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2024/2025 – 3. Liga

FC Energie Cottbus – Rot-Weiss Essen (0:1)

Vor dem Spiel hofften wir, dass der Heimsieg gegen Rostock in Cottbus vergoldet wurde. Eine Mannschaft, ein Wort! Mit dem Tor des Tages von Ramien Safi sorgte Rot-Weiss für großen Jubel in Essen. Viel Spaß mit unserer Spielanalyse

Vorbericht

In Cottbus eine neue Serie beginnen

Die Vorzeichen vor dem 13. Spieltag waren nicht dazu angetan, unter den RWE-Anhängern viel Raum für Hoffnung zu lassen. RWE war mit der desaströsen Bilanz von 12 Punkten aus 12 Spielen auf den 17. Platz abgerutscht und hatte zuletzt empfindliche Niederlagen gegen Verl und in Rostock einstecken müssen, in denen sich die Mannschaft schwach präsentierte. Zu Gast an die Hafenstraße kam ausgerechnet der Tabellenführer aus Cottbus. Doch die RWE-Fans trauten ihren Augen kaum, als der Doppelpacker Ramien Safi, Leonardo Vonic und Thomas Eisfeld die Lausitzer mit 4:0 wieder nach Hause schickten.

Leider war das nicht die erhoffte Trendwende, doch die Vorzeichen haben sich ein wenig geändert. Leider ist das Auswärtsspiel in Cottbus in der englischen Woche, sodass es für die Arbeitnehmer recht schwierig wird, zum ersten Mal seit 20 Jahren wieder ein Pflichtspiel von Rot-Weiss Essen im legendären Stadion der Freundschaft zu verfolgen. Umso beachtlicher, dass wohl ca. 600 Schlachtenbummler die Rot-Weissen dennoch begleiten.

Das Personal

Erst die gute oder die schlechte Nachricht? Wir beginnen mit der schlechten Nachricht. Torben Müsel musste am Sonntagabend das Spiel in der Halbzeitpause abbrechen. Da er aktuell auch nicht trainiert, müssen wir davon ausgehen, dass der feine Fußballer keine Alternative darstellen wird. Dies macht eine Änderung der Startelf nötig, sodass wir direkt zur positiven Meldung kommen, denn Müsels Platz wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Klaus Gjasula einnehmen. Auch wenn dieser häufig unauffällig agiert, bemerkte man sein Fehlen daran, dass Tom Moustier seine Stärken nicht wie gewohnt ausspielen konnte, weil er sich nun mit der Absicherung vor der Abwehrreihe beschäftigen musste.

Ansonsten bewies Uwe Koschinat in seiner Amtszeit, dass er eine siegreiche Elf möglichst nicht ändert, sodass es kaum eine Überraschung wäre, wenn er sich erneut für Ahmet Arslan als Sturmspitze sowie Kaito Mizuta, der seine Sache mehr als ordentlich gemacht hat, sowie Ramien Safi entscheiden würde. Darüber hinaus steht auch ein Fragezeichen hinter Lucas Brumme. Ausdrücklich gibt es an seiner Leistung nichts zu kritisieren und auch in diesem Spiel sollte er unbedingt auflaufen. Koschinat merkte jedoch in der Vergangenheit an, dass bei Brumme ein besonderes Augenmerk auf die Belastungssteuerung gelegt werden sollte. Angesichts der Wichtigkeit weiterer Punkte wird dies eine harte Entscheidung werden.

Der Gegner: FC Energie Cottbus (Tabellenplatz 2 / 16 Siege / 7 Unentschieden / 8 Niederlagen / 55 Punkte / 55:39 Tore / Torverhältnis +16)

Energie-Trainer Pele Wollitz lenkt gerne die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich, um Druck von seiner Mannschaft zu nehmen und so verkündete er Anfang März den Rücktritt vom Rücktritt im Sommer 2025. Mehr noch geht er seitdem rhetorisch in die Offensive und positioniert sich deutlich, dass Cottbus den Aufstieg mit allen Mitteln erreichen möchte. Man kann zu Wollitz stehen, wie man möchte. Angesichts des so häufig extrem unsympathischen Understatements vieler anderer Vereine ist es wirklich erfrischend, wenn ein Funktionär seine Ziele so klar benennt. Selbst wenn es Cottbus nicht schaffen sollte, hätte er den Respekt für die klare Erwartungshaltung sicher.

