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2023/2024 – 3. Liga

Arminia Bielefeld – Rot-Weiss Essen (1:1)

Trotz guter Chancen in der zweiten Hälfte erkämpfte Rot-Weiss Essen auf der Bielefelder Alm ein 1:1 Unentschieden, bei dem Cedric Harenbrock das Tor des Tages auf Essener Seite markierte. Die Spielanalyse des schlussendlich leistungsgerechten Remis ist online.

Vorbericht

Sehen wir uns nicht in dieser Welt, so sehen wir uns in Bielefeld! RWE vor elektrisierendem Westderby!

Essen ist derzeit in Feierlaune. Beim 4:1 Derby-Erfolg gegen den MSV Duisburg, der den alten Rivalen fast schon ins Amateurlager stürzte, zauberte die Dabrowski-Elf ein strahlendes Lächeln in die Gesichter ihrer Fans und kreative Songs und Melodien auf deren Lippen. Unter der Woche sicherte man sich im Halbfinale des Niederrhein-Pokals das Finalticket gegen den Oberligisten Ratingen. Essen siegte nicht glanzvoll aber ungefährdet mit 3:1. Aber RWE will mehr! Begleitet von über 3.000 Anhängern reist der rot-weisse Tross nun in den Teutoburger Wald und will dort erfolgreicher sein als einst die Truppen des römischen Generals Varus. Ein Sieg auf der Bielefelder Alm und der Fußballhimmel über Essen wird voller rot-weisser Geigen hängen. Doch der Auftakt zu einem Auswärts-Hattrick, der RWE unnötigerweise durch die Fairplay-Abteilung des DFB beschert wurde, wird hart werden, denn Gegner Arminia Bielefeld kann mehr, als es die Tabelle verrät.

In der Nachspielzeit erzielte Ron Berlinski das Siegtor gegen Bielefeld.

Das Personal und die taktischen Optionen

Trainer Christoph Dabrowski kann beim Gastspiel in der Schüco-Arena aus dem Vollen schöpfen. Außer den Langzeitverletzten Eric Voufack und Ekin Celebi stehen dem Trainer alle Spieler fit zur Verfügung, zudem haben Ron Berlinski und Andy Wiegel ihre Sperren abgesessen. Im Grunde ist in der Essener Start-Formation nur ein Platz strittig. Beginnend mit den unstrittigen Positionen wird Jakob Golz, der auch gegen den MSV wieder mit zwei starken Paraden überzeugte, das Essener Tor hüten.

Die Innenverteidigung bilden die immer besser aufeinander eingestellten Felix Götze und Enrique Rios Alonso, Derbydoppelpacker Lucas Brumme wird links verteidigen und powern. Wie wird sich das Trainerteam auf der rechten Außenverteidigerposition entscheiden? Lange Zeit musste Andreas Wiegel sich dort hinter Eric Voufack einordnen, seit der verletzt ist, war Wiegel dort wieder Stammkraft. Gegen Duisburg agierte aufgrund von Wiegels Gelbsperre dort aber Youngster Nils Kaiser, der für diese Rolle in der spielfreien Zeit vor dem Derby „ausgebildet“ worden war. Kaiser machte seinen Job gut und könnte daher erneut auf der eigentlich ungewohnten Position starten. Wer Christoph Dabrowskis Faible für junge Spieler kennt, vermutet eher die mutige Variante mit Nils Kaiser. Jedenfalls hat Essen hier nun wieder Optionen.

Im Mittelfeld hat RWE seinen alten Dominator wiedergefunden, Kapitän Vinko Sapina ist mittlerweile wieder in sehr guter Verfassung, war Torschütze, Denker und Lenker gegen den MSV. Torben Müsel macht seinen Job als verkappter Sechser immer besser, kreative Momente gibt es weiterhin von Cedric Harenbrock, der im Derby seine Qualitäten mit einem Zuckerpass in die Tiefe, der zum Elfmeterfoul an Marvin Obuz führte, unter Beweis stellte. Essens Topscorer Obuz soll Bielefelds Linksverteidiger Christopher Lannert das Leben schwermachen, auf der rechten Seite soll Isi Young wirbeln.

