Vorbericht
Brisantes Derby im Niederrheinpokalfinale – Saisonabschluss gegen RW Oberhausen
Am Ende der Spielzeit 22/23 kommt es noch zu einem echten Highlight. Die Reviernachbarn aus Essen und Oberhausen duellieren sich zum Einzug in die DFB-Pokal-Hauptrunde. Während die Mannschaft von der Hafenstraße ein Saisonziel schon erreicht hat, nämlich den Klassenerhalt in der Dritten Liga, ist es für RWO das einzige Highlight nach einer durchwachsenen Spielrunde.
Irgendwie ist es mit Oberhausen wie mit dem nervenden Nachbarn, der über das 50qm größere Grundstück des Gegenübers neidisch ist, aber immer behauptet, er selbst hätte das bessere Bewässerungssystem. Leider hat aber gerade dieser Nachbar es in den letzten Jahren geschafft, uns immer auch ein wenig zu ärgern. Selbst in der letzten Aufstiegssaison gelang in beiden Partien kein Sieg, auch im letzten Aufeinandertreffen in einem Landespokalfinale 2018 zog RWE den Kürzeren. Jedem rund um die Hafenstraße sollte bewusst sein, dass die rot-weisse Mannschaft nur mit einer Topleistung dieses Endspiel gewinnen wird.
Der rot-weisse Weg in das Finale und das Personal für Samstag
Nach den ungefährdeten, aber spielerisch wenig glänzenden Auftritten beim Bezirksligist SV Burgaltendorf (0:5) und beim Landesligist 1. FC Wülfrath (0:9) kam der rot-weisse Motor ab dem Achtelfinale ordentlich ins Stottern. Im Stadtderby gegen ETB Schwarz-Weiss Essen gaben die Bergeborbecker nach einer 0:3-Führung das Spiel noch fast aus der Hand, welches erst im Elfmeterschießen entschieden werden konnte. Danach wurde der Rivale aus Wuppertal mit einem 0:1-Sieg ausgeschaltet, allerdings tat sich die Mannschaft in der zweiten Halbzeit vor allem besonders schwer. Noch mehr Krampf bekam der Essener Anhang in Bocholt geboten, wo nach einer 0:1-Führung abermals der Ausgleich kurz vor dem Abpfiff der regulären Spielzeit fiel. Auch hier sorgte erst das Elfmeterschießen für die Entscheidung, wo es im Nachgang noch zu rassistischen Äußerungen aus dem Gästeblock gegenüber Lawrence Ennali gekommen sein soll. Der Auftritt von RWE im Pokal ließ insgesamt zu wünschen übrig, dennoch steht die rot-weisse Elf am Ende im Finale, das „Wie“ ist unter dem Strich egal.
Im Vorfeld konnte Trainer Dabrowski einige positive Meldungen aus dem Lazarett verkünden. Der Kapitän Felix Bastians ist wieder an Bord und wird aller Vorrausicht nach an der Seite von Felix Herzenbruch die Innenverteidigung bilden. Alternativ könnte auch Rios Alonso zur Verfügung stehen, aber diese Personalie entscheidet sich erst kurz vor dem Spiel. Dies gilt auch für Linksverteidiger Michel Niemeyer, der doch noch zu einem letzten Auftritt an der Hafenstraße kommen könnte. Allerdings steht hier mit Ogzuhan Kefkir mit hoher Wahrscheinlichkeit für die Startelf bereit. Die größten Sorgen bereitet nach wie vor die rechte Verteidigerposition. Wiegel und Sponsel werden definitiv ausfallen, Sandro Plechaty wird nach seinem Traumtor gegen Verl sicher von Beginn an spielen. Im Mittelfeld wird es nach den letzten Auftritten wenig Veränderungen geben. Götze, Eisfeld, Harenbrock, Young und Ennali dürften gesetzt sein. Berlinski wird wohl wieder den Vorzug vor Engelmann erhalten, um den Reviernachbarn vorne im Sturm und auf den Tribünen so richtig zu nerven.
Der Gegner: RW Oberhausen- Regionalliga West, Tabellenplatz 7/53 Punkte/15 Siege/ 8 Unentschieden/11Niederlagen/ 61:51 Tore / Differenz +10; im Niederrheinpokal:
1. Runde MTV Union Hamborn (Kreisliga A, 13:0),
2. Runde MSV Duisburg (Liga 3, 2:1),
Achtelfinale KFC Uerdingen (Oberliga, 2:4 n. E.),
Viertelfinale ASV Mettmann (Bezirksliga, 6:0) und
Halbfinale Ratingen 04/19 (Oberliga, 3:1)
Würde die Oberhausener Saison nur anhand des Abschneidens in der Regionalliga West beurteilt werden, müsste hier von einer großen Enttäuschung gesprochen werden. Den Tabellenführer aus Münster musste RWO mit einem Unterschied von 26 Punkten ziehen lassen, selbst die Konkurrenz aus Wuppertal, mit der sich noch in der vorletzten Saison gemessen wurde, hat immerhin einen Abstand von 13 Punkten. Trotz der Einsparungen beim Nachwuchszentrum hatten sich die Oberhausener eine bessere Abschlussplatzierung erhofft. Einige Höhepunkte wie dem 3:2 Heimsieg gegen Preußen Münster, mit dessen Anhang noch ein Jahr zuvor der vergebens erhoffte Nichtaufstieg von RWE gefeiert wurde, oder dem 5:0-Sieg gegen die Kölner Amateure in der Rückrunde stehen blutleere Auftritte in Rödinghausen (0:5) oder in Wiedenbrück (1:5) gegenüber.
