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2024/2025 – 3. Liga

Rot-Weiss Essen – Dynamo Dresden (1:1)

Zurück im Eichhörnchen-Modus – Essen sammelt beim 1:1 gegen Dresden einen Punkt ein. Kann man mit dem Remis gegen den Tabellenführer zufrieden sein, oder war sogar mehr drin? Aufklärung gibt es in unserem Spielbericht. Und unsere Bilderstrecke ist auch online.

Spielbericht

RWE zurück im Eichhörnchen-Modus – Essen sammelt beim 1:1 gegen Dresden einen Punkt ein

Nicht Fisch, nicht Fleisch. Sowohl Gästetrainer Thomas Stamm als auch RWE-Coach Uwe Koschinat wussten nach dem Schlusspfiff nicht so ganz, wie sie den jeweiligen Zähler für ihr Team einzuordnen hatten. Am Ende wirkte es so, als arrangierten sich beide Seiten mit der Punkteteilung, die tabellarisch nur bedingt weiterhilft. Essen ging durch Ahmet Arslan durch einen sehenswerten Torabschluss mit 1:0 in Führung (50.), der gebürtige Essener Lukas Boeder rettete dem Tabellenführer einen Punkt (66.). Große Torchancen fehlten danach auf beiden Seiten, sodass das Remis in Ordnung ging.

Das Personal

Nach der Sperre von Tobias Kraulich musste Uwe Koschinat seine Abwehr umbauen. Entgegen anderer Spekulationen blieb Koschi systemisch bei der Dreierkette und baute dort positionsgetreu Mustafa Kourouma ein. Erwartungsgemäß kam Tom Moustier nach abgesessener Sperre zurück für Jimmy Kaparos. Ansonsten kehrte Ramien Safi anstelle von Kaito Mizuta zurück in die Startelf. So spielte Essen mit Golz im Tor, Alonso, Schulz und Kourouma in der Dreierkette sowie Brumme und Eitschberger als Schienenspielern. Im Zentrum verdichteten Gjasula und Moustier, offensiv vorgeschoben agierten Safi und Arslan, Martinovic agierte im Sturmzentrum.

Viermal machte Essen von Wechseln Gebrauch, jeweils im Doppelpack. Zunächst substituierte Koschinat Safi und Martinovic durch Mizuta und Müsel (68.). Beide hatten die Aufgabe, vorne zu rochieren, aber auch konsequent gegen den Ball zu arbeiten. Zudem kamen Kelsey Owusu und Matti Wagner für Arslan und Brumme (86.). Wie an späterer Stelle noch zu berichten sein wird, funktionierte RWE als Mannschaft vor allem in der Defensive, verschenkte offensiv aber die Chance auf mehr.

Die Pluspunkte

RWE ließ sich vom Schwergewicht der Liga aus Dresden nicht die Butter vom Brot nehmen. Die Anfangspase gegen schläfrig wirkende Gäste ging klar an die Essener, die wacher waren, aber leider gute Gelegenheiten zur Führung nicht konsequent zu Ende spielten. Zur Mitte der ersten Hälfte kippte das Spiel in Richtung der Dynamos. Natürlich war hier wieder Verlass auf Jakob Golz, wenn seine Vorderleute mal etwas nicht verteidigen konnten. Wie Phönix aus der Asche übernahm RWE dann das Kommando. Nach starker Umschaltsituation setzte Safi klug Eitschberger in Szene, der frei am gut reagierenden Gästekeeper Tim Schreiber scheiterte. Doch Essen blieb dran und am Ball, Eitschi wischte den Mund ab und flankte gut auf Arslan. Da musste sich Schreiber bei Ahmos Kopfball ganz lang machen. Kurz nach dem Seitenwechsel war das aber zu wenig und Schreiber musste einen mit toller Schusstechnik abgegebenen Abschluss von Arslan im langen Eck passieren lassen (50.). RWE hatte sich zuvor toll durchkombiniert und Dominik Martinovic zeigte mit seinem fünften Assist, dass er als Vorbereiter besser drauf ist als als Abschlussspieler. Sieht man von indirekten Freistößen ab.

