Vorbericht
Gegen Münster die Tabellenführung ausbauen und nebenbei Rekorde brechen!
Am kommenden Sonntag erwartet Fußball-Regionalligist Rot-Weiss Essen, seines Zeichens Tabellenführer, den Zweiten Preußen Münster im Stadion an der Hafenstraße. Für RWE sind es die Wochen der Kontraste. Nachdem es in Homberg darum ging, gegen einen sich mit Mann und Maus einigelnden Tabellenvorletzten zumindest das eine entscheidende Tor zu erzwingen, werden gegen die Adlerträger auch die fußballerischen Tugenden wieder hervorgeholt werden. Es treffen die zwei wahrscheinlich spielstärksten Truppen der Liga aufeinander und unseren Rot-Weissen könnten im Siegesfalle womöglich schon einen weiteren Haken hinter einen Verfolger machen.
Ganz nebenbei könnte RWE auch noch einen Rekord einstellen und einen weiteren brechen. Bei einem Dreier hätten die Essener den siebten Sieg in Serie eingefahren, das wäre die Bestmarke seit dem Jahr 2004. Bliebe man zumindest ungeschlagen, wäre das die 22. Partie in Folge ohne Niederlage und die Einstellung der Bestmarke aus der vergangenen Spielzeit. Das wären jedoch nur erfreuliche statistische Begleitumstände, denn der Fokus liegt allein auf dem Spiel gegen die Preußen. Auf unsere Rot-Weissen wartet ein ganz dicker Brocken und die Zuschauer werden voraussichtlich ein Spitzenspiel auf hohem Niveau erleben dürfen. Das Hinspiel jedenfalls war ein echter Spitzenkampf mit leider unrühmlichen Nachspiel, das wir nicht noch einmal aufwärmen möchten. Schön wäre es, wenn RWE sich am Sonntag einfach nur über einen Sieg ohne Nebengeräusche freuen könnte.
Das Personal und die taktischen Optionen
Trainer Christian Neidhart konnte zu Wochenbeginn das Training nicht leiten und war erkrankt. Beim spielenden Personal kann RWE jedoch aus dem Vollen schöpfen. Niemand muss gegen Münster eine Sperre absitzen. Die in Homberg gesperrten Luca Dürholtz und Sandro Plechaty kehren zurück. Essen könnte defensiv damit sowohl die Dreier- als auch die Viererkette mit verschiedener Besetzung spielen. Auch im Mittelfeld bietet sich ein Füllhorn an Möglichkeiten. Rückt Luca Dürholtz wieder hinein in die Startelf, könnte Christian Neidhart ihm entweder Thomas Eisfeld oder Niklas Tarnat oder auch beide zur Seite stellen. Tarnat ist der eindeutigste Sechser unter diesen drei Spielern und gegen die spielstarken Preußen wäre seine zuletzt gezeigte Präsenz und enorme Laufbereitschaft wichtig. Eisfeld könnte seine Rolle auch offensiver interpretieren. Cedric Harenbrock und Erolind Krasniqi sind weitere Optionen.
Was plant der Coach mit Isi Young? Der VFB Homberg bearbeitete den US-Boy zuletzt unerbittlich, stellte ihn fast einen Manndecker und wenn er am Ball war einen Doppeldecker auf die Füße. Es spricht für Isi, dass er sich trotz schweren Stands nicht beirren ließ und immer weitermachte. Preußen Münsters Anspruch kann es eigentlich nicht sein, einen Spieler nur dafür abzustellen, Young aus dem Spiel zu nehmen. Man darf darauf hoffen, dass Essen wieder mehr Räume kriegen wird in die vor allem die rot-weisse Nummer 30 stoßen soll. Ob auf dem Flügel oder als zweite Spitze wird sich zeigen. Ganz vorne darf man Simon Engelmann erwarten. Bislang wurde Engel noch nie zweimal in Serie zu Spielbeginn auf die Bank gesetzt.
Wie sieht Essens taktische Marschroute aus? Um das fußballerische Element in den Vordergrund zu stellen, wurden im Stadion an der Hafenstraße das Grün in beiden arg strapazierten Torräumen erneuert, wo spätestens nach der Düsseldorf-Partie nur noch brauner Matsch zu finden gewesen war. RWE kann seine Stärken in der finalen Zone somit besser ausspielen. Zum Siegen verdammt sind die Gastgeber aber keinesfalls. Schon bei einer Punkteteilung würde man die Preußen auf komfortablen 5 Punkten Abstand halten. Dass RWE gerade vor heimischer Kulisse deswegen vorsichtig auftreten wird, ist jedoch nicht zu erwarten. Rot-Weiss will jedes Spiel gewinnen und geht somit auch gegen Münster mit dieser Devise in die Partie. Bei einem Sieg winkt ein 8-Punkte-Vorsprung auf die Preußen. Die gerne an einer solchen Stelle gestellten Frage, ob man den Spatz in der Hand der Taube auf dem Dach vorziehen wird, darf daher aller Voraussicht nach verneint werden. Zumal RWE mit einem Dreier auch ein starkes Signal Richtung Fortuna Köln senden kann. Umgekehrt wäre auch eine Niederlage gegen Preußen nicht das Ende der Essener Aufstiegsträume, jedoch würde sich der Titelkampf weiter zuspitzen.