Im Angriff spricht vieles für Moussa Doumbouya, der in den letzten drei Ligaspielen vier Treffer erzielte. Zwei davon waren perfekt gesetzte Elfmeter. Wer Doumbouya aber auf das eiskalte Verwandeln von Penaltys reduziert, tut Moussa Unrecht. Zum einen arbeitet er immer besser in der Defensive und unterstützt bei Standards. Gegen Duisburg räumte Essens 29 diverse gegnerische Eckstöße per Kopf aus der eigenen Box, das Attribut defensive Kopfballstärke dürfte auch gegen Bielefeld nicht unwesentlich werden. Zudem haben ihm seine Tore Selbstvertrauen verliehen. Im Spiel hängt er zwar manchmal durch, dann wiederum gelingt es ihm, schwierige Bälle festzumachen.

Doch auch Leo Vonic ist sofort da, wenn er als Joker ins Spiel kommt. So bleibt Ron Berlinski wohl nur Rang 3 im Stürmer-Ranking. Insgesamt war es um die Formkurve des Essener Angriffs in dieser Spielzeit schon schlechter bestellt als aktuell. Das belegen auch 24 Treffer in 12 Rückrundenspielen, in der gesamten Hinrunde erzielte RWE 25 Tore. Zuhause klappt das aber deutlich besser als in fremden Gefilden, sodass Essen hier nun ebenfalls zünden muss.

RWE wird wie immer sein Spiel machen und sich auch auf der Alm nicht verstecken wollen. Aber auch die Zweikämpfe, in denen der MSV Essen zuletzt nicht mit Vehemenz verwickelte, wird man annehmen und gewinnen müssen. Gelingt es RWE, die Führung zu erzielen, wird das das Selbstbewusstsein der angeknacksten Arminia nicht erhöhen.

José-Enrique Rios Alonso ist auch in Bielefeld gesetzt.

Der Gegner: DSC Arminia Bielefeld (Tabellenplatz 15/ 32 Spiele/ 37 Punkte/ 9 Siege/ 10 Remis/ 13 Niederlagen/ 43:44 Tore/ Differenz: -1)

Vor dem letzten Aufeinandertreffen in Essen hatte RWE als damaliger Tabellenfünfter 21 Zähler auf der Habenseite und die Arminia als 11. der Tabelle 18 Punkte geholt. RWE gewann bekanntlich dramatisch mit 2:1 und der Trend dieses Spiels setzte sich in der bisherigen Restsaison fort, in der sich die Wege beider Teams deutlich getrennt haben. Mittlerweile hat RWE 13 Zähler mehr auf dem Punktekonto als die Ostwestfalen und ihnen gegenüber sogar noch ein Spiel in der Hinterhand. Essen schielt noch auf den Relegationsplatz 3, Bielefeld spürt hingegen den Atem der Abstiegskonkurrenz nach wie vor im Nacken.

Noch trennen nur 5 Zähler die Kniat-Elf vom Halleschen FC, der mit 32 Punkten den ersten Abstiegsrang 17 innehat. Ein Fall in die Regionalliga West wäre ein beispielloser Absturz für den Verein, der im Sommer 2022 noch Bundesligist gewesen war. In dieser Saison sollte nach einem Doppelabstieg, am Ende der Spielzeit 2022/23 unterlag die Arminia Wehen-Wiesbaden in der Relegation und stieg aus Liga Zwei ab, endlich wieder für positive Schlagzeilen gesorgt werden. Zwar formulierte Bielefeld das Ziel nicht öffentlich offensiv, aber allenthalben rechnete die Fußball-Welt schon damit, dass die Schwarz-Weiß-Blauen im oberen Tabellendrittel Stammgast werden würden. Es kam ganz anders.

