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2023/2024 – 3. Liga

MSV Duisburg – Rot-Weiss Essen (1:2)

Was für ein Spiel und was für eine Ekstase am Ende im Gästeblock. RWE führt lange verdient mit 1:0 durch ein Traumtor von Marvin Obuz, fängt sich in der 90. Minute den Ausgleich und dann köpft Musti den Siegtreffer in der Nachspielzeit. Wahnsinn. Fotos und Spielbericht sind online.

Vorbericht

Dieses Kribbeln im Bauch – RWE reist an die Wedau

Es ist wieder Derbyzeit! Nach zwei Siegen in Folge und einem hervorragenden sechsten Platz sind die Hoffnungen groß, endlich einen Sieg gegen den Erzrivalen aus Duisburg einzufahren. Aber Vorsicht ist geboten, denn ein solches Spiel unterliegt anderen Gesetzmäßigkeiten.

Knapp 24.000 Zuschauer haben sich bislang eine Karte gesichert, der Gästeblock ist längst ausverkauft. Weiterhin zieht dieses Spiel Fußballbegeisterte in ihren Bann, was auch der lokalen Berichterstattung geschuldet ist, die sich mehr für die möglichen Ausschreitungen rund um die Schauinsland-Arena interessiert als für die großartige Atmosphäre in diesem Klassiker. Auch wenn die Euphorie in Duisburg, die in der letzten Saison einzig von der Existenz des Erzrivalen aus Essen in Liga Drei getragen wurde, etwas verflogen ist, wird auch der Gastgeber das Derby nutzen wollen, um den verspielten Kredit bei der Anhängerschaft zurückzugewinnen.

Das Personal

Trainer Dabrowski hat zurzeit wenig Anlass, etwas an der zuletzt sehr erfolgreichen Startaufstellung zu ändern. Zudem ist Björn Rother aufgrund seiner Sperre im Spiel gegen Verl eine weitere Woche nicht dabei, Eisfeld, Rüth und Celebi sind in der Reha und fallen immer noch aus. In der Abwehr ist nur die Position auf der rechten Außenbahn vakant. Andreas Wiegel ist zwar wieder fit, allerdings ersetzte Eric Voufack trotz kleinerer Schwächen den Routinier sehr gut. Dennoch ist ein Wiegel in Topform ein Gewinn für jede Mannschaft. Auf der linken Seite sieht es gut aus für Lucas Brumme, der wegen einer Muskelverhärtung bereits Mitte der ersten Hälfte gegen Saarbrücken ausgewechselt werden musste. Schafft er problemlos das Abschlusstraining, wird Brumme mit aller Wahrscheinlichkeit von Anfang an dabei sein. Im Tor und in der Innenverteidigung führt derzeit kein Weg an Jakob Golz, Felix Götze und Rios Alonso vorbei.

Eric Voufack oder Andreas Wiegel – Dabro hat die Qual der Wahl auf rechts

Auch im Mittelfeld hat sich eine Stammformation gebildet, die exzellent funktioniert. Vor Staubsauger Vinko Sapina werden in der Zentrale Torben Müsel und Cedric Harenbrock auflaufen, die offensiven Außenbahnen sind von Marvin Obuz und Isaiah Young besetzt, die sich beide in einer aufsteigenden Form befinden. In der Sturmspitze hat Leonardo Vonic gezeigt, dass er momentan gegenüber seinen Sturmkollegen Berlinski und Doumbouya die Nase vorn hat. Damit stehen seine Chancen sehr gut, auch im Derby starten zu dürfen.

Der Gegner: Meidericher SV (Platz 20/ 7 Punkte/1Sieg/ 4 Unentschieden/ 6Niederlagen/ 7:15 Tore / Differenz -8)

Wer als RWE-Fan häufig rechtsrheinisch Richtung holländischer Grenze unterwegs ist, mag es vielleicht kennen. Über ein Jahrzehnt spielte der eigene Verein kaum eine Rolle, jüngere MSV-Anhänger reagierten mit Achselzucken, wenn der Name „Rot-Weiss Essen“ fiel. Seit dem Aufstieg 2022 ist die Situation eine völlig andere geworden. Zunächst folgte eine gewisse Irritation, plötzlich auf der Arbeitsstelle eine rot-weisses Trikot zu erblicken, später wandelte sich diese Nichtkenntnis in eine Abscheu um, nachdem Mama und Papa zu Hause erzählt hatten, welche Urgewalt zurück im Profifußball ist.

