Bei der Vorschlussrunde der Fußball-Weltmeisterschaften hat sich die Spreu vom Weizen getrennt. Nur noch ein Schritt steht zwischen den Mannschaften und dem Spiel um den begehrtesten Pokal der Welt.
Bei den bisherigen 22 WM-Endrunden hat die deutsche Mannschaft sagenhafte zwölf Halbfinalteilnahmen aufzuweisen. Viermal zog sie den Kürzeren und durfte dann nur um Platz 3 spielen, 8 Einzüge ins Endspiel stehen dem gegenüber.
Es gab dabei extrem legendäre Spiele, gleich zwei davon sogenannte Jahrhundertspiele gegen Italien 1970 und Frankreich 1982. Meistens ging es dabei ausgesprochen eng zu, doch 2014 erschütterte die DFB-Elf Brasilien und im Grunde die gesamte (Fußball) –Welt, als Jogi Löws kommende Weltmeister die gastgebende Selecao mit 7:1 in ihre Einzelteile zerlegten. Jawattdenn blickt zurück auf diese großen Fußballmomente.
WM 1982 in Spanien
08.07.1982 in Sevilla, Estadio Ramón Sánchez Pizjuán (70.000 Zuschauer), Anstoß 21.00 Uhr
Deutschland: Frankreich 8:7 nach Elfmeterschießen (1:1/3:3)
Aufstellungen:
Deutschland:
Schumacher – Briegel (97. Rummenigge), B. Förster, Stielike, K.-H. Förster, Kaltz – Breitner, Dremmler, Magath (73. Hrubesch), Littbarski – Fischer
Trainer: Derwall
Frankreich
Ettori – Bossis, Janvion, Tresor, Amoros – Giresse, Genghini (50. Battiston/60. Lopez), Tigana, Platini – Rocheteau, Six
Trainer: Hidalgo
Tore in der regulären Spielzeit und Verlängerung:
1:0 Littbarski (17.), 1:1 Platini (Elfmeter 26.), 1:2 Trésor (92.), 1:3 Giresse (98.), 2:3 Rummenigge (102.), 3:3 Fischer (108.)
Tore im Elfmeterschießen:
0:1 Giresse, 1:1 Kaltz, 1:2 Amoros, 2:2 Breitner, 2:3 Rocheteau, Stielike scheitert an Ettori, Six scheitert an Schumacher, 3:3 Littbarski, 3:4 Platini, 4:4 Rummenigge, Bossis scheitert an Schumacher, 5:4 Hrubesch
Das Drama von Sevilla! Große Fußballkunst, rohe Gewalt und Lotterie vom Elferpunkt, Deutschland steht im Finale!
Wer hätte das vor gut drei Wochen gedacht? Nach einem katastrophalen Start ins Turnier steht die deutsche Fußballnationalmannschaft im Finale der zwölften Fußball-Weltmeisterschaft in Spanien. Hatten die 120 Minuten inklusive Verlängerung bereits alles und leider auch mehr, was ein großes Fußballspiel benötigt, Stichwort Brutalo-Foul von Toni Schumacher an Patrick Battiston, so gab es im Elfmeterschießen noch die Sahne auf die Erdbeeren.
Zumindest für die siegreichen Deutschen und ihre Anhänger. Das Spiel gegen Frankreich wird keiner der Zuschauer im Stadion und an den TV-Geräten je vergessen. So schön und gleichzeitig so brutal kann Fußballs ein.
Das Personal und die taktische Ausrichtung
Gegen die spiel- und offensivstarken Franzosen wählte Jupp Derwall zunächst eine defensiv kompakte Aufstellung und ließ Innen eine Dreierkette mit den Försterbrüdern und Uli Stielike verteidigen, die Briegel und Kaltz als Außenverteidiger einrahmten. Breitner und Dremmler bildeten das Mittelfeldzentrum, offensiv auf den Außen begannen Felix Magath und Pierre Littbarski. In der Sturmmitte befand sich Klaus Fischer zunächst alleine.
