Vorbericht
Haferkamp vs. Murot – Der spannende Tatort „Hafenstraße“ am Samstagnachmittag
Die Enttäuschung nach der Niederlage in Saarbrücken war groß. Zwar war jedem im Vorfeld bewusst, dass die Trauben im Saarland hoch hängen, aber dennoch bleibt auch fast eine Woche nach dem Spiel das Gefühl, es wäre mehr drin gewesen. Das Feld unten ist näher zusammengerückt und der Vorsprung auf die Abstiegsplätze gesunken. Jetzt muss wieder auf die Heimstärke gebaut werden, auf die bislang im Jahr 2023 Verlass war.
Allerdings wartet mit Wehen wieder einmal eine Spitzenmannschaft auf unseren RWE. Im Hinspiel zeigten aber unsere Jungs, dass auch die Hessen nur mit Wasser kochen. Die 3:1-Niederlage aus dem Hinspiel gilt es wettzumachen und bislang folgte nach den letzten Niederlagen auswärts in der Regel eine positive Reaktion an der Hafenstraße.
Das Personal
Schlimmer als die Niederlage gegen Saarbrücken wiegt fast noch der Ausfall von Björn Rother. Der Defensivkünstler war in den letzten Wochen zu einer festen Säule im Spiel der Essener gereift und bewies auch noch Torgefahr. Seine Rückkehr wird erst beim nächsten Heimspiel gegen Freiburg II erwartet. Er wird mit hoher Wahrscheinlichkeit durch Niklas Tarnat ersetzt, der vor allem im defensiven Part die bestmögliche Alternative darstellt. Sollten nicht wieder ungeahnte Experimente in der Taktikküche unseres Cheftrainers stattgefunden haben, würde Bastians wieder nach hinten rücken und dafür Götze zusammen mit Tarnat ein Duo im defensiven Mittelfeld bilden, wobei Ersterer auch seine Offensivqualitäten zur Geltung kommen lassen kann. Michel Niemeyer ist leider keine Option für die Abwehr, da er immer noch wegen eines Faserrisses passen muss.
Während Aurel Loubongo aufgrund von Problemen mit dem Syndesmoseband nicht spielen kann, kehrt Torjäger Simon Engelmann endlich in den Kader von Trainer Dabrowski zurück. Allerdings wird „Engel“ nicht die Kraft haben, um ein neunzigminütiges Fußballspiel zu überstehen. Unser Coach bleiben nach Beobachtung der letzten Wochen nur die Alternative zwischen einer „falschen Neun“ mit Müsel und/oder Young oder dem zuletzt glücklos agierenden Berlinski. Jeder weiß aber, dass die Trickkiste von „Dabro“ sehr groß ist, aber es wäre schon sehr verwunderlich, wenn das Experiment „IV für MS“ noch einmal stattfinden würde.
Der Gegner: SV Wehen Wiesbaden (Tabellenplatz 4/50 Punkte/15 Siege/ 5 Unentschieden/8 Niederlagen/ 53:38 Tore / Differenz +15)
Gefühlt war Wiesbaden von Beginn der Saison 2022/23 aus der Spitzengruppe nicht weg zu denken. Das Hinspiel gegen den FC Saarbrücken war vielleicht eines der besten Duelle dieser Saison und unterstrich die Ambitionen beider Teams, aber vor allem die der manchmal etwas bieder wirkenden Wiesbadener. Allerdings stotterte in den letzten Wochen der Motor gewaltig. Nach einem guten Start in der Post-Katar-Phase mit 4 Siegen und einem Unentschieden stoppten die formstarken Auer den Lauf der Landeshauptstädter. Zwar gelangen klare Siege gegen Ingolstadt und Mannheim, aber vier Niederlagen in sechs Spielen erlaubte sich Wehen in dieser Saison bislang noch nie. Zur Ehrenrettung muss allerdings auch gesagt werden, dass es sich hierbei – abgesehen von Aue – ausschließlich um Spitzenteams gehandelt hat.
Wenn über die Wiesbadener gesprochen wird, kommt keiner an zwei Namen vorbei: Der eine ist Benedict Hollerbach, der statistisch in jedem zweiten Spiel trifft, und der andere ist Ivan Prtajin, der sogar noch eine bessere Quote (11 Tore aus 20 Partien) aufweisen kann. Letzterer stand aber in den beiden letzten Spielen nicht auf dem Platz, unter anderem aber auch aufgrund einer Gelbsperre. Allerdings darf die gesamte Mannschaft nicht unterschätzt werden, da zuletzt sogar mit Carstens und Reinthaler zwei Verteidiger für rot-schwarz erfolgreich waren.