Mittlerweile haben sich die Machtverhältnisse zwischen den beiden Erzrivalen grundlegend verändert. RWE hat den MSV im Hinblick auf Zuschauer- (Saison 22/23: 16448 zu 11814) und Mitgliederzahlen (Oktober 2023: 10703/ Dezember 2022: 8625) bereits überholt, nur sportlich hatte der MSV (Saison 22/23: Platz 12) noch die besseren Karten (RWE: Platz 15). Allerdings gibt es die ersten Vorzeichen, dass sich auch dies bald ändern könnte.

Die Bilanz der ersten elf Spiele liest sich erschreckend. Die Duisburger trafen nur siebenmal in das gegnerische Gehäuse, bester Torschütze ist Innenverteidiger Sebastian Mai mit drei Toren. Bislang erzielte das gesamte Mittelfeld auch weniger Treffer als Mai, nämlich genau zwei. Bis auf den zuvor genannten Mai weisen nur U20-Nationalspieler Jander, der junge Verteidiger Baran Mogultay, der gegen Essen höchstwahrscheinlich ausfallen wird, und Torwart Vincent Müller eine zweistellige Anzahl an Spielen auf. Sicherlich sind Verletzungen ein Grund für die häufige Fluktuation im Kader, allerdings lässt sich hier auch erkennen, dass die insgesamt drei Trainer bereits früh viel ausprobiert haben, um die Mannschaft die nötigen Impulse zum Erfolg zu geben. Immerhin gibt die Abwehr Anlass zur Hoffnung, nur zweimal verlor der MSV ein Spiel mit zwei oder mehr Toren Unterschied (1860 München und Viktoria Köln).

Die Gründe für den Absturz des Traditionsvereins kann aber nicht allein an der Mannschaft festgemacht werden. Einige gute Spiele in der Rückrunde der letzten Saison führten bei den Verantwortlichen zu dem Rückschluss, das Team befände sich in einer positiven Entwicklung. Vor allem die Abhängigkeit von Leader Moritz Stoppelkamp, der sehr häufig nicht von Beginn an ran durfte, führte zur Entscheidung, ohne ihn in die nächste Saison zu gehen.

Dafür wurde der erfahrene Mittelfeldspieler Thomas Pledl von Waldhof Mannheim verpflichtet, der sich allerdings bereits nach zwei Spielen verletzte und durch den vereinslosen Alexander Esswein ersetzt wurde. Einen besonders bitteren Abgang musste der MSV mit Julian Hettwer hinnehmen, der jetzt lieber bei der Zweitvertretung des BVB auf Torejagd geht. Seine Ablösesumme wurde mit 500.000 Euro vergoldet, zeigt aber auch die finanziellen Probleme des Vereins auf. Mit ihm fehlt ein wichtiger Baustein des Umschaltspiels, welches der Garant für manchen Auswärtserfolgs der Duisburger war.

Das Team ist auch in dieser Spielzeit alles andere als ballbesitzorientiert, die Momente, die vor allem über Hettwer liefen, fehlen jetzt der Truppe. Auch der Verlust von Leistungsträger Marlon Frey wurde durch die sehr zurückhaltende Transferperiode nicht kompensiert. Stattdessen wurde die Hoffnung in Pascal Köpke vom 1. FC Nürnberg gesetzt, der eine beachtliche Vita voller Verletzungen vorweist.

In Folge der missglückten Kaderzusammenstellung mussten sowohl Trainer Torsten Ziegner und der sportliche Leiter Ralf Heßkamp gehen. Nach Interimstrainer Vural Engin darf sich jetzt der aus Düren verpflichtete Boris Schommers an der Seitenlinie versuchen. Die Probleme wurden allerdings bislang nicht gelöst. Nach einem knappen 1:0-Heimsieg gegen Unterhaching folgte das Aus im Niederrheinpokal beim KFC Uerdingen (0:1 nach Verlängerung) und eine 0:1-Heimpleite gegen Arminia Bielefeld, in der die Duisburger nicht ein einziges Mal vor dem gegnerischen Tor gefährlich wurden.