Nach zumindest solider Vorrunde ziert die Arminia in der Rückrunde das Tabellenende, nur 12 Zähler aus 13 Partien und damit 8 weniger als RWE in 12 Partien holte, gelangen der Kniat Elf in diesem Kalenderjahr. Besonders Zuhause knirscht es im Gebälk. Lediglich der Punktelieferant aus Duisburg ließ die vollen 3 Zähler in Bielefeld, der 2:0 Erfolg war am Ende womöglich der Schlüssel zum Klassenerhalt.

Die Leistungen der Arminia und die Kader-Qualität erscheinen dabei nicht kongruent. Es ist keine günstige Truppe, die Mitch Kniat zur Verfügung gestellt bekam und mit der er bislang enttäuschte. Exemplarisch seien drei Spieler genannt, die für das Nichtzünden der Ostwestfalen sinnbildlich sind. Mittelfeldakteur Nassim Boujellab wird von seinem Coach Erstligatauglichkeit ausgestellt, was ihn zuletzt aber nicht vor der Bank bewahrte. Dasselbe Schicksal teilt der linke Außenbahnspieler Niklas Shipnoski, der vor Saisonstart Begehrlichkeiten bei vielen Ligakonkurrenten geweckt hatte, aber von der Arminia unbedingt gewollt wurde. Auch Shipnoski ist aktuell nur Ersatz, steuerte aber immerhin 4 Tore bei.

Manuel Wintzheimer kam vor Saisonbeginn von Eintracht Braunschweig nach Bielefeld und galt mit über 100 Zweitligaeinsätzen als Art Königstransfer für den Sturm, wo Wintzheimer Altmeister Fabian Klos eigentlich als Stammspieler substituieren sollte. Während Klos mit 9 Toren und weiteren 6 Scorerpunkten auf seiner Abschiedsgala, im Sommer ist Schluss für die Allegorie einer Neun, aber immer noch abliefert und gefährlichster Armine ist, enttäuscht Wintzheimer. Ein einziger Treffer steht für ihn zu Buche.

Am Ende wollen über 3.000 Essener Fans mit ihrer Mannschaft feiern.

Das ist grundsätzlich ein Problem der Arminen, die sich häufig viele Torchancen erspielen, aber im Abschluss zu ungefährlich sind. Und ist manchmal undiszipliniert. Der japanische Mittelfeldwirbler Kaito Mizuta lieferte sich kürzlich erbitterte Zweikämpfe vor einer Bielefelder Discothek, und zwar mit den Türstehern, die den Alkoholpegel Mizutas als zu hoch einstuften. Der eigentlich erlesene Kader hat noch immer nicht wirklich zusammengefunden.

Dabei erhielt Kniat in der Winterpause mit seinem einstigen Kapitän beim SC Verl Mael Corboz noch einen weiteren Wunschspieler dazu. Auch Corboz kommt nur langsam in Schwung und ist noch nicht derselbe Spieler wie in Verl. Zudem lässt sich Bielefeld häufig auf den letzten Metern die Butter vom Brot nehmen, im Hinspiel in Essen unterlag man zu Beginn der Nachspielzeit und auch in Lübeck und ganz frisch in Ingolstadt ließ man sich sogar Last-Second-Treffer einschenken und Punkte nehmen. RWE hat umgekehrt vor allem auf den letzten Metern Puncher-Qualitäten und kann diese Schwäche womöglich nutzen.

Dennoch wartet ein sehr schweres Auswärtsspiel auf RWE. Zumindest potenziell. Denn wenn die Arminen vor vollem Haus ihr bestes Gesicht zeigt, wird es für jeden Gegner schwer. Im Hinspiel zeigten die Bielefelder, dass sie nicht lange fackeln, um die Kugel in die gegnerische Box zu bringen und oft schon eine Variante aus dem Halbfeld wählen, da Essen zeitgleich auf den defensiven Flügeln grundsätzlich verwundbar ist, muss die Dabrowski-Elf hier besonders wachsam sein.