Trainer Kauczinski hat eine sehr kompakte Mannschaft zusammen, die in den letzten Wochen häufig in einem 3-4-3 agiert hat. Ein Mittel für RWE könnte sein, das spielstarke Mittelfeld der Wehener mit Pässen auf den Außenbahnen zu überbrücken und mit einem schnellen Spiel zum Erfolg zu kommen, so wie es Saarbrücken vor zwei Wochen versucht hat. In dieser Situation sah sich die Dreierkette einem 1:1 ausgesetzt und der FCS kam so zu guten Chancen. Auch Mannheim probierte es über lange Bälle in die Schnittstellen zwischen den Verteidigern, was allerdings nur in den ersten 20 Minuten für Gefahr sorgen konnte.
Ein weiterer Pluspunkt könnte die dauerhaft angespannte Personallage der Hessen sein. Zudem fehlt Bjarke Jacobsen aufgrund seiner fünften gelben Karte. Der Mittelfeldspieler absolvierte immerhin schon 23 Partien für seine Mannschaft, davon 20-mal von Beginn an. Egal mit welcher Startelf die Wiesbadener auflaufen werden, sie werden stark genug sein, um in der dritten Liga oben mitzuspielen.
Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Dritten Liga
Zahlen können immer wieder unterschiedlich gelesen und interpretiert werden. Auch die sechs Punkte Abstand auf die Abstiegsplätze sind von negativer und positiver Seite zu betrachten. Oldenburg hat gegen zwei direkte Konkurrenten gewonnen und zeigte dabei auch keinen überragenden Fußball, der BVB II präsentiert sich weiter als Wundertüte der Liga und Halle betreibt einen immensen Aufwand, um nachher meistens mit einem Unentschieden am Ende des Spiels dazustehen. Außerdem bleibt die Frage, was Meppen, Zwickau und Bayreuth noch so im Tank haben. Solange RWE nicht an der 40-Punkte-Marke kratzt, bleiben dies die Mannschaften, auf die geachtet werden muss.
Halle spielt ausgerechnet zu Hause gegen den MSV. Auch wenn es weh tut, aber über einen Sieg der „geliebten“ Zebras würde sich kaum einer an der Hafenstraße beschweren. Die schwarz-gelben „Amateure“ treten erst am Sonntag bei den Sechzigern an, die ihre Form aus der letzten Woche gerne behalten können. Der VFB Oldenburg spielt zu Hause gegen Viktoria Köln, dies könnte das entscheidende Schlüsselspiel für die Nordlichter sein. Bayreuth (in Dresden) und Meppen (gegen Aue) haben schwere Aufgaben vor der Brust, Zwickau hat mit den schwächelnden Ingolstädter noch den „einfachsten“ Gegner der drei Schlusslichter zu Gast. Wer einen Blick auf das Aufstiegsrennen nehmen will, für den könnte das Spiel Mannheim vs. Osnabrück noch spannend sein, aber bitte erst nach dem Besuch an der Hafenstraße.
Das beste Mittel, um die Diskussion des Punkteabstands zu den Abstiegsrängen zu unterbinden, wäre es, selbst Punkte zu sammeln. Unsere Mannschaft hat dazu alle Möglichkeiten, allerdings muss ein anderes Gesicht als in Saarbrücken gezeigt werden, und zwar von der Mannschaft samt Trainerstab. Ziel muss es sein, nach dem Mannheimspiel an die 40-Punkte-Marke zu klopfen, um nicht unnötig in den letzten Spielen u. a. gegen Oldenburg, Zwickau und Halle unter Druck zu geraten.
In diesem Sinne: NUR DER RWE
Pascal Druschke
Spielbericht
Außer Spesen auch gegen Wehen nix gewesen. RWE unterliegt Wiesbaden mit 1:3
Genau wie im Hinspiel im Oktober des Vorjahres zog Fußball-Drittligist Rot-Weiss Essen gegen den aufstiegsambitionierten hessischen Mäzenklub Wehen-Wiesbaden mit 1:3 den Kürzeren. Für Wiesbaden trafen Johannes Wurtz vom Elfmeterpunkt (23.), Andy Wiegel egalisierte nach 42 Minuten für Essen, aber Brooklyn Ezeh traf im Gegenzug leider postwendend zur erneuten Gästeführung. Für die Entscheidung sorgte John Iredale (83.) mitten hinein in eine RWE-Drangphase. Trotz sehr engagierter rot-weisser Leistung war das unter dem Strich verdient. RWE unterlag dabei schlichtweg der größeren individuellen Klasse der Gäste und konnte in den entscheidenden Situationen das Matchglück einmal mehr nicht erzwingen. Dennoch war es keine schlechte Leistung der Hausherren.