Dies alles passt so gar nicht zu den ambitionierten Plänen des Vorstandvorsitzenden Ingo Wald, der den MSV 2025 wieder in die Zweite Liga bringen möchte. Wahrscheinlich hat er sich in Essen nicht informiert und gar nichts von einem „Fünf-Jahresplan“ des Thomas Strunz oder Michael Wellings „Essen hoch drei“ gehört. Beide Vorhaben scheiterten grandios, weil solche Pläne vor allem in einem Traditionsverein nur sehr bedingt planbar sind. Auch ein Interview des aussortierten Aziz Bouhaddouz lässt in dieser Hinsicht tief blicken, der von „Lügen“ und „leeren Versprechungen“ in Gesprächen mit den Spielern sprach. Zwar sind Aussagen eines gekränkten Profis mit Vorsicht zu genießen, aber anscheinend wird die Wahrheit über die sportliche und finanzielle Situation rund um die Wedau nicht so genau genommen. Eine solche Lage ist sehr gefährlich und führt dazu, seine Probleme erst zu erkennen, wenn der Treibsand einem bis zum Hals steht.

Nichtsdestotrotz ist es ein Derby. Die Duisburger Mannschaft muss am Samstag trotz ihrer vielen Baustellen alles geben, um Anschluss an die Nichtabstiegsplätze zu halten und das Umfeld wieder zu beruhigen. Darauf sollte die Essener Mannschaft gefasst sein!

Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Dritten Liga

Am Freitagabend kommt es zunächst zu einem wegweisenden Duell im Bereich der unteren Tabellenplätze. Nach dem Kantersieg gegen RWE kam für Unterhaching kein weiterer Sieg und eigener Treffer hinzu, nun geht es zu Hause gegen die strauchelnden Mannheimer, die seit dem letzten Spieltag sich auf einem Abstiegsplatz befinden.

Neben dem Ruhrderby treffen am Samstag die Arminia aus Bielefeld auf den Essener Tabellennachbar aus Ingolstadt, die Ostwestfalen wollen den positiven Trend der letzten beiden Spiele beibehalten. Der starke Aufsteiger aus Ulm hat den Halleschen FC zu Gast, der unbedingt ein Erfolgserlebnis braucht, um wieder Anschluss an die sichere Tabellenzone zu finden. Die ebenfalls gut aufspielende Dortmunder Zweitvertretung muss gegen den SV Sandhausen ran, der mit Jens Keller einen neuen ambitionierten Übungsleiter verpflichtete und den Aufstieg in Liga noch nicht abgehakt hat. Mit Viktoria Köln und 1860 München duellieren sich zwei direkte Tabellennachbarn, der Sieger hält den Kontakt zur Spitzengruppe. Den Abschluss bilden die formstarken Teams aus Regensburg und Münster, der Jahn möchte seinen zweiten Tabellenplatz unbedingt halten.

Am Sonntag hat der FC Saarbrücken vor dem Bonusspiel gegen den FC Bayern München im Pokal eine schwere Heimpartie gegen Ligaprimus Dynamo Dresden. Weiter geht es mit der Begegnung SC Verl gegen den VFB Lübeck, der nach hartem Kampf seinen ersten Heimsieg in dieser Saison feiern durfte. Zuletzt hat die Zweitvertretung aus Freiburg gegen Erzgebirge Aue die Chance, Boden im Tabellenkeller gut zu machen.

Je näher das Spiel gegen Duisburg kommt, desto mehr wird das Bild eines taumelnden Traditionsvereins geschürt, der möglicherweise gegen einen kommenden Aufsteiger spielt. Vor zwei Wochen wurde in Essen noch alles in Frage gestellt, weil es zwei heftige Klatschen gegen vermeintlich mittelklassige Teams gab. All diese Spekulationen haben in dieser Dritten Liga kaum eine lange Aussagekraft, schon gar nicht am Samstagmittag. Hier geht es einzig darum, über die Grundtugenden wie Kampf und Leidenschaft ein enges Spiel für sich zu entscheiden. Die rot-weisse Mannschaft ist dazu in der Lage, das hat sie in Partien vor großem Publikum bereits bewiesen. Die Bedeutung eines Erfolges muss Trainer Dabrowski der Mannschaft nicht deutlich machen, dies wird schon auf den Rängen erledigt.

Alles für den Derbysieg!

In diesem Sinne: NUR DER RWE!

Spielbericht

Man sieht sich immer zweimal! RWE triumphiert 2:1 beim MSV Duisburg!