Grundsätzlich kann Bielefeld mit seinen diversen technisch beschlagenen Spielern auch gut ins Umschaltspiel, gerade gegen Duisburg wurden solche Gegenstöße aber auch häufiger zugunsten einer Variante der Ballsicherung abgebrochen. Ein Anzeichen dafür, dass der Gegner nicht auf der vollkommenen Höhe ist. Gegenwind wird RWE aber von den heimischen Rängen bekommen. Die Arminen-Fans stehen trotz gefühlt fast dreijähriger Dauerkrise hinter ihrer Mannschaft. Vor dem richtungsweisenden Match gegen den MSV Duisburg wurde der Mannschaftsbus bei Ankunft am Stadion von einer großen Menge an Fans empfangen. Das verdient großen Respekt. Atmosphärisch wartet auf RWE ein ähnlich aufgeladenes Auswärtsspiel wie man es aus Duisburg oder Dresden kennt.

Marvin Obuz fehlt nur eine Torbeteiligung, um Topscorer der Liga zu sein.

Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Dritten Liga

Rot-Weiss Essen steht in Bielefeld vor einem elektrisierenden West-Derby. Die gut 3000 Tickets für Essener Anhänger waren einmal mehr in Rekordzeit vergriffen. Der rot-weisse Anhang ist heiß wie Frittenfett auf die Partie. Mit einem Siegescoup am in dieser Saison alles andere als uneinnehmbaren Teutoburger Wald dürfe RWE weiter träumen. Auch die Heimtribünen werden gut gefüllt sein. Für die Arminia geht es noch immer darum, den Abstiegshattrick zu vermeiden.

Ganz im Zeichen dieses Abstiegs steht die freitägliche Spieltagseröffnung zwischen dem MSV Duisburg und Waldhof Mannheim. Nach der 1:4-Derby-Klatsche an der Hafenstraße feierten die Essener Fans den Duisburger Abstieg fast mehr als die einmal mehr überzeugende eigene Mannschaft. Dabei ist der Gang in die Regionalliga West für die Zebras „erst“ zu 95% sicher. Sprichwörtlich leben Totgesagte länger. Ob das auch für Mausetote gilt? Mit einem Sieg könnte der MSV den Abstand auf den direkten Konkurrenten Mannheim auf 5 Punkte verkürzen. Selbst dann würde es sehr schwierig, den Karren aus dem tiefen Meidericher Dreck zu ziehen. Die Waldhöfer werden solche Spekulationen gar nicht erst aufkommen lassen wollen. Die Antwerpen-Elf liefert seit einiger Zeit ab, mit einem weiteren Erfolg wäre Mannheim wohl seiner Sorgen schon ledig.

Am Samstag richten sich die Essener Augen vor allem nach Ulm und Saarbrücken. Der SSV Ulm 1846 empfängt als Tabellenzweiter den Dritten Preußen Münster. Ein Aufsteiger-Duell um den Aufstieg. Während die Spatzen ziemlich konstant ihr Programm abgeklärt herunter spulen, erlitten die Adler nach toller Siegesserie einen herben Dämpfer gegen Tabellenführer Jahn Regensburg. Auch die freche Spatzenhorde wird dem Adler womöglich aufs Gefieder koten.

In Saarbrücken geht nach dem Sieg in Dresden dann auf einmal doch wieder alles. Selbst auf dem Rasen im Ludwigspark. Der stets faire und fürsorgliche DFB sieht keine Probleme mehr in der stetigen Belastung des Multifunktionsfeldes, das auch als Abenteuerschwimmbad nutzbar ist. Am Mittwoch dieser Woche empfingen die Saarländer zur Nachholpartie die Spielvereinigung Unterhaching, nur drei Tage später wird auf dem über Nacht zum Premiumrasen mutierten Geläuf nun Fußball gegen den wieder härteren Aufstiegsanwärter SV Sandhausen gespielt. Generell hat der 1. FC Saarbrücken zwischen dem 10.04 und 24.04 vier Heimspiele darauf auszutragen. Von einer Ausweichspielstätte ist dennoch keine Rede mehr. Ein ganz böser Schelm, wer Böses dabei denkt. Nach dem Sieg im Nachholspiel gegen Unterhaching (2:1) schielen die Saarländer in eine sehr ähnliche Tabellenregion wie RWE.