In der Folgezeit verteidigte RWE gut und leidenschaftlich. Mit einer Ausnahme, Dresden gelang noch das umstrittene Ausgleichstor (siehe Aufreger). Ansonsten hatte RWE immer einen Fuß oder Kopf dazwischen, bevor Golz eingreifen musste und Dresden gelang es nicht, Essen zu erdrücken, das immer noch Umschaltmomente kreieren konnte. Die Vielzahl an Dresdner Standards verbreiteten das Gefühl von Gefahr, konnten aber allesamt gut entschärft werden. Einmal mehr erfüllte die Mannschaft die taktischen Vorgaben vorbildlich. Ein Sonderlob erhielt Musti Kourouma vom Trainer. Vor allem gemessen an seinen geringen Spielzeiten löste Kourouma die knifflige Aufgabe gegen echte Top-Angreifer gut. Essens bester Zweikämpfer war aber Ene Rios Alonso, der immer voll auf der Höhe war.

Die Knackpunkte

RWE hätte einen Dreier gegen den Spitzenreiter ziehen können. Dafür hätte man aber offensiver klarer agieren müssen. In den ersten gut 20 Minuten war Essen am Drücker gegen nicht vollends konzentrierte Dresdner. Aber es fehlte immer der letzte Pass und die letzte Überzeugung. Extrem ärgerlich war, dass Essen 1:0 in Führung liegend ein Geschenk von Gästekeeper Schreiber nicht annahm. Diesem unterlief beim Abstoß ein sogenannter Doppelkontakt und RWE bekam einen indirekten Freistoß aus nur gut 5 Meter Torentfernung. Martinovic spielte aber schlecht auf Arslan, der nur einen Flachschuss in die Mauer und den Ball nicht hoch in den Kasten setzen konnte. Im zweiten Spielabschnitt waren die Umschaltmomente zudem häufiger verheißungsvoll, die Pässe landeten aber nicht in der Tiefe, sondern im Nirgendwo.

Ein Paradebeispiel dafür gab es noch in der Nachspielzeit, als Owusu und Müsel sich nicht einig zeigten über Pass- und Laufweg. RWE bekam so nicht die Großchance auf den Sieg, sondern musste einen gefährlichen Konter schlucken, der Dresden noch einmal eine gute Freistoßposition bescheren sollte. Aber auch den Gästen fehlte die Konsequenz. In der ersten Hälfte sah man Uwe Koschinat am Spielfeldrand toben. Etwa 20 Minuten lang gelang RWE wenig Entlastung und der Trainer schlug sich symbolisch auf die Brust, die er bei seiner Mannschaft raus sehen wollte. Am Ende einer englischen Woche war der vermehrte Druck der Dynamos zum Spielende hin, der sich aber vor allem auf Eckstöße erstreckte, auch angesichts der Qualität des Gegners wohl eher folgerichtig.

Die Aufreger

Es wurde wieder viel diskutiert während des Spiels und an dessen Ende. Im Fokus dabei der hoch umstrittene Ausgleichstreffer zum 1:1. Schiedsrichter Timon Schulz und sein Gespann entschieden dabei zwei knifflige Situationen pro Dresden. Es begann mit einem Eckball, den eigentlich fast alle als Abstoß gewertet hatten. Der Pass des eingewechselten Ex-Esseners Vinko Sapina auf Sascha Risch war zu weit und trudelte ins Toraus. Risch grätschte noch der Kugel hinterher. Die Heimbereiche des Stadions an der Hafenstraße protestierten lauthals als es dennoch Eckstoß für Dresden gab. Man muss eingestehen, dass Sapinas Pass zuvor von Eitschberger leicht abgefälscht worden war. Ob Risch bei seiner Grätsche nach dem Ball diesen erst nach oder vor dem Überschreiten der Torauslinie berührt hatte, war nicht zweifelsfrei festzustellen.