Der Gegner Frankreich bot nominell einen Verteidiger weniger und weil Amoros und Janvion auf Außen fortwährend marschierten ein etwas präsenteres Mittelfeld auf und spielte zudem mit einer Doppelspitze. Um die Franzosen defensiv stärker zu binden ersetzte Derwall nach 73 Minuten Felix Magath durch Horst Hrubesch, nun spielte auch Deutschland mit einer Doppelspitze. Als es in der Verlängerung eng wurde, kam doch noch Kapitän Rummenigge ins Spiel, Briegel ging vom Feld. Nun war die deutsche Formation extrem offensiv und das sollte sich bezahlt machen, denn es gelang nicht nur das 1:3 aufzuholen, sondern die DFB-Elf hatte nach dem Ausgleich zum 3:3 bis zum Elfmeterschießen mehr vom Spiel.
Die Pluspunkte
Es war ein großartiges Fußballspiel, in der auch die deutsche Elf zeigte, dass sie alles andere als zu Unrecht in die Vorschlussrunde eingezogen war. Nach der verdienten 1:0 Führung und dem relativ frühen Ausgleich wogte das Match hin und her, es war nicht viel vom sonstigen Taktieren in solchen Partien zu spüren. Besonders die Moral der deutschen Mannschaft beeindruckte. Wer in einer Verlängerung mit zwei Toren in Rückstand gerät, danach ein reguläres Tor aberkannt bekommt (siehe Aufreger) und dann noch den Ausgleich markiert, hat unter dem Strich verdient gewonnen.
Frankreich wähnte sich bereits auf der Siegerstraße, doch Rummenigges Anschlusstor veränderte die Kräfteverhältnisse auf dem Feld wieder. Der Respekt vor dem deutschen Kapitän schien gewaltig und Frankreich, das zu Beginn der Extra-Time noch Katz-und Maus mit Deutschland gespielt hatte, bekam Pudding in den Knien. Das 3:3 war ein formvollendeter Treffer. Pierre Littbarski schlug die Flanke vom linken Flügel an den langen Pfosten, Kopfballungeheuer Horst Hrubesch stand hoch in der Luft und schloss nicht selber ab, sondern hatte den Blick für Klaus Fischer in der Mitte.
Der Kölner Mittelstürmer veredelte Hrubeschs-Vorlage per Fallrückzieher, ein Beleg, dass es mit der Doppelspitze Fischer-Hrubesch laufen kann. Verzweifelt raufte sich Frankreichs Kapitän Platini die Haare, er wusste, die Deutschen waren wieder da. Im Elfmeterschießen waren bis auf Stielike alle deutschen Schützen sicher. Besonders Pierre Littbarski leistete Großes. Erst tröstete Litti den am Boden zerstörten Uli Stielike über seinen Fehlschuss und informierte ihn dann jubelnd über den anschießenden Fehlschuss von Didier Six. Im Anschluss schoss die deutsche Nummer 7 den Ball so sicher ins Tor, wie es sicherer nicht mehr geht. Kurios der letzte Strafstoß von Horst Hrubesch. Wohl noch nie hat ein Elferschütze, erst recht nicht bei solch wichtigen Schüssen, die Kugel nicht selbst auf den Punkt gelegt. Das tat Schiedsrichter Corver, der „Lange“ guckte nur und zuckte mit den Schultern, als wollte er sagen, ja das passt. Wenig später passte sein Schuss ins französische Tor. Toni Schumacher hielt die beiden Elfer der Franzosen, die haltbar waren. Fertig ist das Finale.
Die Knackpunkte
Ein Jahrhundertspiel, als ein solches gilt dieses Halbfinale zurecht, braucht auch den ein oder anderen Schnitzer, um so spektakulär zu werden. Bei allen drei Gegentreffern sah die deutsche Abwehr nicht gut aus. Beim Elfmeter zum 1:1 klammerte Bernd Förster Dominique Rocheteau unnötig und provozierte den Pfiff von Corver. Marius Tresor erfreute sich bei seinem Tor zum 2:1 für Frankreich bei einem Eckstoß größter Freiheiten. Niemand fühlte sich für den aufgerückten Innenverteidiger verantwortlich, der mutterselenallein einschießen durfte.
