Vorbericht
Nach Haching-Watschen will RWE die englische Woche mit Doppelheimsieg beenden – Rot-Weiss Essen empfängt den SC Verl
Wunden lecken war angesagt bei Fußball-Drittligist Rot-Weiss Essen. In Unterhaching haben sich die Rot-Weissen am Mittwochabend eine deftige bayerische Watschen eingefangen. Das 0:4 war die höchste Pleite seit dem fast schon legendären 1:5 gegen Elversberg bei der Rückkehr in den Profifußball vor 15 Monaten. RWE wird nun bestrebt sein, die Auswärtsschlappe einzubetten in zwei Heimsiege und dem spektakulären 3:1 über Tabellenführer Dynamo Dresden einen weiteren Erfolg gegen Fast-Tabellennachbar SC Verl an der heimischen Hafenstraße folgen zu lassen.
Das Personal und Essens taktische Optionen
In einer englischen Woche geht es Schlag auf Schlag, Christoph Dabrowski trug in Unterhaching der Belastung Rechnung und veränderte seine Startelf auf zwei Positionen. Wer bei der vorherigen PK gut zugehört hatte, muss Dabros lobende Worte für die Youngster Sascha Voelcke und Eric Voufack wahrgenommen haben. Es sei nur eine Frage der Zeit, wann sie einmal in die Startformation drängten, so der Coach. Tatsächlich dauerte es dann nur bis zum nächsten Spiel. So ersetzten Eric Voufack und Sascha Voelcke die Dauerbrenner Andy Wiegel und Lucas Brumme.
Zudem setzte man auch gegen Haching auf eine Dreier bzw. Fünferkette, weil das gegen Dynamo Dresden in der zweiten Halbzeit gegriffen hatte. Die Maßnahmen fruchteten nicht. Nicht nur, dass Haching sich ganz anders verhielt als Dynamo und RWE, das nirgendwo auf dem Feld wirklichen Zugriff erhielt, ganz alt aussehen ließ. Es wurde ebenso deutlich, dass man Säulen seines Spiels nicht so einfach ersetzen kann und die Kaderbreite noch ausbaufähig ist.
Allerdings erwischte die gesamte RWE-Mannschaft einen gebrauchten Tag, keiner der Akteure rief sein Leistungspotenzial auch nur annähernd ab und Unterhaching reichten im Grunde einfachste Mittel wie stetige Flanken in die Box, wo Essen katastrophal verteidigte, um RWE auszuhebeln. Da bereits der vorherige Auswärtsauftritt in Ulm im Vergleich zu den anderen Spielen deutlich abgefallen war, lautet die Frage rund um die Hafenstraße 97 A daher nicht nur, wer läuft auf gegen den SC Verl, sondern auch warum die rot-weissen Leistungen derzeit so schwanken.
Die Antwort darauf ist rein spekulativ, aber vielleicht berauschte sich RWE getragen von einem großartigen Publikum an den Highlight-Spielen wie gegen Münster und Dresden oder dem HSV im Pokal. Nun kommt mit dem SC Verl kein Glamour, aber ein guter Gegner nach Essen, ein schweres Match ist zu erwarten. Auch wird der Gästeblock anders als gegen Dynamo nicht toll gefüllt, sondern mit etwa 150 ostwestfälischen Enthusiasten spärlich besetzt sein.
Die generell gute Nachricht, Rot-Weiss läuft Zuhause auf, wo man wesentlich konstanter auftritt als in der Fremde. Im Stadion an der Hafenstraße ist RWE saisonübergreifend seit sieben Partien und somit seit fast einem halben Jahr unbesiegt. Personell wiederum halten sich die guten Nachrichten in Grenzen. Felix Götze musste in Unterhaching schon zur Pause raus, eine Bauchmuskelzerrung plagt Essens Nummer 24 und der bislang überzeugendste Innenverteidiger fällt für das Match am Samstag aus. Für ihn könnte Felix Bastians nach Innen rücken oder Aaron Manu sein Debut feiern, was die unwahrscheinlichere Variante darstellt. Auch hinter Ex-Verler und Mittelfeldmotor Vinko Sapina steht noch ein kleines Fragezeichen. Ein weiterer Ausfall, der sehr schwiegen würde. Denn gerade gegen Verl ist gutes Pressing eine echte Waffe und um im Mittelfeld dominanter zu sein, wird sich wohl die Rückkehr zur Viererkette anbieten. Warum, das sagt unser Gegnerportrait.