Es lief schon die Nachspielzeit. Gegen 15:52 eskalierten die RWE-Blöcke in der Duisburger Schauinsland-Reisen Arena. Einen Chipball von Felix Götze verlängerte Musti Kourouma per Kopf aus 6 Meter Entfernung in Richtung MSV-Tor und in die Maschen, Keeper Vincent Müller war noch am Ball, konnte diesen aber nicht mehr am Überqueren der Torlinie hindern. Eine Achterbahn der Gefühle.

Kurz zuvor schien RWE nach dem Duisburger Ausgleich, den ausgerechnet Kapitän Vinko Sapina per Eigentor besorgte, um den Derbysieg gebracht, nun schlug Essen zurück. Und passend zu ihrer Arena schauten alle Duisburger inklusive ihres Unedelfans und Kaschmirproletens Joachim Llambi dumm aus der Zebrawäsche. RWE zog sich das Derby. Und das unter dem Strich verdient.

Das Personal

Christoph Dabrowski schickte dieselbe Startelf auf das Feld wie beim 2:1 Heimsieg gegen den 1. FC Saarbrücken. Das heißt Jakob Golz stand im Tor und die Viererkette vor ihm bildeten von links nach rechts Lucas Brumme, Felix Götze, Jose Enrique Rios Alonso und Eric Voufack, der somit tatsächlich den Vorzug vor Andreas Wiegel erhielt. Im Mittelfeld bauten sich um den Fels Vinko Sapina Torben Müsel und Cedric Harenbrock auf. Die offensiven Außen bildeten Marvin Obuz und Isi Young, im Zentrum stürmte Leonardo Vonic.

Nach genau einer Stunde begann die Zeit der Wechsel bei RWE. Dabro brachte Ron Berlinski für Leo Vonic und Andy Wiegel für Eric Voufack. Wiegel sollte kurz darauf die 1:0 Führung durch Marvin Obuz vorbereiten (63.). Nach 79 Zeigerumdrehungen kam der nächste Doppelwechsel. Lucas Brumme und Marvin Obuz wichen Sascha Voelcke und Mustafa Kourouma.

Obwohl Essen damit natürlich die Defensive stärken wollte und von Vierer- auf Fünferkette umstellte, war es ironischerweise eben Abwehrmann Kourouma, der 12 Minuten später den Himmel voller rot-weisser Geigen hängte und den Siegtreffer markierte. Ein Symbol für das Ab und Auf der Gefühle in den Schlussminuten war Essens letzter Wechsel nach 89 Minuten. Moussa Doumbouya kam für Isi Young und musste kaum auf dem Platz den Duisburger Ausgleich miterleben. Nur zwei Minuten später war er Teil der Jubeltraube nach der Essener Antwort.

Die Pluspunkte 

Rot-Weiss Essen siegt hochdramatisch beim Derby in Duisburg, das waren die wichtigsten Pluspunkte in Form von 3 Zählern, die für die Fans das doppelte Gewicht haben. 

Ansonsten dominierte Essen vor allem im ersten Spielabschnitt das Geschehen auf dem Feld deutlich. Duisburgs noch relativ neuer Chefcoach Boris Schommers ließ seine Mannschaft zwar vorne pressen, jedoch bekamen die Duisburger nahezu keinen Zugriff auf den souverän unaufgeregten Essener Spielaufbau. Und nachdem RWE schon nach knapp 3 Minuten eine Großchance durch Isi Young, der nach Sapina-Pass frei durchgebrochen an Torwart Müller scheiterte, hatte, verteidigte der MSV bei rot-weissem Ballbesitz meist mit zwei Viererketten in der eigenen Hälfte.

Das zeigte, RWE war ballsicher und gab den Ton an. Kurz vor dem Seitenwechsel bot sich dann auch Lucas Brumme der nächste Hochkaräter in der Zebra-Box, doch erneut war Müller zur Stelle und avancierte zum besten Akteur der Gastgeber.

Als nach dem Seitenwechsel die Duisburger am Spiel teilnahmen, musste der MSV schmerzlich feststellen, dass auch die Gäste einen Top-Torhüter zwischen den Pfosten hatten. Jakob Golz hielt mal wieder, was zu halten war, vor die größte Herausforderung stellte ihn mit Rios Alonso jedoch ein eigener Mann, ein Kopfball im Eifer des Gefechts flog Richtung eigenes Tor, diesen Ball kratzen nicht viele Keeper in Liga 3 noch raus. Die weiteren Duisburger Gelegenheiten, die entgegen der Spielanalyse von Boris Schommers jedoch nicht sonderlich zahlreich waren, parierte Golz gewohnt souverän, nur eine unglückliche Aktion seines eigenen Kapitäns überwand Essens Nummer 1.