Kurz darauf kochten die RWE-Anhänger vor Wut und auch ihre Mannschaft protestierte heftig. Der Grund, in Folge der Ecke fiel der Ausgleich und nun ging es um einen heftigen Zweikampf, den Dresdens Kother im Vorfeld des Torabschlusses durch Boeder gegen Musti Kourouma in Essens Box geführt hatte. Kourouma selbst war auch nach dem Schlusspfiff nicht zu beruhigen, dass er für den Schubser von Kother keinen Freistoß erhalten hatte. Vielleicht hätte sich Musti noch klarer vor den Ball schieben müssen, aber es war schon erstaunlich, dass Schiri Schultz hier so großzügig gegenüber den Gästen war. Außerhalb der Box agierte er eher kleinlich und unterband Zweikämpfe im Zweifelsfall eher, als dass er diese laufenließ. Im Vorfeld einer Torerzielung verließ Schulz diese Linie aber. Es spricht sehr für Uwe Koschinat, dass er diese Situation trotz gezielter Nachfragen nicht kommentieren und den Schiedsrichter kritisieren wollte. Daran könnten sich andere Trainer, die in den vergangenen Wochen unprofessionell peinliche Interviews mit hohem Fremdschämpotenzial gaben, ein Beispiel nehmen.

Ansonsten monierte Ahmet Arslan nach Spielende, dass der Schiedsrichter den indirekten Freistoß erst freigeben wollte, was nach seiner Kenntnis nicht nötig gewesen wäre und man vor dem Stellen einer Mauer hätte ausführen dürfen. Das ist etwas für Regelexperten.

Fazit und über den Tellerrand geschaut: Die Lage in der Dritten Liga

Nach fetten Wochen sammelte RWE in Eichhörnchen-Manier gegen Dynamo Dresden immerhin einen sehr verdienten Punkt ein. Es spricht für Essen, dass man darüber nicht vollends happy war und die Gründe für eine vergebene Chance auf mehr selbstkritisch hinterfragte. Derweil bleibt die Liga wild. Mit gerunzelter Stirn dürften die Essener und die restlichen vom Abstieg bedrohten Vereine den 2:0 Erfolg der Zweitvertretung des VFB Stuttgart beim Spitzenteam aus Saarbrücken am Freitagabend verfolgt haben. Die Stuttgarter kletterten damit zumindest vorübergehend auf Platz 16 und an das rettende Ufer. Auch andere Kellerteams überraschten.

Hannover 2 wahrte seine Minimalchance auf den Klassenerhalt und zerstörte umgekehrt mit dem 3:2 über Wehen-Wiesbaden das letzte zarte Pflänzchen Aufstiegshoffnung bei den Hessen. Big Points gelangen 1860 München gegen das nun immer deutlicher abgeschlagene Schlusslicht Unterhaching im bayerischen Derby (2:1), was RWE auf Platz 12 zurückwirft. Der BVB 2 punktete beim Remis gegen Viktoria Köln (1:1) und einzig das 0:1 des VFL Osnabrück gegen Arminia Bielefeld war vollends erfreulich aus Essener Sicht.

Wie groß die Distanz auf den Beginn der Abstiegsränge am Ende des Spieltages sein wird bleibt abzuwarten. Denn heute geht es in gleich 3 Partien in dieser Frage richtig zur Sache. Ab 13:30 Uhr drücken wir Energie Cottbus beim SV Sandhausen, ab 16:30 Uhr Erzgebirge Aue gegen Waldhof Mannheim und abschließend ab 19:30 Uhr Hansa Rostock bei Alemannia Aachen kräftig die Daumen. Laufen diese Spiele optimal für RWE, wird der Vorsprung vor der Länderspielpause weiterhin 4 Zähler betragen. Umgekehrt könnte es nur noch ein 2 Punkte Polster sein. Da ist der erneut konzentrierte RWE-Auftritt gegen DD ein gewisser Seelen-Balsam, dass Essen in der richtigen Art und Weise auf die Zielgerade geht. 

In diesem Sinne

NUR DER RWE!

Sven Meyering

Fotos