Aue muss nach Verl. Während man in Ostwestfalen die Saison gesichert ausklingen lassen kann, benötigt der Holzmichel einen Dreier, um noch auf Platz 3 hoffen zu dürfen. Nordlicht VFB Lübeck reist nach Bayern, das Spiel in Unterhaching ist wohl eher Teil einer Liga-Abschiedstournee, Lübeck ist sogar schlechter als der MSV Duisburg. Anders sieht es noch beim Halleschen FC aus. Dort hat Neu-Coach-Michael Reisinger seine Premiere gegen Ulm verloren, bei Viktoria Köln müssen Punkte her, um noch Chancen auf den Klassenerhalt zu haben.

Am Sonntag gibt es das Bayern-Derby zwischen Regensburg und 1860 München. Der Jahn hat sich wieder gefangen und strebt dem Wiederaufstieg entgegen, die Löwen sind aus dem Gröbsten raus. Vielleicht kommt man lässig zu einer Überraschung. Nach dem Auftritt unserer Jungs auf der Alm beschließen der SC Freiburg II und Dynamo Dresden den Spieltag am Sonntagabend. Freiburg ist nahezu sicher abgestiegen, der Top-Favorit aus Dresden eilt in der Rückrunde von Misserfolg zu Misserfolg und ist dort nur Vierzehnter der Tabelle, um den Aufstieg muss man ordentlich zittern. In Elbflorenz liegen die Nerven blank, Kapitän Kutschke bekam von geistig erkrankten Anhängern sogar Morddrohungen, der Ausflug in das beschauliche Breisgau kommt da vielleicht ganz recht.

Das Essener Motto hingegen lautet: Sehen wir uns nicht in dieser Welt, so sehen wir uns in Bielefeld! In diesem Sinne bis Sonntag und

NUR DER RWE!

Sven Meyering

Spielbericht

Tradition teilt sich die Punkte – Essen spielt 1:1 in Bielefeld

Am Ende wirkten alle zufrieden. Zwar gelang weder den gastgebenden Arminen der endgültige Befreiungsschlag im Abstiegskampf noch den Gästen aus Essen die großen Big Points im Aufstiegsrennen. Aber nach einem intensiven Spiel, das keinen Verlierer verdient gehabt hatte, verbuchten beide Trainer auf der anschließenden Pressekonferenz jeweils einen Punktgewinn. RWE kam nur schleppend in die Partie und geriet durch einen Treffer von Leandro Putaro in Rückstand (32.). Das war zugleich der einzige nennenswerte Torabschluss in Hälfte eins für beide Teams. Rasanter wurde es in Abschnitt zwei, Cedric Harenbrock versetzte mit seinem Ausgleichstreffer zum 1:1 den prall gefüllten Gästeblock in Ekstase. Danach hätte Essen mehr holen können, aber es fehlte der letzte Punch.

Das Personal

RWE ging in das Spiel wie beim Derby gegen Duisburg. Natürlich mit Golz im Tor sowie Rios Alonso und Felix Götze in der Innenverteidigung. Wie im Vorbericht vermutet startete erneut Nils Kaiser als Rechtsverteidiger anstelle von Wiegel.

In der zweiten Halbzeit änderte Dabro hier das System, Kaiser besetzte in Essener Ballbesitz das rechte Halbfeld, um die Zwischenräume besser zu bespielen. Das gelang, denn der Youngster lieferte die Vorlage zu Harenbrocks 1:1. Pech für Kaiser, dass er nach einem Zusammenprall mit Bielefelds Rammbock Fabian Klos angeschlagen das Feld verlassen und durch Wiegel ersetzt werden musste (77.). Links verteidigte natürlich Lucas Brumme. Brumme sah sich in der Nachspielzeit zu einem taktischen Foul gegen ein gefährliches Bielefelder Umschaltspiel veranlasst und sah dadurch leider die 5. Gelbe Karte. Brumme fehlt somit leider nächsten Sonntag in Mannheim. Im Mittelfeld vertraute Dabrowski seinem Dreigestirn bestehend aus Kapitän Vinko Sapina, Torben Müsel, der nach 77 Minuten Thomas Eisfeld wich, und Cedric Harenbrock. Isi Young spielte offensiv auf Links und hatte dort einen sehr schweren Stand gegen Christopher Lannert.