Der Gegner: SC Verl (15. Tabellenplatz/ 10 Punkte/ 3 Siege/ 1 Remis/ 5 Niederlagen/ 16:18 Tore/Differenz – 2)
Der SC Verl kommt mit einer ganz anderen Gemütslage an die Essener Hafenstraße als die gastgebenden Rot-Weissen. Denn der 3:1 Sieg im OWL-Derby gegen Arminia Bielefeld dürfte die schwarz-weiße Brust deutlich anschwellen lassen haben. Dabei spielte der Sportclub gegen die favorisierten Arminen ähnlich wie RWE gegen Dresden ziemlich effizient und fußballerisch nicht so dominant wie man eigentlich auftreten will. Bielefeld machte das Spiel, Verl die Tore. Dabei eines schöner als das andere.
Zunächst schickte Torge Paetow seinen Zehner Batista Meier mit einem präzisen langen Ball hinter die Arminen-Kette auf die Reise, Ballan- und Mitnahme sowie die Vollendung durch Batista Meier stellten dabei Extraklasse dar. Kurz vor der Pause schnappte sich Nico Ochojski, der bereits mit Verl Coach Alexander Ende bei Fortuna Köln zusammengearbeitet hatte, die Kugel, lief damit etliche Meter und wuchtete den Ball in Ermangelung einer Anspielstation aus durchaus spitzem Winkel dann einfach mal in die Maschen.
Dem zwischenzeitlichen Bielefelder Anschlusstreffer ließ Yari Otto mit einem satten Versuch von der Strafraumgrenze dann das Tor zum 3:1 Endstand folgen. Ansonsten flogen ziemlich viele Standards und weite hohe Bälle in die Verler Box, das eigentlich fast dogmatisch zu nennende Kurzpassspiel im Aufbau, das Trainer Ende seiner Mannschaft verordnet hat, wurde von den Bielefeldern häufig früh unterbunden und irgendwann vom Sportclub eingestellt. So durfte man insgesamt durchaus den Schluss ziehen, dass die Verler analog zu RWE gegen Dynamo Dresden einem dominanten Gegner mit Leidenschaft und Effizienz den Zahn gezogen haben.
Grundsätzlich sind die Spiele des Sportclub durchaus sehr unterhaltsam. Bislang fielen 34 Treffer, wenn Verl in der Liga antrat. Bei den Partien von RWE fand der Ball zum Vergleich lediglich 19 mal den Weg ins Netz. Mit 18 Gegentreffern ist Verl deutlich anfälliger als RWE, das trotz des Unterhaching-Desasters nur 10 Tore schluckte. Umgekehrt schießt der SCV jedoch auch deutlich mehr Tore als Essen, 16 im Vergleich zu nur 9 RWE-Treffern. Alexander Ende verfolgte als Coach von Fortuna Köln in der Regionalliga West eigentlich eine Safety-First-Strategie, hielt hinten dicht und wartete vorne auf den goldenen Moment.
In Ostwestfalen scheint sich Endes Vorstellung vom Fußball aber verändert zu haben. Hinten will man auf Teufel komm raus die Kugel herausspielen und das Match aufbauen, bei gegnerischem Ballbesitz spielt man ein durchaus veritables Pressing. Derzeit vermisst man nicht unbedingt die Handschrift von Ex-Coach Mitch Kniat, der bei Arminia Bielefeld bislang jedenfalls seine Vorstellungen vom Fußball nicht umsetzen konnte. Alexander Ende jedoch hat in Verl eine erkennbare Spielidee entwickelt. Von der guten Raumaufteilung der Ostwestfalen bekam RWE im XXL-Test vor Saisonbeginn (0:1 aus Essener Sicht) einen Vorgeschmack, die Verler wirkten harmonischer und griffiger. Und das, obwohl der SC Verl einen gewissen Vinko Sapina nicht mehr in seinen Reihen weiß. Das spielerische Herz der Verler sind Kapitän Mael Corbuz sowie der bereits erwähnte Oliver Batista Meier, beide sorgen für die feine Klinge und haben zusammen 6 Treffer erzielt. Dabei steht der in der Rückrunde der letzten Spielzeit so überragende Nicolas Sessa seit Wochen nicht einmal mehr im Kader der Verler, Sessa plagen muskuläre Probleme.