War man in der ersten Hälfte bei zwei Großchancen und null Ertrag nicht effizient, änderte sich das nach dem Seitenwechsel. Das rot-weisse 1:0 durch Marvin Obuz war ein Treffer der Extraklasse. Wiegel hatte den Ball im Bodenkampf in den Essener Reihen behauptet, Obuz zog von rechts nach Innen entlang der Duisburger Box und wenn man bislang den Eindruck hatte, die Kölner Leihgabe habe den Linken nur, damit er nicht umfalle, wurden wir nun eindrucksvoll eines Besseren belehrt. Obuz traf das Leder formvollendet und dessen Segelflug ins MSV-Tor genoss der RWE-Fanblock hinter dem Tor, denn dieser Ball gehörte zu der Spezies, deren Einschlag gewiss ist und dem gegnerischen Schlussmann keine Chance mehr lässt.

Eindrucksvoll war auch die rot-weisse Reaktion nach dem 1:1 in den letzten Sekunden der regulären Spielzeit. Zwar gab es zunächst eine weitere Schrecksekunde, denn der MSV stand durch Girth, der natürlich in Golz seinen Meister fand, kurz vor dem Doppelschlag. Doch den K.O.-Punch setzte Essen. Dafür muss man den Kopf erst einmal hoch genug haben, um diese Antwort zu geben. RWE wirkt stabil, hatte am Ende den Killerinstinkt und durchaus die höhere individuelle Qualität auf dem Feld. Obwohl auch nach dem 2:1 noch vier Minuten auf der Uhr waren, brannte nun nix mehr an, vielmehr erarbeitete Berlinski in seiner unnachahmlichen Art noch einen Freistoß vor der MSV-Box, als er mittels Pressing Knoll den Ball abluchste.

Die Knackpunkte 

Trotz der spielerisch besseren Anlage hätte der Derbyschuss angesichts der zweiten Hälfte auch nach hinten losgehen können. Die im ersten Abschnitt lethargisch wirkenden Duisburger kamen mit deutlich mehr Aggressivität aus der Kabine und feuerten nun wie ein wild attackierender Boxer Schläge aufs Essener Tor, bekanntermaßen aber nur auf die Deckung von Jakob Golz. RWE ließ sich nun phasenweise den Schneid abkaufen, später im Spiel spielte Essen in Führung liegend die Konter nicht gut aus.

Hin und wieder fehlte die Entschlossenheit. Sobald der Ball flach war, musste Duisburg viel laufen, so spielte RWE mit langen Ballpassagen kurz vor dem regulären Ende viel Zeit von der Uhr, ging jedoch nicht auf das 2:0, was sich beinahe gerächt hätte. Der Ausgleich zum 1:1 war unnötig wie Let‘s Dance mit Joachim Llambi, ließ Rot-Weiss doch den spielerisch arg limitierten Duisburgern zu viel Raum und war dann auf der linken Abwehr-Seite in Unterzahl, sodass die Flanke nicht unterbunden werden konnte. Der Ball wäre wahrscheinlich dennoch eher in den auffangbereiten Armen von Jakob Golz gelandet, doch Vinko Sapina zog die Karte des großen Dramas.

Insgesamt muss Essen noch daran arbeiten, sich nicht mit so einfachen Mitteln wie der MSV sie anwendete unter Druck setzen zu lassen. Das Gefühl einer Duisburger Überlegenheit im zweiten Abschnitt resultierte aus einer Vielzahl von Eckstößen, die meist mit der Brechstange herausgearbeitet wurden. Zugegebenermaßen hätte RWE auch das Ding verlieren können, wäre Girth der Doppelschlag für Duisburg gelungen. Den Eindruck von Boris Schommers, der MSV habe die zweite Hälfte auch spielerisch dominiert, darf man aber sehr guten Gewissens nicht teilen.