Energie hatte am Samstag einen gebrauchten Tag in München und kam mit 1:5 bei den Löwen unter die Räder. Auch wenn die Lausitzer ihre überragende Form der Hinrunde nicht mehr ganz erreichen, war die desolate Leistung in München eher die Ausnahme. Prinzipiell wird Rot-Weiss Essen auf eine Mannschaft treffen, die in allen Mannschaftsteilen überdurchschnittlich in dieser Liga aufgestellt ist. In beiden Spielen vor der herben Niederlage konnte der starke Torwart Elias Bethke eine weiße Weste bewahren und mit 11 Spielen ohne Gegentor ist er alleiniger Spitzenreiter der 3. Ligain dieser Kategorie. Insgesamt wird RWE kreativ arbeiten müssen, um zu eigenen Toren zu kommen.

Anfällig ist Energie vor allen Dingen über die Außen, auf denen regelmäßig Spieler mit guten Laufwegen freigespielt werden können. Das spräche für Kaito Mizuta und auch Dominik Martinovic. Darüber hinaus erzielten die Münchner das 1:0, indem sie Dickson Abiama mit einem hohen Ball aus der eigenen Hälfte geschickt haben, was die Domäne des schnellen Ramien Safi darstellt.

Das Prunkstück ist allerdings die Offensive von Energie, die gleich auf mehreren Ebenen brilliert. Auffällig ist, dass Cottbus nur schwierig ausrechenbar ist, da sich die Tore auf mehreren Schultern verteilen. Mit Timmy Thiele (13) und Tolcay Cigerci (12) haben gleich zwei Spieler mehr eigene Treffer als Essens Torjäger Nummer Eins Ahmet Arslan. Aber auch Maximilian Krauß, Lucas Copado und Maximilian Halbauer sind extrem torgefährlich. Hinzu kommt die Winterverpflichtung Erik Engelhardt. Der Neuzugang hat zwar weiter Ladehemmungen, aber jeder, der den Weg Engelhardts verfolgt hat, weiß, dass der Stürmer durchaus den Unterschied machen kann.

Umso wichtiger ist, dass Klaus Gjasula den Abwehrverband wieder stärken kann, der insbesondere in der Anfangsviertelstunde gegen Rostock kaum mit dem Druck umgehen konnte. Insbesondere Tolcay Cigerci ist der zentrale Spieler der Cottbuser, den die Verteidigung ausschalten muss. Cigerci gehört zu den Topspielern der 3. Liga und ist Dreh- und Angelpunkt des Spiels. Dribbelstark mit einem genialen Passspiel und Abschluss ausgestattet, muss man sich fragen, was dieser Spieler eigentlich nicht kann. Hier ist absolute Vorsicht geboten. Nimmt man Cigerci aus dem Spiel, sollte aber mindestens ein Punkt oder mehr möglich sein.

Über den Tellerrand geschaut: Die Lage der Dritten Liga

Insbesondere diese drei Spiele im Abstiegskampf werden im Fokus der RWE-Fans stehen:

VfB Stuttgart II – Viktoria Köln

Die Stuttgarter wehren sich mit Händen und Füßen gegen den Abstieg und verloren nur knapp bei Erzgebirge Aue. Viktoria Köln hat noch Restchancen im Aufstiegsrennen, muss allerdings seit einigen Wochen auf Shootingstar Said El Mala verzichten. Ob es dem Team um Lex-Tyger Lobinger gelingt, Punkte aus Schwaben zu entführen, ist offen. Wir RWE-Fans gönnen der Viktoria ganz uneigennützig den Sieg.

SC Verl – Borussia Dortmund II

RWE selbst musste schmerzlich erfahren, dass Verl momentan in einer außergewöhnlichen Form ist und zu Hause extrem effizient auftritt. Der BVB zeigt sich einmal mehr von seiner schlechtesten Seite und versucht durch den maximalen Einsatz von Profis aus der Bundesligamannschaft den Klassenerhalt zu erzwingen. Man kann nur hoffen, dass dieser Schachzug einer der ohnehin schon teuersten Mannschaften der Liga nicht aufgehen wird.

1860 München – SV Sandhausen

Die Münchner Löwen können sich mit einem Sieg weitestgehend aus dem Abstiegskampf zurückziehen. Mit 45 Punkten nach 32 Spielen wären die Sorgen wohl nur noch theoretischer Natur. Der SV Sandhausen wäre normalerweise der bestmögliche Kandidat, um mehr Sicherheit an die Grünwalder Straße zu bringen, allerdings hat Kenan Kocak, Sandhausens Trainer, die Konsequenzen aus dem desolaten Auftreten seines Teams gezogen und ist zurückgetreten. Ob einer Mannschaft, die durch die offenen Affronts der Führungsriege von Sandhausen auch intern wenig motiviert wird, durch Interimscoach Gerhard Kleppinger und Sandhausens Ex-Kapitän Dennis Diekmeier neues Leben eingehaucht werden kann, wird eine der zentralen Fragen dieses Spieltags sein.