Ist es notwendig kann man es auch mal gröber, der Mann um lange Bälle festzumachen ist Stoßstürmer Lars Lokotsch. Einst Teil des Paradesturms des SV Rödinghausen versuchte sich Lokotsch zwischendurch glücklos als Profi in Schottland, bevor er in Zwickau und dann bei Fortuna Köln anheuerte, wo er jedoch nicht mehr auf den damals dort frisch demissionierten Alexander Ende traf. Sehr gute vier Saisontore stehen bereits auf dem Konto von Lokotsch. RWE muss somit nach dem Haching-Intermezzo schnell zurückkehren zu seiner zuvor gekannten defensiven Stabilität.
Bei aller Wertschätzung für die gute Arbeit beim ostwestfälischen Provinzverein, für die vor allem der häufig unterschätzte, aber stets durch starke Transfers aufhorchen lassende Vorstand Sport Raimund Bertels steht, kann RWE die kommende Aufgabe am Samstag meistern. Grund für diese Annahme gibt neben der Tatsache, dass Essen bislang zwei Zähler mehr sammeln konnte, vor allem die defensive Anfälligkeit der Gäste.
Mit Keeper Luca Unbehaun, den Bertels vom BVB 2 an die Verler Poststraße lotste, steht zwar ein junger Klassemann zwischen den Pfosten, aber ein Hochsicherheitstrakt war die Verler Box bislang nicht. Das Aufbauspiel der Verler ist riskant und für RWE mit aggressivem Pressing nutzbar, um Chancen zu kreieren. Hier wäre wohl der Ex-Verler Ron Berlinski (10 Tore für den Sportclub in der Spielzeit 21/22) prädestiniert. Auch bei Standards ist der Gast anfällig. Den diversen guten Fußballern in den Verler Reihen sollte RWE jedoch nicht allzu viel Raum offerieren. Für Kompaktheit und Anschieben im Mittelfeld sollte dann der zweite Ex-Verler Vinko Sapina, falls einsatzfähig, sorgen.
Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Dritten Liga
Gefühlt steht RWE an einem Scheideweg, ein Sieg über den SC Verl könnte die bislang solide Saison weiter stabilisieren und Essen einen komfortablen Platz im Mittelfeld mit Blick nach oben bescheren. Im Falle einer Niederlage könnten sich aber wieder ungute Gefühle und der Blick nach unten einstellen. Diese Konstellation drückt auch die tabellarische Position aus. Jeweils vier Punkte Rückstand bzw. Vorsprung hat Rot-Weiss (12 Punkte) auf den Relegations- (Jahn Regensburg/16 Punkte) bzw. den ersten Abstiegsplatz (Hallescher FC/8 Punkte). Somit darf man gespannt sein auf den Essener Auftritt, der Anspruch, gegen Verl 3 Punkte in Essen zu behalten sollte aber definitiv da sein.
Den Auftakt zum 10. Spieltag bestreiten am Freitagabend Absteiger Sandhausen, der langsam in die Spur kommt, und der Überraschungszweite aus Ulm. Zeitgleich mit RWE am Samstag ab 14 Uhr möchte Unterhaching beim Letzten Duisburg punkten, Tabellenführer Dresden bei 1860 München nicht erneut bei einem Traditionsverein den Kürzeren ziehen, Arminia Bielefeld gegen den BVB 2 endlich mal positive Erlebnisse haben und Waldhof Mannheim gegen Viktoria Köln den Anschluss nach oben schaffen.
