Vorbericht
Zeit für Wiedergutmachung auf der Schäl Sick
Wenn am Montagabend um 19:00 Uhr der Anpfiff im Sportpark Höhenberg erfolgt, liegt das Hinspiel zwischen Rot-Weiss Essen und Viktoria Köln sechs Monate und vier Tage zurück. Ein 1:4 stand am Ende auf der Anzeigetafel, RWE hatte im dritten Saisonspiel die Gegentreffer 8 bis 11 kassiert und nach dem 1:5 gegen Elversberg auch im zweiten Heimspiel nach der Rückkehr in den Profi-Fußball eine Klatsche bezogen.
Dass beide Teams in der Tabelle nur ein halbes Jahr später nur zwei Plätze und drei Punkte trennen und RWE sogar ein Polster von fünf Punkten auf die Abstiegsränge aufweisen kann, hätte zu diesem Zeitpunkt wohl kaum jemand für möglich gehalten – bei den Kölnern hatte man sich die Voraussetzungen zum Rückspiel jedoch anders vorgestellt.
Beim Thema „Heimspiel“ und „1:4“ denken die Gastgeber nämlich an ihr eigenes, letztes Spiel im Sportpark: Die deutliche Niederlage gegen Waldhof Mannheim war dabei die dritte Pleite in Serie und mit dem folgenden 1:1 bei Wehen Wiesbaden konnte die Viktoria nur einen von 12 möglichen Punkten nach der Winterpause holen. Dabei hatte man vor der ungewöhnlich langen Saisonunterbrechung eine Siegesserie gestartet und nach der Rückkehr von Ex-RWE-Spieler Mike Wunderlich sogar in Richtung der Aufstiegsränge geschielt. Bei nunmehr elf Punkten Rückstand auf den Relegationsrang dürfte die Elf von Olaf Janßen mittlerweile eher nach unten schauen, wo die Abstiegsränge jedoch noch komfortable acht Punkte entfernt sind.
Den schlechten Start ins neue Jahr sollte man auch nicht überbewerten, denn bei den Gegnern der Kölner handelte es sich ausschließlich um Teams aus dem Aufstiegsrennen. Nicht nur RWE hat demnach etwas gutzumachen, auch die Viktoria muss ihren Fans nach den jüngsten Misserfolgen etwas bieten und ein Abrutschen in der Tabelle verhindern.
Sicherlich nicht zum Nachteil der Rot-Weissen sind die Sperren von Niels Dietz und Patrick Koronkiewicz auf Seiten der Kölner, die diese sich nach Platzverweisen bei einer Rudelbildung in Wiesbaden einfingen. Neben dem Wiedersehen mit dem angesprochenen Mike Wunderlich wird mit Moritz Fritz ein weiterer, ehemaliger RWE-Spieler vermutlich in der Kölner Anfangsformation stehen – der ehemalige Kapitän der Hafenstraße spielt in der Dreierkette des Kölner 3-1-4-2-Systems. Dirigiert wird die Mannschaft weiterhin von Olaf Janßen, einem der Architekten des rot-weissen Misserfolgs während des letzten Ausflugs in den Profi-Fußball vor anderthalb Jahrzehnten. Wer im Rahmen des Köln-Besuchs einen Ausgleich für den durch das Wiedersehen mit Olaf Janßen erhöhten Blutdruck sucht, wird in unserem Liga-Guide fündig.
Christoph Dabrowski kann derweil personell fast aus dem Vollen schöpfen, mit Simon Engelmann fehlt lediglich ein Startelf-Kandidat, dazu kehrt Felix Götze zurück und wird das rot-weisse Offensivspiel beleben, das sich gegen Duisburg bereits stark verbessert zeigte (seit der Winterpause hat RWE jedoch noch kein Tor aus dem Spiel heraus erzielt). Die Qual der Wahl hat Dabrowski für gewöhnlich in der Mittelfeldzentrale, wo Fandrich und Tarnat nach einer guten Vorstellung gegen Duisburg auf Einsätze von Beginn an hoffen können.
Durch den Engelmann-Ausfall ist Ron Berlinski im Sturm gesetzt und dahinter könnte Felix Götze für Torben Müsel beginnen. Gegen die hoch stehenden Kölner wird auf den Flügeln Tempo gefragt sein, um in Umschaltsituationen Torgefahr erzeugen zu können, sodass möglicherweise Lawrence Ennali für Oguzhan Kefkir beginnt – an Isi Young führt nach zuletzt sehr überzeugenden Auftritten kein Weg vorbei. Für eine Änderung in der Viererkette vor Jakob Golz hat Dabrowski auch keinen Anlass, sodass eine höchstens leicht veränderte Duisburg-Elf in Köln die lang ersehnten drei Punkte und somit eine hoffentlich gelungene Revanche für das Hinspiel in Angriff nehmen wird!