Vor dem 1:3 wurde die deutsche Mannschaft beinahe vorgeführt, als der Ball vor dem Sechzehner solange hin und her gepasst werden konnte, bis Giresse dann einschoss. Eine solche Passivität rächt sich auf diesem Niveau. Nach dieser Szene, die Frankreichs Dominanz und deutsche Hilflosigkeit in diesem Spielabschnitt dokumentierte, war nicht abzusehen, wie schnell und gründlich sich das Blatt wenden sollte. Auch in der Situation, die zum brutalen Foul von Toni Schumacher an Patrick Battiston führen sollte, war die deutsche Elf schlecht gestaffelt und entblößte das Abwehrzentrum ohne Not.
Die Aufreger
Toni Schumacher gegen Patrick Battiston nach einer Stunde Spielzeit, da stockte allen Beteiligten und auch Unbeteiligten der Atem. Platini hatte genau in die deutsche Schnittstelle gespielt und Battiston strebte aussichtsreich dem deutschen Tor entgegen, nur noch gefolgt von Kaltz. Das konnte Deutschlands Torsteher nicht zulassen und wollte vermeintlich den Ball klären, bevor der Franzose diesen erreichen konnte, aber das ging gründlich schief, denn dafür stand Schumacher zu schlecht zum Ball. Battiston spielte den Ball vor Schumacher, bevor dieser ihn mit voller Wucht kurz vor der Box umnietete, Battiston brach sich einen Halswirbel und verlor mehrere Zähne.
Zum Glück nur das. Mit dieser rücksichtslosen Karate-Aktion hatte sich der deutsche Keeper Dunkelrot verdient, doch Schiedsrichter Corver sah keinen Regelverstoß und offenbar nur einen unglücklichen Zusammenprall. Schumacher hatte Battiston noch so irritiert, dass dieser den Ball nicht kontrolliert auf das deutsche Tor brachte und die Kugel rechts vorbeirollte. Großes Glück für Patrick Battiston, dass er sich nicht schwerer verletzte und großes Glück für Deutschland und Toni Schumacher, dass der Kölner Keeper weiterspielen durfte.
Mit einer weiteren Situation haderte dann Deutschland. Frankreichs 3:1 war gerade gefallen, da zeigte die deutsche Mannschaft einen Moment des Aufbäumens. Bernd Förster flankte aus dem rechten Halbfeld präzise, Fischer stahl sich im Rücken von Janvion frei und nickte ins lange Eck. Das war jedoch nicht der Anschlusstreffer, denn die Fahne des Linienrichters ging zu Unrecht hoch. Wer geglaubt hatte, das demoralisiere die deutsche Elf zusätzlich, sah sich jedoch getäuscht. Die Szene war eher ein Mutmacher und kurz darauf startete die Aufholjagd dann doch.
Fazit
Deutschland zieht zum vierten Male in ein Endspiel bei einer Fußball-Weltmeisterschaft ein. Die Mannschaft hat sich im Turnier kontinuierlich gesteigert und tat es auch in dieser dramatischen Nacht von Sevilla. Das Spiel schien verloren, aber Deutschland kam zurück wie Phönix aus der Asche. Diese Comeback-Qualitäten und die größere Eiseskälte vom Punkt bescherten am Ende den Sieg.
Über die Aktion von Toni Schumacher gegen Patrick Battiston redet die Welt aber leider genauso wie über das tolle Fußballspiel zweier großer Fußballnationen. Lange Zeit zur Regeneration ist nicht. Am Sonntag trifft Deutschland in Madrid auf Italien, das Polen im anderen Halbfinale durch zwei Treffer von Paolo Rossi schlagen konnte.
Blick zurück aus der Gegenwart – so lief die WM 1982 in Spaniennach der Vorrunde – Anekdoten rund um das Spiel gegen Frankreich
Wie die Vorrunde der WM 1982 in Spanien gelaufen war, hatten wir bereits mit unserem Rückblick auf das Spiel gegen Algerien beleuchtet. Nach diesem Spiel traute man der deutschen Mannschaft nicht mehr viel zu. Doch diese zeigte deutsche Tugenden und bei der Schande von Gijon gegen Österreich auch Untugenden und zog in die Zwischenrunde ein. Dort lauteten die Gegner Erzrivale England, man trennte sich 0:0, und Gastgeber Spanien.