Später am Abend empfängt Aue, das zuletzt drei Niederlagen in Serie schlucken musste, den 1. FC Saarbrücken. In allen Partien geht es angesichts des extrem engen Tabellenbildes für die Mannschaften darum, Boden gut zu machen oder nicht zu verlieren, sieht man von Dynamo Dresden ab, das sich oben bereits etwas abgesetzt hat, können grundsätzlich massive tabellarische Auf- oder Abstiege erfolgen. Am Sonntag will der VFB Lübeck, derzeit erste Mannschaft über dem Strich, den Vorletzten Freiburg 2 weiter ins Verderben stürzen.
Danach hat Preußen Münster den sicherlich ungemütlichen Auftritt in Halle vor sich, bevor die Partie gegen Regensburg den Spieltag mit dem Duell zweier ambitionierter Südvertreter abschließt. Wir hoffen indes, dass unser Herzensverein an diesem Spieltag mit dem Fahrstuhl wieder ein paar Plätze nach oben fahren kann.
NUR DER RWE!
Sven Meyering
Spielbericht
0:5 gegen Verl!? – ein Auftritt der Fragen aufwirft
Der verwandelte Handelfmeter zum 0:2 durch Oliver Batista Meier löste eine Schockstarre auf dem Platz und anschließend auf den Rängen aus, RWE ließ sich in der Folge ohne nennenswerte Gegenwehr abschießen und übertraf das 0:4 in Unterhaching in negativer Sicht noch um einen weiteren Gegentreffer. 0:9 Tore in 2 Spielen innerhalb von nur vier Tagen werfen viele Fragen auf.
Dabei muss man zwischen dem rundum gebrauchten Tag in Unterhaching und dem Spielverlauf gegen Verl unterscheiden, denn die 1:0-Halbzeitführung der Verler war durchaus schmeichelhaft. Marvin Obuz hätte mit dem Pausenpfiff den Ausgleich erzielen müssen. RWE war gut ins Spiel gekommen, hatte viele Spielanteile und Standardsituationen, strahlte dabei jedoch seine mittlerweile bekannte Harmlosigkeit vor dem gegnerischen Gehäuse aus.
Beim ersten Gegentreffer eroberte der an diesem Tag überragende Oliver Batista Meier den Ball von Andreas Wiegel, ließ schließlich Björn Rother ins Leere grätschen und schob den Ball quer in den Fünfmeterraum, wo Felix Bastians Lars Lokotsch aus den Augen verloren hatte, der den Ball über die Linie drückte. Verl kam zuvor zwar bereits zu einem Pfostenschuss nach Ecke, trug jedoch sonst nicht viel zum Spiel bei und einiges sprach dafür, dass RWE in Halbzeit zwei auf die Westtribüne spielend den Ausgleich anvisieren könnte.
Stattdessen plätscherte die erste Viertelstunde des zweiten Durchgangs ereignislos dahin, ehe Rios Alonso nach einem Verler Hackentrick den Ball im eigenen Strafraum an den Arm bekam und Batista Meier den folgenden Elfmeter verwandelte. Die Essener Defensive wechselte, ohne den in der Halbzeit verletzt ausgewechselten Kapitän Felix Bastians, nun völlig in den Slapstick-Modus. Der für Bastians zu seinem Drittliga-Debüt eingewechselte Aaron Manu verlor ein Kopfballduell nach einem Torwartabschlag und die Verlängerung nahm Batista Meier dankend auf, um den Ball zum 3:0 über Golz hinweg ins Tor zu lupfen. Zehn Minuten später spielte er Wiegel schwindelig und schnürte seinen Hattrick, ehe Nico Ochojski in der 82. Minute einmal quer durch den Essener Strafraum spazieren durfte und zum 0:5 abschloss.
Einer völlig indisponierten Essener Mannschaft gelang gar nichts mehr, einfachste Pässe landeten in der katastrophalen letzten halben Stunde des Spiels vor einem wütenden Heimpublikum serienweise in den Füßen der Verler. Pfiffe, Hohn und Spott ergossen sich über die Mannschaft, die es mit diesem indiskutablen Auftritt schaffte, nur sechs Tage nach der Sensation gegen Dresden einen großen Teil des Stadions gegen sich aufzubringen.