Der Gegner: Preußen Münster (2. Platz/ 23 Spiele/ 51 Punkte/ 15 Siege/ 6 Remis/ 2 Niederlagen/ 43:16 Tore)
Preußen Münster verkündete direkt nach seiner Partie gegen RW Ahlen, Bock auf die Partie in Essen zu haben. Dabei reisen die Adlerträger in einer psychologisch interessant zu nennenden Konstellation an. Bei ebenfalls 23 ausgetragenen Spielen haben die Gäste 5 Punkte Rückstand auf RWE. Da auch nach dem Spiel an der Hafenstraße auf beide Teams noch 14 weitere Partien warten, wäre es sicherlich verfrüht davon zu sprechen, dass Münster in Essen dreifach punkten müsse. Verlieren dürfen die Westfalen die Partie aber nicht, denn dann wäre der Rückstand auf RWE kaum noch aufzuholen.
Genau wie unsere Mannschaft sind die Münsteraner jedoch eine Mannschaft, die Fußballspielen kann und möchte. Sicherlich werden sich Sascha Hildmann und die Seinen im Stadion an der Hafenstraße nicht verstecken. Im Gegensatz zum Hinspiel werden die Preußen jedoch ihre Emotionen besser im Griff haben müssen. Vor der Partie hatten sie sich offenbar mächtig aufgeputscht, was unter dem Strich nach hinten losgehen sollte. Zunächst überrannten sie unsere Rot-Weissen förmlich und führten nach 30 Minuten bereits mit 2:0, allerdings auch begünstigt durch grobe Abstimmungsfehler in der Essener Hintermannschaft. RWE schlug jedoch nach der Pause zurück und drehte die Partie komplett. In den entscheidenden Minuten waren die Preußen mehr damit beschäftigt, die Essener Spieler unsanft von den Beinen zu holen und den Schiedsrichter anzubrüllen, hier ließ sich auch Coach Hildmann nicht lumpen, als sich auf ihr eigenes Spiel zu konzentrieren. Das kann passieren, wenn man emotional überdreht. RWE war es recht. Nach Treffern von Kevin Holzweiler, Isi Young und Simon Engelmann siegte Essen mit 3:2 und holte sich die Tabellenführung, welche Rot-Weiss seitdem 17 Mal erfolgreich verteidigt hat.
Den Sturm auf die Hafenstraße möchten die Preußen mit ihrem bislang gut aufgegangenen Konzept aus ausgewogener Defensivleistung und durchschlagskräftigem Angriff wagen. Nur 16 Treffer fingen sich die Gäste bislang. Einer der Garanten ist Keeper Maximilian Schulze-Niehues, Münsters fast gleichaltriges, gleich großes und gleich schweres Äquivalent zu Daniel Davari. Kapitän Julian Schauerte bringt viel Erfahrung in die Münsteraner Viererkette, Simon Scherder ein ordentliches Maß an Härte, was bislang sieben Gelbe Karten illustrieren. Scherder ist allerdings längst nicht immer in der Stammformation gesetzt. Das ist allerdings Nicolai Remberg, der erst 21 Lenze zählt, in Münsters zentralem Mittelfeld aber grundsätzlich spielt und über die meisten Einsatzminuten im gesamten Kader verfügt. Remberg trägt somit dazu bei, den Ausfall des am Kreuzband verletzten Routiniers Dennis Daube zu kompensieren.
Für Daubes Position wollte Münster angeblich einen gewissen Dennis Grote verpflichten. Darüber ist mittlerweile Gras gewachsen und RWE hielt sich ohnehin mit Ansagen in das Münsterland diesbezüglich vornehm zurück. Sollten die Preußen dennoch beabsichtigt haben, mittels des Grote-Gates Unruhe in Essen zu stiften, darf dieses Unternehmen mit Fug und Recht als gescheitert tituliert werden. Ein Spezialist für Unruhe, rustikale Zweikämpfe und Rudelbildungen ist jedoch der auch in Essen noch bekannte Alexander Langlitz. Der mittlerweile 31-Jährige hat nach diversen Stationen in der Regionalliga West in Münster eine Art sportliches Glück gefunden und überzeugt sowohl als rechter Kettenspieler als auch in offensiveren Varianten. Die größte Torgefährlichkeit bei den Preußen strahlen Thorben Deters, im Hinspiel Doppeltorschütze, mit 9 Treffern und der deutlich bulligere Gerrit Wegkamp aus, der 8 Tore erzielte. Erwähnung sollte hier noch Henok Teklab finden. Der Mann aus Eritrea hat drei Tore auf dem Konto, ist aber durch seine Schnellig- und Wendigkeit ein stetiger Unruheherd. Man könnte weitere Münsteraner Akteure aufzählen, jedoch dürfte die Qualität des Kaders, die sich auch in der Platzierung ausdrückt, hinreichend aufgezeigt worden sein.