Die heute als Furia Roja bekannte spanische Elf zeigte sich bei ihrer Heim-WM jedoch alles andere als furchteinflößend und spielte schon eine schwache Vorrunde. Die 1:2-Niederlage gegen die Deutschen, Littbarski und Fischer trafen, bedeutete in seinem ersten Spiel der Zwischenrunde für den Gastgeber bereits das Aus. Der Modus sah vier Dreiergruppen vor deren Sieger sich für das Halbfinale qualifizierten und Deutschland war nach dem Remis gegen England bereits uneinholbar enteilt. Deutschland aber musste im letzten Gruppenspiel zwischen Spanien und England darauf hoffen, dass sich die Gastgeber anständig aus dem Turnier verabschieden, nach der Schande von Gijon eine durchaus pikante Zuschauerrolle für die DFB-Elf.
England kam nicht über ein torloses Remis hinaus und so stand Deutschland im Halbfinale. Das Match gegen die Franzosen hat noch immer Legendenstatus. Das Spiel war großartig und dürfte gemeinsam mit dem 3:2 Erfolg des späteren Weltmeisters Italien über Brasilien das beste des gesamten Turniers gewesen sein. Die deutsche Nationalmannschaft von 1982 war stark, wenn sie ihre Leistung auf das Feld brachte. Es zeigte in Form der Brutalo-Attacke von Toni Schumacher gegen Patrick Battiston aber auch erneut die Schattenseiten der 82er Elf.
Während Battiston auf dem Feld behandelt wurde und man nur hoffen konnte, dass nicht etwas ganz Schlimmes passiert war, stand Schumacher am Fünfmetereck und jonglierte mit dem Ball. Diese Teilnahmslosigkeit nahm man dem Kölner Torhüter ganz besonders übel. Der französische Boulevard rastete förmlich aus, zog Weltkriegs-und Nazivergleiche und Schumacher musste so einiges über sich ergehen lassen, vieles davon unterhalb der Gürtellinie. Sogar die beiden Staatschefs Helmut Schmidt und Francois Mitterand schickten sich Telegramme über diesen Vorfall. Schumacher, der laut damaliger französischer Presse eine Bestie sei, gibt heute an, nicht hingegangen zu sein, damit die Situation nicht völlig eskalieren würde.
Nach dem Spiel kam es zum nächsten „Missverständnis“. Ein Journalist teilte Schumacher mit, dass Battiston einige Zähne verloren habe und es ihm ansonsten ganz gut ginge. Der deutsche Nationalkeeper antwortete, wenn es nur das sei, bezahle er ihm die Jacketkronen, was Schumacher als Ausdruck seiner Erleichterung verstanden haben wissen wollte. Wie auch immer es gemeint war, befeuerte das natürlich den Shitstorm gegen die deutsche Nummer 1 weiter. Diese zeigte sich jedoch im vorhergegangenen Spiel nach der verheerenden Aktion unbeeindruckt und parierte gleich zwei Strafstöße im entscheidenden Elfmeterschießen.
Nun wurde es für die unterlegenen Franzosen natürlich noch unerträglicher, dass Schumacher keinerlei Sanktion durch den niederländischen Schiedsrichter Charles Corver erfahren hatte und einfach weiterspielen durfte. Für diese französische Spielergeneration ist die Nacht von Sevilla unvergessen und nach wie vor hadern sie damit, dass Schumacher keine Rote Karte gesehen hatte. Das ist vollkommen nachvollziehbar, ebenso jedoch muss bilanziert werden, dass Frankreich nach einer 3:1-Führung in der Verlängerung alle Trümpfe in der eigenen Hand hatte, jedoch noch zwei Tore kassierte und im Grunde sogar drei, denn Fischers nicht gegebenes Kopfballtor war regulär gewesen.
Der Wendepunkt war der 2:3 Anschlusstreffer für Deutschland durch Karl-Heinz Rummenigge. Der deutsche Kapitän saß verletzt auf der Bank und sollte eigentlich nicht spielen, was natürlich eine große Schwächung für die Derwall-Elf darstellte. Rummenigge kopierte in der Verlängerung dann Günther Netzer, der sich im DFB-Pokalfinale 1973 quasi selbst eingewechselt hatte. Nach 97 Minuten, Deutschland lag 1:2 hinten, habe Rummenigge, so schilderte er im TV-Interview unmittelbar nach dem Spiel, Derwall nur gesagt, dass er jetzt reingehe, als Briegel vom Feld musste.