Wirbelte Marvin Obuz auf der anderen Seite zum letzten Mal im RWE-Trikot? Gut 5 Minuten vor dem regulären Ende kam das Schockmomentum. Nach einem Sprint ging Obuz mit schmerzverzerrtem Gesicht vor der RWE-Kurve zu Boden. Nach einem Griff an den rechten hinteren Oberschenkel signalisierte Essens Top-Scorer sofort eine Auswechslung. Das sah nicht gut aus. Ob Obuz, der bekanntlich zum 1. FC Köln zurückgehen wird, noch einmal für RWE auflaufen kann, wird ein MRT am heutigen Montag zeigen müssen. Die RWE-Fangemeinde drückt ganz fest die Daumen.

Für Obuz kam Sascha Voelcke ins Spiel (85.), Isi Young wechselte auf die rechte Seite. Im Sturm hatte der diesmal wirkungslose Moussa Doumbouya nach 64 Minuten fertig, Nachfolger Ron Berlinski fehlte danach ebenso das Fortune.

Die Pluspunkte

RWE hat seinen Stil entwickelt und zieht ihn auch in schwierig erscheinenden Situationen unverzagt weiter durch. Rot-Weiss spielt Fußball und das bedeutet, der Ball zirkuliert flach und über viele Stationen. Im ersten Spielabschnitt suchte Essen die Lücke im engmaschigen Arminen-System, aber fand diese nicht. Zweimal konnte man sich auf den Flügeln durchsetzen, der letzte Pass fehlte.

Zehn Minuten Anlauf benötigte die Dabrowski-Elf in der zweiten Halbzeit, dann riss sie das Zepter im Spiel an sich. Erkennbar besser wurde das rot-weisse Positionsspiel im zweiten Drittel. RWE besetzte nun diese Räume, die Bielefeld zuvor zugestellt hatte. Hier wurde deutlich, die Kniat-Elf musste auch in Abschnitt eins sehr viel laufen und gegen den Ball arbeiten, das hatte Kraft gekostet. Relativ früh belohnte sich Essen für den Aufwand. Nils Kaiser, der sich von der rechten Außenbahn nunmehr immer klarer in die Mitte orientierte und eine zusätzliche Anspielstation war, wurde von Obuz in Szene gesetzt, Kaiser hatte den Kopf oben, die Übersicht und die Technik den links frei in der Box weilenden Harenbrock zu finden. Cedis Abschluss erwischte Jonas Kersken im Arminentor auf dem falschen Fuß, der Ball schlug im kurzen Eck ein.

Von nun an spürte man, wie Bielefelds Beine schwerer wurden, RWE ging auf das 2:1, fortwährend nach vorne gepeitscht durch einen siegeshungrigen und immer lauter werdenden Gästeblock, auf den Essen nun spielte.

Nun funktionierte auch das Pressing besser, Rot-Weiss eroberte die Kugel immer häufiger tief in der Hälfte der Gastgeber. Große Chancen blieben aber selten. Nach gut 70 Minuten spielte Marvin Obuz halb Bielefeld schwindelig, erst ein langes Bein von Lannert blockte den Abschluss aus etwa 7 Metern. Kurz vor dem Ende fand eine Flanke von Harenbrock beinahe Ron Berlinski, der aber hatte zu viel Rücklage und konnte der Kugel nicht den entscheidenden Kick geben.

Umgekehrt musste Essen auf der Hut sein, keinen tödlichen Gegenstoß der Bielefelder zuzulassen. Sie zeigten ab der Nachspielzeit wieder Präsenz vor dem Tor von Jakob Golz, der sich aber kaum auszeichnen musste. RWE nahm den einen Punkt mit, den man anderswo auch schon kurz vor Schluss liegen gelassen hatte. Auch das zählt.