Nur der RWE!
Dominik Gsell
Spielbericht
Montag, der 13., bringt RWE kein Glück – Unnötige Niederlage in Köln
Es war eine Mischung von Ärger und Entsetzen, die die Fans von Rot-Weiss Essen in Richtung Schlusspfiff befiel. Jeder Anwesende sah, dass diese Niederlage auf jeden Fall vermeidbar war, denn eine verunsicherte Viktoria leistete sich immer wieder Aussetzer. Leider zeigte RWE eine der schwächsten Saisonleistungen und verlor im Sportpark Höhenberg mit 0:1.
Erstmals zeigte sich das bisher so unzerbrechlich wirkende Band zwischen Mannschaft und Fans brüchig. So wurde die wieder einmal zahlreich angereiste Anhängerschaft zum Ende hin recht leise und es gab einzelne Pfiffe nach dem Abpfiff. All das ist einerseits verständlich, andererseits noch kein Beinbruch, dafür sollte ein solcher Auftritt aber unbedingt eine Ausnahme bleiben.
Das Personal
Christoph Dabrowski hatte nicht viel Grund zum Wechseln, so zeigte die Mannschaft gegen den MSV Duisburg trotz der anhaltenden Torflaute eine spielerisch ansprechende Leistung, auf die sich hätte aufbauen lassen. Der Trainer musste auf Oguzhan Kefkir verzichten, der angeschlagen ausfiel, und ersetzte diesen durch Felix Götze. RWE-Neuling Torben Müsel wechselte auf die rechte Außenbahn, während Isi Young über die linke Seite angriff.
Insgesamt enttäuschte ein Großteil der Mannschaft. Die Verteidigung machte ihre Sache, wie schon seit Wochen, mehr als ordentlich. Allerdings wurde es davor schon recht überschaubar. Hatte Clemens Fandrich in der Vorwoche noch bravourös seinen neu gewonnenen Stammplatz verteidigt, spielte er in Köln genauso unauffällig, wie bei seinen vorherigen Einsätzen. Allerdings konnte RWE auch über beide Außenbahnen keinen Druck erzeugen. Torben Müsels auffälligste Aktion war ein Konter, bei dem er trotz mehrerer Anspielmöglichkeiten den Ball einem Kölner Abwehrspieler zupasste. Isi Young schwächte RWE dann zusätzlich in der 68. Minute.
Insgesamt konnte Christoph Dabrowski auch mit seinen Wechseln keine neuen Impulse setzen. Der auffälligste war hier Meiko Sponsel, der Andreas Wiegel ersetzte, und der zunächst Vorstöße wagte, sich dann aber der übrigen Mannschaft anschloss. Lawrence Ennali, Björn Rother, Thomas Eisfeld und Luca Wollschläger konnten sich hingegen nicht auszeichnen.
Die Pluspunkte
Der Pluspunkt war die erste Viertelstunde. RWE begann aggressiv und versuchte zu diesem Zeitpunkt die Viktoria spielerisch zu bezwingen. Überhaupt agierte die Viktoria ungewöhnlich passiv in ihrem Heimspiel. Man sollte meinen, dass die durchaus bemerkenswerte Offensive, die noch mit Rückkehrer Mike Wunderlich veredelt wurde, zu mehr im Stande sein sollte. Allerdings konnte RWE aus der spielerischen Überlegenheit keine klare Torchance erspielen. Hier war die Viktoria deutlich auffälliger. Die Kölner spielten zwar nicht gut nach vorne. Waren sie aber vor dem 16er der Essener, spielten sie sich mit offensichtlich einstudierten Kombinationen immer wieder gute Abschlusspositionen.
Neben der wirklich gut agierenden Defensive war es einmal mehr Jakob Golz, der ein schlimmeres Ergebnis verhinderte. Eine Monsterparade gegen einen perfekt gesetzten Kopfball von Kölns Kapitän Christoph Greger verhinderte das 0:2. Hinzu kam ein blendend aufgelegter José-Enrique Rios Alonso, der gefühlt jedes Kopfballduell gewann und wie ein Fels in der Brandung die gegnerischen Angriffe weggrätschte.
Die Knackpunkte
„Wir wollen euch kämpfen sehen!“ – Man kann den Gesang belächeln, den die Kurven der Bundesrepublik nutzen, um ihre Unzufriedenheit auszudrücken, prinzipiell muss man in Teilen darauf eingehen. In der zweiten Hälfte machten einige Fans mit diesem Gesang ihrem Ärger Luft.