Dass spielerisch spätestens nach dem 0:3 alles schief ging, ist angesichts der negativen Eigendynamik des Spiels erklärlich. Wieso RWE jedoch in 90 Minuten keine einzige gelbe Karte sah und sich in Halbzeit 2 nicht wenigstens mit der gebotenen Zweikampfführung gegen die Klatsche zur Wehr setzte, sollte die zentrale Frage an alle Beteiligten sein. Insbesondere Gegentreffer Nummer 5 darf vielleicht sonntags in der Kreisliga, nicht aber im bezahlten Fußball fallen. Dabei geht es nicht darum, wie Björn Rother mit seinem zurecht mit Rot geahndeten Frustfoul kurz vor Schluss den Gegner kaputtzutreten, sondern eine energische Zweikampfführung an den Tag zu legen, wie es die Verler in Halbzeit 1 erfolgreich vormachten.
Erklärungsansätze
Bei allem Frust wirkt die Klatsche gegen Verl – auch im Verbund mit dem 0:4 unter der Woche – alles andere als unerklärlich. Angesichts von drei Spielen in sieben Tagen versuchte sich Christoph Dabrowski unter der Woche an der Belastungssteuerung, die mit dem vorhandenen Kader schlicht nicht möglich ist. Andreas Wiegel und Lucas Brumme, die immer an ihre Grenzen und darüber hinaus gehen, sollten ihre Pause erhalten – Voufack und Voelcke konnten die beiden jedoch nicht gleichwertig ersetzen. Die Idee eines Umbaus zur Dreier-/Fünferkette in Unterhaching für vermeintlich mehr defensive Stabilität ging schief, da RWE im Gegenzug die Spielkontrolle hergab. Zur Halbzeit ging dann mit Felix Götze der beste Spieler der bisherigen Saison verletzt vom Platz, der überdies auch unübersehbar als Führungsspieler voran geht.
Gegen Verl fehlte neben Götze auch noch Vinko Sapina und nach der Auswechslung von Felix Bastians stand eine Elf ohne echten Anführer auf dem Platz, die sich in ihr Schicksal ergab. Aaron Manu hätte für seine ersten 45 Minuten in der Innenverteidigung einen Führungsspieler wie Bastians oder Götze benötigt, hatte an seiner Seite mit Rios Alonso jedoch den Spieler, der selbst ein erfahrendes Pendant wie Felix Götze braucht, um Höchstform zu erreichen. Wiegel und Brumme wirken platt, sind jedoch auch in diesem Zustand noch besser als ihre Backups.
Wenn der Kader vollständig ist, hat RWE eine Mannschaft auf dem Platz, der es im Grunde nur an einem echten Torjäger fehlt, um sogar in der oberen Tabellenhälfte landen zu können. Die Diskrepanz zwischen Stammspielern und Bankpersonal ist auf vielen Positionen jedoch leider enorm und mehrere verletzte Schlüsselspieler können nicht gleichwertig ersetzt werden. Das Ergebnis ist, dass RWE an einem guten Tag mit entspannter Personallage den Tabellenführer schlagen, an einem schlechten Tag mit Ausfällen jedoch auch gegen einen Abstiegskandidaten verlieren kann.
Diese Erklärungen sind keine Entschuldigungen für den Auftritt in Halbzeit 2, der in dieser Form nicht passieren darf, allerdings spricht einiges dafür, dass ein gefährlicher Cocktail aus englischer Woche mit überlastetem Stammpersonal und Verletzungsausfällen sämtlicher Führungsspieler in Verbindung mit den entscheidenden paar Prozenten Zweikampfverhalten zu wenig (vielleicht auch als Folge des Überraschungssiegs gegen Dresden) eine Negativspirale auslöste, aus der es sich nun schnellstens zu befreien gilt. Mit 12 Punkten aus 10 Spielen befindet sich RWE immer noch im Soll, sodass hoffentlich in ein paar Wochen Unterhaching und Verl als negative Ausrutscher eingeordnet werden können. Ein Blick in die Bilanz gegen die Ostwestfalen bestätigt dabei erneut den Ruf der Verler als Essener Angstgegner.