Das Personal
Trainer Christoph Dabrowski stellte eine Dreierkette vor Jakob Golz im Tor. Rios Alonso und Felix Herzenbruch rahmten den diesmal zentral aufgebotenen Felix Bastians ein. Andy Wiegel und Oguzhan Kefkir besetzten die Außenbahnen. Im Mittelfeld sollte es kompakt zugehen. Clemens Fandrich und Niklas Tarnat sollten das Zentrum verdichten, Thomas Eisfeld das Spiel gestalten. Während Ron Berlinski eine klassische Neun gab, hatte Isi Young eine flexible Offensivrolle inne.
Nach 67 Minuten, es stand aus Essener Sicht 1:2 und RWE war gut am Drücker, erhörte Dabro die Forderung des Stadions nach der Einwechselung von Simon Engelmann. Engel kam für Isi Young und bildete nun mit Berlinski eine Doppelspitze. Engelmann setzte nach einem Kefkir-Freistoß sogleich eine Duftmarke per Kopf, der Ball strich knapp am langen Pfosten vorbei. Zudem ersetzte Kevin Holzweiler Thomas Eisfeld, was etwas überraschte, denn Clemens Fandrich war bis dato deutlich blasser als Eisfeld geblieben. Fandrich ging dann knapp 10 Minuten später zusammen mit Wiegel, Ennali und Müsel kamen, Essen war nun in der Formation noch offensiver, zudem spielte Felix Bastians mittlerweile den dritten Stürmer. Insgesamt konnten die Umstellungen leider wenig bewirken. Nach dem vorentscheidenden 1:3 ersetzte Luca Wollschläger noch Ron Berlinski positionsgetreu.
Die Pluspunkte
Auch wenn Wehen das Spiel verdient gewinnen konnte, überraschen manche Kommentare über ein chancenloses RWE doch etwas. Zumindest in der zweiten Halbzeit war Essen absolut auf Augenhöhe und fesselte die Wehener, die sich gefühlt sehr früh auf das reine Verteidigen verlegten, an und vor ihrer eigenen Box. Zumindest die ein oder andere gefährliche Flanke, wie gewohnt vor allem von Kefkir, flog in den Gästestrafraum und RWE hatte sicherlich nicht viele Chancen, aber durchaus gute Abschlüsse durch Engelmann und Wiegel, einmal rettete Wehen auf der Torlinie. Das Ausgleichstor durch Andreas Wiegel war durch Berlinski und Eisfeld klasse heraus kombiniert. Schade, dass RWE sich durch vermeidbare Fehler die Chance auf einen Punkt nahm und die 50:50 Entscheidungen des Referees wie seit Wochen konsequent gegen RWE liefen.
Die Knackpunkte
Insbesondere im ersten Spielabschnitt hatte RWE seine liebe Mühe und Not mit der Wucht der Gäste. Schon nach 20 Sekunden hatte Wiesbaden eine Riesenchance, nachdem Felix Bastians sich – wohl auch bedingt durch die orkanartigen Windböen – bei einem langen Schlag verschätzte und Jakob Golz klasse gegen Hollerbach retten musste.
Nach dem Rückstand durch einen in seiner Entstehung nicht berechtigten Strafstoß (siehe Aufreger) gab Golz auch in der Folgezeit den Spielverderber und vereitelte zweimal das fast sichere 0:2. Nachdem RWE den Respekt abgelegt und auch mal den Gang nach vorne eingelegt hatte, wurde deutlich, dass auch WW nicht unverwundbar ist. Umso ärgerlicher, dass RWE sich die günstige Spieloption mit einem Remis in die Pause zu gehen, dann selber nahm. Das Match war nach dem 1:1 kaum wieder angepfiffen, da war es ausgerechnet der frisch gebackene Torschütze Andreas Wiegel, der schlecht zum Ball postiert diesen per Kopf unglücklich über Mitspieler Rios Alonso genau in den Lauf von Wehens Brooklyn Ezeh verlängerte. Der konnte von Essens Restverteidigung nicht mehr gestellt werden, drang in die Box ein und verwandelte energisch. Der Treffer fiel 18 Sekunden nach Wiederanpfiff. So ging Wiesbaden doch noch in Führung liegend in die Kabine und Trainer Markus Kauczinski musste sich nicht damit beschäftigen, eine Führung wieder zu erarbeiten, sondern diese zu verwalten.