Fazit und Blick über den Tellerrand: Die Lage in der Liga
Es steht die Vergabe von Big Points an. Im Siegesfalle könnte die Neidhart-Elf das innerhalb kürzester Zeit vom Fünfkampf zum Dreikampf reduzierte Titelrennen sogar auf einen Zweikampf mit Fortuna Köln reduzieren. Einige statistische Daten sind geeignet, RWE Mut für das Gipfeltreffen zu machen, denn sie unterstreichen die gute Form der Neidhart-Elf. Allen Unkenrufen zum Trotz kamen die Essener mit Volldampf aus der Winterpause zurück und gewannen alle drei Partien seit Jahresbeginn. Vor genau einem Jahr gelangen den Rot-Weissen nur vier Zähler aus den drei Auftaktpartien, was nach toller Vorrunde einen gewissen Bruch einläutete.
Mittlerweile haben die Rot-Weissen mit 56 Punkten aus 23 Partien 2 Punkte mehr eingefahren als zum gleichen Zeitpunkt in der Vorsaison, der Trend deutet somit in eine andere und bessere Richtung. RWE hat zudem die letzten 6 Partien in Folge gewonnen. Das gelang den Essenern unter Christian Neidhart bereits zweimal. Sowohl in der vergangenen Saison als auch in dieser Spielzeit, als RWE seine Spiele 3 bis 8 in Serie erfolgreich gestaltete. Die aktuelle Serie hat tabellarische Spuren hinterlassen.
Als sich unsere Rot-Weissen und der Wuppertaler SV zum Jahresauftakt 2022 an der Hafenstraße trafen, hatten die Essener nur einen Zähler Vorsprung vor den Bergischen, nun sind es deren 10, denn RWE gewann sowohl das direkte Aufeinandertreffen als auch die beiden nächsten Partien, der WSV blieb hingegen ohne eigenen Zähler und ist nun abgehängt. Bedenkt man, wie gut die Wuppertaler in der Vorrunde Fußball spielten und sich eine ebenso gute Ausgangsposition erarbeitet hatten, zeigt diese Entwicklung, wie schnell große Träume ausgeträumt sein können. Nicht nur Friedhelm Runge und Peter Neururer wirken auf den WSV ein, sondern von nun ab auch Ferner Liefen.
Das gilt für Rot-Weiß Oberhausen erst recht, 12 Punkte trennen RWO von RWE. Die Partie des WSV gegen Fortuna Düsseldorf II wurde bereits abgesagt und die von RWO bei Wegberg-Beeck ist wohl kaum noch relevant für die Betrachtung der engeren Spitzengruppe. Denn um diese Punktrückstände noch genauer einzuordnen sei angemerkt, dass unsere Rot-Weissen von maximal 69 möglichen Punkten stolze 56 Zähler eingefahren und somit insgesamt nur 13 Punkte nicht geholt haben. Somit erscheint es nicht als vermessen, dass RWE neben den Preußen als direkten kommenden Kontrahenten nur noch Fortuna Köln im Auge behalten muss. Das aber sehr genau.
Wer die Kölner Südstädter Fußballspielen sieht, kommt nicht darum herum, die extreme Effizienz der Mannschaft von Alexander Ende zu registrieren. Unter der Woche gab es einen 2:1 Erfolg im Nachholspiel bei den Sportfreunden Lotte. Einmal mehr ein spaßbefreiter Anti-Kick, der aber Cleverness und Kompaktheit verriet. Da das Spiel der Kölner gegen den Bonner SC bereits jetzt abgesagt wurde, trifft Rot-Weiss am Sonntag auf jeden Fall auf den Tabellenzweiten. Köln und Münster sind zwar punktgleich, die Preußen weisen jedoch ein besseres Torverhältnis auf.
Das sollte RWE und seine Fans an der unter Coronabedingungen mit sicherlich 10.000 Zuschauern ausverkauften Hafenstraße jedoch nicht interessieren. Wir schauen weiterhin nur von Spiel zu Spiel und gehen gemeinsam unseren Weg. Auch gegen Münster.
Bis dahin wie immer
Nur der RWE!
Sven Meyering