fielen den Platzverhältnissen zum Opfer.
Gefährlich bleibt Fortuna Köln. Mit einem 2:0 Erfolg beim SV Straelen bleiben die Fortunen RWE auf den Fersen, auch wenn sie bei zwei Spielen weniger 8 Zähler Rückstand aufweisen. Vor allem der völlig spaßbefreite Kölner Ergebnisfußball basierend auf einem sattelfesten Abwehrblock und effizienter Angriffsleistung sind Garanten dafür. Der 3:0 Erfolg von RWO bei Mönchengladbach 2 verdient noch Erwähnung, wenngleich Oberhausen 9 Zähler hinter den einzig wahren Rot-Weissen liegt und sogar eine Partie mehr ausgetragen hat. Nächstes Wochenende gastiert unser RWE – sofern die Platzverhältnisse und Corona es erlauben – am Rheindamm bei den Sportfreunden Homberg. Bis dahin wie immer
NUR DER RWE!
Sven Meyering