Der verflixte SC Verl
Erschreckende Statistiken gefällig? Bereits im neunten Pflichtspiel in Folge konnte RWE gegen den SC Verl nicht gewinnen. In insgesamt nur 40 Aufeinandertreffen war es bereits das fünfte Mal, dass Verl fünf Tore gegen RWE erzielen konnte. Ein 0:5 an der Hafenstraße gab es auch schon: Im September 1997. Der oft belächelte Dorfverein konnte vor zehn Jahren als erster Verein ein Punktspiel im neuen Stadion an der Hafenstraße gewinnen und erzielte in den letzten vier Gastspielen in Essen satte 13 Treffer, die zur Mitnahme von 10 von 12 Punkten berechtigten.
Es ist erstaunlich, wie in der ostwestfälischen Dorfidylle ein beliebig austauschbares Personal seit Jahrzehnten konstant über seinen Möglichkeiten performt, insbesondere auf dem Trainerposten. Kein Verler Erfolgstrainer der letzten zehn Jahre konnte anschließend außerhalb des Dorfs Erfolge vorweisen: Andreas Golombek wurde in Lotte, Rehden und Ahlen entlassen. Guerino Capretti führte Verl zu einem sensationellen Punkteschnitt im Aufstiegsjahr und scheiterte krachend in Dresden und Ingolstadt. Mitch Kniat war zu Saisonbeginn der gefragteste Trainer der dritten Liga und führte Arminia Bielefeld bisher in 10 Spielen mit einer wahren Gegentorflut auf einen Abstiegsplatz. Seit Saisonbeginn steht nun Alexander Ende an der Seitenlinie, der bis dahin keine Erfahrung im Profi-Fußball hatte und in der Regionalliga West bei Fortuna Köln weder durch schönen noch durch erfolgreichen Fußball aufgefallen war.
Welche Lehren daraus gezogen werden können und was das in der Nachbetrachtung des Spiels zu suchen hat? Nun, erstens kann der SC Verl sich das Geld für einen Trainer zukünftig einfach sparen, denn selbst wenn Raimund Bertels seine Sporttasche an die Seitenlinie stellt, reicht das vermutlich für drei Punkte in Essen und den Klassenerhalt. Und zweitens liegt die Vermutung nah, dass der Qualitätsunterschied zwischen drittklassigen Fußballtrainern relativ marginal sein dürfte, ein ruhiges Umfeld mit Rückhalt von Fans und Verantwortlichen die Arbeitsergebnisse jedoch erheblich verbessert. Christoph Dabrowski könnte diese Ruhe benötigen, denn den durch die Ausfälle entstandenen Qualitätsverlust kann die rot-weisse Mannschaft nicht auf Knopfdruck kompensieren.
Ausblick
Mit Dortmund II und Saarbrücken warten zwei starke Gegner, ehe es zum Derby nach Duisburg geht. Nachdem die starken Auftritte zu Saisonbeginn und der Überraschungssieg gegen Dresden schon die ersten Optimisten von der Relegation gegen den Gelsenkirchener Nachbarn träumen ließen, warten jetzt zwei Spiele später die ersten schon wieder darauf, ihre Anti-Dabrowski-Schals hervorzuholen.
Bei allem Frust – denn heute hatte sicherlich jeder nach Spielende das Recht, zu pfeifen, sofern er dies denn für nötig hielt: Was nach Schlusspfiff auf den Rängen teilweise in Richtung Mannschaft abgesondert wurde, war noch deutlich schlechter als die unterirdische Darbietung auf dem Rasen und führte sowohl auf Rahn- als auch Westtribüne zu verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen unter den eigenen Fans.
RWE steht in einer sehr engen Liga auf Platz 15 (nur fünf Punkte hinter Relegationsplatz 3) und hat einige sehr ansehnliche Auftritte hingelegt, ein wenig Kredit für das kickende Personal und seine Vorgesetzten wäre nicht nur angebracht, sondern auch sehr hilfreich, um eine weitere Negativspirale zu vermeiden. Bereits am Freitag in Dortmund gibt es die Chance zur Wiedergutmachung, die hoffentlich mit drei Punkten gelingen wird!
Nur der RWE!