Fazit

Dass die Ergebnisdelle mit dem Dreier über Rostock beendet werden konnte, kam keinen Tag zu früh. Der Beginn der englischen Woche ist positiv gelaufen, nun sollte RWE diese Woche vergolden, um dem Klassenerhalt einen weiteren Schritt näherzukommen.

Am Rostock-Spiel konnte man fast wie im Lehrbuch den enormen Einfluss von Psychologie wahrnehmen. In den ersten 20 Minuten wirkte die Mannschaft wie blockiert. Wäre das Spiel so weitergelaufen, hätte man wahrscheinlich die Charakterfrage anschließend gestellt und wie schwierig das ist, zeigte nun der tatsächliche Spielverlauf. Nach dem Tor von Arslan kämpfte das Team als Einheit, die Köpfe gingen merklich hoch. Es lag also nicht an mangelnder Einstellung, sondern am Kopf. Es bleibt zu hoffen, dass das Erfolgserlebnis das Selbstbewusstsein stärkt und der Kampf in Cottbus von Minute 1 angenommen wird. Dann wird es auch etwas mit den Punkten.

In diesem Sinne: Nur der RWE!

Hendrik Stürznickel

Spielbericht

1:0 in der Lausitz-RWE nach Erfolg in Cottbus der Megasieger des Spieltags!

Um 20:55 hüpfte Chefcoach Uwe Koschinat völlig losgelöst auf dem Rasen. RWE hatte den nächsten eminent wichtigen Sieg eingefahren. Ramien Safi war bereits nach 3 Minuten das Tor des Tages gelungen. Kaum zu glauben aber wahr, Essen hüpfte in der Tabelle so hoch wie sein Erfolgscoach und steht tatsächlich in der oberen Tabellenhälfte. Auch weil die Konkurrenz fast vollends mitspielte. Teil 2 der Osttrilogie in der englischen Woche wurde somit zu einem möglichen Meilenstein im Kampf um den Klassenerhalt.

Das Personal

Keine Experimente lautete Koschinats Devise. RWE startete in der Lausitz fast wie gegen Hansa Rostock. Nur Klaus Gjasula kehrte nach Gelbsperre zurück in die Startelf und ersetzte den leider wieder angeschlagenen Torben Müsel. Vor Jakob Golz bildeten Schultz, Alonso und Kraulich die Dreierkette, ergänzt durch Lucas Brumme und Julian Eitschberger auf den Außen. Gjasula und Moustier besetzten die defensive Mittelfeldzentrale und Arslan, Mizuta und Safi waren die vorgeschobene offensive Kette. Essen zog alle 5 Wechseloptionen, wenn auch erst relativ spät. Nach 74 Zeigerumdrehungen durften Matchwinner Safi und Ahmet Arslan durchschnaufen, mit Martinovic und vor allem Kaparos wurde es etwas kompakter. Die letzten drei Wechsel – Voufack für Eitschberger, Wagner für Mizuta und Kourouma für Moustier – sollten ganz am Ende jeweils nur noch Zeit von der Uhr nehmen.

Die Pluspunkte

Drei Tage nach dem kräftezehrenden Auftritt gegen Rostock war RWE zu Beginn des Matches sofort hellwach. Ramien Safi antizipierte richtig und stibitzte Energie nach einem schlampigen Rückpass die Kugel und lupfte das Leder großartig über den herauseilenden Keeper Bethke. Essen führte 1:0 nach 3 Minuten und spielte bis zur Pause ein extrem überzeugendes Auswärtsspiel.

Cottbus hatte zwar etwas mehr den Ball, aber RWE gewann alle wichtigen Zweikämpfe und erlaubte den Gastgebern keine einzige Torchance. Viel eher hätte Essen das zweite Tor schon machen können. Zunächst schickte Arslan gegen das hoch stehende Cottbus ein Filetstück an Pass in die Schnittstelle auf den stark die Tiefe suchenden Safi, der aber diesmal Bethke umkurven wollte und am Keeper hängenblieb. Zudem fand eine gut getimte Ecke von Brumme den Kopf des einlaufenden Alonso, der Ball strich knapp am langen Eck vorbei.