Wohl wissend um Essens Probleme, das Spiel machen und Tore erzielen zu können zog Wiesbaden sich im Schwerpunkt zurück. Das hätte auch schief gehen können, doch hatte der Tabellendritte sehr eindeutig die höhere individuelle Qualität auf dem Platz, auf die Kauczinski dann setzte. Nachdem RWE sich mal wieder die Zähne an einer kompakten Defensive ausgebissen hatte, machte der mit einem gebrauchten Tag ausgestattete Rios Alonso in der 83. Minute einen schweren Abspielfehler, den der eingewechselte John Iredale dazu nutzte, RWE endgültig den Stecker zu ziehen. Der Australier marschierte unbehelligt mit der Kugel am Fuß in Essens Box und lupfte das Leder über Golz hinweg in die Maschen. Diese Szene sagte fast alles. Iredale war allein auf weiter Flur, vier Abwehrspieler konnten ihn aber nicht stoppen. RWE wirkte in dieser Szene leider wie eine Schülermannschaft. Danach war der Drops gelutscht. Ob es nun eine angezogene Handbremse der Gäste war, die zum Sieg reichte, mag dahingestellt sein. Klar ist, dass das rot-weisse Spiel sehr engagiert, aber auch sehr fehlerlastig war. Zu fehlerlastig, um gegen ein Top-Team zu punkten.
Die Aufreger
Einmal mehr haderte RWE mit der Schiedsrichterleistung. Ob Enrique Rios Alonso bei seiner mit Elfmeter geahndeten Abwehraktion gegen Froese zunächst nicht doch auch den Ball getroffen hatte, ist das Eine. Das Andere ist, es hätte niemals zu diesem Zweikampf kommen dürfen. Essens Isi Young wurde zuvor klar erkennbar für Schiedsrichter Assad Nouhoum, der beste Sicht auf das eindeutig zu nennende Foulspiel hatte, im Mittelfeld weggecheckt und unfair vom Ball getrennt. Man kann das alles langsam wirklich nicht mehr begreifen, wie wirklich Woche für Woche jede entscheidende Spielsituation gegen RWE ausgelegt wird.
Immerhin sicherte sich Nouhoum, zuvor lange Zeit mit „Schieber“-Rufen bedacht, nach dem Schlusspfiff den Szenenapplaus des Publikums. Der Grund, Wiesbadens Ezeh konnte es sich warum auch immer nicht verkneifen, nach Spielende zuerst die Heimfans auf R5 und dann auf der Stehtribüne mit dumm zu nennenden Gesten zu verhöhnen. Ezeh ist sicherlich ein guter Spieler, darf aber menschlich noch dazu lernen. Nouhoum zeigte ihm dann jedenfalls für diese Respektlosigkeit gegenüber dem RWE-Publikum die gelbe Karte. Dafür wiederum gebührt dem Schiedsrichter Respekt, der nicht einfach über diese Aktionen hinweg sah und Präsenz zeigte.
Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Dritten Liga
Langsam wird es für Essen ungemütlich im Tabellenkeller. Nach nur einem Punkt aus den letzen vier Spielen und weiteren Ligaschwergewichten vor der Brust bricht rund um die Hafenstraße 97 A gewohnheitsmäßig Panik aus. Der Sensationssieg der Bayreuther in Dresden trägt da nicht zur Beruhigung bei. Meppens Erfolg gegen Aue ist dagegen sogar recht gut zu verschmerzen, denn die Emsländer bleiben dennoch deutlich auf Distanz und Aue in Schlagdistanz, ebenso wie Duisburg, dessen 2:2 in Halle ein gutes Ergebnis für RWE gewesen ist. Ob das Punktepolster auf die Abstiegsplätze auf 5 Punkte schmelzen wird, hängt davon ab, ob der BVB 2 am Sonntag bei 1860 Punkten können wird. Selbst wenn es so käme, ist das kein Grund alles in Frage zu stellen. Vor Saisonbeginn war klar, es geht nur um den Klassenerhalt. Übrigens hatte RWE auch in der Hinrunde nach der Partie gegen Wiesbaden 9 Punkte geholt, ebenso wie jetzt in der Rückrunde. Also sollten wir positiv bleiben, denn nach dem Hinspiel war RWE 9 Partien nicht mehr zu besiegen. Also, weiterhin gemeinsam die Ärmel aufkrempeln, irgendwann kommt auch das Matchglück zurück!
NUR DER RWE!
Sven Meyering