Dennoch bot diese Spielzeit ein ganz besonderes Bonbon für außenstehende Fußballfans. Hajo Sommers, Vorstandsvorsitzender von RWO und Freund aller Essener Fußballfans, schoss besonders scharf gegen den Konkurrenten aus Kaan-Marienborn, die in der Abschlusstabelle zwei Plätze vor seinem Klub landeten. Er warf dem Verein aus dem Siegerland vor, mehr in Beine als in Steine, sprich in Gästetoiletten und Presseplätze, investiert zu haben. Daraufhin witterten die Beschuldigten eine Verschwörung, bei der Herr Sommers wie Lieschen Müller bei der Lehrerin, bzw. beim Verband, gepetzt hat und verkündeten ihren Rückzug aus der Regionalliga West. In der Sache mag Hajo Sommers recht haben, auch in Essen wundern sich die meisten Zuschauer über das spielerische Potential dieser „Dorfvereine“. Allerdings hat er in den letzten Jahren vergessen, seinen eigenen Gästebereich im Niederrheinstadion gründlich zu inspizieren und seinen Spielern mitzuteilen, dass sie ab sofort nur noch in Oberhausen für eine warme Mahlzeit und eine Flasche Wasser in der Woche spielen müssen.
Sportlich müssen die RWO-Fans die Pokalserie feiern, als ob sie kurz vor dem Gewinn des Europapokals stehen und RWE nur mit viel Dusel im Finale dabei sein darf. Bei näherer Betrachtung wird dieses Bild vor allem durch den 2:1-Sieg gegen den MSV geprägt, der mit Sicherheit hoch anzurechnen ist, allerdings befanden sich die Duisburger wahrscheinlich in ihrer schwächsten Saisonphase. Der KFC Uerdingen konnte eine Runde danach nur nach einem großen Kampf im Elfmeterschießen bezwungen werden. Die unterklassigen Teams aus Mettmann und Ratingen mussten wie der MTV Hamborn ihr Heimrecht aufgeben und wurden im Oberhausener „Wohnzimmer“ bezwungen. Ratingen lag dabei knapp 60 Minuten lang vorne, erst mit einer Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit konnte RWO die deutlichen Siege einfahren. Der Vergleich, wer jetzt nun wie viel Spielglück oder das leichtere Programm hatte, spielt am Samstag sowieso keine Rolle mehr.
Personell kann RWO fast aus dem Vollen schöpfen. Tobias Boche wird aufgrund eines Mittelfußbruches fehlen, Tanju Öztürk und Anton Heinz sind angeschlagen, werden aber höchstwahrscheinlich in Essen dabei sein. Trainer Terranova, der sich nach dem Spiel von der Mannschaft verabschieden wird und in das Oberhausener Nachwuchszentrum wechselt, gab dem ehemaligen Essener Kapitän Davari im Tor eine Startplatzgarantie. Zudem werden mit Dorow, Propheter und Kreyer ehemalige RWE-Spieler mitreisen. Egal mit welcher Aufstellung die Oberhausener an der Hafenstraße auflaufen werden, sie werden mit viel Einsatz und Leidenschaft die Rolle des Underdogs annehmen und alles versuchen, um RWE vor größere Probleme zu stellen.
Fazit und über den Tellerrand geschaut: Der Finaltag der Amateure
Das Spiel in Essen wird wahrscheinlich der große Straßenfeger sein. Allerdings bietet der „Finaltag der Amateure“ noch weitere spannende Begegnungen. Im Saarland spielen die Ligakonkurrenten von RWE, der FC Saarbrücken und der SV Elversberg, gegeneinander. Beide sind aber durch das Abschneiden in der Liga bereits für den DFB-Pokal qualifiziert, so dass sich der FC Homburg über das dritte Ticket für das Saarland freuen durfte. Weitere Drittligisten, die noch in die Hauptrunde einziehen können, sind Neumitglied VfB Lübeck (gegen Weiche Flensburg), der Hallescher FC (gegen Einheit Wernigerode), der VfL Osnabrück (gegen Atlas Delmenhorst, durch den Aufstieg in Liga 2 aber bereits qualifiziert), Viktoria Köln (gegen den 1. FC Düren) und der FC Ingolstadt (gegen Illertissen). Fußballkenner freuen sich außerdem über die Duelle Carl-Zeiss Jena gegen Wacker Nordhausen (Thüringen), Stuttgarter Kickers gegen Balingen (Württemberg) und Lokomotive Leipzig gegen den Chemnitzer FC (Sachsen). Außerdem kann RWE-Kadermitglied Fabian Rüth mit RW Koblenz (gegen TuS Immendorf) den Rheinlandpokal gewinnen.
Den Wert der Partie gegen Oberhausen darf nicht unterschätzt werden. Die Einnahmen aus der ersten Hauptrunde werden RWE helfen, sich in der Dritten Liga sportlich weiter zu etablieren. Das gewohnte Understatement aus Oberhausen sollte keinen Glauben geschenkt werden. Auch RWO braucht Geld, um den ambitionierten Konkurrenten aus Aachen, Wuppertal und Rödinghausen Paroli bieten zu können. An dieser Stelle muss vor RWO nicht mehr gewarnt werden, jeder an der Hafenstraße weiß, was für ein unangenehmer Gegner der Nachbar sein kann. Wenn es aber RWE schafft, den grauen Ligaalltag vergessen zu machen und sich auf die spielerischen Stärken, z. B. das schnelle Umschaltspiel über Young und Ennali, zu konzentrieren, wird RWO früh in die Schranken gewiesen. So ein Spielverlauf wäre Balsam auf die Seele der zurzeit nicht verwöhnten Essener Fans, die ihr Übriges dazu beitragen werden, ihre Mannschaft zum Pokalsieg zu führen.
In diesem Sinne: NUR DER RWE
Pascal Druschke