Insgesamt präsentierte sich die Essener Abwehrkette in Bielefeld stark verbessert. Waren in den letzten Wochen immer wieder Wackler in der Verteidigung, stand die Defensive dieses Mal extrem sicher. Sinnbildlich dafür steht José-Enrique Rios Alonso, der souverän beinahe jeden Zweikampf für sich entscheiden konnte.

Die Knackpunkte

Trotz des tabellarischen Unterschieds galt das Spiel auf der Alm im Vorfeld als harte Nuss für RWE. Zurecht, denn vor allem in Hälfte eins ließen die Gastgeber Essen nicht zur Entfaltung kommen. Hohes Anlaufen und Pressing sah man dabei eher selten. Vielmehr wurde das Spielfeld im zweiten Drittel, in dem sich zunächst fast alle Arminen tummelten, extrem verengt. Rot-Weiss fand so die Zwischenräume nicht und ließ den Ball in dann für den Gegner ungefährlichen Räumen laufen. Das auffälligste Problem lag darin, dass die Zweikämpfe im Mittelfeld oftmals durch die Rot-Weissen nicht konsequent genug geführt wurden. Hätten die Essener dies von Beginn an umgesetzt wäre ein Durchkommen für die Arminia schier unmöglich gewesen.

Umgekehrt wollte auch Bielefeld eher Fußballspielen als Langholz anbieten. Nach einer etwas nervösen Abtastphase zu Beginn setzten auch die Gastgeber auf lange Ballpassagen. Gefährlich wurde es, wenn Bielefeld den schnellen Momuluh auf der linken Außenbahn fand. So war es vor dem 0:1 aus Essener Sicht. RWE bekam hierbei die eigene Medizin verabreicht, denn Bielefeld ließ den Ball sehr lange zirkulieren und suchte geduldig die Lücke, die sich dann auftat. Momuluh startete in den freien Raum und entwischte Kaiser im Rücken, seine Flanke verwertete Putaro.

Essens Abwehrverband war mit einer guten Idee aufgerissen worden. Es war die einzige nennenswerte Torchance des ersten Abschnitts. In Hälfte zwei zeigte Essen ein anderes Gesicht und übernahm die Spielkontrolle, doch hätte kurz nach Wiederanpfiff das 2:0 für Bielefeld fallen müssen. Nach einem Gewühl flipperte die Kugel in der Gäste-Box und fiel Leon Schneider am Fünfmeterraum vor die Füße. Schneider bewies zum Glück, dass er Abwehrspieler ist und beförderte den Ball völlig blank stehend an der Kiste vorbei. Das war schwerer, als das Tor zu erzielen.

In einem insgesamt chancenarmen Spiel wäre das womöglich die Vorentscheidung gewesen. So durfte RWE zurückkommen. Doch letztlich fehlte die offensive Durchschlagskraft, um mehr mitzunehmen als den einen Punkt.

Die Aufreger

Eigentlich hätte Schiedsrichter Florian Hefner mit der intensiven aber fairen Partie keine Mühe haben dürfen. Das kleinliche Gepfeife Hefners, bei dem vor allem die Bielefelder nur auf Tauchstation auf den Rasen gehen mussten, um einen Freistoß zu erhaschen, nervte jedoch ganz gewaltig und nahm der Partie unnötig Spielfluss. Besonders ärgerlich für RWE eine Situation kurz nach Wiederanpfiff, als Isi Young sich am linken Flügel durchgesetzt hatte, aber Gegenspieler Lannert per plumper Schwalbe Verständnis bei Hefner erschlich, der den Essener zurückpfiff.