Die Aufreger

Schiedsrichter Florian Lechner hatte kaum strittige Szenen zu beurteilen, zückte aber sechsmal den Gelben Karton, fünfmal gegen Duisburg, einmal gegen Essen (Rios Alonso). Dennoch war die Partie sehr fair und trotz der vielen medialen Giftpfeile und der Stimmung auf den Rängen gingen beide Mannschaften sehr fair miteinander um. Generell blieb es ruhig, auch wenn die Berichterstattung der Funke-Medien-Gruppe im Vorfeld der Partie den Eindruck hinterlassen musste, für jeden der am Ende 26.000 Stadionbesucher bestehe akute Gefahr für Leib und Leben. Hier fragt man sich einmal mehr, wann man in diesem Verlagshaus etwas dazu lernen wird. 

Ansonsten traf den Duisburger Anhang nicht nur die Niederlage, sondern auch der Essener Prä-Konter auf die eigene Choreo mitten ins Herz. Bereits bevor die Duisburger ihr Banner präsentierten, das quasi Kopflosigkeit durch ein großes blaues Herz symbolisierte, präsentierte der RWE-Anhang ein Transpi mit dem Spruch:

„Euer Herz wird heut gebrochen sein, wir scheißen auf den Spielverein!“. Stimmt.

Und im Vorprogramm ließ sich der MSV von niemand geringerem als Kim Jong Un inspirieren, der die Sportberichterstattung über die WM-Teilnahme Nordkoreas 2010 auch von sämtlichen Gegentreffern bereinigte. Nach dem zweiten Duisburger Tor endete auch der Vorjahres-Derby-Rückblick auf der Stadionleinwand und wer weiß: Vielleicht werden Duisburger Grundschüler schon am Montagmorgen den 1:0-Derbysieg dank Vinko Sapinas Eigentor feiern?“

Fazit und Blick über den Tellerrand: Die Lage in der Dritten Liga 

Genau vor 40 Jahren im Jahr 1983 war RWE der letzte Derbysieg in Duisburg gelungen, nun zeigte die Dabrowski-Elf den Zebras wieder, was eine Hake ist und tanzte am Ende den Derbysieger-Twist, der nächste Schock für Llambi. Am Ende war Essen auch mit der Glücksgöttin Fortuna im Bunde, unter dem Strich gewann aber die Mannschaft, die den besseren Fußball spielte. RWE zeigte sich dabei erneut als geschlossene Einheit und bejubelte seine Treffer schon auf dem Spielfeld auch mit allen Ersatz- und ausgewechselten Spielern. Derzeit stimmt viel, sehr viel bei den Kickern von der Hafenstraße. Der Lohn für den dritten Ligasieg in Folge ist ein herausragender Tabellenplatz 4 nach 13 Spieltagen.

Diesen kann RWE am morgigen Sonntag nur Erzgebirge Aue mit einem Sieg in Freiburg entreißen, die Partien zwischen Saarbrücken und Dresden sowie Verl und Lübeck werden Essens Ranking nicht beeinflussen. Am Freitag eröffnete Unterhaching den Spieltag mit einem 3:0 gegen Mannheim, der Waldhof befindet sich im freien Fall. Ansonsten erhielt am heutigen Samstag Preußen Münsters Hütchenaufsteller Sascha Hildmann nicht nur erneut eine passende Reaktion auf seine Überlegungen nach der Pleite in Essen, wie es bei RWE so weitergehe, sondern auch den nächsten auf die Basecap. Preußen Münster unterlag 1:2 in Regensburg, zumindest bis morgen ist der Jahn Tabellenführer.

Der Höhenflug des SSV Ulm erhielt beim 2:3 gegen Halle einen Dämpfer, die Sachsen-Anhaltiner verbleiben dennoch auf einem Abstiegsplatz. Neue Besen kehren gut hieß es für den SV Sandhausen, der unter seinem neuen Coach Jens Keller 2:1 beim BVB 2 siegte.  

Viktoria Köln verpasste 1860 München beim 2:1 im Sportpark Höhenberg, dieses Match war dem WDR in Ermangelung von attraktiven anderen Paarungen eine Live-Übertragung wert, den nächsten Dämpfer.

Absteiger Arminia Bielefeld kommt genau wie RWE zu seinem dritten Sieg in Folge, der SV Ingolstadt holte sich auf der Alm eine deftige 0:4-Klatsche ab. Gegen eben jene Arminen tritt RWE am kommenden Samstag im Stadion an der Hafenstraße an, die bei diesem Westschlager sehr wahrscheinlich ausverkauft sein dürfte.

Bis dahin wie immer

NUR DER RWE! 

Sven Meyering

Fotos by M.R.