In Hälfte 2 war es eine überzeugende Verteidigungsleistung, bei der es nur zwei Situationen gab, in denen die Gastgeber Essen den Sieg noch hätten streitig machen können. Essen stellte die starke Offensivabteilung der Cottbuser kalt. Am Ende war der Sieg hart erkämpft und dreckig, so wie man es von seiner Truppe sehen möchte.

Unbedingt erwähnenswert sind die Bilder nach dem Schlusspfiff. Uwe Koschinat hat eine absolute Einheit geformt. Auch den Spielern war die Freude über den Sieg ins Gesicht geschrieben. Ein vor Wochen noch verstimmter Lucas Brumme war nach starker Leistung außer Rand und Band. Der häufig angezählte Kapitän Schultz hat seine Stabilität und Führungsrolle gefunden und  jubelte, als sei es das WM-Endspiel gewesen. Alles, was wir in der Vorrunde vermisst haben, wird eingelöst. Identifikation, Leidenschaft, Disziplin. Phänomenal.

Die Knackpunkte

Die zweite Hälfte sah ein sehr passiv agierendes RWE, das seine diversen Konterchancen nur halbherzig wahrnahm und die Vorentscheidung versäumte. Mehr zu kritisieren wäre das Suchen des Haares in der Suppe.

Die Aufreger

Beide Mannschaften investierten viel in das Spiel, gingen aber fair miteinander um und bereiteten Schiedsrichter Leonidas Exuzidis einen relativ ruhigen Abend. Dieser sorgte Mitte der ersten Hälfte für einen Schmunzler. RWE brachte durch eine Eckstoßvariante Julian Eitschberger vor der Box in Schussposition, um den Schuss nicht zu blocken, warf sich Exuzidis geistesgegenwärtig zu Boden. Zwar traf Eitschi die Kugel gar nicht richtig, aber derartigen Einsatz sieht man bei Unparteiischen eher selten. Dass der Referee am Ende eher kleinlich und viele Freistöße pfiff, nahm RWE beim Herunterspielen der Uhr gerne an.

Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Dritten Liga

Ein Spieltag wie gemalt für Rot-Weiss Essen. Bereits am Dienstag leistete sich die Konkurrenz überraschende Patzer. Waldhof Mannheim unterlag dem abgeschlagenen Tabellenletzten Unterhaching sang- und klanglos mit 0:2. Das kostete Waldhofs Wüterich Bernhard Trares nicht nur die Contenance, sondern auch den Job. Der VFB Stuttgart 2 unterlag der Kölner Viktoria mit 1:2. Essen hat daher nun bereits 6 Punkte Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz 17.

Ebenfalls sehr wohlwollend zur Kenntnis durfte man aus RWE-Sicht nehmen, dass Alemannia Aachen trotz langer Überzahl bei Hannover 96 2 nur ein 1:1 erreichte. Dadurch, dass Aue in Saarbrücken (0:2) und Wiesbaden in Bielefeld (2:4) unterlagen, wurden auch diese vor Wochen noch weit enteilten Teams von RWE nun tabellarisch überholt.

Ähnlich gut ging es heute weiter. Hansa Rostock siegte mit 1:0 in Osnabrück und 1860 München bereitete dem SV Sandhausen auch ohne den zurückgetretenen Kenan Kocak die nächste Schlappe (2:0). Während die 60er analog zu RWE der Abstiegszone weiter entkommen und der zweite große Gewinner des Spieltags sind, hat die kurpfälzische Allegorie der Langeweile auf Platz 18 nun 11 Zähler Rückstand auf unseren RWE.

Was im Umkehrschluss nichts anderes heißt, dass die Essener nur noch eine von 8 der anderen Mannschaften, die sehr stark oder nur noch etwas um den Klassenerhalt bangen müssen, hinter sich lassen müssen, um sicher weiter im Profifußball dabei zu sein. Eine Konstellation, die vor einiger Zeit noch als unrealistisch positiv erschien.

Einziger kleiner Wermutstropfen war das 1:0 des BVB 2 beim SC Verl. Den Spieltag komplettiert das Spitzenspiel zwischen Dresden und Ingolstadt, das 2:2 endete.

Am Samstag geht es in der rastlosen englischen Woche bereits weiter, wenn RWE gegen Erzgebirge Aue die Ost-Trilogie vergolden und einen weiteren Megasatz weg von der Gefahrenzone machen könnte.

NUR DER RWE!

Sven Meyering