Nicht in der Verantwortung des Schiedsrichters, sondern in der der Regelhüter liegt das sofortige Unterbinden der Partie, wenn ein Spieler den Ball hart ins Gesicht bekommt oder dort irgendwie getroffen wird. Kurz vor dem Ende rannten sich zwei Bielefelder Abwehrspieler an ihrer eigenen Box gegenseitig über den Haufen und es endete mit Schiedsrichterball. Hier erscheint die „Fürsorge“ etwas übertrieben.

Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Dritten Liga

Es war Bundesliga-Atmosphäre auf der Bielefelder Alm und RWE konnte auch hier bestehen. Am Ende teilte sich Tradition die Punkte. Die gut 3000 RWE-Anhänger, die optisch und akustisch einen starken Auftritt hinlegten, feierten ihr Team jedenfalls nach dem Schlusspfiff. Der Auswärtszähler war angesichts der Ergebnisse der Konkurrenz durchaus etwas wert.

Denn überraschenderweise endeten alle drei Sonntagspartien mit 1:1. Das heißt weder Jahn Regensburg konnte 1860 München schlagen noch Dynamo Dresden beim angeschlagenen Schlusslicht Freiburg 2 siegen.

Der große Gewinner des Spieltags kommt somit aus Ulm. Die 1846er besiegten bereits am Samstag im Duell zweier Aufsteiger um den Aufstieg Preußen Münster mit 2:0 und holten sich die Tabellenführung. Der Kampf um Platz 3 wird hingegen immer dramatischer. Ein zweiter Groß-Profiteur des Spieltags war der 1. FC Saarbrücken, der nach 0:1 Pausenrückstand den SV Sandhausen mit 4:1 aus dem Abenteuer-Schwimmbad Ludwigspark schoss.

Seit dem Aus im DFB-Pokal haben die Saarländer mächtig Fahrt aufgenommen und nun auch einen Zähler (52) mehr als RWE auf dem Konto. Der Nachholpartie zwischen dem FCS und Essen am 24.04 wird große Bedeutung zukommen. Zwei Teams haben sich hingegen endgültig aus dem Rennen um Liga Zwei verabschiedet. Ingolstadt kam beim BVB 2 nur zu einem 1:1. Die Dortmunder beendeten eine Niederlagenserie von 5 Partien. Erzgebirge Aue unterlag mit 1:3 beim SC Verl, beide Vereine können nun für Liga Drei planen.

Während es oben immer rasanter zugeht, sind im Abstiegskampf offenbar Vorentscheidungen gefallen. Der MSV Duisburg wollte und musste Waldhof Mannheim unbedingt schlagen, lieferte am Freitagabend aber nur das Standard-Ergebnis des Spieltags und trennte sich vom Waldhof mit 1:1. So bleiben es 8 Punkte ans rettende Ufer für das nicht sehr schwimmfähige Zebra, das von Regionalliga-Krokodilen umkreist wird. Chefcoach Boris Schommers möchte nun die restlichen 5 Spiele in Serie gewinnen. Ein Klacks, wenn man in 33 Partien bislang 7 Dreier geholt hat. Auf den Tribünen in Duisburg reicht es nicht einmal mehr zu Zorn. Es kursiert ein YouTube-Video, in dem ein Anhänger nach dem Schlusspfiff die folgenden Aussagen des Trainers sarkastisch vorwegnimmt.

Eine mehr als bittere Pleite kassierte der Hallesche FC, der bei Viktoria Köln nach einer 2:0-Führung mit 2:4 unterlag und weiterhin 5 Punkte Rückstand auf Platz 16 besitzt. Auch mit dem neuen Trainer Michael Reisinger brechen die Hallenser im Spiel nach hinten raus mächtig ein.

In Lübeck gehen die Lichter aus. Der VFB hat mittlerweile gefühlt mehr Trainer verschlissen als Siege geholt. Nach dem 1:4 in Unterhaching dürfen die Nordlichter für die Regionalliga Nord planen.

Für unsere Essener geht es in Teil Zwei der Auswärtstrilogie am nächsten Sonntag in Mannheim weiter. Das nächste brisante Duell zwischen Abstiegsangst und Aufstiegstraum.

NUR DER RWE!

Sven Meyering

Fotos by Marius