Gesagt, getan. Zwar musste Rummenigge zunächst das für vorentscheidend gehaltene 1:3 durch Giresse mit auf dem Feld ansehen, doch dann zerstörte er mit seinem Treffer die französische Siegesgewissheit und schürte deutsche Zuversicht. Das Tor von Klaus Fischer zum 3:3 war nicht ganz so spektakulär wie sein Jahrhunderttor gegen die Schweiz von 1977, aber dennoch bildschön und wurde zum Tor des Jahres 1982 gewählt. Sehr schade, wie sehr diese tolle Partie immer wieder auf Schumachers Ausraster reduziert wird.
Toni Schumacher und Patrick Battiston trafen sich einige Wochen später unter großem Presserummel persönlich und der Franzose nahm die Entschuldigung des Deutschen an. Battiston gibt heute keine Interviews mehr. Er will nicht in der Erinnerung der Fußball-Welt darauf reduziert werden, dass er einst schwer gefoult worden war. In der Tat ist Battiston deswegen berühmter als wegen seiner großen Erfolge als Spieler, er war u.a. 1984 als Stammspieler Europameister mit Frankreich und 1986 WM-Dritter, in der französischen Liga steht Battiston auf Platz 7 der Rekordspieler und gewann diverse Male die Meisterschaft.
Umgekehrt ist wohl auch Toni Schumacher mehr als der böse Bube von Sevilla in Erinnerung geblieben und nicht als der Weltklassetorwart, der er war. Er galt als einer der professionellsten Spieler seiner Zeit, trainierte wie ein Wahnsinniger und arbeitete schon damals individuell mit einem Sportpsychologen. Dieser habe ihm beigebracht, er müsse im Spiel alles um sich herum ausschalten und wie ein Tiger sein, der die Beute, den Ball, immer im Blick habe. Daraus resultierte wohl aber auch eine gewisse ungesunde Übermotivation, die auch das Einsteigen gegen Battiston erklärte.
Im heutigen Torwartspiel, bei dem der Keeper im Grunde eine Art Libero spielt, der lange Bälle auch weit vor der eigenen Box klären kann und muss, wäre Platinis damaliger Zauberpass wohl nur ein zu lang geratener Pass gewesen. Anfang der 80er Jahre jedoch stand noch kein Schlussmann so weit vor seinem Tor wie heutzutage. Im Grunde hatte Schumacher keine Chance den Ball zu bekommen und auch Manni Kaltz hätte den französischen Angreifer noch stoppen bzw. ablaufen können. So holte sich der Tiger die Beute, die war aber kein Ball, sondern der Gegenspieler. Bei allem Bedauern, das Schumacher später über die Verletzung von Battiston geäußert hat, betonte er jedoch auch stets, dass er in einer vergleichbaren Situation dennoch wieder erneut so eingegriffen hätte.
Vier Jahre später führte der Fußball-Gott Deutschland und Frankreich erneut in einem Halbfinale zusammen. Nun wurde es eine klarere Angelegenheit. Bei der WM in Mexiko 1986 schlug die DFB-Elf die Franzosen in der regulären Spielzeit mit 2:0. Schumacher stand bei Deutschland im Tor, Battiston bei Frankreich auf dem Feld. Michel Platini musste sich erneut verzweifelt die Spielmacherlocken zerwühlen, er würde es jedenfalls nicht sein, der Frankreichs Sehnsucht nach einem WM-Titel stillen konnte, das gelang erst einem noch wesentlich größeren Spieler als Platini, Zinedine Zidane.
Nach beiden Halbfinalsiegen gegen Frankreich 1982 und 1986 verloren die Deutschen dann das Endspiel. In Madrid hatten sie im Finale von 1982 gegen Italien am Ende keine Chance, zur Pause stand es noch 0:0, doch in der zweiten Hälfte zogen die Azzuri mit 3:0 davon, Paul Breitner betrieb nur noch Ergebnis-Kosmetik. Breitner ist bis heute der einzige deutsche Spieler, der in zwei verschiedenen WM-Finals einen Treffer erzielt hat. Das Drama von Sevilla dürfte der deutschen Mannschaft im Finale in den Knochen gesteckt haben. Bis heute ist es in den Köpfen der Fußball-Welt. Als eines der größten und meist diskutiertesten Matches der WM-Geschichte.
Sven Meyering