Zunächst einmal muss man festhalten, dass es dieser Mannschaft gestern und in den letzten Wochen sicherlich an verschiedenen Aspekten fehlte, aber der Kampf und den Einsatz, diese Grundtugenden kann man wirklich keinem Akteur absprechen. Nichtsdestotrotz muss man über den Auftritt am Montagabend sprechen:
RWE hat eine eher kleingewachsene Mannschaft, in der die großen Brecher Mangelware sind. Es ist psychologisch sicher erklärbar, wenn man unter Druck steht, mit Langholz zu arbeiten, allerdings beraubt sich eine Mannschaft wie die Essener damit jeglicher Chance auf einen Erfolg. Nicht nur die Viktoria hatte leichtes Spiel, sobald das spielerische Element aufgegeben wurde. Zu Beginn ärgerte Isi Young die Kölner Hintermannschaft mit seinen Soli, spätestens nach seiner Hinausstellung hatte man in der Abwehr aber keine Probleme mehr mit der RWE-Offensive.
Insgesamt wurde RWE von Minute zu Minute zusehends ängstlicher. Zeitweise hatte man den Eindruck, fühlten sich die Spieler am wohlsten, wenn sie gut bewacht von den Gegenspielern gar nicht erst angespielt werden konnten.
Die fehlende Torgefahr kommt noch dazu. Hier sollten nicht zu viele Hoffnungen auf Simon Engelmann gelegt werden, denn er allein kann dieses Problem nicht lösen. Ron Berlinski bemühte sich redlich, wurde jedoch kaum in Szene gesetzt. Das ganze Offensivspiel muss verbessert werden, damit der Regler das macht, was er am besten kann. Dabei werden nächste Woche auf jeden Fall Lawrence Ennali und Isaiah Young fehlen, und damit eine ganze Menge Tempo.
Da ein Fangesang nicht eine dialektische Beweisführung übermitteln kann, halfen die Anhänger sich mit dem „Kämpfen“-Gesang, um diesen Auftritt zu bewerten.
Der Aufreger
Der Aufreger für die RWE-Fans war sicher die gelb-rote Karte. Isaiah Young stieg bereits verwarnt hart bei seinem Gegenspieler ein und bekam die Ampelkarte. Über die zweite gelbe Karte kann man kaum streiten, Isi trifft seinen Gegner. Dass der Schiedsrichter nicht nur bei den Fouls mit zweierlei Maß gemessen hat, ist unerheblich, das Foul war gelbwürdig.
Die erste gelbe Karte war es nicht. Hier traf Young beim Zurückgehen den Ball, nachdem Freistoß gepfiffen wurde, allerdings schoss er den Ball weder weg, noch verhinderte er die Ausführung des Freistoßes. Mal davon abgesehen, dass solche Situationen auch in diesem Spiel mehrfach ungeahndet vorkamen, war das niemals gelb. Nun kann man sich darüber ärgern, dass die erste gelbe Karte ein Witz gewesen ist, so jung ist Young aber auch nicht mehr, als dass er nicht wüsste, wie man verwarnt in die Zweikämpfe gehen sollte. Der Spieler Isi Young wird sich mit einer Nacht Abstand aber sicher selbst am meisten über seine Aktion ärgern, mit der er die Mannschaft am Montag geschwächt hat und am kommenden Sonntag schwächen wird.
Fazit
Insgesamt ist die Ausgangslage weiterhin in Ordnung für Rot-Weiss Essen, da fast alle Mannschaften auf den hinteren Plätzen für RWE gespielt haben. Lediglich der SV Meppen konnte seinen ersten Sieg seit 17 Spielen feiern und gab die rote Laterne an den Halleschen FC ab. Nichtsdestotrotz ist der Meppener Sieg der wichtigste Wink. Es gibt in diesem Jahr nicht eine Mannschaft wie beispielsweise Havelse in der vergangenen Saison, die kaum Chancen auf den Klassenerhalt hat, geschweige denn vier davon. Meppen, Zwickau, Halle oder Bayreuth kämpfen wie die Löwen. Auf Rot-Weiss kommt noch eine ganze Menge Arbeit zu.
Man kann der Essener Mannschaft nicht nur den Kampf nicht absprechen, auch die spielerische Qualität ist zweifellos vorhanden. Es wirkt aktuell, als haben die späten Gegentreffer gegen Verl und Duisburg das Vertrauen in die eigene Stärke erschüttert. Schon in der Hinrunde bedurfte es eines Erfolgs gegen Erzgebirge Aue, bis das Team sich am eigenen Schopf aus der Negativspirale zog.
Dies braucht es nun erneut und am besten am kommenden Sonntag gegen die Zweitvertretung des BVB. Simon Engelmann und Oguzhan Kefkir melden sich bis dahin hoffentlich zurück und dann sollte es endlich wieder mit dem Toreschießen klappen. Dann kann man den Auftritt in Köln auch sofort zu den Akten legen.
Hendrik Stürznickel